Geschätzte Lesezeit: 11 Minuten

Einmal einen Star von Game of Thrones treffen, sich mit ihm unterhalten und sogar kämpfen – wer würde das nicht gerne tun? Im Rahmen der Phantastika 2017 hatten die Teilzeithelden genau diese Chance genutzt. Ian Beattie, Sir Meryn Trant aus Game of Thrones, stand uns ganze 30 Minuten Rede und Antwort.

Der britische Schauspieler Ian Beattie ist mittlerweile bekannt für seine Fan-Nähe und die damit verbundenen Deutschland-Besuche. Ob RingCon oder Comic Con, Ian ist mit von der Partie. So war es nicht verwunderlich, im Programmheft der Phantastika 2017 auch seinen Namen zu lesen. Doch anstatt nur ein paar Autogramme zu schreiben und Fotos zu machen, gab es die Möglichkeit, einen Workshop mit Ian Beattie zu belegen: „Schau-Schwertkampf“. 120 Minuten lang kämpfen mit einem Star aus Game of Thrones. Damit allerdings nicht genug, denn wir wollten mehr. Nach seiner Autogrammstunde haben sich die Teilzeithelden den Star geschnappt und ihn 30 Minuten lang mit Fragen gelöchert. Die Crew von Nerdizismus hatte ebenfalls das Vergnügen und liefert bald einen Interview-Podcast. Ein Fazit vorweg: Ian Beattie ist sympathisch, absolut auf dem Boden geblieben und liebt seine Fans!

Ian Beattie wurde 1965 in Belfast geboren. Seine schauspielerische Karriere begann er 1995 mit der Serie The Hanging Gale, in der er für zwei Folgen mitwirkte. Richtig bekannt wurde Beattie durch seine Rolle als Sir Meryn Trant, Mitglied der Königswache, in der Serie Game of Thrones. Dabei hat Ian Beattie bereits schon vorher in einigen erfolgreichen Serien und Filmen mitgespielt, wie zum Beispiel in Alexander oder auch Die Tudors. Seinen aktuellsten Auftritt hatte er in der neunten Staffel von Doctor Who.

Interview

Teilzeithelden: Hallo Ian, einmal vorweg, vielen Dank für deine Zeit. Dein Workshop „Schau-Schwertkampf“ war sehr lehrreich und hat wirklich Spaß gemacht, doch wie kommt es überhaupt, dass du einen Schwertkampf-Workshop anbietest? Bist du heimlich ein Spezialist für mittelalterlichen Schaukampf?

Ian: Okay, ich bin ganz ehrlich. Es hat mich ernsthaft überrascht, dass ich gebeten wurde, diesen Workshop zu leiten. Ich habe es auch erst vor zwei Wochen erfahren. Also war ich nervöser, als du dir überhaupt vorstellen kannst. Denn ich bin offensichtlich kein Schwertkämpfer … Ich bin Schauspieler.

Ein Schauspieler verlässt sich auf das Stuntteam und den Stunt-Koordinator. Wir hatten echt Glück, Phillip beim Workshop dabeizuhaben. Phillip ist Stuntman und Stunt-Koordinator. Er hat uns Bewegungen gezeigt, wir haben sie kopiert. Das ist auch, was am Set passiert. Es sind die Stunt-Männer und -Frauen, die uns Schauspieler gut aussehen lassen. Aber es war eine schöne und ungewöhnliche Erfahrung für mich.

Schwertkampf-Workshop mit Ian Beattie
Schwertkampf-Workshop mit Ian Beattie

Teilzeithelden: Was ist der Unterschied zwischen Filmkämpfen und einem richtigen Schwertkampf?

Ian: Film- und Fernsehkämpfe sind etwas, das eher an einen Tanz erinnert. Es ist ein choreografierter Tanz. Du hast Schritt eins, Schritt zwei, Schritt drei und Schritt vier. Das ist schon alles. Du fügst dem Ganzen noch etwas Schauspielerei hinzu, und schon hast du einen Fernsehkampf.

