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Krieg kennt im Warhammer 40k-Universum von Games Workshop keine Grenzen. Mit Urbane Kriegsführung hat die achte Edition sowohl Kampagnen- als auch Stadtkampfregeln erhalten. Wir tasten uns mit euch zusammen vor und versuchen die Gefahren und Möglichkeiten eines solchen Kampfgebietes zu erkunden.

Das Warhammer 40k-Universum von Games Workshop (GW) glänzt seit jeher mit unterschiedlichsten Kampfgebieten und den Geschichten, die diese erzählen. Von den mangrovenartigen Dschungelwelten wie Catachan über die nuklearen Wüsten von Armageddon bis zu den vom Chaos verzerrten Welten im Auge des Schreckens. Ein besonderes Augenmerk ist, auch in vergangenen Editionen, immer wieder auf den Kampf in den beengten Verhältnissen von Städten und Makropolen gelenkt worden. Schließlich sind die Kämpfe hier, um Ressourcen und taktisch relevante Punkte, doch meist besonders verbissen. Mit Urbane Kriegsführung bekommen Spielerinnen und Spieler Regeln um ein solches Kampfgebiet nicht nur als Einzelszenario, sondern auch als Kampagne erleben zu können. Im Nachfolgenden wollen wir euch den Aufbau einer solchen Kampagne vorstellen, die neuen taktischen Möglichkeiten beleuchten und überlegen, ob sich die Investition in diese Box überhaupt lohnt.

Zwei bis vier Freunde müsst ihr sein – Eine Kampagne durchführen

Zentraler Inhalt der Box ist die Möglichkeit, eine eigene Kampagne aufzuziehen. Der Spielerzahl sind an sich keine Grenzen gesetzt, aber in Urbane Kriegsführung wird eine Spieleranzahl von maximal vier vorgeschlagen. Diese Spieleranzahl variiert auch je nachdem, welche Art von Kampagne man austragen möchte, das Buch stellt drei vor.

Rückseite der Box
Rückseite der Box

Bei einer Baumkampagne, die für zwei Teilnehmende geeignet ist, entscheidet der Ausgang des vorherigen Gefechtes darüber, welche Art von Schlacht darauffolgt. Eine solche Kampagne kann man recht zeitnah abschließen, möglicherweise sogar an einem Wochenende.

Bei einer Matrixkampagne, die auch für mehrere Spielerinnen und Spieler geeignet ist, wählt zu jeder Gefechtsrunde, das heißt dem festgesetzten Spieltermin, der Teilnehmende einen Gegner aus. Danach entscheiden sich beide Kombattanten jeweils für eine Option für die eigene Armee, wie Erkunden, Vorrücken oder Halten. Aus der Kombination der beiden Optionen ergibt sich, wie im beigefügten Bild zu sehen, das Szenario.

Beispiel für eine Kampagnenkarte
Beispiel für eine Kampagnenkarte

Die Kampagnenkarte ist die letzte und aufwändigste Variante der Kampagne. Nur hierfür wird das restliche beigefügte Material der Box benötigt. Aus Karten für einzelne Orte baut man dabei eine Stadt zusammen, die es zu erobern gilt. Eroberte Gebiete können dabei Vorteile und vor Allem Kampagnenpunkte geben, mit denen man am Ende dann gewinnt. Hierfür kommen auch spezielle Aufkleber zum Einsatz, von denen vier Sätze in unterschiedlichen Farben beiliegen. Diese können an den entsprechenden Stellen aufgeklebt werden, um Besitzverhältnisse anzuzeigen und zu ändern.

Neben den Kampagnenpunkten erwirbt man Stück für Stück durch eroberte Gebiete auch Strategiepunkte, die man für strategische Ressourcen ausgeben kann. Diese reichen von einer Befestigung des eigenen Gebietes über eine Aufwertung, dass das eigene Gebiet mehr Ressourcen generiert, bis zur Möglichkeit, spezielle Punkte wie den Raumhafen anzugreifen. Für diese speziellen Orte hält das Regelwerk jeweils ein eigenes Szenario bereit.

Ein zusätzlicher Unsicherheitsfaktor bei allen Missionen sind unerwartete Ereignisse, die jeweils auftreten können. Beispielsweise kann ein Makropolbeben einen zufälligen Ort der Kampagnenkarte komplett verwüsten und in den nachfolgenden Schlachten das Vorrücken erschweren.

Die Kampagnenregeln sind insgesamt gut gelungen und bieten eine vernünftige Mischung aus Aufwertung von Einzelszenarien und genügend Komplexität, um eine Kampagne spannend zu halten.

