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Das Spielen mit Miniaturen ist älter als das Hobby Pen-and-Paper. Mit Nolzur’s Marvelous Miniatures hat der Hersteller Wizk!ds eine eigene Miniaturenreihe herausgebracht. Aber für wen sind diese Figuren geeignet? Sind sie eher ein Fall für Spieler*innen, Bastler*innen oder Sammler*innen? In diesem Artikel schauen wir uns diese Miniaturen einmal genauer an.

Schon bevor H. G. Wells mit Little Wars seine ersten Regeln für Massenschlachten mit Zinnfiguren schrieb und sich später mit Dungeons & Dragons von Gary Gygax das Hobby Pen-and-Paper aus dem älteren Tabletop emanzipieren sollte, sammelte und bemalte man Miniaturen von Soldaten, Rittern und anderen heroischen Archetypen. Was ursprünglich als Hilfsmittel der Konfliktdarstellung begann, entwickelte sich nach und nach zu einem Hobby für sich. Das Sammeln, Zusammenbauen, Bemalen und schließlich Spielen mit Miniaturen (und nicht zwangsläufig alles davon) ist ein schöner Zeitvertreib, der auch für das Hobby Pen-and-Paper nützlich sein kann.

Mit der Reihe Nolzur’s Marvelous Miniatures hat der Hersteller Wizk!ds vor ein paar Jahren damit begonnen, eine eigene Miniaturenreihe herauszubringen. Neben den Myriaden an anderen Herstellern punkten sie durch mehrere Aspekte, die wir uns in diesem Beitrag etwas näher ansehen wollen.

Genre

Nolzur’s Marvelous Miniatures decken, wie der Name schon vermuten lässt, einen weiten Raum um die Welten von Dungeons & Dragons ab. Wer die Forgotten Realms kennt, wird sich hier wie zu Hause fühlen. Für alle, die sich in diesen Welten weniger gut auskennen: Wir haben es hier mit dem Genre der Heroic Fantasy bei gleichzeitig realistischen Proportionen im Maßstab 28 Millimeter zu tun. Das bedeutet, dass die Figuren dem gängigsten „Industriestandard“ in puncto Figurengröße entsprechen und man die Miniaturen ohne weiteres auch mit anderen Figurenreihen kombinieren kann, ohne Angst haben zu müssen, dass sie größentechnisch nicht zueinander passen.

Bei den Darstellungen der Figuren findet sich eine schöne Bandbreite an klassischen Archetypen der Fantasy, insbesondere der Dungeons & Dragons-typischen Monster und Held*innen: Der Betrachter darf selbstverständlich nicht fehlen, ebenso sind sämtliche Held*innen aus dem Spielerhandbuch sowie aus sehr (sehr!) vielen Erweiterungen erhältlich. Leider sind dabei „Normalos“ etwas dünn gesät. Diese findet man aber bei Wizk!ds durchaus, wie einen Bürgermeister oder den Ausrufer.

Maßstab

Die Miniaturen sind wie bereits erwähnt im Maßstab 28 mm (zu Fuß) gehalten und damit auch für die gängigsten Fantasytabletopspiele verwendbar, falls man seine Figuren neben (oder in?) einer Rollenspielrunde auch in einer größeren Schlacht einsetzen möchte. Das gilt zumindest für die Modelle zu Fuß.

Bei den größeren Figuren, wie beispielsweise berittenen Modellen oder großen Monstern wie Drachen oder Dämonen, haben wir es mit richtig massiven Brocken zu tun. Die „mittleren“ Monster wie ein Banderhobb oder ein Yeti weisen eine Größe zwischen sechs und acht cm auf und sind damit mindestens doppelt so groß wie die Held*innen, die sie überwinden sollen. Eindruck dürften sie damit jedenfalls schon machen.

Bei den wirklich großen Monstern wie einem Mund von Grolantor, Riesenaffen oder einem Feuerriesen haben wir es mit Figuren um die und über zehn cm Größe zu tun. Bei Riesen und Drachen kann die Größe natürlich nie genug sein, aber man muss auch die vorhandenen Platzverhältnisse auf einem Spieltisch bedenken. Zusammengefasst lässt sich sagen, dass die Größenverhältnisse untereinander und zu anderen Miniaturenreihen stimmig sind.

Material 

Drachengeborene haben ein starkes Genick.

Die Miniaturen sind durchgehend aus Plastik gefertigt. Und damit kommen alle Probleme wie auch Vorteile, welche dieses Material bietet. Umbauten sind aufgrund des filigranen Materials und der grazilen Proportionen sehr schwierig machbar. Für Spieler*innen, die ihre Figuren einfach auspacken und mit ihnen spielen wollen, ist das natürlich kein Problem. Bastler*innen, welche ihren Figuren einen ganz eigenen Touch geben wollen, stoßen hier auf Probleme. Mit etwas Feingefühl beim Schneiden und Sägen ist ein Kopf- und Waffentausch bei manchen (vor allem menschlichen) Figuren noch möglich, so wird das beispielsweise bei den Drachengeborenen schon etwas schwieriger, da ihre Köpfe durch einen fülligen Nacken sehr stark mit ihrem Körper verbunden sind.

Ein anderes Problem, beispielsweise beim Barden, ist die eher ungünstige Positionierung der persönlichen Gegenstände in seiner Hand – so kann man seine Laute wahrscheinlich nur sehr schwer gegen ein Musikinstrument der eigenen Wahl ersetzen.

We just make happy little accidents.

Schließlich hat das eher weiche Plastik ein ganz entscheidendes Problem bei den filigranen Partien: wenn durch einen Fehlguss, mangelhafte Lagerung oder ganz einfach Pech ein kleineres Teil wie der Schaft einer Mandoline oder eine Klinge verzogen ist, dann kann man es anders als bei Zinn kaum mehr gerade rücken. Man ist hier also ein wenig auf die Sorgfalt beim Kauf im Laden beziehungsweise Glück beim Kauf über einen Onlinehändler angewiesen.

Dafür sind vor allem bei den kleineren Modellen die Kosten so gering, dass nicht gleich das ganze Hobbybudget von einem Fehlkauf aufgefressen wird. Schade ist es natürlich trotzdem.

Detailgrad

Für den Spieltisch bieten die Miniaturen absolut ausreichende Details. Lediglich bei den humanoiden Gesichtern erkennt man manches Mal gewisse „Flachheiten“ beziehungsweise mangelnde „Kantigkeit“. Die anderen Details der Figuren wie Stoffe, Rüstungen und Ausrüstung sind dafür sehr schön voneinander abgegrenzt, sodass man auch kleinere Details gut erkennen kann.

Die Miniaturen stehen allesamt auf einem eigenen kleinen Felsbase, dass gut zu einer gebirgigen oder städtischen Umgebung passen würde. Für Freund*innen blumiger Wiesenidyllen empfiehlt sich daher der großzügige Einsatz einer Modellierpaste, um die Miniaturensockel gut mit dem eigentlichen Base zu verschmelzen.

Einige der magisch begabten Charaktere enthalten noch eine weitere tolle Besonderheit: halbdurchsichtige Magieeffekte. Ob um den Magier tobender Magiewirbel oder zwischen den Händen gehaltene Feuerkugel, je nach gewünschtem Effekt können hier viele unterschiedliche Magieformen gemalt werden. Man sollte hier jedoch aufpassen, keine zu deckenden Farben zu verwenden, beziehungsweise nur in sehr zurückhaltender Weise Farben aufzutragen, da ansonsten schnell die schönen Magieeffekte ihren diffusen Reiz verlieren und eher wie eine geworfene Dreckkugel als wie ein mythischer Feuerball wirken.

Gerade die Zauberer*innen kommen hier toll zur Geltung.

