Geschätzte Lesezeit: 10 Minuten

Miniaturen nur mit einer Farbschicht bemalen und nach dem Trocknen bereits Schattierungen und Highlights fertig haben? Farben, die genau das versprechen, gibt es inzwischen von mehreren Anbietern. The Army Painter bringen sich mit den neuen Speedpaints ebenfalls ins Spiel. Wir haben sie für euch getestet.

Die Contrast-Farben von Games Workshop sind wohl vielen im Tabletop-Hobby inzwischen ein Begriff. Doch bereits vorher gab es mit Inks eine Möglichkeit, ähnliche Ergebnisse zu erreichen, wenn auch nicht mit einer so ausgedehnten Farbauswahl. The Army Painter bringen mit ihren Speedpaints nun ebenfalls eine Farbreihe auf den Markt, welche zügiges Bemalen ohne großen Aufwand verspricht. Nicht nur für Malanfänger*innen und Malfaule klingt das attraktiv. Wir haben vorab ein Starter-Set erhalten und es für euch ausprobiert. Was ist möglich, und wo liegen die Stärken und Schwächen der Speedpaints? Sehet selbst!

Das Set beinhaltet neben Farben auch einen Pinsel.
Das Set beinhaltet neben Farben auch einen Pinsel.

Das Starter-Set

Das Speedpaint Starter Set, welches offiziell ab Anfang 2022 verfügbar sein soll, wird in einem hochglanzbedrucktem Pappkarton geliefert. Im Karton befindet sich ein Sortiereinschub aus Kunststoff. In die passgenauen Fächer des Einschubes sind die Tropfflaschen mit 18 ml Inhalt einsortiert. Wie schon bei den Warpaints Air sind auch in den Tropfflaschen der Speedpaints bereits zwei Agitatorkugeln enthalten, welche das Aufmischen der Farben durch Schütteln erleichtern.

Im Set enthalten sind die zehn Farben Pallid Bone, Zealot Yellow, Fire Giant Orange, Blood Red, Hive Dweller Purple, Highlord Blue, Orc Skin, Crusader Skin, Hardened Leather und Gravelord Grey. Es ist also für einen guten Grundstock gesorgt, mit welchem sich vermutlich auch andere Farben anmischen lassen, was wir im Verlaufe noch testen werden. Außerdem befindet sich ein Pinsel im Set. Der Wargamer: Monster-Pinsel ist, wie der Name vermuten lässt, ein recht großes Malwerkzeug mit Synthetikhaaren. Ergänzt wird das Set durch das bereits bekannte Booklet mit Tipps zum Bauen und Bemalen von Miniaturen. Leider sind in diesem weder die neuen Warpaints Air noch die Speedpaints beschrieben. Dennoch liefert es nützliche Informationen für Malanfänger*innen. Auch die Farbkarte mit der Übersicht über das gesamte Sortiment der Warpaints ist wieder mit dabei.

Der Test

Statt einfach drauflos zu malen, haben wir die Speedpaints aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet und uns überlegt, wie wir sie am effektivsten testen können. Darum werden wir euch im Folgenden verschiedene Ansätze zeigen, wie die Farben benutzt werden könnten. Dabei haben wir unsere persönlichen Erfahrungen sowie Berichte über die Anwendung vergleichbarer Produkte einfließen lassen. Aber auch ein paar neue Ideen haben ihren Weg in die Versuchsreihe gefunden.

Der erste Eindruck

Wie erwähnt werden die Speedpaints in den für The Army Painter üblichen Tropfflaschen geliefert. Direkt aus dem Topf malen ist also nicht möglich. Da die Farben vor der Anwendung aber irgendwo aufgebracht werden müssen, um sie mit dem Pinsel aufzunehmen, haben wir Farbhütchen aus dem Tätowierbedarf verwendet. Auch eine Kunststoffpalette oder Deckel von PET-Flaschen können hierfür verwendet werden. Nach gründlichem Schütteln haben wir etwas von der Farbe in ein Töpfchen getropft, um sie uns genauer anzusehen. Erwartungsgemäß ist die Farbe recht flüssig, scheint aber in sich gut gebunden zu sein. Die Konsistenz ist deutlich dicker als die eines Washes. Ein erster Auftrag auf einem Stück Plastikkarton zeigt gute Handhabbarkeit, ohne starkes Verlaufen.

Die Farbe ist weniger flüssig als erwartet.
Die Farbe ist weniger flüssig als erwartet.

Auf den Grund

Als nächstes haben wir getestet, ob die Wahl der Grundierung eine Rolle beim erreichten Effekt der Farbe spielt. Grundsätzlich sollte klar sein, dass helle Grundierungen verwendet werden müssen, um überhaupt einen Effekt zu erzielen und damit die Farben gut decken können. Darum haben wir ein paar Modelle der Plague für Deadzone vorbereitet und in verschiedenen Farben grundiert. Weiß ist hier natürlich die erste Wahl. Um gegebenenfalls noch das Fließverhalten zu beeinflussen, haben wir uns neben einem matten Weiß auch noch für eine seidenmatte Grundierung entschieden. Da der Platzhirsch für seine Contrasts spezielle, seidenmatte Grundierungen in Hellgrau und einem hellen Knochenton anbietet, haben wir auch diese Varianten ausprobiert. Wir haben aber nicht das Markenprodukt gewählt, sondern einen eigenen Mix erstellt. Zu guter Letzt haben wir auch noch eine Grundierung mit zenitalem Highlight aufgebracht. Auch hier haben wir eine matte und eine seidenmatte Grundierung vorbereitet.

Wir haben Modelle mit verschiedenen Grundierungen vorbereitet.
Wir haben Modelle mit verschiedenen Grundierungen vorbereitet.
Ein deutlicher Unterschied ist nur bei zenitaler Grundierung zu sehen.
Ein deutlicher Unterschied ist nur bei zenitaler Grundierung zu sehen.

Aufgetragen haben wir für diesen Test das Hive Dweller Purple, welches wir mit dem Pinsel aus dem Set vollflächig aufgebracht haben. Dabei fällt sofort auf, dass die Speedpaints sich gut in den Vertiefungen sammeln. Trotzdem fließt die Farbe nicht unkontrolliert und deckt gut.

Nach dem Trocknen scheint es bei den verschiedenen hellen Grundierungen keinen wesentlichen Unterschied beim erzielten Farbton und Schattierungseffekt zu geben. Eine deutliche Abdunklung der tieferliegenden Stellen ist zu sehen, und die Farbe tut genau das, was sie verspricht. Nur bei den zenitalen Grundierungen scheint der Effekt deutlich reduziert zu sein. Die Modelle wirken insgesamt dunkler und weniger plastisch.

Die Malversuche

Roger, Roger in unter 6 Minuten.
Roger, Roger in unter 6 Minuten.

Nachdem wir die grundlegenden Eigenschaften und den Einfluss der Grundierung getestet haben, wagten wir uns als nächstes an eine richtige Bemalung. Dafür haben wir einen B1-Kampfdroiden aus Star Wars: Legion verwendet, da wir diese Modelle bereits für unsere Schnellmalmethode mit Inks verwendet haben.

Wir haben das Modell zunächst flächig mit Pallid Bone bemalt, wobei wir darauf geachtet haben, den Blaster nicht mitzubemalen, und dass auf den glatten Flächen keine zu großen Pfützen zurückbleiben. Hier zeigt sich erneut, dass die Farbe sich überraschend gut kontrollieren lässt. Den Blaster haben wir mit Gravelord Grey bemalt und die „Augen“ des Droiden mittels Kapillareffekt ebenfalls mit dieser Farbe etwas abgedunkelt.

Das Ergebnis kann sich sehen lassen und unterscheidet sich optisch kaum von unserem Ink-Versuch. Benötigt haben wir dafür gerade einmal gute fünf Minuten. Hätten wir hier, wie mit den Inks, noch das gezielte Aufnehmen überschüssiger Farbe durchgeführt, wäre das Ergebnis sicher noch sauberer geworden. Dann hätte sich aber sicherlich auch die Zeit auf einen mit den Inks vergleichbare Dauer ausgedehnt.

Gravelord Grey liefert überzeugende Ergebnisse.
Gravelord Grey liefert überzeugende Ergebnisse.

Wir blieben bei Star Wars und haben uns als nächstes an einem Suchdroiden aus dem Brettspiel Star Wars: Imperial Assault versucht. Wir haben das Modell mit Gravelord Grey bemalt und einige der Optiken und Schaltflächen dabei ausgespart. Diese haben wir, nachdem das Grau getrocknet war, mit Zealot Yellow, Fire Giant Orange, Blood Red, Highlord Blue und Orc Skin bemalt. Auch hier kann ein ansehnliches Ergebnis in überschaubarer Zeit erreicht werden.

Rot ist bekanntermaßen eine etwas schwierige Farbe, was Deckung angeht. Darum haben wir das Blood Red an einem Imperialen Ehrengardisten, ebenfalls aus Star Wars: Imperial Assault, getestet. Die Energiepike haben wir vorab mit Gravelord Grey bemalt. Für einen besseren Effekt könnte diese später noch mit einer silbernen Acrylfarbe bemalt werden. Anschließend haben wir das Blood Red auf Kleidung und Helm aufgetragen. Erstaunlicherweise deckt das Rot recht gut. Es zeigt sich, dass nicht versucht werden sollte die gleichen Stellen mehrmals mit dem Pinsel zu bearbeiten, da dies sonst zu sichtbaren Pinselstrichen führt. Wir haben darum versucht, dem Verlauf der Kleidung mit dem Pinsel zu folgen. Nach dem Trocknen haben wir eine deckende Rotschicht erhalten, welche aber stellenweise noch fleckig wirkt. Auf Armlänge aber ein gutes Ergebnis. Das Visier des Helmes wurde mit einem Mix aus Blood Red und Gravelord Grey abgedunkelt.