Die vorgeschlagenen acht Gefechte, um eine kurze Kampagne auszufechten, sind dank des guten Aufbewahrungskonzeptes der einzelnen Karten auch über einen längeren Zeitraum streckbar. GW veranschlagt für acht Gefechte schlicht acht Wochen, bei vielen Tabletopbegeisterten dürfte der Zeitrahmen aber weiter gesteckt werden müssen, hat man doch oft nicht die Zeit für ein wöchentliches Spiel. 

Und täglich grüßt Vigilus – Der Hintergrund

Der Hintergrundteil der Box fällt sehr sparsam aus, gerade einmal sechzehn Seiten beschäftigen sich mit dem Szenario des Stadtkampfes und davon wiederum nur sechs Seiten mit einem speziellen Szenario.

Der Hintergrund ist recht kurz, weist aber den typischen Warhammer-Stil auf
Der Hintergrund ist recht kurz, weist aber den typischen Warhammer-Stil auf

Wie alle aktuellen Veröffentlichungen von GW handelt es sich wieder um eine Geschichte von Vigilus. Dieses System ist für das Imperium der Menschheit von entscheidender Bedeutung, stellt es doch eine wichtige Passage für das durch den gewaltigen Warpriss geteilte Reich dar. Das Szenario ist hier der Kampf um die Bohr-Makropole Scelerus. Der Konflikt um diese vom Adeptus Mechanicus gehaltene Makropole zieht sich dabei über mehrere Jahre und drei Großphasen. Trotz der Kürze des Hintergrundes gibt er doch einen guten Einblick in die Denkweise des 40k-Universums, an dessen Ausgestaltung sich wie so oft die Geister scheiden können. Menschenleben sind in den titanischen Konflikten offensichtlich nichts wert und die Beschreibungen sind oft von megalomanischen Ausprägungen gezeichnet, die fast ein wenig albern wirken können. Bei aller Vorausplanung eines Genestealer Cults wirkt es doch beispielsweise etwas albern, dass diese unbemerkt eine Warpfeldrakete, eine titanengestützte Großkampfwaffe, stehlen können und das all die Jahre nicht auffällt.

Losgelöst von solchen Geschmacksfragen ist der kurze und kompakte Hintergrundteil aber gut gelungen und wird von einer großen Anzahl an hübschen Bildern, bestehend aus Schlachtfeldfotografien und gezeichneten Bildern, unterstützt.

 

Haltet sie nieder! – Die neuen Regeln für Gefechte

Um Stadtkämpfe im 40k-Universum auszutragen muss man nicht zwanghaft auf eine ganze Kampagne zurückgreifen.

Das Regelwerk bietet unterschiedliche Szenarien, um auch Einzelgefechte in einer solchen Umgebung auszutragen, sogenannte Städte in Flammen-Missionen. Diese bieten unterschiedliche Ansatzpunkte wie die Eroberung eines möglichst hoch gelegenen Missionsziels oder auch die Aushebung von Widerstandsnestern. Diese werden entweder im Zuge der genannten Kampagnen gespielt oder als losgelöstes Szenario.

Urbane Kriegsführung kommt mit einer ganzen Reihe neuer Regeln daher, die den bestehenden Regelkanon von Warhammer 40k zur Nutzung in beengteren Räumen anpassen. Hierbei finden sich sowohl Konzeptionen aus der siebten Edition als auch Entlehnungen aus Kill Team wieder.

So wird im Stadtkampf beispielsweise zwischen weicher und harter Deckung unterschieden, Höhenvorteile verschaffen Schusswaffen mehr Durchschlag und teilweise verdeckte Einheiten erschweren Schüsse auf sie.

Problematisch bei den Regelerweiterungen ist, dass sie das Spiel deutlich langsamer machen. Bei verdeckten Einheiten muss beispielsweise für jedes schießende Modell einzeln überprüft werden, inwieweit alle Modelle der beschossenen Einheit verdeckt sind. Je nachdem muss dann der Beschuss von unterschiedlichen Modellen der Einheit auch einzeln abgehandelt werden. Vor allem auf der Mitte von Spieltischen dürfte diese zu Problemen führen, ist hier doch das Herunterbeugen zum Überprüfen der Sichtlinie meist nicht so einfach.

Ein normales Spiel mit 1.850 Punkten wird durch die Regelergänzungen potenziell schon mal bis zu einer Stunde länger dauern, so man die Regeln ernsthaft umsetzt. Bei einem solch zeitaufwändigen Hobby ein nicht zu unterschätzender Faktor.

Die Interaktion mit speziellem Gelände, wie Heiligenstatuen oder Plasmaleitungen, wird ebenfalls aufgegriffen. Hinter einer mit hochentzündlichem Material gefüllten Leitung in Deckung zu gehen ist auch in der fernen Zukunft keine wirklich clevere Idee und bekommt hier eine entsprechende Regelerweiterung.

Neben den Regelergänzungen bietet das Begleitbuch auch einige neue Begabungen des Kriegsherrn und Gefechtsoptionen, die speziell auf den Einsatz in solchen Kriegsgebieten ausgelegt sind. Warum nicht das vorhin genannte hochentflammbare Material benutzen und den eigenen Flammenwerfer damit füllen? Oder aber auch die Deckung des Gegners mit schwerer Artillerie einebnen? Die Optionen sind dabei ein gutes Mittelmaß und können je nach Situation nützlich sein. Oft wird man aber wohl trotzdem auf die armeespezifischen Varianten aus den Codexen zurückgreifen, sind diese doch oft schlicht besser.

Die Regeln erfüllen somit ihren Zweck, können vor allem bei größeren Gefechten aber anstrengend in der Ausführung werden.

Wenn sich der Staub legt – Die Ausstattung von Urbane Kriegsführung

Wie schon ausgeführt kommt die Box mit einer ganzen Reihe Material daher, ohne Miniaturen für irgendeine Fraktion zu liefern. Die Box ist als reine Unterstützung einer schon vorhandenen Miniaturensammlung zu sehen. Das Material besteht dabei aus den nachfolgenden Dingen:

  • Das 97-seitige Regelbuch
  • Eine modulare Kampagnenkarte
  • Unterschiedliche Karten für die zu erobernden Orte, Zufallsereignisse und Ressourcen
  • Aufkleber in vier verschiedenen Farben, um die Eroberungen der jeweiligen Spielerinnen und Spieler anzuzeigen.
  • Ein Set aus Ruinen und Schutt
  • Ein Satz zusammenbaubarer Missionsziele

Das Material ist dabei gewohnt hochwertig gestaltet, die Karten auf festen Karton gedruckt, die Kampagnenkarte lässt sich gut zusammenfalten und wieder in der Box verstauen.

Das Regelbuch ist ebenfalls vernünftig verarbeitet. Die Seiten sind als Hochglanzdruck gestaltet und das Regelwerk ist, soweit wir sehen konnten, fehlerfrei. Die neuen Ruinen reichen nicht, um mit ihnen allein ein Schlachtfeld zu gestalten, können aber einer bestehenden Stadtkampfkarte ein nettes Upgrade verpassen. Am meisten können die neuen Missionsziele überzeugen, sind diese doch hübsch gestaltet und fügen sich gut in die meisten Karten ein. Hier ist der Spagat zwischen eindeutiger Erkennbarkeit und noch zu platzraubender Optik gelungen. Man erkennt mit ihnen deutlich besser, als beispielsweise bei Münzen oder Würfeln, wo sich das jeweilige Missionsziel befindet und kann sie gut voneinander unterscheiden.

Trotz aller positiven Eindrücke ist der Preis doch ein deutlicher Dämpfer dabei. Mit 80 Euro ist diese Erweiterung, selbst für Tabletop-Verhältnisse, ziemlich teuer. Das macht den Inhalt an sich nicht schlecht, lässt einen aber schnell überlegen, ob man die Investition wirklich tätigen möchte.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Games Workshop
  • Erscheinungsjahr: 2019
  • Sprache: Deutsch/Englisch
  • Spieleranzahl: 2-4
  • Alter: 12+
  • Preis: UVP 80 EUR
  • Bezugsquelle: Games Workshop

 

Im Schatten der Makropole – Ein Fazit

An sich ist Urbane Kriegsführung eine wirklich gelungene Erweiterung. Das Begleitheft hat einen guten Umfang, das Material ist toll gestaltet, die Aufbewahrungsmappe praktisch. Das Gelände und die neuen Missionsziele runden das Gesamtkonzept angenehm ab. Die Regeln sind in größeren Gefechten etwas sperrig, aber ansonsten in Ordnung. Trotzdem bleibt der Preis mit einem UVP von 80 Euro happig. Bei aller Wertigkeit bekommt man doch an anderer Stelle, auch bei GW selbst, mehr fürs Geld. Die Investition kann etwas relativiert werden, da man sich als Spielgruppe wahrscheinlich nur einmal das Set zulegt, eine kostspielige Investition in einem sowieso schon kostspieligen Hobby bleibt sie aber nichtsdestotrotz.

So bekommt man hier eine solide Box mit einem etwas faden Beigeschmack.

mit Tendenz nach unten

 

Artikelbild: Games Workshop, Fotografien: Markus Kastell, Bearbeitet von Verena Bach
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

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