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Für den Namen unseres Mediums sind verschiedene Schreibweisen gebräuchlich. Die im deutschsprachigen Raum populärste davon ist LARP. Der Autor meint jedoch, dass dies nicht nur unschön und falsch, sondern darüber hinaus auch unpraktisch für die Außenwirkung der Szene und des Hobbys ist.

Ein einheitlicher Begriff, verschiedene Schreibweisen

Neben Liverollenspiel hat sich der Begriff „Larp“ quer durch die gesamte deutschsprachige Szene erfolgreich als gängigste Bezeichnung für unser Medium etabliert und Alternativen wie das britische „LRP“, „Interactive literature“ oder das in meiner Heimat lange als Austriazismus verteidigte „Live“, „Leif“ bzw. „liven“ weitgehend marginalisiert.

Über die Wortherkunft und Bedeutung („Live Action Role Playing“) besteht weitgehend Einigkeit, genauso wie darüber, es als ein zusammenhängendes Wort auszusprechen, anstatt die Buchstaben einzeln zu betonen. Uneinheitlich ist hingegen die Schreibweise. Abgesehen von ein paar Exoten wie „L.A.R.P.“ oder „LaRp“ werden vor allem zwei Varianten verwendet: „LARP“ und „Larp“.

Während man „Larp“ vor allem im Umfeld des Nordic Larp und ähnlichen Ansätzen sowie in hunderten Forenbeiträgen und Facebook-Kommentaren findet, verwenden die großen Portale deutschsprachigen Mainstream-Larps mehrheitlich „LARP“ (so die LARPZeit und die Websites der deutschen Großcons). Auch die Mehrheit der Teilzeithelden-Texte und der Wikipedia-Eintrag verwenden die Versalien. Konsistent ist aber häufig weder die Verwendung der einen noch der anderen Schreibweise. So finden sich häufig beide an verschiedenen Stellen derselben Homepage, nicht selten sogar desselben Textes. Diese Uneinheitlichkeit wirkt seltsam, unprofessionell und schlampig. Höchste Zeit also, sich einmal Gedanken zu machen, welche Schreibweise sinnvoller ist.

Die Wirkung von Großbuchstaben auf den Lesefluss

Wörter, die vollständig aus Großbuchstaben bestehen, erzeugen beim Lesen den Effekt besonderer Betonung. Dieser wird beispielsweise von Zeitungen für Schlagzeilen genutzt, zu Werbezwecken oder auch in manchen öffentlichen Urkunden und Dokumenten, um die Namen beteiligter Personen hervorzuheben. Einer solchen Hervorhebung ist immer eigen, den eigentlichen Lesefluss zu unterbrechen. Den gleichmäßigen Fluss zugunsten einzelner, hervorzuhebender Elemente zu pausieren, ist erklärtes Ziel dieser Praxis. Daher wird in der Typografie stets dazu angehalten, solche Versalwörter spärlich und mit Bedacht einzusetzen.

Grossbuchstaben erzeugen den Effekt besonderer Betonung.

Es scheint also wenig nachvollziehbar, warum es für Larperinnen und Larper sinnvoll sein sollte, ihr Medium auf diese Art zu auszuschreiben. Ein Text über die Abseits-Regel, in der statt Fußball jedes Mal FUSSBALL geschrieben stünde, würde den meisten wohl zu Recht negativ auffallen. Kaum jemand würde „Ich gehe heute ins THEATER“, „Das ist mein liebstes COMPUTERSPIEL“ oder „Zu meinen Hobbies zählt außerdem LIVING HISTORY“ schreiben. Warum aber ist „Am Wochenende bin ich wieder auf einem LARP“, welches dieselbe, negative Wirkung erzielen sollte, dann so verbreitet?

Großbuchstaben und Abkürzungen

Auf diese Frage angesprochen, antworten Nutzerinnen und Nutzer der Schreibweise LARP häufig, es würde sich dabei um eine Abkürzung handeln. Demnach wären alle Buchstaben groß zu schreiben. Larp ist ein Akronym, also eine Abkürzung, die sich aus den Anfangsbuchstaben seiner Bestandteile zusammensetzt. Solche werden im Deutschen tatsächlich meist mit Großbuchstaben geschrieben, wie WM, GG (bzw. BVG), SMS und viele andere Beispiele belegen. Ist dies also ein Grund, Versalien zu verwenden, anstatt „Larp“ zu schreiben?

Das Wort selbst ist ein phonetisches Akronym, es wird als ein eigenständiges, durchgehendes Wort ausgesprochen, während bei den oben genannten Beispielen jeder Buchstabe einzeln genannt wird. Auch dafür kennt die deutsche Sprache Beispiele: Laser („light amplification by stimulated emission of radiation”), Radar („radio detection and ranging“) und Sonar („sound navigation and ranging“). Das sind Wörter, die zwar genauso wie Larp eigentlich Akronyme sind, deren ständige Verwendung als phonetisch ausgesprochenes Wort aber dazu geführt hat, dass sie als normale Hauptwörter verwendet und demnach auch so geschrieben werden. Heute käme wohl niemand mehr auf die Idee, „LASER“ oder „RADAR“ zu schreiben. Larp gleicht diesen Beispielen. In seiner gesprochenen Verwendung ist die Herkunft aus einer Abkürzung nicht mehr zu erkennen, dem typischen Umgang deutscher Rechtschreibung mit solchen Wörtern entsprechend liegt es also auf der Hand, „Larp“ anstatt „LARP“ zu schreiben.

Im gesprochenen Wort ist die Herkunft als Akronym nicht mehr erkenntlich.

Ja, dieser Umgang ist nicht immer und überall ganz einheitlich. Bei Eigennamen von Institutionen obliegt die korrekte Schreibweise letztlich nur bedingt der allgemeinen Sprachentwicklung (bei privaten Firmennamen sogar überhaupt nicht). So schreibt man beispielsweise die EURATOM bis heute in Versalien, obwohl sie mehrheitlich phonetisch ausgesprochen wird. Von wenigen Ausnahmen abgesehen zeigt der Trend aber recht eindeutig, dass solche Akronyme, die regelmäßig phonetisch ausgesprochen werden, als normales Hauptwort (also nach dem ersten Buchstaben klein), hingegen solche, bei denen die Buchstaben einzeln betont werden, als Versalwort geschrieben werden.

Die meisten Tageszeitungen schreiben zum Beispiel „Nato“ und „Uno“ (allerdings UN-Sicherheitsrat) anstelle von „NATO“ oder „UNO“. Ein anderes Beispiel ist das Wort „Aids“, welches immer öfter als Hauptwort zu finden ist, während „HIV“ logischerweise weiterhin durchgehend großgeschrieben wird: Schließlich ist es sowohl unüblich, die Buchstaben des Wortes „Aids“ einzeln auszusprechen, als auch die Abkürzung „HIV“ als phonetisches Akronym, nämlich gesprochen „Hif“, zu betrachten.

An diesem Beispiel zeigt sich, dass die Schreibweise auch einem gewissen Prozess beziehungsweise Diskurs unterzogen ist. So schreibt beispielsweise die Süddeutsche Zeitung „Aids“, die Zeit hingegen noch „AIDS“; die deutsche Wikipedia-Seite dazu schreibt „AIDS“, der Artikel zur Aussprache von Akronymen im Deutschen nennt „Aids“ hingegen als Beispiel für ein nicht durchgehend groß zu schreibendes Akronym.

Auch, wenn die Praxis hier keine völlig einheitliche ist und die deutsche Rechtschreibung keine gesatzte Norm dafür kennt, ist die Tendenz unverkennbar eindeutig. Akronyme, die phonetisch als ein Wort ausgesprochen werden, werden wie ein normales Substantiv behandelt, solche, bei denen die Buchstaben individuell betont werden, in Versalien. Daraus lässt sich eine klare Indizwirkung ablesen, Wörter jeweils so auszusprechen, wie sie geschrieben sind. So, wie wir das Wort also in der Praxis verwenden, ist „Larp“ die Schreibweise, die dem Usus deutscher Rechtschreibung entspricht.

Eine Frage der Außenwirkung

Sprache beeinflusst Wahrnehmung.

Die Praxis, weiterhin das Versalwort zu verwenden, hat viele Nachteile. Sie widerspricht ohne Not den Gepflogenheiten der deutschen Sprache, erzeugt in Texten eine ungewollte, seltsame Betonung des Begriffs und bricht damit den Lesefluss unnötig auf. Sie indiziert darüber hinaus eine Aussprache, die im Gegensatz dazu steht, wie wir das Wort in der Aussprache tatsächlich verwenden. Durch lange Gewöhnung mögen sich diese Effekte bei szenezugehörigen Personen vielleicht verringern, spätestens dort aber, wo Neuzugänge und Außenstehende damit in Kontakt kommen, sind sie nicht zu verhindern.

Selbst dann, wenn man das Vorhandensein einer klaren Regelmäßigkeit in der Schreibweise phonetischer Akronyme im Deutschen verneinen und die Frage danach zu einer individuellen, diskursiven machen würde, wären es trotzdem zweifelsfrei „wir”, die durch unsere regelmäßige Verwendung des Begriffs am ehesten Deutungshoheit darüber erlangt hätten – und es liegt in unserem Interesse, diese zu nutzen.

Sprache beeinflusst die Wahrnehmung. Wir müssen uns als Szene die Frage stellen, welche Außenwirkung wir mit unserem Begriff erzielen wollen. Das Wort „LARP“ wird immer das bleiben, was es ist: eine abstrakte, sprachlich unzugängliche und in Texten unrund wirkende Abkürzung, die im schlechtesten Fall instinktiv das Bild von seltsamen Nerds erzeugt, die sich mit eigenem, nicht ins System der deutschen Sprache passenden Fachbegriffen möglichst abschotten möchten. Wenn wir im Gegenzug dazu anstreben, dass der Begriff „Larp“ so, wie wir ihn verwenden, auch außerhalb unserer Blase als praktikables, letztendlich ordinäres deutsches Hauptwort rezipiert wird, sollten wir wir nicht mehr „LARP“, sondern „Larp“ schreiben. Damit würden wir auch sprachlich illustrieren, dass Larp kein eigenbrötlerisches Randgruppenhobby ist, sondern in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist.

Der Autor freut sich auf Widerspruch und Dialog und hofft auf eine rege Diskussion, die er gerne auf Facebook oder per E-Mail (maximilian.hofbauer@gmx.net) führt.

Anm. d. Red.: Das Team der Teilzeithelden, insbesondere unsere Larper*innen, haben sich schon oft intensiv mit der Schreibweise des Wortes Larp beschäftigt. Wir nehmen diesen Kommentar gerne als Anlass auf die, aus unserer Sicht, zeitgemäße Schreibweise zu wechseln.

Artikelbilder: © Nabil Hanano, Drachenfest 2017
Layout und Satz: Roger Lewin
Lektorat: Lukas Heinen

Über den Autor

Maximilian Hofbauer ist 30, hat Politikwissenschaft studiert und arbeitet am Institut für Strafrechtswissenschaften an der Siegmund-Freud-Universität in Wien. Er besucht Larps seit 2004 und organisiert sie seit 2007. Am liebsten sind ihm geschlossene Szenarien mit vorgefertigten Figuren in historischen oder gegenwärtigen Settings; er besucht ab und zu aber auch ganz gerne ein Fantasy-Larp.

8 Kommentare

  1. Nix für ungut Max, aber genau solche Themen haben dazu geführt, dass mir die LARP Österreich FB Gruppe zu mühsam wurde und ich ausgetreten bin.

  2. „Das Wort „LARP“ wird immer das bleiben, was es ist: eine abstrakte, sprachlich unzugängliche und in Texten unrund wirkende Abkürzung, die im schlechtesten Fall instinktiv das Bild von seltsamen Nerds erzeugt, die sich mit eigenem, nicht ins System der deutschen Sprache passenden Fachbegriffen möglichst abschotten möchten.“

    Diese Annahme halte ich für ziemlich weit hergeholt und nachdem du weiter oben schon geschrieben hast, dass im System der deutschen Sprache Abkürzungen groß geschrieben werden können, auch für inhaltlich sachlich falsch.
    Insgesamt überschätzt du die Wirkung der unterschiedlich geschriebenen Begriffe m.E. gewaltig.