Ein echter Kampf ist furchteinflößend. Ich möchte niemals in einem echten sein, sei es mit den Fäusten oder mit einem Schwert. Ein Schwertkampf ist, nach allem was ich hörte und historisch recherchiert habe, schnell. Sie sind nicht sonderlich lang, und der Experte, also der bessere Schwertkämpfer, wird immer gewinnen. Es ist schnell, fürchterlich und schmerzend.

Offensichtlich sind jedoch Filmkämpfe von Natur aus unterschiedlich. Ich würde sagen, dass Game of Thrones, insbesondere „die Schlacht der Bastarde“, die wahrscheinlich realistischste Schlacht war, die ich je gesehen habe. Sie war verwirrend. Sie war chaotisch. Sie war Mord und Totschlag. Die Tode kamen schnell und plötzlich, und es war absolut anstrengend. So stelle ich mir eine echte Schlacht vor.

Teilzeithelden: Wie bist du überhaupt zur Schauspielerei gekommen?

Ian: Schon als ich acht Jahre alt war, wollte ich Schauspieler werden. Ein Freund meines Vaters war Zirkus-Besitzer, und eines Tages war ich bei ihm zu Besuch. Mein Onkel Jim, so nannte ich ihn, Jim Beck, malte mir ein Clownsgesicht auf und führte mich um das Zelt herum, in dem die Show im vollen Gange war. Es war eine Mittwoch-Nachmittag-Show, und er fragte mich: „Du möchtest also wirklich ein Clown sein?“ Ich entgegnete: „Oh. Ja!“. Daraufhin stieß er mich hinaus, vor die 2.000 Zuschauer. Für die nächsten vier Jahre war dies mein liebstes Hobby. Jeden Sommer und jedes Sommerwochenende reiste ich mit der Show, wenn sie in der Nähe von Belfast war. Da hat mich das Fieber gepackt. Und das war es dann. Es gibt nichts anderes, was mich mehr erfüllt. Danach habe ich noch eine Reihe kleinerer Fingerübungen gemacht, bevor ich nach Queens ging, um Recht zu studieren. Im Anschluss ging ich an die Schauspielschule. Seitdem habe ich nicht mehr zurückgeschaut.

Teilzeithelden: Du hast ja bereits in sehr vielen historischen bzw. Fantasy-Produktionen mitgespielt, wie z. B. Die Tudors, Vikings oder auch Alexander. Siehst du deinen schauspielerischen Schwerpunkt im Mittelalter-Fantasy-Genre?

Ian: Nein keinesfalls. Ich schätze, ich hatte einfach Glück, Angebote dieser Art zu bekommen und gut genug für sie zu sein. Ich kann den Anweisungen des Stuntmans folgen und mit dem Schwert umgehen. Wenn du so willst, hatte ich einfach Glück an solchen Casts teilnehmen zu dürfen. Aber für mich ist es ein Job, und ich würde jeden Job nehmen, der vorbeikommt und bei dem ich genug Glück habe, ihn auch zu bekommen. Wenn ich einen Job bekomme, habe ich selbst heute noch das Gefühl: „Ich bin so glücklich, das tun zu können, was ich schon immer wollte!“ Und das ist genau, was es für mich ist.

Die Angebote in einem mittelalterlichen Setting mag ich einfach, egal ob Alexander, Die Tudors oder insbesondere Game of Thrones. Die Kostüme, die man trägt, helfen einem wirklich mit dem Charakter, den man spielt. Wenn ich in Game of Thrones die Rüstung der Königsgarde angelegt habe, dann fühlte ich es sofort. Aber ich freue mich über jeden Job, bei dem ich spielen darf.

Ian Beattie und Game of Thrones

Ian Beattie und Nerdizismus im Gespräch
Ian Beattie und Nerdizismus im Gespräch

Teilzeithelden: Widmen wir uns doch einmal deiner Rolle als Meryn Trant in Game of Thrones. Wie sahen die Vorbereitungen für deine Rolle aus, und wo lagen die Schwierigkeiten?

Ian: Es ist äußerst seltsam, denn man vertraut darauf, dass Dave und Dan, die Produzenten, dir die richtige Richtung weisen. Und das ist, was ich getan habe. Wann immer ich eine Frage zu meinem Charakter hatte, konnte ich darauf zählen, dass Dave und/oder Dan genauestens die Antwort wussten.

Das Schwerste daran, Sir Meryn Trant zu sein, war das Lesen des Skripts für die letzten beiden Folgen. Denn das war die größte Überraschung für mich, wie wahrscheinlich auch für alle anderen. Ich kannte die private Seite des Charakters nicht. Und als ich davon erfuhr, war ich schockiert. Ich war schockiert und hatte Angst davor sie zu spielen. Das war der schwierigste Teil.

Teilzeithelden: Was war für dich die bedeutendste bzw. beeindruckendste Szene?

Ian: Zurückblickend, habe ich es am meisten genossen, Teil von „Tyrions Anklage“ gewesen zu sein. Ohne den Hauch eines Zweifels kann ich sagen, dass „Tyrions Anklage“ in Staffel vier spektakulär war. Ich durfte ein paar Beweise einstreuen, was Spaß gemacht hat. Doch das Beste war, dass ich in einem Raum voll mit Talenten stand. Ohne jeden Zweifel, zu sehen, wie Peter Dinklage seine Rede hält, und das musste er bestimmt zehn Mal machen, war jedes Mal … Bang! Ich sah einen Meister bei der Arbeit.

Teilzeithelden: In vielen anderen Interviews hast du bereits erzählt, dass Meryns schlechteste Eigenschaft in deinen Augen seine Zuneigung zu jungen Mädchen ist. Doch welche Eigenschaft an ihm gefiel dir?

Ian: Ich glaube ernsthaft, dass Meryn Trant nicht eine einzige gute Eigenschaft hatte. Na gut, vielleicht seine Loyalität zu Cersei. Er war ihr gegenüber loyal, und das war seine einzige gute Eigenschaft, die ich jemals entdecken konnte. So habe ich ihn dann auch gespielt. Er war ein Feigling. Er war ein Schläger. Er war ein Bully, die immer Feiglinge sind, und er war ungeeignet für die Ehre, Teil der Königsgarde zu sein. Ich glaube, er hatte keine Ehre.

Teilzeithelden: Manche Schauspieler beichten nach ihrer Zeit an einem Set, dass sie ein Andenken mitgenommen haben. Möchtest du uns etwas beichten? Hast du ein Andenken vom Game of Thrones-Set mitgenommen?

Ian: Nein, leider nicht. Offensichtlich kann man die Rüstungen nicht mitnehmen. Sie sind unglaublich teuer. Ich hätte liebend gerne eine lederne Unterrüstung behalten, die sahen spitze aus, aber auch davon habe ich keine bekommen. Aber ich habe Socken … viele, viele Socken.

Teilzeithelden: Ist Meryn Trant in einem Spin-off geplant?

Ian: Ich wäre sehr überrascht. Ich kann mir keine Charaktere vorstellen, die in ihrer jetzigen Form zurückkommen würden. Also wäre ich äußerst überrascht, wenn Meryn dort auftauchen würde, und wenn doch, wäre es eine sehr viel jüngere Version von ihm. Das würde mich also für die Rolle disqualifizieren. Ich könnte als sein Vater auftauchen, aber auch das sehe ich nicht kommen. Ich denke, für ein Spin-off werden sie komplett neue Schauspieler nehmen.

Teilzeithelden: Kanntest du die Romanvorlage von Game of Thrones, bevor du ans Set gekommen bist?

Ian: Ich habe tatsächlich noch keines der Game of Thrones-Bücher gelesen. Ich habe zwei bis drei Exemplare von jedem der Bücher zuhause. Das habe ich auch George Martin bei der Premiere zur fünften Staffel gesagt: „Ich habe die Bücher noch nicht gelesen, und ich werde sie nicht lesen, bis das siebte veröffentlicht wird.“ Ich möchte einfach nicht dasselbe erleben wie bei Harry Potter. Ich kann nicht nochmal zwei Jahre auf das letzte Buch warten. Das könnte ich einfach nicht. Außerdem wollte ich immer die Serie zu Ende sehen, bevor ich die Bücher lese, und genau das werde ich machen. Sobald die komplette achte Staffel da ist, werde ich sie mir ansehen, und am darauffolgenden Tage beginne ich die Bücher zu lesen.