Bemalung

Wie bereits erwähnt, muss man bei manchen der magisch begabten Charaktere darauf achten, es mit der Farbintensität nicht zu übertreiben. Ansonsten sind genügend Details vorhanden, um sich gebührend lange an den Charakteren künstlerisch auszutoben.

Clever Girls
Clever Girls

Das Versprechen von Wizk!ds, die Figuren wären bereits mit einer fertigen Grundierung versehen, kann man als zutreffend bewerten. Bei meinen ersten Versuchen mit Raptoren (aus einer anderen Serie von  Wizk!ds) konnte ich mit unterschiedlichen Farben durchaus passable Ergebnisse (für den Spieltisch, nicht für die Vitrine) an einem gemütlichen Malabend erzielen. Das selbstständige Grundieren wäre bei manchen Miniaturen der Reihe (wegen der halbdurchsichtigen Magieeffekte) auch nur sehr bedingt zu empfehlen.

Für die Hobbyist*innen mit etwas mehr Geld als Freizeit (oder einer intrinsischen Abneigung gegen das Bemalen an sich) gibt es auch eine Premiumreihe an vorbemalten Miniaturen. Hier enttäuschen die Figuren leider. Zwar haben sie durchaus eine Schicht Farbe erhalten, aber auch nicht mehr. Die Miniaturen sind zwar nicht sehr teuer, aber dann doch zu billig, als dass man großartige Kunstwerke erwarten könnte. Der Gerechtigkeit halber sei aber angemerkt, dass die fertig bemalten Miniaturen nicht zu den schlimmsten Figuren gehören, die ich gesehen habe (und das von jemandem, der seine ersten Miniaturen mit Wasserfarben bemalt hat).

Für alle außer den unmotiviertesten Spieler*innen empfiehlt sich also hier eher der Kauf der unbemalten Figuren.

Zusammenfassend brauchen sich hier Nolzur’s Marvelous Miniatures also absolut nicht zu verstecken. Wenn man selber den Pinsel schwingen möchte.

Bunt. Aber.

Kosten

Ein starker Pluspunkt der gesamten Miniaturenreihe ist der durchweg günstige Preis. Durch das günstige Material und das Herstellungsland China haben wir es hier mit einer sehr erschwinglichen Miniaturenreihe zu tun. Wer die „Premiumfiguren“ erwerben möchte, kann mit einem starken Aufschlag rechnen, spart sich dafür aber das Bemalen.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Wizk!ds
  • Preis: Variiert je nach Miniatur. Die günstigsten Infanteriemodelle bekommt man für knapp drei Euro, während große Dämonen oder Drachen über hundert Euro kosten können.
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Amazon, idealo

 

Fazit

Mit Nolzur’s Marvelous Miniatures hat Wizk!ds eine interessante Ergänzung für den Spieltisch von Rollenspieler*innen, Tabletopspieler*innen, aber auch Maler*innen geschaffen. Egal, welchen Aspekt des Hobbys man gerade in den Fokus gerückt hat – Sammeln, Basteln, Malen, Spielen – wird sich hier für so gut wie jede*n etwas finden.

Reine Bastler*innen werden hier wahrscheinlich nicht zufrieden gestellt werden, Maler*innen haben dafür eine günstige Miniaturenreihe zur Verfügung, an der sie ihre Fertigkeiten üben können. Sammler*innen, die gerne ihre gesamte Abenteurer*innengruppe auf den Spieltisch bringen möchten, können das tun, besonders, wenn sie in den Welten von Dungeons & Dragons unterwegs sind.

Viel Spaß mit deinen Miniaturen!

 

  • Günstiger Preis
  • Standardgröße der Figuren
  • Teils sehr tolle Details
 

  • Fehlgüsse sind ein Glücksspiel
  • Herstellungsland China

 

Artikelbilder: © Wizk!ds
Layout und Satz: Verena Bach
Lektorat: Katrin Holst
Fotografien: Johannes Haslhofer
Dieses Produkt wurde privat finanziert.

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