    • Hallo Hana,

      dass die von dir zitierte Textstelle einen stark subjektiven Charakter aufweist, bestreite ich nicht. Ich kann auch gut nachvollziehen, wenn man sich dieser Beurteilung nicht anschließt. Sie ist aber auch letztlich gar nicht notwendig, um als Schluss auf die Aussage des Textes zu kommen.
      Oben führe ich zwar nämlich aus, dass manche (!) Abkürzungen im Deutschen in Versalien geschrieben werden, andere jedoch nicht – und, dass Larp als regelmäßig phonetisch gesprochenes Wort ganz zweifelsfrei in die zweite Gruppe gehört und damit als Hauptwort, also „Larp“ zu schreiben ist.
      Während dein Vorwurf, mein abschließender Gedanke wäre weit hergeholt, also durchaus nachvollziehbar sein mag, ist es der, er wäre sachlich falsch, nicht.

      Beruft man sich, wie du du es tust, auf die Regelmäßigkeiten des Systems der deutschen Sprache, so ist die Schreibweise „Larp“ also nicht falsch, sondern geboten.

      Liebe Grüße, Max

  3. Wieder mal ein Beispiel, wie man eine Idee, die vielleicht für zwei Absätze taugt und an sich nicht die blödeste ist, unglaublich in die Länge und mit völlig überzogenen Randbemerkungen ins Lächerliche ziehen kann: Ich sehe das rein sprachliche Argument für „Larp“ durchaus als nicht so falsch, aber der ganze Außenwirkungskram ist ziemlich übertriebener Unfug.

    • Hallo Flo,

      ich räume ein, dass deine Kritik auch „an sich nicht die blödeste“ ist und man die Kernaussagen auch kürzer formulieren hätte können. Einerseits war es mir aber nach vielen zum selben Thema geführten Diskussionen ein Anliegen, auch gleich gängigsten Gegenargumente präventiv zu behandeln. Dass der abschließende Absatz zur Außenwirkung von allen Punkten am stärksten auf subjektiven Eindrücken fußt, stimmt natürlich, aber ich wollte ihn trotzdem unterbringen.
      Außerdem kratzt der Text auch in dieser Form gerade einmal an der Unterseite der notwendigen Mindestmenge an Zeichen für diesen Blog, weswegen eine Kürzung für eine Publikation hier kaum möglich gewesen wäre.

      Liebe Grüße, Max

  4. Gibt es echt keine besseren, interessanteren oder Sinnvollere Beiträge?

    Kann Teilzeithelden oder Max mir die Zeit die ich mit dem Lesen dieses Artikels verschwendet habe irgendwie bitte wieder zurückgeben?

    • Worum es in dem Artikel ging, war aber von vornherein klar. Den Artikel zu lesen, entscheidet man selbst und kann daher die Verantwortung für subjektiv verschwendete Zeit weder dem Medium noch dem Autor anlasten.
      Tipp: Wenn’s langweilt, einfach aufhören. Ich hab das auch erst lernen müssen – seit einem Buch, das auf den letzten 50 Seiten nur noch einen Punkt und sonst praktisch keine Interpunktion mehr hatte, kann ich das…

  5. Lieber Max,

    Zur Außenwirkung:

    Im Umbruch befindliche Schreibweisen sind gang und gäbe (oder heißt das nach neuer Rechtschreibung „gebe“? Case in point…). Die meisten Menschen empfinden das nicht als schlampig, sondern sehen die Sache auf individueller Ebene („Ich / Der/Die weiß nicht, wie man das schreibt.“) und quittieren sie am ehesten mit einem Schulterzucken.

    Bei einem Begriff, den der Otto-Normalverbraucher so selten antrifft, wird der Unterschied wahrscheinlich noch nicht einmal registriert. Ich würde mir deshalb um die Außenwirkung wirklich keine Sorgen machen.

    Ansonsten finde ich die Großschreibung für jene zugänglicher, die den Begriff noch nie gehört haben, weil leicht verständlich ist, dass es sich um eine Abkürzung handelt.

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