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Mit Citadel Contrast hat Games Workshop die eigene Farbpalette deutlich erweitert. Dort spricht man sogar von einer Revolution. Wir haben uns die neuen Farben ausführlich angeschaut und überprüft, ob es eine wirkliche Revolution oder am Ende nur ein Sturm im Malwasserglas ist.

Malen ist beim Tabletop so eine Sache. Die Eine empfindet es als angenehmen Teil des Ganzen, auf den man sich manchmal mehr freut als das Spielen. Für den Anderen ist es eine ärgerliche Mühsal, die einem vom eigentlichen Spielen abhält, will man nicht mit grau-weißen Plastik- und Resinfiguren auftauchen. So oder so kostet Malen aber viel Zeit.

Games Workshop hat mit Citadel Contrast eine neue Farbreihe vorgestellt, die angeblich den Malprozess deutlich beschleunigen soll. Das Ganze hat aber seinen Preis, denn eine einzelne Farbe kostet 6,30€ für 18ml. Ob dieser recht hohe Preis gerechtfertigt ist, werden wir im Nachfolgenden genauso beleuchten wie die Frage, für was die Farben eigentlich geeignet sind und wofür nicht. Kommt also mit auf eine Reise in eine bunte Welt.

Kann man das essen? Was Citadel Contrast tun soll

Was ist überhaupt das Besondere an der neuen Reihe? Die insgesamt 34 Farben haben in ihrer Auswahl eine besondere Eigenschaft, die sie sowohl von der hauseigenen Palette als auch den Farben anderer Hersteller abheben soll: Sie sollen in einem Farbauftragen, neben der Grundfarbe, direkt das Highlighten der erhobenen Stellen und das Shaden von Vertiefungen erledigen.

Ein Vorgang, den man eigentlich von unterschiedlichsten Shades und Inks schon im Ansatz kennt, der hier aber deutlich auffälliger passieren soll. Im Nachfolgenden wollen wir daher die Farben vorstellen und uns erste Ergebnisse ansehen. Doch bevor es ans Bemalen geht, braucht es eine Vorbedingung: Eine Grundierung.

Grau oder Weiß? – Die neuen Grundierungen.

Vor jeder vernünftigen Bemalung steht meist das Grundieren, der Überzug der Figur mit einer Farbe, die die Ausgangslage für alles Nachfolgende bilden soll. Mit Citadel Contrast bringt Games Workshop auch zwei neue Grundierungen heraus, Grey Seer und Wraithbone, sowohl als Sprayfarbe als auch als Farbe zum Pinseln. Beide sind dabei recht hell, Grey Seer geht eher ins gräuliche, Wraithbone hingegen ist hellbeige, fast weiß. Beide Grundierungen haben dabei deutliche Auswirkungen auf die danach aufgetragenen Contrast-Farben. Wraithbone erzeugt dabei merklich hellere Effekte als Grey Seer.

Zu Beginn lohnt es sich die Farben an nicht benötigten Modellen zu testen
Zu Beginn lohnt es sich die Farben an nicht benötigten Modellen zu testen

Beiden Farben ist dabei gemein, dass Spray- und Pinselfarbe exakt den gleichen Ton abbilden. Dies war zumindest bei GW-Farben in der Vergangenheit so nicht gegeben, war doch Mephiston Red beispielsweise etwas unterschiedlich, je nachdem ob man es aus einem Farbbottich oder aus der Spraydose nutzte.

Die beiden Grundierungen haben dabei eine angenehme Farbverteilung, vor allem die Spraydosen stechen dabei positiv gegenüber der alten hellen Sprühgrundierung von Games Workshop, Corax White, heraus.

Hatte diese doch das Problem, dass sie beim Sprühen leichter Klümpchen bildete, hat man dieses Problem durch ein neues Trennmittel wohl behoben. Nach der Grundierung kann es somit ans eigentliche Bemalen gehen und damit an das eigentliche Interessante: Den Einsatz der neuen Farben.

The contrast must flow! – Der Einsatz der Farben

Beim Bemalen mit den Farben muss man sich, so man ansonsten mit anderen Acrylfarben auf Wasserbasis malt, deutlich umgewöhnen. Citadel Contrast nutzt man direkt aus den Töpfchen und verdünnt die Farben meist nicht zusätzlich. Zwar existiert ein spezielles Contrast-Medium zum Verdünnen, für den normalen Einsatz soll dieses aber nicht nötig sein. Wasser als Verdünnungsmittel hingegen reduziert den Effekt der Farben merklich.

Der eigentliche Malprozess ist ebenfalls unterschiedlich zum dem anderer Farben und man kann daher nur dringend empfehlen, erst an einer Figur zu testen, die man nicht dringend braucht.

Im Zweifelsfall tut es hierbei natürlich auch ein Stück Gussrahmen, das man zuvor grundiert hat. Direkt bei der ersten Nutzung fallen die deutlich unterschiedlichen Flusseigenschaften der Farbe auf. Contrast-Farben sind recht dünnflüssig und verlaufen daher schnell. Eine Kontrolle des Farbverlaufs ist daher äußerst wichtig. Hinzu kommt, dass die Farbe sich dadurch schnell ansammeln kann und dabei unschöne Farbpools erzeugt, vor allem wenn man ebene Flächen damit bemalen möchte.

Hier empfiehlt es sich, den Pinsel zu nutzen, um solche Ansammlungen der Farbe noch vor dem Trocknen wieder aufzunehmen, wenn man Ungleichmäßigkeiten vermeiden möchte.

Besonders bei bunteren Modellen können die Farben im vollen Umfang wirken.
Besonders bei bunteren Modellen können die Farben im vollen Umfang wirken.

Hinzu kommt, dass die Farben recht schnell trocknen. Was einerseits ein Vorteil sein kann, da das Warten auf trockene Oberflächen doch manchmal die Arbeit hemmt, kann dies auch zum Problem werden.

Vor allem bei größeren Modellen empfiehlt es sich, somit Teilstücke zu bemalen und dort dann auch auf die Verhinderung von Farbansammlungen zu achten.

Wenn man sich doch mal vermalt hat wird man meist wieder mit Grey Seer oder Wraithbone arbeiten müssen, decken doch die Farben, trotz aller Farbintensität, über Nichtgrundierungen eher schlecht. Von hell zu dunkel ist dies noch potentiell möglich, anders herum jedoch kaum.

Die ganze Bemaltechnik ist somit zumindest ungewohnt und kann vor allem für Anfänger potentiell frustrierend werden, fühlt man sich doch beim Bemalen gehetzt. Wenn man jedoch schon einige Erfahrungen mit dem Anmalen von Figuren gesammelt hat, bieten die Farben interessante neue Möglichkeiten.

Nachfolgend sollen die Ergebnisse beleuchtet werden, die mit den neuen Farben möglich sind.

Das hast du gerade angemalt? – Die Möglichkeiten von Contrast

Zugegeben, die Einschränkungen oben mögen deutlich klingen und nach ersten negativen Stimmen im Netz gingen wir beim Testen auch mit einer gewissen Skepsis an die Farben heran. Hierbei konnte man aber schnell eines Besseren belehrt werden, denn Contrast funktioniert.

Nach einem kurzen Grundieren und ersten Probestrichen zeigte sich, dass die Farben, vor allem bei organischen Formen, ihre ganze Stärke ausspielen können. Haut bekommt eine angenehme Tiefe, Federn haben Volumen, Klauen dunklere Stellen. Dies zudem oft an den Stellen, an denen man den Farbverlauf erwarten würde.

Auffällig ist dabei durch die Bank, dass beim richtigen Einsatz die Ergebnisse schnell zu Tage treten. Innerhalb von einer halben Stunde sind Miniaturen auf einem Niveau, das man ohne größere Sorgen auf einen Tisch stellen kann. Natürlich bestehen dann immer noch deutliche Möglichkeiten zur Verbesserung, aber vor allem wenn man Massenarmeen spielen will, wo die bloße Menge an Figuren einen abschrecken kann, wird man mit den neuen Farben seine wahre Freude haben.

Auf glatten Oberflächen wird die Kontrolle der Farbe jedoch merklich schwieriger. Die Schulterpanzer von Space Marines beispielsweise, können je nach Farbe schnell fleckig wirken. Die eigentlich zeitersparende Technik wird hier schnell zum Mehraufwand.

Die Contrast Farbe Blood Angel Red sieht Mephiston Red mit Shade zum Verwechseln ähnlich
Die Contrast Farbe Blood Angel Red sieht Mephiston Red mit Shade zum Verwechseln ähnlich

Ein Auge fürs Detail – Farbaufteilung und erweiterte Techniken

Das neue Contrast-Farbset © Games Workshop
Das neue Contrast-Farbset © Games Workshop

Die 34 Farben verteilen sich nicht gleichmäßig aufs Farbspektrum, sondern haben die nachfolgende Verteilung:

  • Zwei Rottöne
  • Ein Orangeton
  • Zwei Gelbtöne
  • Sechs Grüntöne
  • Sechs Blautöne
  • Drei Violetttöne
  • Drei Grautöne
  • Drei Hauttöne
  • Fünf Braun- / Ledertöne
  • Schwarz
  • Weiß

Die Übergänge zwischen den Farbkategorien, vor allem Blau und Grün, sind dabei recht fließend, sodass sich hier auch beispielsweise Petrol- und Türkistöne finden. Weiß und Schwarz sind dabei wiederum eher ein helles Grau und ein sehr dunkles Grau als die namensgebenden Farben.

Neben den schon genannten positiven Aspekten ermöglichen einem die Contrast-Farben auch Techniken auszuprobieren, an die man sich sonst eher nicht herantraute, namentlich Wet Blending. Dabei malt man, während die Farbe noch feucht ist, zum Teil mit einer anderen Farbe hinein, um einen seichten Übergang zwischen den beiden Farben zu erzeugen. Eine Technik, die mit anderen Farben schwerer fällt. Mit Contrast funktioniert dies aber überraschend simpel und erzeugt großartige Ergebnisse.

Alle Farben hier sind in einer Schicht aufgetragen. Ohne Highlights, ohne Shaden
Alle Farben hier sind in einer Schicht aufgetragen. Ohne Highlights, ohne Shaden

Eine andere Möglichkeit ist, die Grundierungsfarbe zu ändern. Über einen Metallton deckt die Farbe nicht gänzlich und erzeugt so einen glänzend metallischen Effekt. Eine gute Farbe, um potentiell Chitinpanzer oder auch glänzende Metallrüstungen zu erzeugen.

Auch non metallic metal kann man theoretisch mit den Farben erzeugen, also Farben, die nach Metall aussehen, ohne dass man Metallfarben nutzt.

All diesen Techniken ist gemein, dass man sich langsam an sie herantasten muss, wenn man sie jedoch beherrscht eine gute Ergänzung der bestehenden eigenen Fähigkeiten erhält.

Ein letztes Wort noch zur Erweiterung von schon bestehenden Armeeprojekten:

Genau den Farbton zu treffen, den man bisher genutzt hat, kann schwierig werden, einen Blick sollte man aber trotzdem riskieren. Bei den nachfolgenden Bildern handelt es sich jeweils um Modelle, die mit Contrast bemalt wurden und solchen, die mit normalen Farben bemalt wurden.

Und ist es das wert? Ein Fazit

Games Workshop hatte Contrast-Farben als ein totales Novum beworben, das den Farbmarkt völlig revolutionieren würde. Die Revolution ist definitiv ausgeblieben. Contrast-Farben sind ohne jede Frage gut gelungen und erfüllen das, was sie tun sollen, recht zuverlässig:

Am Blau kann man gut die Akzente sehen, die Contrast schon nach einer Schicht bildet
Am Blau kann man gut die Akzente sehen, die Contrast schon nach einer Schicht bildet

Schnell annehmbare Ergebnisse werden vor allem bei organischen Formen und Modellen mit vielen Vertiefungen sichtbar.

Mit einiger Skepsis muss man sich die Frage stellen, ob die Farben für Anfänger geeignet sind.

Ja, sie mögen schnell erste Ergebnisse erzeugen, jedoch unterscheidet sich das Malen so deutlich von anderen Maltechniken, dass man bei einem Umstieg potentiell Probleme bekommt. Eine solche Einstiegstechnik wieder zu verlernen kann schwierig werden.

Somit eignen sich die Farben wohl eher, um das bestehende Sortiment zu erweitern. Ob der hohe Preis von 6,30€ für 18ml gerechtfertigt ist, muss jeder für sich selbst entscheiden. Andere Hersteller bieten ebenfalls Effekt-Inks in einer unüberschaubaren Anzahl.

Abschließend können wir nur empfehlen zumindest einen Blick zu riskieren, ob man nicht genau die Farbe finden kann, die man schon länger gesucht hat. Die volle Bandbreite an Farben wird man aber wohl nur in Ausnahmefällen benötigen.

Die Farben wurden kostenlos zur Verfügung gestellt.
Fotografien: Markus Kastell
Logo: © Games Workshop

5 Kommentare

  1. Persönlich habe ich mir bislang nur den Weißton geholt, um ihn an imperialen Sturmtruppen von Imperial Assault und Star Wars Legion auszuprobieren. Von den Metallic-Möglichkeiten habe ich zwar auch schon etwas gehört, allerdings stehen hier schon ein paar Tropfflaschen aus der Alchemy-Reihe von Scale Color. Wenn ich also nicht gerade wirklich einen sehr konkreten Farbton bräuchte wäre das für mich also auch eher nicht direkt der Hauptgrund um aufzuspringen.

  2. Also die Modelle was ich bis jetzt gesehen habe, die mit der Contrast-Farbe bemalt wurden, überzeugen mich noch nicht zu 100%.

    Ok es geht schneller und verbindet sozusagen Base & Shade, aber es sieht finde ich trotzdem unsauberer aus, als die Originalvariante.

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