Geschätzte Lesezeit: 10 Minuten

Das Leben in DEATH IN SPACE ist hart. Ressourcen sind rar und hart umkämpft. Wer es zu etwas bringen will, darf nicht wählerisch sein. Gleichzeitig gilt es, eine Reputation aufzubauen. Aber das alles ist witzlos ohne ein eigenes Raumschiff. Zum Glück bietet der Eiserne Ring viele Möglichkeiten für Abenteuerlustige.

Die Spielwelt, Regeln und Charaktererschaffung

Vor zehn Jahren herrschte im fernen Sternensystem Tenebris ein grausamer Krieg um die letzten Reste einer wertvollen Ressource – ein Edelstein, der wichtig für die Herstellung von Technologien ist. Am Ende waren alle irgendwie die Verlierer*innen. Die im Tenebris-System zurückgebliebenen Menschen sind auf sich gestellt. Man muss mit dem auskommen, was bereits da ist, und es im Notfall wieder und wieder flicken. Wer nicht in einem Raumschiff unterwegs ist, findet im Eisernen Ring, einer riesigen, zu einer Raumstation zusammengeschusterten Konstruktion, Schutz und eine Heimat. Das ist wichtig, denn es mehren sich Hinweise, dass das Universum nicht nur zu schrumpfen beginnt, sondern auch unvorstellbare Schrecken darin lauern.

Das System nutzt einfache und leicht zugängliche Regeln. Jeder Charakter besitzt vier Attribute, die Werte von -3 bis +3 aufweisen können. Für eine Probe wird mit 1W20 gewürfelt und mit dem Wert eines passenden Attributs verrechnet. Das Ergebnis muss eine 12 erreichen oder übertreffen. Eine besondere Mechanik stellen die void points dar, die bei misslungenen Proben zum Tragen kommen.

Die Charaktererschaffung ist ebenso simpel: Die vier Attribute werden ausgewürfelt und ein Ursprung – der sich in etwa mit einem Volk vergleichen lässt – festgelegt. Anschließend erhält der Charakter einen Hintergrund, weitere Details, um seine Persönlichkeit auszugestalten, und Ausrüstung. Ist die Summe aller Attribute negativ, erhält er zusätzlich einen Bonus wie eine Waffe, mehr Lebenspunkte oder ein NSC-Crewmitglied.

Ausführliche Beschreibungen sind im Ersteindruck zu finden.

Das Tenebris-System ist groß – und vieles davon unbekannt.
Das Tenebris-System ist groß – und vieles davon unbekannt.

Spielbericht

Der Bericht basiert auf dem Spielen des im Grundregelwerk enthaltenen Abenteuers „Welcome to the Ring“, wobei die Spielzeit etwa drei Stunden betrug. Zwei der gespielten Charaktere wurden mit dem Online Character Creator erstellt, der dritte anhand des Buches. Der eigentliche Spielbericht wurde als imaginärer Logbucheintrag verfasst.

Wer das Abenteuer als Spieler*in erleben möchte, sollte den folgenden Teil überspringen.

Die Charaktere:

Black Bird: Er ist ein narbenübersäter Kopfgeldjäger, dessen Körper und Geist aus der Realität zu verschwinden drohen. Er ist opportunistisch, lässt sich gerne gut bezahlen und erinnert sich an Dinge, die noch gar nicht passiert sind.

Carbon werden gezüchtet und haben eine kurze Lebensspanne. Sie sind robust und lassen sich von den Weiten des Alls nicht beeindrucken.
Carbon werden gezüchtet und haben eine kurze Lebensspanne. Sie sind robust und lassen sich von den Weiten des Alls nicht beeindrucken.

Marshal Shorell: Er ist ein Chrome, also eine KI in einem künstlichen Körper. Ihm konnte der Krieg nicht egaler sein. Er wollte keine Partei ergreifen, denn sein einziges Streben im Leben ist es, nie wieder allein zu sein und neue Freunde zu machen. Da er aber seinen Charme entgegen allen Vermutungen nicht gegen Maschinen einsetzen kann, blieb ihm nichts anderes übrig, als das Handwerk der Technik und Mechanik zu erlernen. Er läuft dementsprechend immer in ölverschmierter Kleidung – meistens Overalls – herum.

Echo: Sie ist eine Carbon und wurde speziell für den Krieg gezüchtet, begehrte jedoch irgendwann mit anderen ihrer Art dagegen auf. Seitdem versucht sie, einen anderen Lebenszweck zu finden. Am wohlsten fühlt sie sich draußen im All, ist loyal Freund*innen und misstrauisch Fremden gegenüber. Ihre ungewöhnlich moderne Kleidung hält sie stets in bestem Zustand. Trotz ihres ruppigen Auftretens hat sie eine Schwäche für (Roboter)tiere.

Logbucheintrag von: Echo

Rang: Kapitänin, wer was anderes sagt, lügt

Sternzeit: Keine Ahnung, interessiert das jemanden?

Endlich wieder im All! Wochenlang im Eisernen Ring festzusitzen war hart. Zum Glück habe ich zwei verlässliche Leute gefunden: Black Bird, ein komischer Vogel, aber ich mag ihn. Und Marshal, er redet etwas viel, ist aber auch in Ordnung und kann gut mit Technik umgehen. Gestern haben wir es dann in Aurum 80, einem Sektor des Eisernen Rings, endlich geschafft, ein altes Raumschiff zu kaufen – vielleicht sollte ich besser Schrotthaufen sagen. Wenigstens ein neuer Name war schnell gefunden: Scrappy. Leider haben wir mit dem Ding auch einen Haufen Schulden erworben, aber das ist ein Problem für später.

Viel wichtiger war, dass wir jemanden fanden, der uns die Schrottkiste reparieren kann, denn das überstieg selbst Marshals Können. Doch wir waren noch nicht weit gekommen, da ließ Black Bird sich von so einem Typen einen kaputten Roboterhund andrehen, den er dann mir in die Hand drückte. Was soll ich sagen? Das Viech ist leider ziemlich putzig und jetzt Besatzungsmitglied Nummer Vier. Aber weiter im Text.

Wir fanden schließlich heraus, dass zwei Männer uns behilflich sein konnten. Der eine hieß Roy und sollte sich im Engine Room, wo die Energie für den ganzen Sektor erzeugt wird, aufhalten. Den anderen, Monotone, konnten wir im Computer Center, welches für die Lebenserhaltungssysteme verantwortlich ist, finden. Auf dem Weg wurden wir von einem gewissen Ezra Pascal aufgehalten. Er hatte die Schulden erworben, die auf unserem neuen alten Schiff lagen, und wollte sie eintreiben. Niemand von uns dreien hatte noch viele Holos übrig, aber zum Glück schafften Black Bird und Marshal es, Ezra zu überzeugen, uns ein paar Stunden Zeit zu geben.

Ein Mechaniker erzählte uns, dass Roy und Monotone im Streit um die Vorherrschaft des Sektors lagen. Da der aktuelle, brutale Boss gerade auf dem Weg zum Eisernen Ring war, war ein blutiger Konflikt zu erwarten. Aber auch das war erst einmal ein Problem für später. Wir entschieden uns, Roy zu helfen. Von den Erzählungen her war er uns sympathischer. Bodenständiger und nicht so abgehoben wie Monotone. Roy war tatsächlich bereit, uns unter einer Bedingung zu helfen. Wir sollten dafür sorgen, dass Monotone die Kontrolle über das Wasserversorgungssystem verliert, damit Roys Leute wieder anständig ihr Obst und Gemüse anbauen konnten.

Wir konnten dazu entweder Monotones Computer hacken oder direkt ein Relais manipulieren, das die Daten empfing. Da sich dieses Relais an der Außenhülle befand, war die Sache für mich klar, und die anderen hatten nichts dagegen: Ich würde in meinem geliebten leichten Raumanzug nach draußen gehen und die Sache erledigen. Black Bird verschaffte uns mit seinen Künsten im Schlösser knacken Zutritt zum Computer Center. Dort holten wir uns die Daten, um damit die Programmierung des Relais überschreiben zu können.

Anschließend ging es für mich raus ins All. Endlich! Aber ich nehme meine Aufgaben ernst, und so ließ ich mich nicht ablenken, bis der Auftrag erfüllt war. Dabei hatte ich tatkräftige Unterstützung von Marshal, der ein paar Leute mit unserem Roboterhund ablenkte, da sie mich sonst durch eine große Scheibe hätten sehen können. Leider wurde ich aber von zwei Sicherheitsrobotern entdeckt, die zu Monotone gehörten. Klasse, eine Verfolgungsjagd an der Außenhülle des Eisernen Rings.

Zum Glück kamen Black Bird und Marshal mir zu Hilfe. Einen Roboter konnten wir erledigen, Marshal schaffte es, den zweiten zu überzeugen, dass es besser wäre, aufzugeben.

Wir konnten Roy also melden, dass wir erfolgreich waren. Er löste seinen Teil der Abmachung ein und schickte ein paar Leute, um Scrappy zu reparieren. Jetzt sind wir endlich wieder unterwegs, und ich bin gespannt, wohin es uns als nächstes führen wird.

Nachtrag: Ich hoffe, dass dieser Ezra nie wieder aufkreuzt, um die Schulden einzutreiben. Andererseits…gegen einen richtig schönen Kampf hätte ich nichts einzuwenden. Dann könnten wir Scrappy auf Herz und Nieren prüfen. Wahrscheinlich ist er aber zu feige, den Eisernen Ring zu verlassen. Ich werde zumindest für eine lange Zeit nicht mehr freiwillig dorthin fliegen. Dafür gibt es zu viel zu entdecken.

Logbucheintrag Ende.

Spielbarkeit aus Spielleitungssicht

Der Auftraggeber Roy.
Der Auftraggeber Roy.

Die gut zur Spielwelt passenden Regeln sind einfach und leicht verständlich. So hat es auch nicht lange gedauert, diese den Spieler*innen zu erläutern. Viel Blättern war nicht notwendig, da das Buch kurz und klar strukturiert ist. Das gesamte Design ist sehr stimmig und vermittelt ein Gefühl für die Welt.

Das Abenteuer selbst ist ebenfalls gut strukturiert und spiegelt die vom Rest des Buches aufgebaute Atmosphäre gut wider. Die Orientierung wird insbesondere dadurch erleichtert, dass wichtige Wörter fett gedruckt sind. Den Spieler*innen und ihren Charakteren wird viel Raum für verschiedene Lösungsansätze gegeben. Während manche Zufallsbegegnungen sich stimmig einfügen, sind andere zu zufällig und haben das Potenzial, zu einem eigenen Abenteuer zu werden. Praktisch ist, dass die Handouts und NSC-Portraits auch online zur Verfügung stehen, doch leider gibt es keine Karte des bespielten Sektors.

Da das System sehr schlank ist, trifft dies auch auf Informationen zur Welt zu, wodurch abseits von vorgefertigten Abenteuern viel Eigeninitiative der SL und Spieler*innen notwendig ist.

Spielbarkeit aus Spieler*innensicht

Auch hier wurden die wenigen, leicht zu erlernenden Regeln positiv hervorgehoben. Dadurch sind etwa schnelle oder ungeplante Runden für zwischendurch möglich. Der immer gleiche Zielwert von 12 ist zwar starr, dadurch entfällt aber langes Rechnen, wodurch die Immersion bestehen bleibt und mehr Charakterspiel ermöglicht wird. Das dystopische Setting in einem Science-Fiction- Rahmen ist interessant und sehr vielfältig, da als Schauplätze das Weltall, Raumstationen, Planeten und Monde denkbar sind.

In manchen Situationen ist ein funktionierender Raumanzug unerlässlich.
In manchen Situationen ist ein funktionierender Raumanzug unerlässlich.

Sehr gut hat der Online Character Creator gefallen, der einen vollständigen, zufälligen Charakter mit nur einem Mausklick erstellt. Auf diese Weise kann man ohne viel Aufwand verschiedenste Konzepte ausprobieren und bekommt einen Hintergrund mitgeliefert, der nach Belieben ausgebaut werden kann.

Kritisch wurde das Levelsystem gesehen. Ähnlich wie bei Vaesen beantwortet man am Ende jeder Sitzung festgelegte Fragen und darf bei fünf Ja-Antworten etwa ein Attribut erhöhen. Dies kann dazu führen, dass während des Spielens absichtlich Situationen herbeigeführt werden, um am Ende möglichst oft mit „Ja“ antworten zu können. Gleichzeitig ist die Spanne der Attributswerte nicht sonderlich groß, wodurch es bereits am Anfang möglich ist, schwere Aufgaben zu bewältigen – der Zufall spielt bei jedem Wurf eine große Rolle.

Zudem entstand, auch durch die wenigen Attribute, auf die gewürfelt wird, der Eindruck, dass man bereits nach wenigen Sitzungen Charaktere hat, die alles können und sich nicht viel weiter ausbauen lassen. Auf der anderen Seite könnte genau das gewollt sein, da die Charaktere nicht viele Lebenspunkte haben und mit Pech durch einen einzigen gut gesetzten Schuss aus dem Leben scheiden können.

Das Abenteuer hat einen guten Einstieg in das System und Setting geboten und war sehr kurzweilig. Die Zielsetzung war klar, und dennoch hatte man viele Freiheiten, um dorthin zu gelangen. Die Idee, den Charakteren nicht sofort ein funktionstüchtiges Raumschiff zur Verfügung zu stellen, fügt sich perfekt in die Welt ein.

Insgesamt rücken die negativen Aspekte im Vergleich zu den positiven in den Hintergrund, nicht zuletzt, da viele sich leicht durch Hausregeln anpassen lassen. Alle Beteiligten hatten Spaß und sind motiviert, weitere Abenteuer im Tenebris-System zu erleben.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Free League Publishing
  • Autor*in(nen): Christian Plogfors, Carl Niblaeus
  • Erscheinungsjahr: 2021
  • Sprache: Englisch
  • Format: Hardcover, PDF
  • Seitenanzahl: 136
  • ISBN: 978-91-89143-40-1
  • Preis: ab 37,95 EUR (Hardcover), 19,99 USD (PDF)
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Amazon, DriveThruRPG, Sphärenmeister

 

Fazit

DEATH IN SPACE hat, wie viele Systeme von Free League, ein besonderes und einzigartiges Setting. Insgesamt konnte der Spieltest die positive Wirkung des Ersteindrucks nur bestätigen.  

Das Grundregelwerk ist übersichtlich und passend zur Spielwelt gestaltet. Die Regeln sind leicht verständlich und zugänglich, wenn auch teilweise zu einfach gehalten. So lässt sich der immer gleiche Schwellenwert von 12 für verschieden schwere Aufgaben nicht immer nachvollziehen – selbst wenn die SL Vor- und Nachteile auf die Würfe verteilen kann. Im Gegenzug verleiht die einfache und schnelle Charaktererschaffung den Spieler*innen viel Freiraum, ihre Kreativität auszuleben und den eigenen Charakter so viel oder wenig auszugestalten, wie man möchte.

Das Buch gibt sowohl der Spielleitung als auch den Spieler*innen viele Ideen an die Hand, um die Welt nach eigenem Belieben zu entwickeln. Dieser Wille muss allerdings vorhanden sein, ansonsten wird man sich kaum außerhalb vorgefertigter Abenteuer bewegen können.

Wer Gefallen an Dystopien und Science-Fiction findet, wird mit DEATH IN SPACE ein kurzweiliges System vorfinden, welches das Potenzial hat, kürzere, aber auch längere Rollenspielabende zu füllen.

  • Einfache Regeln
  • Immersive Atmosphäre
  • Charaktergenerator
 

  • Viel Eigeninitiative der SL nötig

 

Artikelbilder: © Free League Publishing
Layout und Satz: Roger Lewin
Lektorat: Rick Davids
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

 

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