Teilzeithelden: Also liest du gerne Fantasy-Bücher in deiner Freizeit?

Ian: Sicherlich! Ich meine, ich liebe die Harry Potter und Herr der Ringe-Bücher. Ich erinnere mich, dass ich vor ein paar Jahren eine Buchreihe gelesen habe. Die Midkemia-Saga von Raymond E. Feist. Ich habe diese Bücher absolut geliebt.

Für mich sind Bücher wie ein Film-Skript oder ein Serien-Skript. Wenn das Skript gut ist, ist es recht egal, in welchem Genre es spielt. Wenn eine Geschichte gut ist, ist die Geschichte gut. Und nach dem, was ich bisher von den Game of Thrones-Fans gehört habe, bin ich mir sehr sicher, dass ich die Bücher genießen werde.

Teilzeithelden: Unabhängig von deiner Rolle als Meryn Trant, auf wessen Seite stehst du beim Kampf um den Thron?

Ian: Ich glaube noch immer, dass Jon Snow Ehre besitzt, und dass er sich um die Menschen sorgt. Ich glaube, auch Tyrion sorgt sich um die Menschen. Ich glaube, Varys sorgt sich um das einfache Volk. In meiner Idealvorstellung sitzt Jon auf dem Thron, und Tyrion und Varys stehen als Berater hinter ihm.

Teilzeithelden: Was glaubst du, wie lange Jon ihn halten könnte?

Ian: Ich weiß es nicht. Ich meine, das Problem in Westeros ist und war nie der aktuelle König, sondern der folgende. Das wurde bereits bewiesen. Robert war ein akzeptabler König. Sein Sohn war ein Monster. Joffrey war ein Monster, Tommen hatte überhaupt keine Macht. Davor war es der verrückte König, denn es gab viele gute Targaryen-Könige vor ihm. Die Frage ist also nicht, wer den Eisernen Thron hält, sondern wer danach kommt. Um den muss man sich sorgen. Wer weiß, wird es am Ende von all dem überhaupt noch einen Eisernen Thron geben? Wir werden sehen.

Teilzeithelden: Gab es einen Moment nach deiner Zeit bei Game of Thrones, wo du die Serie gesehen hast und nicht fassen konntest, was passiert?

Ian: Ja natürlich! Und ich glaube noch immer, der für mich herzzerreißendste Moment aller Staffeln war „Hodors Enthüllung“. Das hat mich komplett unvorbereitet erwischt, und es war geniales Storytelling. Bis heute ist dies mein absolut bester Game of Thrones-Moment. Und das mag was heißen, denn es gab sehr viele solcher Momente. Aber natürlich werde ich immer wieder überrascht. Cersei überrascht mich immer, streicht sie niemals!

Teilzeithelden: Eine letzte Frage, Ian. Wie sieht für dich der perfekte Tag aus?

Ian: Mein perfekter Tag? Zurück am Filmset von Game of Thrones. Es war ernsthaft das beste Set überhaupt. Ich vermisse es mehr, als ich euch klarmachen könnte. Jeder Tag am Set war pure, unverfälschte Freude. Jeder Tag, den ich am Set verbrachte, war einfach wundervoll. Mein perfekter Tag wäre also ein Tag am Set von Game of Thrones.

Teilzeithelden: Vielen Dank für das Interview.

Bildnachweise: Julia Weber und Nerdizismus

 

1 Kommentar

  1. Mea culpa, meinereiner erneut, aber ich komme nicht umhin, darauf hinzuweisen, das es Feist heißt und nicht Faist. Das E. steht übrigens für Elias, aber das nur am Rande.
    Nichtsdestotrotz: sehr lesenswertes Interview und offenbar ein sehr angenehmer Mensch; gerne mehr davon.

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein