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In einer Zukunft, die noch immer von einem zehn Jahre zurückliegenden Krieg gezeichnet ist, kämpfen Charaktere in DEATH IN SPACE ums Überleben. Gestrandet in einem fernen Sternensystem sind Reputation und das Erhalten von Aufträgen die besten Mittel, um voranzukommen und sich vielleicht irgendwann etwas mehr Hoffnung zu verschaffen.

DEATH IN SPACE ist ein dystopisch anmutendes Science-Fiction-Rollenspiel, geschrieben von Christian Plogfors und Carl Niblaeus vom Stockholm Kartell und herausgebracht von Free League. Die Autoren haben sich von anderen Rollenspielen wie Coriolis oder Mutant: Year Zero, sowie von Filmen und Serien wie Alien, Total Recall und Firefly inspirieren lassen.

2021 war das Rollenspiel auf Kickstarter äußerst erfolgreich.

Die Spielwelt

Reisende, die sich weiter in die Tiefen des Weltalls hinauswagen als alle anderen, berichten davon, dass das Universum langsam, aber unaufhaltsam kollabiert. Ein Vorbote dieser Geschehnisse ist die Leere (void), eine nicht näher zu fassende Präsenz, die korrumpiert. Manche dieser Reisenden behaupten, riesige Wesen gesehen zu haben, die es vom Rande des Kosmos in die zivilisierten Systeme treibt. Die Wissenschaft tut dies als Geschichten ab, aber auch sie muss einsehen, dass das Universum sich nicht mehr auszudehnen scheint.

DEATH IN SPACE spielt in einer zeitlich nicht näher benannten Zukunft in dem fernen Sternensystem Tenebris. Ein Jahrhundert zuvor wurde hier eine neuartige Edelsteinart entdeckt, deren Eigenschaften sie schnell unersetzlich beim Bau fortschrittlicher Technologie machten. Schließlich entbrannte zwischen verschiedenen Unternehmen ein verheerender Krieg um diese Edelsteine. Vor zehn Jahren endete dieser. Auch wenn ein Unternehmen sich zum Sieger erklärte, so haben dennoch alle verloren. Denn der Krieg war so zerstörerisch, dass durch fehlende Ressourcen und Infrastruktur keine Technologie mehr produziert werden kann.

Im Tenebris-System gibt es ein paar Planeten, Monde und Raumstationen, die noch eine gewisse Bedeutung haben. Am wichtigsten ist jedoch „Der eiserne Ring“ (The Iron Ring). In Form eines Ringes aus tausenden Raumschiffen und Einzelteilen zusammengebaut, bildet diese Struktur das Zentrum des Lebens in diesem Sternensystem. Hier lebt und überlebt ein Großteil der Menschen, die nach dem Krieg das Pech hatten, im Tenebris-System festzusitzen.  

Dort draußen im All gibt es einige Außenposten und noch mehr Unbekanntes zu entdecken.
Dort draußen im All gibt es einige Außenposten und noch mehr Unbekanntes zu entdecken.

Die Regeln

DEATH IN SPACE legt den Fokus auf narrative Elemente. Entsprechend übersichtlich und unkompliziert sind die Regeln gestaltet. Es soll nur gewürfelt werden, wenn die Charaktere etwas Herausforderndes versuchen wollen. In diesem Fall wird 1W20 gewürfelt und der Wert einer passenden Ability, von denen es vier gibt, addiert. Es gilt dabei immer eine 12 zu erreichen oder zu übertreffen. Ähnlich wie in Dungeons & Dragons 5E können besondere Situationen dazu führen, dass man entweder im Vorteil oder im Nachteil würfeln muss. Hierbei wird ein Wurf wiederholt und es gilt das bessere respektive schlechtere Ergebnis.

Missglückt eine Probe, so erhält der Charakter einen void point. Die so erworbenen void points werden bis zu einem Maximum von 4 aufsummiert. Diese lassen sich auf zwei Arten nutzen. Zum einen kann man sich einen Vorteil auf eine Probe verschaffen. Geht diese dennoch schief, so wird ein Wurf mit 1W6 fällig. Ist das Ergebnis kleiner oder gleich den aktuellen void points, so erhält der Charakter einen zufälligen void corruption-Effekt. Diese Effekte sind fast immer negativ und reichen von harmlos bis lebensgefährlich.

Auf der anderen Seite gibt es cosmic mutations, die ein Charakter in seltenen Fällen erhalten kann. Sie bringen einen Vorteil, wie etwa Telekinese oder nicht mehr atmen zu müssen, und können mit void points für eine gewisse Zeit aktiviert werden.

Ungeahntes wartet in den Weiten des Weltalls. Oder ist es schon hier?
Ungeahntes wartet in den Weiten des Weltalls. Oder ist es schon hier?

Weiterhin existieren Regeln, um Reparaturen, den Aufenthalt im Weltraum, interplanetare Reisen oder Konfrontationen mit Raumschiffen abzudecken.

Der Kampf gestaltet sich ähnlich simpel. Um eine Attacke auszuführen, wird 1W20 gewürfelt und der Wert einer passenden Ability addiert. Erreicht oder übersteigt das Ergebnis den Schadenswiderstand des*der Gegner*in, so hat man getroffen. Auch die Initiative wird unkompliziert ermittelt. Wer den Konflikt startet, beginnt und von dort wird bestimmt, wer als nächstes an der Reihe ist.

Da in dieser Welt nichts neu ist, sondern alles mehrfach repariert oder wieder und wieder verwendet wurde, kann alles früher oder später durch Gebrauch kaputtgehen und muss repariert oder ersetzt werden. Dies ist einer der acht Grundsätze, die in diesem Rollenspielsystem jederzeit gelten. So etwa auch, dass weit entfernte Raumstationen isoliert sind und fast niemand weiß, wie es um sie steht, denn die meisten Leute sind mit sich selbst beschäftigt. Außerdem sind Reisen über große Distanzen lang und anstrengend, was einen weiteren Grundsatz darstellt.

Charaktererschaffung

Das Erstellen eines Charakters erfolgt in sechs einfachen Schritten. Zuerst werden die Werte für die vier sogenannten Abilities (Body, Dexterity, Savvy und Tech) ermittelt. Hierzu werden 2W4 gewürfelt und das Ergebnis des zweiten vom ersten abgezogen. Es sind also Werte von -3 bis +3 möglich. Ab dem zweiten Schritt kann alles entweder ausgewürfelt oder selbst ausgewählt werden.

Nun geht es darum, einen Ursprung für den Charakter festzulegen. Es gibt sechs zur Auswahl und alle sind eher exotischer Natur. So sind etwa die Chrome eine Mischung aus künstlicher Intelligenz und einem organischen Körper. Jeder Ursprung bietet zwei Vorteile, von denen einer ausgewählt wird. Chrome können beispielsweise mit Computern kommunizieren, als wären sie reale Personen oder ein kleines elektrisches Gerät mit ihrer eigenen Energie aufladen.

Im dritten Schritt werden mit Hintergrund, einem Charakterzug, einer Motivation und einer Besonderheit beim Aussehen Details zum Charakter festgehalten. Anschließend wird bestimmt, wem man während des Krieges treu war, etwa der Familie, der unterlegenen Seite oder niemandem.

Die Crew ist bereit, das Tenebris-System zu erforschen.
Die Crew ist bereit, das Tenebris-System zu erforschen.

Nachdem die Lebenspunkte (die je nach Würfelglück zwischen 1 und 8 liegen können) ausgewürfelt und der Schadenswiderstand errechnet wurde, folgt im letzten Schritt die Vergabe der Startausrüstung. Diese wird in verschiedenen Kits zusammengefasst, die alle ein Thema haben (etwa: Mercenary, Nomad, Engineer). Wenn die zu Beginn gewürfelten Abilities zusammen einen negativen Wert ergeben, erhält man zusätzlich einen Bonus. Dieser kann von einer Pistole oder mehr Lebenspunkten bis hin zu einer zufälligen kosmischen Mutation reichen. Als finalen Touch erhält der Charakter ein Trinket, also einen interessanten Gegenstand, der nicht unbedingt von Nutzen oder materiellem Wert ist.

Die Erschaffung eines Charakters ist sehr simpel. Da man alles auswürfeln kann, dauert sie nur ein paar Minuten. Und selbst wenn man sich entscheidet, alle Eigenschaften des Charakters selbst festzulegen, sollte dies nicht mehr als eine halbe Stunde in Anspruch nehmen.

Die Erschaffung eines Hub

Eine Besonderheit des Systems, ähnlich dem Hauptquartier in Vaesen, stellt das gemeinsame Erstellen eines Hub dar. Dies kann entweder ein Raumschiff oder eine kleine Raumstation sein, je nachdem, ob man beim Spielen den Fokus mehr auf Reisen und Erkundung oder auf soziale Interaktionen und Intrigen legen möchte. Dieser Hub stellt die Basis der Charaktere dar und dient ihnen als sicherer Rückzugsort. Zu Beginn nur mit dem Nötigsten ausgestattet, lässt sich diese Basis mit der Zeit durch verschiedenste Module, wie etwa eine Krankenstation, eine verstärkte Außenhülle oder kinetische Minen, erweitern und ausbauen. Die Module können im Laufe der Abenteuer gefunden, gestohlen oder als Belohnung für absolvierte Aufträge erhalten werden.

Erscheinungsbild

Das stabile Hardcover-Buch, im Format etwas größer als DIN A5, ist in rauerem Hochglanzpapier gedruckt und besitzt zwei Lesebändchen. Die weiße Schrift auf schwarzen Seiten ist meistens gut zu lesen, nie zu viel auf einmal und wird zusätzlich durch Tabellen und Zeichnungen aufgelockert. Diese, wie auch das generelle Design des Buches, sind vor allem von abstrakter geometrischer Kunst und der Benutzeroberfläche alter Computer inspiriert und fügen sich passend in das Setting ein.

Jeder Platz im Buch wird genutzt.
Jeder Platz im Buch wird genutzt.

Das Buch ist übersichtlich gestaltet und das Inhaltsverzeichnis, sowie die farbliche Codierung der einzelnen Kapitel erleichtern das Zurechtfinden.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Free League Publishing
  • Autor*in(nen): Christian Plogfors, Carl Niblaeus
  • Erscheinungsjahr: 2021
  • Sprache: Englisch
  • Format: Hardcover, PDF
  • Seitenanzahl: 136
  • ISBN: 978-91-89143-40-1
  • Preis: ab 28,31 EUR (Hardcover), 19,99 USD (PDF)
  • Bezugsquelle: Fachhandel, DriveThruRPG, Sphärenmeister

 

Bonus/Downloadcontent

Auf der Internetseite von Free League lassen sich kostenlos verschiedene Varianten des Charakterbogens, sowie ein Cheat Sheet mit den wichtigsten Regeln herunterladen. Zudem gibt es einen Online Character Creator, der zufällige Charaktere für das System erstellt.

Interessant ist auch der aus zwölf Musikstücken bestehende offizielle Soundtrack zum Rollenspiel.

Fazit

Mit DEATH IN SPACE bekommt man ein kompaktes und solides Grundgerüst mit Platz für viele eigene Ideen an die Hand, um spannende Abende in einer dystopisch anmutenden Zukunft verbringen zu können. Das Setting ist sehr interessant gestaltet und hat das Potenzial, die Charaktere vor herausfordernde Situationen zu stellen, die schnell lebensgefährlich werden können.

Der geringe Umfang der Regeln, sowie die schnelle Charaktererschaffung sind im Vergleich zu „großen“ Rollenspielsystemen eine erfrischende Abwechslung. Die Immersion erfährt dabei keinen Abbruch, da genügend Anregungen für die Spielwelt und Möglichkeiten zur Erschaffung eines individuellen Charakters gegeben werden.

Trotz der übersichtlichen Regeln kann dieses Rollenspielsystem auch für längere Kampagnen geeignet sein. Hierfür sorgen zum einen die langen Reisezeiten, während denen viel passieren kann, zum anderen die Tatsache, dass man eine Basis besitzt, die man immer weiter ausbaut. Es ist jedoch gut möglich, dass die Mitglieder einer Crew häufig wechseln werden, da die Charaktere aufgrund niedriger Maximallebenspunkte eine hohe Sterblichkeit aufzuweisen scheinen. Dies wird sich jedoch im Spieltest zeigen.

Dieser Ersteindruck basiert auf dem Lesen des Grundregelwerks und dem Erschaffen eines Charakters. Ein Spielbericht wird in etwa zwei Monaten folgen.

Anmerkung: Das Hardcover ist momentan noch nicht im freien Verkauf erhältlich, kann aber vorbestellt werden. Zusätzlich ist eine vollständige PDF des Regelwerks enthalten, die man bereits kurz nach dem Kauf bekommt.

  • Leicht zu verstehende Regeln
  • Viele Freiheiten, die Welt zu gestalten
  • Spannendes Science-Fiction-Setting
 

  • Vermutlich hohe Sterblichkeit der Charaktere

 

Artikelbilder: © Christian Plogfors & Carl Niblaeus
Layout und Satz: Roger Lewin
Lektorat: Jessica Albert
Fotografien: Ayleen Schmidt
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

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