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Eine spannende Geschichte erzählen ist eine Sache, aber ein mitreißendes Abenteuer schreiben eine ganz andere. Mit dem Plot einer LARP-Veranstaltung steht und fällt meist die Motivation der Spielerinnen und Spieler, sich aktiv einzubringen. Begleitet uns auf eine Reise zwischen Charakter-Erschaffung und World-Building.

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Eine eigene Con auszurichten, kann eine ganz schön anstrengende Sache sein. Im ersten Teil unserer Serie ging es schon um die Frage, was man alles bei der Geländeauswahl und den ersten Planungsschritten beachten muss.

Auf den meisten Veranstaltungen möchte man aber nicht nur einen schönen Ort bieten, sondern auch eine Geschichte erzählen. Um das Verfassen einer solchen Geschichte soll es daher im nachfolgenden Artikel gehen.

Zielsetzung sind dabei wie in Teil 1 Veranstaltungen bis ca. 100 Spielerinnen und Spieler. Wir werden euch ein paar Ideen mit auf den Weg geben und vor allem die großen Stolpersteine aufzeigen, die man am besten links liegen lässt.

Du kommst zufällig an einer Taverne vorbei – Die Con-Einladung

Die Einladung zur Veranstaltung schreibt man zwar erst, wenn der Plot so weit fertig ist, aber trotzdem hilft es, sich von Anfang an dazu Gedanken zu machen.

Der Anfang – was führt die Spieler eigentlich dort hin? | Depositphotos © bastan

Jede Spielerin und jeder Spieler freuen sich über IT-Informationen, die sie vor der Veranstaltung bekommen. Hierbei geht es darum, einerseits einen kleinen Teaser zu verfassen, um das IT-Szenario wenigstens anzudeuten, andererseits den Charakteren einen Anreisegrund zu liefern.

Bei vielen Veranstaltungen werden sich Charaktere aus unterschiedlichsten Settings finden, die aus anderen Ländern oder sogar aus unterschiedlichen Welten stammen. Dies ist kein Grund, die Anreise mysteriös zu überglorifizieren, vor allem wenn man eine recht bodenständige Veranstaltung machen möchte. Es braucht somit weniger gigantische Portalkonstruktionen oder mystische Anreisewege als vielmehr einen vernünftigen Grund, überhaupt dort zu sein, wo man ist.

Wenn man seine Spielerschaft gut kennt, bietet es sich natürlich an, eine genau angepasste Geschichte zu verfassen, sei es der Aufruf eines Bekannten nach Hilfe, die Einladung nach erfolgter Hilfe oder ähnliche Konzeptionen.

Sollte es der erste Kontakt mit einzelnen Spielergruppen sein, empfiehlt es sich, einige Anreisegründe zur Auswahl zu stellen. Das könnte zum Beispiel der Aushang sein, dass man sich eine schnelle Münze dazu verdienen kann, Gerüchte über einen verschollenen Schatz oder auch Berichte fliehender Bauern, was sich dort Schlimmes herumtreiben soll.

Wichtig ist bei all diesen Möglichkeiten, dass sie vor Ort eine gleichwertige Partizipation ermöglichen, schließlich sollen alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit den gleichen Möglichkeiten anreisen.

Ich habe eine zündende Idee! – Die Grundkonzeption

Bevor es an die genaue Planung gehen kann, braucht man eine Idee, die man umsetzen möchte.

Am Anfang steht die Idee | Depositphotos © Syda_Productions

Am ehesten kann man sich dabei mit dem Grundszenario auseinandersetzen, das man transportieren möchte. Soll es eine gruselige Monsterhatz oder doch der Giftanschlag auf einer Hofhaltung sein? Vielleicht ein Turnier, bei dem in klassischer Form ein Bösewicht teilnimmt, der aber aufgrund des Turnierfriedens teilnehmen darf?

Wie schon bei der passenden Auswahl des Veranstaltungsortes und der Jahreszeit zum Plot sollte man sich hierbei ein realistisches Bild der eigenen Interessen und Möglichkeiten machen. Es bringt meist wenig, eine Geschichte erzählen zu wollen, auf die man selbst wenig Lust hat, schließlich geht es um eine immersive Spielerfahrung. Wenn man sich mit der Erzählung nicht selbst identifizieren kann, wird die Konstruktion für einen Laien meist schwer.

Auch sollte man sich vorher genau überlegen, was mit dem eigenen finanziellen Rahmen und dem Veranstaltungsort überhaupt umsetzbar ist. Auf der Wald-und-Wiesen-Con vom Erzdämonen aus der Hölle anzufangen, wird nicht mehr Leute begeistern als eine bodenständigere Geschichte, die dafür aber durch das Wochenende trägt. Wichtig ist dabei, dass man sich für eine Richtung entscheidet. Schnell möchte man aus der Idee, es jedem Spielertypus recht machen zu wollen, alle möglichen Stränge kombinieren, um eine Geschichte epischen Ausmaßes zu erzählen. So löblich die Idee ist, so schwierig ist meist die Umsetzung. Schnell verliert man so die eigentliche Konzeption aus den Augen und verläuft sich in unzähligen Nebensträngen. Eine klarere Vorstellung hilft sowohl SC als auch NSC ein gutes Wochenende zu verbringen.

Es ist eine gute Idee, hierfür eine NSC-Gruppierung mit einem gemeinsamen Hintergrund zu konstruieren, in der die NSC mit den Spielerinnen und Spielern agieren. Von diesem Ausgangspunkt kann man sich dann der genaueren Plotausarbeitung widmen.

Um 17:04 erscheint der Dämonenfürst – Die genauere Zeitplanung

Schnell kommt man bei der Plotplanung zur Frage, wann was geschehen soll. Die Meinungen, wie genau man eine Con durchplanen sollte, ob komplett bis zum Ausgang oder aber so viel wie möglich offen lassen, gehen oft auseinander. Die Versuchung ist groß, alles genau durchplanen zu wollen, im besten Fall bis auf die Minute. Zu groß ist die Sorge, dass man in das berühmte Samstagnachmittag-Loch hineinsteuert, in dem die Handlung auf der ein oder anderen Abenteuercon gefühlt einen Hänger hat, bis es zum großen Finale kommt.

Doch genaue Planungen kommen oft an ihre Grenzen und können schnell zu Frustration führen. Sei es, weil ein Handlungsstrang später zündet, ein Teil deutlich früher abgeschlossen wurde oder einem einfach das Wetter einen Strich durch die Rechnung macht.

Statt sich daher an Uhrzeiten zu binden, die man am Ende doch nicht einhalten kann, ist es empfehlenswert, sich einen Ereignis-Fahrplan zu bauen. In diesem verzeichnet man alle Vorgänge, die auf der Veranstaltung passieren sollen, und gibt ihnen eine grobe zeitliche Orientierung wie „Samstag um die Mittagszeit“.

Essentiell wichtig für die Plot-Planung sind die NSC | Depositphotos © BrianAJackson

Wichtig ist bei aller Freiheit in der Zeitplanung jedoch, dass man für seine Teilnehmerinnen und Teilnehmer sowohl Essens- als auch Ruhezeiten einplant. Egal wie spannend die Handlung ist, egal wie bedrohlich der Feind, ohne Schlaf und Nahrung werden die meisten eher missmutig. Wenn man ein solches wie auch immer gestaltetes Mangelszenario plant, sollte man das in der Vorankündigung deutlich kommunizieren. Die Aussage, dass 24 Stunden Intime gespielt wird, reicht dabei leider nicht aus, da sich damit inzwischen nahezu jede Veranstaltung schmückt und im Gegenzug gezielte OT-Phasen eher Erwähnung finden. Ob man solche Entbehrungen wirklich braucht, sollte man sich dabei wirklich gut überlegen, schließlich kommen die meisten Teilnehmenden aus einer anstrengenden Woche und werden somit wenigstens etwas Ruhe und Erholung brauchen.

Es ist alles erst so schlimm, seit ihr hier seid! – NSC und World-Building

Die NSC sind die Personen, die eure Pläne überhaupt erst in Fahrt bringen. Entsprechend vernünftig sollte man sie daher auch behandeln. Es geht dabei nicht darum, die Leute mit Geschenken zu überhäufen, als viel mehr, dass sie einen Anspruch auf Wohlergehen vor Ort und vernünftige Informationen im Vorfeld haben. Das bedeutet nicht, dass ihr sechs Monate vor Beginn der Con hunderte Seiten Hintergrundinformationen produziert haben müsst. Besonders wenn ihr euch spezielle Kostüme von den NSC wünscht, ist es allerdings hilfreich, schon früh die entsprechenden Ideen zu kommunizieren.

Am Ende muss man alles zu einem runden Abschluss bringen | Depositphotos © Kostia777

Insgesamt solltet ihr euch gut überlegen, was ihr von euren NSC haben möchtet und was ihr stellen könnt. Je spezieller die Kostümanforderungen, desto unwahrscheinlicher ist es, dass sich entsprechende Gegenstände zufällig schon im Besitz einer Person befinden. Vor allem bei Gegenständen, die wahrscheinlich nur einmalig Anwendung finden werden, solltet ihr diese in eure Kalkulation miteinbeziehen und nicht erwarten, dass sie von den NSC angefertigt werden.

In welcher Form ihr euren Plot weitergebt, ist ebenfalls eine Stilfrage. Klassisch wäre dabei die Herausgabe eines Plotbuches, das die gesamte Handlung zumindest skizziert und alle wichtigen Rollen vorstellt.

Als Ergänzung oder vollständige Alternative kann man auch Rollenkarten schreiben. Hierbei bekommt jeder NSC eine kurze Beschreibung des Hintergrundes seines Charakters, seiner Motivation, seiner Ziele und seiner primären Charakterzüge. Dies ist vor allem spannend, wenn jeder nur seine eigenen Informationen erhält und von den anderen Charakteren nur offensichtliche Informationen wie deren Namen oder Funktion in einer Gemeinschaft hat. Dies bindet NSC schnell und effektiv ein und lässt sie an der Handlung teilhaben, statt sie nur als aufgerüstete Statisten zu sehen.

Auch in einem solchen Szenario ist es möglich, über kleinere SL-Eingriffe gezielt Aktionen zu triggern. Wenn die NSC allerdings auch von Szenen überrascht werden, sind ihre Reaktionen echter und schaffen somit eine tiefere Immersion für alle Beteiligten.

Wichtig ist bei nahezu jeder geschriebenen Rolle auch, dass sie eine Daseinsberechtigung jenseits dieses einen Wochenendes haben sollte. Kaum etwas wirkt unglaubwürdiger als irgendeine Person, die scheinbar nur existiert, um den Spielerinnen und Spielern einen Gegenstand auszuhändigen.

Ein letztes kurzes Wort noch zum Einsatz von NSC in Kämpfen:

Zu vielen Plots gehören auch einige Kämpfe | Depositphotos © GekaSkr

Abgesehen davon, dass man genug Zeit für Umziehen und mögliche Schminke einplanen sollte, muss man manchmal seine Spielerinnen und Spieler mehr oder minder deutlich darauf hinweisen, dass bestimmte Festrollen in dem Moment weniger vertreten sind, in dem Kämpfe ausbrechen. Kaum etwas ist auf Dauer nerviger, als wenn ständig nachgefragt wird, warum denn die ach so freundlichen Dorfbewohner ihr Dorf nicht mitverteidigen würden. Teilweise werden aus diesen Umständen dann auch noch Verdachtsmomente konstruiert und NSC mit der Frage belagert, wo sie denn während des Kampfes waren.

Auch wenn die Hintergründe eigentlich klar sein sollten, taucht diese Problematik so regelmäßig auf, dass zumindest eine kurze Erwähnung in der SL-Ansprache am Anfang der Veranstaltung sinnvoll erscheint.

Und dann passiert das Folgende – Überprüfung des eigenen Plots

Nichts ist schlimmer, als wenn man eine in den eigenen Augen grandiose Geschichte schreibt, die vor Ort an einem Fehler scheitert, der vermeidbar gewesen wäre. Wichtig ist es daher, den Plot vorher zu überprüfen, sowohl auf seine zeitliche Umsetzbarkeit als auch auf die generelle Durchführbarkeit. Hilfreich ist es dabei, jenseits des eigenen SL-Teams Leute ins Vertrauen zu ziehen, denen man den Plot in seiner Gesamtheit vorstellt. Ob man dabei NSC, die man schon kennt, hinzuzieht oder auf andere Bekannte zurückgreift, ist dabei irrelevant. Wichtig ist jedoch, dass man die entsprechenden Personen bittet, ihre Meinung nicht zurückzuhalten, sondern stattdessen unverblümt zu erklären, wenn nach ihrer Wahrnehmung in der Geschichte irgendeine Lücke ist. Im eigenen Schaffensprozess kann man durchaus fehlerblind werden, und somit kann ein Blick von außen essenziell sein, um gröbere Plot-Löcher aufzudecken.

Einen Grundsatz sollte man ebenfalls nicht aus den Augen verlieren. Der Plot soll den Spielerinnen und Spielern ermöglichen, aktiv Teil des Ganzen zu sein und nicht eine reine Statistenrolle auszufüllen. Man fährt viel eher auf eine Con, um Teil einer Geschichte zu sein, als nur die Geschichte von Anderen zu erleben.

Gezielt sollte man bei einer solchen Überprüfung auch auf unnötige Worthülsen achten, die die eigene Welt mystischer erscheinen lassen sollen, ohne einen Mehrwert im Spiel zu generieren. Wenn man einen Spieltag schon damit verbringt, die Welt zu erklären, bleibt nicht mehr viel Raum für die eigentliche Handlung.

Eigene Titel können beispielsweise einem Land Tiefe geben. Wenn man aber exemplarisch auf bestehende Adelstitel zurückgreift, sollte nicht deren Abfolge vertauscht werden.

Zielsetzung sollte immer bleiben, dass man selbst, die Spieler auf der Veranstaltung und die NSC sich sicher in der geschriebenen Geschichte bewegen können, ohne massives Vorwissen mitzubringen. Schließlich reden wir hier immer noch von der Organisation eines Wochenendes.

War das so schlimm? – Ein Fazit

Das Schreiben eines eigenen Plots kann eine sehr ambivalente Tätigkeit sein. Einerseits kann die pure Masse an zu erstellendem Material abschreckend wirken. Andererseits besteht die Gefahr, dass man sich in der eigenen Welt verläuft, sich an Kleinigkeiten festbeißt oder schlicht erkennen muss, dass die eigene Idee nicht logistisch umsetzbar ist.

Es kann daher nur empfohlen werden, sich frühzeitig mit der Plotkonzeption auseinanderzusetzen, auf dem gesamten Weg NSC und Vertraute gleichermaßen einzubinden und Rückmeldungen aus diesem Bereich auch ehrlich anzunehmen.

So kommt man am Ende zu einem Ergebnis, auf das man zu Recht stolz sein kann.

Artikelbilder: Depositphotos © nupix © dizanna, Bearbeitet von Verena Bach

 

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