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Meteor Clan: Meteor Mages

Verschiedene Klans kämpfen um die Vorherrschaft über mächtige Kristalle. Dabei stehen jedem Klan besondere Fähigkeiten und Einheiten zur Verfügung, um damit die Oberhand im Kampf zu erlangen. Es ist an euch, die Besonderheiten der einzelnen Klans zu kennen, um einen von ihnen erfolgreich gegen euren Feind ins Feld zu führen.

Dieses Spiel versucht nicht, eine tiefschürfende Geschichte zu erzählen. Vor Spielbeginn wählen wir einen der sechs vorhandenen Klans aus, um mit diesem vier Kristalle zu erobern, bevor es unser Gegner tut. Die einzelnen Klans bestehen aus vorgefertigten Kartendecks, welche stets über eine besondere Klaneigenschaft verfügen und so verschiedene Spielstile ermöglichen. Zudem gibt es den besonderen Kniff, dass das Beschwören von Einheiten und deren Aktivierung mit Zeit bezahlt wird.

Was sich nach einem einsteigerfreundlichen und schnellen Deckbauspiel anhört, stellt sich in der Praxis als deutlich komplexer und stellenweise leider nicht ganz durchdacht heraus. Ob am Ende dennoch die positiven Eindrücke überwiegen, könnt ihr im Folgenden herausfinden.

Spielablauf

Crystal Clans ist ein reines Zwei-Personen-Spiel und kommt mit einem Spielbrett daher, welches man benötigt, um seine Einheiten in Form von Karten strategisch zu platzieren. Der ein oder andere mag sich hier an Summoner Wars erinnert fühlen, was auch nicht von ungefähr kommt, da niemand Geringeres als Colby Dauch als Designer involviert war.

Der Spielplan ist in mehrere Zonen aufgeteilt.

Das Brett ist aufgeteilt in zwei Heimatgebiete, drei Kristallgebiete, vier neutrale Gebiete und eine Initiativleiste am Rand. Der Rest der Felder dient zur Ablage der Karten.

Zu Beginn des Spiels wählt jeder Spieler einen Klan und nimmt sich das passende Deck. Sämtliche Karten außer der Klankarte werden gemischt und auf das Feld für den Nachziehstapel gelegt. Beide Spieler starten mit fünf Karten auf der Hand, welche sie vom eigenen Deck ziehen. Der Spieler, der nicht Startspieler ist, zieht eine weitere Karte. Der Initiativmarker wird auf das Feld „Null“ der gemeinsamen Initiativleiste platziert.

Nun wird noch der Stapel mit den Kristallkarten gemischt, neben das Spielbrett gelegt und die drei obersten Karten davon werden aufgedeckt.

Kristallkarten, von denen man mindestens 4 erbeuten muß.

Dem Startspieler stehen nun fünf Aktionen (Beschwören, Aktivieren, Erbeuten, Auffrischen, Überfallen) zur Auswahl. Diese dürfen in beliebiger Reihenfolge und mehrmals pro Zug durchgeführt werden, sofern sich der Initiativmarker noch auf der Seite des aktiven Spielers oder im neutralen Bereich (blaue Felder) befindet. Sobald der Marker in den gegnerischen Bereich geschoben wird, ist der Gegenspieler dran.

Beschwören

Um eine Beschwörungsaktion durchzuführen, wählt man bis zu drei Einheiten von seiner Hand und platziert sie alle im eigenen Heimatgebiet. Dafür muss man Initiative in Höhe der Summe der Beschwörungskosten bezahlen. Dann werden die Karten so aufeinander gestapelt, dass jeweils der Angriffs-, Verteidigungs- und Aktivierungswert zu erkennen ist. Die Einheiten, auch wenn es sich nur um eine einzelne Einheit handelt, gelten fortan als Trupp.

Water Clan: Shapeshifters

Jeder Spieler darf immer nur einen Trupp in jedem Gebiet haben. Sobald eine oder mehrere Einheiten auf ein Gebiet ziehen, auf dem bereits ein eigener Trupp liegt, werden die neuen Einheiten dem bestehenden Trupp hinzugefügt. Der Trupp darf dadurch neu formiert werden, was bedeutet, die Reihenfolge der Einheiten darf geändert werden.

Jeder Trupp darf nur aus maximal drei Einheiten bestehen (Ausnahme: der Blutklan). Sofern sich mehr Einheiten in einem Trupp befinden, darf sich der Spieler bis zu drei der Einheiten aussuchen und muss den Rest auf seinen Ablagestapel legen.

Aktivieren

Der Spieler bezahlt die Aktivierungskosten (grünes Symbol) seines gewählten Trupps. Hierbei zählt nur der höchste Einzelwert einer Einheit innerhalb des Trupps. Als Beispiel: Haben zwei Einheiten Aktivierungskosten von eins und eine Einheit von drei, so kostet die Aktivierung des Trupps drei Initiative. Nach dem Bezahlen der Aktivierungskosten hat der Spieler drei optionale Aktionsmöglichkeiten.

  1. Er darf seinen Trupp neu formieren.
  2. Er darf einen Teil des Trupps oder den gesamten Trupp in ein benachbartes Gebiet bewegen. Hierbei darf er sich im gleichen Gebiet wie ein feindlicher Trupp befinden, sich dann allerdings nicht mehr hinausbewegen.
  3. Sofern sich im gleichen Gebiet auch ein feindlicher Trupp befindet, darf der Spieler einen Kampf zwischen beiden Truppen initiieren.

Vor einem Kampf kann noch die Spezialfähigkeit der zuoberst liegenden Einheitenkarte aktiviert werden. Im Anschluss werden die Kampfwerte der beiden Trupps verglichen und mit einer Kampfkarte darauf Einfluss genommen. Beide Spieler müssen hierzu eine Karte von ihrer Hand ausspielen. Dabei ist nur der untere graue Bereich auf der Karte von Belang. Nun wird nach einem Schere-Stein-Papier-Prinzip verglichen, ob im Kampf die linke oder rechte Seite der Karte in Wirkung tritt. Bei einem Unentschieden müssen beide die rechte Seite nutzen.

Stone Clan: Horgath the Steward. Der Stein Klan fällt desöfteren Balancing-Problemen zum Opfer.

Hier kommt es bereits zur ersten Unstimmigkeit im Spiel: die verschiedenen Klaneigenschaften, welche den Kampf entscheidend beeinflussen können. Zum Vergleich nehmen wir den Steinklan sowie den Blumenklan. Die Einheiten des Steinklans sind recht teuer in der Beschwörung und der Aktivierung, halten dafür aber sehr viel Schaden aus und teilen auch entsprechend aus. Der Blumenklan hingegen hat eher geringe Angriffsstärke und durchschnittliche Verteidigung, dafür aber auch recht geringe Aktivierungskosten. Die besondere Klanfähigkeit „Schlaf“ sorgt allerdings meist dafür, dass die oberste Einheit eines gegnerischen Trupps mit null Angriffskraft gewertet wird. Dadurch wird der Steinklan häufig seiner gesamten Stärke beraubt.

Hinzu kommt noch, dass der Blumenklan mit sehr wenigen Initiativpunkten viele Aktionen ausführen kann, wohingegen der Steinklan häufig auf ein bis zwei Aktionen beschränkt wird. Dadurch kommt es zu einem starken Kräfteungleichgewicht, was zuweilen sehr frustrierend sein kann. Man kann dann lediglich auf die Aktionen des Kontrahenten reagieren und bekommt kaum genug Initiative zusammen, um eine eigene schlagkräftige Truppe aufzustellen. Die Balance der verschiedenen Klans scheint aus den Fugen geraten zu sein.

Nachdem die Kampfkarten ausgewertet wurden, wird der Schaden zugewiesen. Dieser wird gleichzeitig ausgeteilt, sodass Einheiten auf beiden Seiten zerstört werden, sobald deren Verteidigungswert überschritten wird. Wie viel Schaden ein Trupp zufügt, berechnet sich aus der Summe der Angriffswerte aller Einheiten des Trupps und den Angriffsboni, die der Trupp durch gespielte Kampfkarten oder andere Spieleffekte erhält.

Schaden wird zuerst der obersten Einheit des feindlichen Trupps zugefügt. Sobald diese zerstört wurde, erleidet die nächste Einheit den restlichen Schaden. Wird mit dem restlichen Schaden nicht der Verteidigungswert erreicht, verfällt der Schaden und die gegnerische Einheit überlebt.

Flower Clan: Bumble Cavalry. Der Blumen Klan hat durch ‚Schlaf‘ oft einen Vorteil.

Ich persönlich halte dieses System für zu umständlich und zu „rechnerisch“. In meinen Partien wurde viel Zeit darauf verwendet, dieses Kampfsystem immer und immer wieder zu erklären. Es ist einfach wenig intuitiv, wenn ich einerseits den Gesamtschaden zusammenrechnen muss, dieser dann aber durch den Verteidigungswert jeder einzelnen gegnerischen Einheit reduziert wird. Das erschwert es, auf den ersten Blick zu sehen, ob mein Trupp eine Chance gegen den des Gegners hat. Das Spiel kommt dadurch unangenehm ins Stocken.

Sollten nach einem Kampf auf beiden Seiten Einheiten überlebt haben, kann der aktive Spieler, sofern er noch Initiativpunkte übrig hat, seinen Trupp erneut aktivieren, um einen weiteren Kampf einzuläuten.

Erbeuten

Mit dieser Aktion kann ein Spieler einen der ausliegenden Kristalle erbeuten. Hierfür muss man mindestens zwei Kristallgebiete kontrollieren, was bedeutet, dass man der Einzige sein muss, der mit seinen Trupps auf diesen Gebieten steht.

Der aktive Spieler wählt einen Kristall, zahlt dessen Initiativkosten, handelt alle Effekte ab, die der Kristall auslöst, und deckt im Anschluss eine neue Kristallkarte auf.

Auffrischen

Für das Durchführen einer Auffrischaktion muss ein Spieler drei Initiative bezahlen. Dann darf er beliebig viele Karten von seiner Hand abwerfen und auf bis zu fünf Handkarten aufziehen.

Überfallen

Für eine Überfallaktion muss ein Spieler das Heimatgebiet seines Gegners kontrollieren und drei Initiative bezahlen. Der Gegner muss dann von seinem Nachziehstapel so viele Karten auf seinen Ablagestapel legen, wie der Gesamt-Angriffswert des angreifenden Trupps anzeigt.

Blood Clan: Den Mother Gra. Die Trupps des Blut Klans dürfen als einzige aus mehr als nur drei Einheiten bestehen

Sollte der Gegner dabei seinen Ablagestapel neu mischen müssen, um einen neuen Nachziehstapel bilden zu können, darf der Angreifer im Anschluss eine Erbeutenaktion ausführen, ohne zwei Kristallgebiete zu kontrollieren oder die Initiativkosten des Kristalls bezahlen zu müssen.

Was in der Theorie interessant klingt, findet in der Praxis recht selten Anwendung. In den meisten Partien wird um das mittlere Kristallgebiet gekämpft, da ein weiteres Vorrücken meist sehr teuer und mit viel Risiko verbunden ist.

Damit sind die Siegbedingungen eine weitere Schwachstelle in diesem Spiel. Alles fokussiert sich auf den Kampf um die Kristalle und darauf, wer zuerst vier davon erbeuten kann. Das zentrale Kristallgebiet nimmt dabei meist die Rolle des einzigen umkämpften Feldes ein. Niemand möchte dem anderen zu viele Initiativpunkte überlassen, wodurch so knapp mit den Aktionen kalkuliert wird, dass selten mehr als vier Initiativpunkte übrigbleiben und dadurch weite Bewegungen erschwert werden. Somit werden Einheiten im Heimatgebiet beschworen, um sich schnellstmöglich den Weg ins mittlere Kristallgebiet zu bahnen.

Sobald einmal ein Kristall erbeutet wurde, hat man einmalig viele Punkte zur Verfügung. Wenn dann allerdings die richtigen Karten auf der Hand fehlen, müssen die Punkte sinnlos verblasen werden. Eine Speicherung der Punkte ist leider nicht möglich. Es müssen solange Aktionen gespielt werden, bis der Initiativmarker wieder in der gegnerischen Zone landet.

Ausstattung

Die Aufmachung von Crystal Clans ist hervorragend. Sobald man es in Händen hält, zeigt es einen großen Aufforderungscharakter. Der Künstler Martin Abel hat hier tolle Arbeit geleistet.

Die Spieleschachtel ist sehr robust und bietet für zukünftige Erweiterungen ausreichend Platz. Das Spielbrett und die Karten sind ebenfalls sehr schön gestaltet worden. Die Qualität ist hier durchweg als sehr gut zu bezeichnen.

Aber an einem sehr wichtigen Punkt hat der Verlag meiner Meinung nach gepatzt. In der Spielschachtel befinden sich sechs vorgefertigte Klandecks. Man könnte erwarten, dass eine gewisse Balance zwischen den einzelnen Klans besteht, aber in meinen Partien stellte sich heraus, dass manche Klans anderen deutlich überlegen sind. So etwas sollte in einem Basisspiel nicht passieren.

Zudem wird im Regelheft darauf hingewiesen, dass mit zukünftig erscheinenden Erweiterungen (neuen Klans) Deckbauregeln eingeführt werden. Dadurch könnten wahrscheinlich einige Schwächen verschiedener Klans abgemildert und so eine bessere Balance hergestellt werden, aber hierfür wird der Käufer des Grundspiels erneut zur Kasse gebeten.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Plaid Hat Games / Asmodee
  • Autor(en): Andrea Mezzotero, Colby Dauch, J. Arthur Ellis
  • Erscheinungsjahr: 2018
  • Sprache: Deutsch
  • Spieldauer: 30-60 Min
  • Spieleranzahl: 2
  • Alter: ab 14 Jahren
  • Preis: 43,53 EUR
  • Bezugsquelle: Amazon

 

Bonus / Downloadcontent

Zukünftige Klans wurden bereits angekündigt, sind aber noch nicht erschienen.

Die deutschen Regeln könnt ihr auf der Seite von Asmodee herunterladen.

Fazit

Nach der ersten Vorfreude auf dieses Spiel hat sich bei mir leider etwas Ernüchterung breitgemacht. Die Aufmachung und hohe Qualität der Karten, die verschiedenen Klans, welche sich komplett unterschiedlich anfühlen, und das Konzept mit der Jagd auf Kristalle, statt dem sonst eher gewöhnlichen Reduzieren der Lebenspunkte – das alles klang auf dem Papier sehr vielversprechend.

Skull Clan: Sinlore the Ancient

Nach einigen Runden kam allerdings die Erkenntnis, dass hier der angekündigte Deckbau fehlt. Die Decks der einzelnen Klans scheinen nicht richtig ausgewogen zu sein, sodass bei manchen Konstellationen ein Klan deutlich die Oberhand gewinnen kann.

Hinzu kommt, dass sich die Jagd auf die Kristalle meist nur auf das Belagern des mittleren Kristallgebietes beschränkt und rundherum wenig passiert. Das liegt mitunter auch daran, dass die Initiativleiste eine nette Idee ist, aber in der Praxis auf Unverständnis stößt. Es ist zwar klar, dass stärkere Einheiten tendenziell mehr Initiative kosten, aber der Gegner kann die Initiativleiste mit günstigeren Einheiten sehr leicht kleinhalten.

Hier wäre es vielleicht besser gewesen, jeden Klan mit einem eigenen Pool an Initiativpunkten auszustatten, welche er nach und nach generiert und dadurch immer mächtigere Einheiten beschwören kann.

Auch das Regelwerk scheint noch etwas unausgereift zu sein, da es doch zu der ein oder anderen Situation kam, in der wir nicht wussten, wie genau wir die Fähigkeiten anwenden sollten. Hier wäre es wünschenswert, wenn das Glossar umfangreicher ausfallen würde und die Klan- oder Spezialfähigkeiten besser beschrieben wären.

Mit Crystal Clans liegt somit ein (Deckbau-)Spiel vor, welches noch in den Kinderschuhen zu stecken scheint, aber durchaus für Fans dieses Genres bereits seinen Reiz hat. Hier muss man erst etwas hineinkommen, und mit den zukünftig hinzukommenden Klans sehe ich wachsendes Potenzial, weshalb ich hier noch eine gute Drei als Wertung geben kann, mit Tendenz nach oben, sofern sich der Deckbau positiv auf die Klans auswirkt.


Artikelbilder: © Asmodee, © Plaidhatgames, Bearbeitung: Melanie Maria Mazur

Das Spiel wurde uns seitens Asmodee kostenlos zur Verfügung gestellt.

 

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