Es stellte sich uns nun die Frage, ob ein deckender Auftrag ohne Flecken und dennoch mit dem gewünschten Schattierungseffekt einfach umgesetzt werden kann. Die Idee war nun, den Farbauftrag mit der Airbrush durchzuführen. Um einen direkten Vergleich zu haben, haben wir auf einen weiteren Imperialen Gardisten zurückgegriffen. Mit der Airbrush lässt sich die Speedpaint gut auftragen. Es gestaltet sich aber schwierig, die tieferen Stellen zu erreichen, ohne dabei die höheren Details zu fluten. Nach dem Trocknen haben wir eine saubere, deckende Farbschicht erreicht, aber ohne einen nennenswerten Schattierungseffekt. Speedpaints können also durchaus mit der Airbrush benutzt werden, allerdings in einem anderen Aufgabenfeld. Hier könnten sie wie Inks eingesetzt werden.

Grünhautspielende erhalten mit Orc Skin gute Arbeitserleichterung
Grünhautspielende erhalten mit Orc Skin gute Arbeitserleichterung

Um Orc Skin auszuprobieren, haben wir ein resingedrucktes Ork-Modell aus dem Kickstarter Dark Gods Eternals verwendet. Auch das Grün deckt sehr gut und sammelt sich in den Vertiefungen, ohne dabei unkontrolliert zu fließen. Augen und Zähne haben wir Weiß gelassen. Die Augen wurden nach dem Trocknen des Grüns mit einem Detailpinsel und Blood Red bemalt. Die Zähne haben eine dünne Schicht Pallid Bone erhalten.

Bei diesem Modell haben wir uns auch das erste Mal an einer Mischung der Farben versucht, welche über eine einfache Abdunklung hinaus geht. Um ein rötliches Leder darzustellen, haben wir Hardened Leather mit Blood Red und etwas Gravelord Grey gemischt. Erfreulicherweise scheint ein Mischen der Farben gut möglich zu sein. Wir konnten den gewünschten Farbton erzielen und die Farbe verhält sich wie die fertigen Farbtöne.

Highlights können mit einem feuchten Pinsel erreicht werden.
Highlights können mit einem feuchten Pinsel erreicht werden.

Eine praktische Eigenschaft der Speedpaints haben wir durch Zufall entdeckt. Wird die angetrocknete, aber noch nicht durchgetrocknete Farbe mit einem sauberen, feuchten Pinsel bearbeitet, wird diese wieder aufgefrischt. So konnten wir die Farbe auf dem Modell verdünnen und den Farbton aufhellen, indem die Grundierung etwas durchscheint. Dadurch lassen sich Highlights erzielen und auch Flecken nachträglich korrigieren.

Die harten Fakten:

  • Hersteller: The Army Painter
  • Erscheinungsjahr: 2022
  • Preis: 39,99 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel

 

Fazit

Die Speedpaints ermöglichen das schnelle Bemalen von Modellen mit Schattierungen und Highlights in einem Malschritt. Dennoch ist die Anwendung nicht ganz einfach und erfordert etwas Übung und Ausprobieren. Die Eigenschaften der Farben variieren zum Teil. So haben uns Gravelord Grey, Orc Skin und Pallid Bone absolut überzeugt. Blood Red ist, wie leider bei Rottönen üblich, schwerer zu handhaben. Es ist sicherlich mit Übung möglich, bessere Ergebnisse zu erzielen. Für reine Malanfänger wird also auch der Einstieg mit Speedpaints nicht ohne Frust bleiben. Trotzdem bieten die Farben viele Anwendungsgebiete, auch über den puren, schnellen Auftrag hinaus. Besonders die Möglichkeit, die angetrocknete Farbe wieder auf dem Modell aufzufrischen und durch Verschieben und Abnehmen der Pigmente Highlights zu erzielen, hat uns gut gefallen. Es sind dadurch auch Farbmischungen auf dem Modell denkbar, was fließende Übergänge ermöglichen könnte.

Das Set bietet mit einer guten Farbauswahl und dem beiliegenden Pinsel einen guten Start. Dadurch, dass die Farben sich gut mischen lassen, erhält man ein größeres Spektrum über die gelieferten Töne hinaus.

Der Preis von 39,99 EUR für das Set liegt deutlich unter dem der Konkurrenz und lässt einen Preis für einzelne Farbfläschchen zwischen vier und fünf Euro vermuten. Wer also bisher von der Verwendung solcher Technikfarben durch den Preis abgeschreckt wurde, hat nun die Möglichkeit günstiger einzusteigen. Aber auch für bereits erfahrene Maler bietet sich hier die Gelegenheit, das Sortiment zu erweitern.

  • Gutes Fließverhalten der Farben
  • Schnelles Malen möglich
  • Günstig in der Anschaffung
 

  • Manche Farben werden schnell fleckig

 

Artikelbilder: © The Army Painter
Layout und Satz: Roger Lewin
Lektorat: Rick Davids
Fotografien: Dennis Rexin
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

 

2 Kommentare

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein