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Seit zwei Jahren gehört die Live Adventure GmbH zur Burgschneider GmbH. Mit neuem Gesellschafter kamen Umstrukturierungen und neue Angebote. Der Verein Mitraspera e.V. sieht eine exklusive Nutzung des Hintergrundes kritisch und hat in einer öffentlichen Mitteilung von einem anwaltlichen Schreiben berichtet. Burgschneider hat dieses nun veröffentlicht. Was ist da los?

Der Einstieg von Burgschneider bei Live Adventure und auch bei dein-larp-shop.de wurde in der Community weitgehend als positiv wahrgenommen. Angekündigte Pläne, die Live Adventure zu einer gemeinnützigen GmbH umzufirmieren, um so Ehrenamtler*innen belohnen zu können, stießen auf Gegenliebe der Community. Auch die Sturmwacht, eine hochpreisige Veranstaltung mit starker medialer Begleitung, rief positives Feedback hervor. Zuletzt hat Burgschneider den eigenen Twitch-Kanal Skald.tv ins Leben gerufen und produziert auf diesem eigene Inhalte, bietet aber auch Personen aus der Community dort eine Plattform.

Nun existiert Mythodea seit vielen Jahren. Seit den frühen Zweitausendern findet die Großcon statt. Als Veranstalter sind in den Jahren verschiedene Instanzen aufgetreten; von Live Adventure e.V., die Live Adventure Philipp Heidtkamp e.K. und weitere bis hin zur heutigen Firma, der Live Adventure Event GmbH. Ihnen allen ist gemein, dass sie durch das ehrenamtliche Engagement zahlreicher Personen unterstützt wurden – beim Auf- und Abbau, beim Einweisen der Parkplätze, beim Basteln von Kostümen und Requisiten – und auch beim Ausarbeiten des Hintergrundes, der NSC und der Handlung.

Der Mitraspera e.V. – ein drei Monate junger Verein

Im Rahmen der Umstrukturierungen bei Burgschneider trennte man sich einvernehmlich von manchen Autor*innen, unter anderem allen Hauptautoren, sowie dem Plot-Head Fabian Geuß, während andere das Team verstärkten. Im Juni 2020 wurde der Mitraspera e.V. von „vor allem Mitgliedern aus der bisherigen Autorenschaft und einigen Mitgliedern des Mythodea-Teams“ (Quelle: mitraspera.org, FAQ) gegründet. Der Verein hat sich zum Ziel gesetzt, das „gemeinsam gepflegte“ Projekt der Welt von Mitraspera (Quelle: mitraspera.org, Das Projekt) zu verwalten und als Bindeglied zwischen dem professionell und kommerziell agierenden Anbieter Live Adventure und ehrenamtlichen kreativschaffenden Personen zu fungieren.

Zentraler Anspruch des Vereins ist, dass „die Autor*innengemeinschaft als Erstellende der Inhalte auch weiterhin als deren Urheberin gesehen wird und Teil der Weiterentwicklung und vor allem auch Verwendung sein darf“.

Erklärte Ziele des Vereins sind unter anderem die Verwaltung von Hintergründen und Spielinhalten sowie die Verwaltung und Vergabe von „Lizenzrechten“. Man versteht sich als gemeinnützige Vertretung von Kreativschaffenden, deren Werk von Live Adventure im Kontext ihrer Veranstaltungen genutzt wird. Handlungsbedarf entstehe daher, dass kaum ein plotschreibender Mensch eine schriftliche Vereinbarung mit Live Adventure abgeschlossen habe, die das Nutzungsrecht rechtssicher regelt. Aus den Reihen der Vereinsmitglieder soll ein bis zu siebenköpfiges „Gremium“ gewählt werden, welches damit beauftragt ist, die Spielwelt Mitraspera zu verwalten.

Auf die Nachfrage der Teilzeithelden, auf welcher Grundlage der Verein sich als lizenzgebende Plattform begreift, teilte der Mitraspera e.V. explizit mit:

„Die Mitglieder des Vereins haben sehr viele tiefgehende und essentielle Hintergründe, Figuren, Gruppierungen und Plots der Spielwelt erstellt und verstehen sich hier als Content-Produzent*innen und Urheber*innen vieler Inhalte.“

Live Adventure – Rechtsnachfolgerin der bisherigen Firmen

Die Burgschneider GmbH und die Live Adventure GmbH tragen das kaufmännische Risiko der Veranstaltungen, die sie durchführen. Nicht zuletzt die Corona-Krise hat beide Firmen hart getroffen; das Conquest of Mythodea konnte nicht stattfinden und die Larpsaison im Allgemeinen ist so gut wie ausgefallen, was auch Burgschneider, dessen Kerngeschäft der Verkauf von Larp-Kleidung ist, getroffen hat.

Burgschneider und Live Adventure sind, wie aus einem von Burgschneider veröffentlichen anwaltlichem Schreiben an den Mitraspera e.V. hervorgeht, rechtsnachfolgende Unternehmen der bisherigen Ausrichter des Conquests. Eine Rechtsnachfolge bedeutet, dass die Rechte und Pflichten des Rechtsvorgängers auf den Rechtsnachfolger übergehen – also auch die Nutzungsrechte an einer wie auch immer beschaffenen Hintergrundwelt. Laut einem anwaltlichen Schreiben, welches Ende Juli bei dem Mitraspera e.V. einging, liegen diese Rechte vollumfänglich und uneingeschränkt bei der Live Adventure GmbH beziehungsweise bei Burgschneider.

Einigungsversuch hinter den Kulissen – bis jetzt

Es liegt nahe, dass ein Verein, der auch von ehemaligen Teammitgliedern gegründet wurde, und ein Unternehmen, welches das Conquest veranstaltet, unterschiedliche Auffassungen darüber haben werden, wie insbesondere das Nutzungsrecht an kreativen Inhalten zu bewerten ist. Entsprechende Diskussionen und die Vereinsgründung selbst sorgten bereits für Reibungen zwischen den Parteien.

So kam es während und nach der Vereinsgründung zu mehr oder weniger konstruktivem gegenseitigem Austausch hinter den Kulissen, der jedoch rasch versandete. Der Mitraspera e.V. veröffentlichte vorgestern eine Stellungnahme, in der von einem Anwaltsschreiben die Rede war – welches Burgschneider gestern in voller Länge veröffentlichte.

So forderte Burgschneider in dem Schreiben unter anderem, dass die Website mitraspera.org offline zu nehmen sei, da sie widerrechtlich den Werktitel „Mitraspera“ trägt, mit Frist zum lange verstrichenen 05.08.2020. Das ist offensichtlich nicht geschehen. Markus Böhm, Geschäftsführer der Burgschneider GmbH, äußerte sich wie folgt, während das eigene Anwaltsschreiben veröffentlicht wurde:

„Wir hatten die Verantwortlichen zunächst aufgefordert uns darzulegen, welche Inhalte Sie überhaupt für sich beanspruchen. Als nach etwa vierzehn Tagen keine Antwort kam, haben wir dem Verein über unsere Anwälte ausführlich unsere Position dargelegt und im Zuge dessen die Verantwortlichen aufgefordert alle Äußerungen und alle Tatsachenbehauptungen einzustellen, die unwahr sind oder sie – aus unserer Sicht und der Sicht unserer Anwälte – in einen unlauteren Wettbewerb mit uns bringen. Die von uns gesetzte Frist wurde nicht nur nicht eingehalten, auch mehrere Nachfristen die wir gewährt haben, ließ der Verein verstreichen. […] Da der Verein den Streit in die Öffentlichkeit gezogen hat, sind wir hiermit gerne bereit, unser anwaltliches Schreiben zu veröffentlichen. Darüber hinaus gab es bisher kein gerichtswirksames Vorgehen unsererseits. Es mag sich jeder selbst seine Meinung darüber bilden.“

In einem den Teilzeithelden vorliegenden Antwortschreiben des Mitraspera e.V. wehrt sich der Verein und schließt aus, den Forderungen nachzukommen und beharrt auf einer Verhandlung „auf Augenhöhe“. Der Verein zweifelt die Rechtsnachfolge an und verweist auf ungeklärte Vereins- und Firmenkonstrukte, insbesondere die Auflösung des Vereins Live Adventure e.V. von 2009. 

Eine Einordnung

Der Larpsommer 2020 ist, das zumindest steht außer Frage, ein außergewöhnlicher. Burgschneider und Live Adventure tragen jedes kaufmännische Risiko an ihren Veranstaltungen, nicht zuletzt darum betont Böhm, dass eine „Fremdbestimmung von bespielten Inhalten auf unseren Veranstaltungen“ außerhalb jeder Machbarkeit steht. Böhm schließt dabei den Dialog nicht aus. Im anwaltlichen Schreiben wie auch in der gestrigen Stellungnahme gegenüber den Teilzeithelden betont Böhm, dass man zum Dialog bereit sei – Voraussetzung des Dialogs jedoch das sofortige Unterlassen angemahnter Rechtsbrüche sei.

Dazu ist der Mitraspera e.V. nicht bereit, wie ihr Anwaltsschreiben aufzeigt. Also steuert alles auf Konfrontation zu, während beide Seiten betonen, dass man im Grunde miteinander reden würde.

Stellungnahmen von Burgschneider und Mitraspera e.V.

Wir haben beide Parteien um Stellungnahmen gebeten.

Markus Böhm, Geschäftsführer Burgschneider:

„Den gestrigen Post des Mitraspera e.V. haben wir zur Kenntnis genommen. Wir sind überrascht, wie die Verantwortlichen um den Verein die Diskussion zu beeinflussen wünschen, indem nur die halben Wahrheiten verbreitet und der Öffentlichkeit zur Stimmungsbildung präsentiert werden.

Wir hatten die Verantwortlichen zunächst aufgefordert uns darzulegen, welche Inhalte Sie überhaupt für sich beanspruchen. Als nach etwa vierzehn Tagen keine Antwort kam, haben wir dem Verein über unsere Anwälte ausführlich unsere Position dargelegt und im Zuge dessen die Verantwortlichen aufgefordert alle Äußerungen und alle Tatsachenbehauptungen einzustellen, die unwahr sind oder sie – aus unserer Sicht und der Sicht unserer Anwälte – in einen unlauteren Wettbewerb mit uns bringen. Die von uns gesetzte Frist wurde nicht nur nicht eingehalten, auch mehrere Nachfristen die wir gewährt haben, ließ der Verein verstreichen.

Erst am vergangenen Freitag – fünf Wochen nach unserem Schreiben und mehr als sieben Wochen nach der ersten Kommunikation des Vereins – haben wir ein Schreiben des gegnerischen Anwalts erhalten, welches wir nun auswerten.

Da der Verein den Streit in die Öffentlichkeit gezogen hat, sind wir hiermit gerne bereit, unser anwaltliches Schreiben zu veröffentlichen. Darüber hinaus gab es bisher kein gerichtswirksames Vorgehen unsererseits. Es mag sich jeder selbst seine Meinung darüber bilden. Lest hier: “

Anwaltsschreiben von Burgschneider und Live Adventure an den Mitraspera e.V.

Wir haben vor Veröffentlichung des Artikels den Mitraspera e.V. um Stellungnahme zu diesem Statement gebeten:

„Wir sind sehr dankbar über diesen sehr deutlichen Schritt [gemeint ist die Veröffentlichung des Anwaltsschreibens durch Markus Böhm, Anm. d. Red.] von Transparenz und Offenheit. Denn mit der Veröffentlichung des Schreibens von Burgschneider und Live Adventure können wir nun auch das Schreiben unseres Anwalts zur Verfügung stellen.

Nachdem wir das Schreiben von BS am 29. Juli spätabends per Mail erhalten haben, wurde am 2. August kurzfristig eine Vereinsversammlung abgehalten und am 4. August, (also vor dem Fristablauf) ein Fachanwalt beauftragt (und am 6. August schriftlich mandatiert), der nach ausführlicher Einarbeitung in die Sachanlage, auch mit regen Kontakt zu seinem Anwaltskollegen, am 28. August ein Antwortschreiben zugestellt hat. Dieses stellen wir auch euch gerne zur Verfügung: “

Anwaltliche Antwort von Mitraspera auf das eingegangene Schreiben

Fest steht: Es bleibt abzuwarten, wer und ob überhaupt eine Partei als Siegerin aus dieser Geschichte hervorgehen wird.

Artikelbilder: © SergPoznanskiy | depositphotos, © Live Adventure Event GmbH. © Mitraspera e.V.
Layout und Satz: Roger Lewin
Lektorat: Nina Horbelt

6 Kommentare

  1. Man kann die Position des Vereins anhand des anwaltlichen Schreibens sehr gut herausfiltern:

    „Wir glauben, ‚die‘ Community hat Angst vor dem, was der neue Träger nun so plant und wollen das für ‚die‘ Community verhindern.“

    Streit, Mißgunst und unterschiedliche Wünsche bzw. Ziele für die Zukunft waren es doch, die das erfolgreiche New Order-Team auseinanderbrachten und Mythodea erst wirklich schufen.

    Und findet sich nicht immer jemand, der ganz genau weiß, was ‚die‘ Community will?

    Mir scheint, hier spielt auch eine Rolle, das manche, die sich für unersetzlich hielten, nun nichts mehr zu melden haben.

  2. Die Ängste des Vereins kann ich nachvollziehen, halte sie aber für unbegründet. Natürlich wird sich die Spielwelt von Mythodea verändern, das was ja bisher auch der Fall. Natürlich wird das nicht jedem gefallen, aber das ist unvermeidlich.
    Ich bin nur ein normales NSC, aber alle Entscheidungen von Burgschneider haben als roten Faden das Spiel einsteigerfreundlicher zu machen und neue Leute für unser Hobby zu begeistern ist immer eine gute Entscheidung.
    Natürlich werden dafür auch Dinge vereinfacht und Gruppen zusammengelegt. Das passt nicht jedem aber muss bei dem riesigen Hintergrund manchmal sein.
    Bei uns werden zum Beispiel Pestilenz und Ratio zusammengeführt. Ich kann aber jedem versprechen dass daraus extrem viel Rollenspiel entstehen wird und es ist echt beeindruckend was alles an kreativen Ideen entsteht und wie viele Leute voller Begeisterung mitmachen.
    Wandel kann Angst machen aber in allem neuen steckt auch immer viel Potential. Und nein, ich schreibe das nicht weil ich zur Ratio gehöre:-)
    Ich hoffe dass es nicht zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung kommt, das würde die Mythodea Community spalten und alle würden dabei verlieren.

    • „Bei uns werden zum Beispiel Pestilenz und Ratio zusammengeführt.“ – uuuh, Spoiler! ;)

      Aber ganz im Ernst: Ich stimme vollkommen zu, dass eine Spaltung wirklich niemandem nutzen würde. Ich hoffe, es wird noch ein Weg gefunden, sich gütlich zu einigen.

  3. Was will man von einem Arbeitgeber wie Burgschneider halten, der nach der Übernahme erstmal fast jeden Angestellten von deinlarpshop und forgottendreamzdesign rauswirft, alles verkloppt was nicht notwendig ist, dann öffentlich rumerzählt aus was für gesundheitlichen probleme wer gekündigt hat und sich dann auch noch vor ehrenamtlichen damit brüstet, dass man jetzt da ist um das deutsche LARP zu retten, weil vorher alles kacke war.

    Mir reichts, 9 Jahre SL Shirt auf dem Platz, mit Phil war auch nicht immer einfach, aber der hat wenigstens zugehört wenn jemand ihm oder Tobei gesagt hat, dass ihre Ideen kacke waren und wussten, dass die ehrenamtlichen sich 10 Tage Urlaub nehmen. Für Burgschneider mach ich das ganz sicher nicht. Das Ding wäre diesen Sommer komplett implodiert, als Corona losging gabs noch keinen Handschlag für irgendwas auf dem Conquest was Plot, Lagerplanung, Kulissen und co anging und alles was man im Team hörte war „wir arbeiten mit hochdruck dran“.

  4. Das klingt nach dem Jahrmarkt verletzter Eitelkeiten.

    Ich teile die Position von Burgschneider/Live Adventure. Wenn es darum geht, Entscheidungen zu treffen, sollte man sich nicht von selbsternannten Platzhirschen abhängig machen, denn am Ende geht es um die Durchführbarkeit einer Veranstaltung und dies, Einsatz von Ehrenamtlichen hin oder her, mit konkreten mittel- und langfristigen Umsatzerwartungen. Diese wiederum bedürfen der Planbarkeit und vollen Kontrolle über den bespielten Hintergrund.

    Emotional kann man natürlich die vielen Ehemaligen verstehen und das schmälert auch nicht die viele ehrenamtliche Leistung.

    Sich jedoch in seiner unternehmerischen Gestaltungsfreiheit einzuschränken, weil eine Gruppe für sich beansprucht „die“ Community oder zumindest große Teile derselben zu repräsentieren, wäre vorauseilende Selbstentmündigung.

    Was wäre denn die Folge einer solchen Konstruktion? A-, B- und C-Kanon? Absolute Verwirrung? Ständige Händel und Befindlichkeiten weil eine Community-Idee (in die sich LARPer gerne schnell reinsteigern, ohne aber die Konsequenzen in Betracht zu ziehen) nicht oder nicht im gewünschten Maße Eingang in den offiziellen Plot fand?

    Und würde es am Ende nicht doch um Eitelkeiten oder Platzhirsch-Verhalten gehen, würde es reichen den Verein als Kommunikationsplattform zwischen Spielern und Organisator zu konzipieren, über den der Dialog bzgl. der Entwicklung des Plots institutionalisiert wird. Stattdessen: Selbstüberhöhung.

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