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Im Marvel Monthly rezensieren wir für euch die neusten deutschen Marvel-Comics. Diesen Monat folgen wir Loki, der im Abschlussband zu Infinity Wars ein ungewöhnliches Team zusammenstellt. Daneben erleben wir Doctor Strange im Weltall und erfahren etwas über die Vergangenheit von Kitty Pryde und Storm.

Wir mussten etwas warten, aber nun erscheint die neue Doctor Strange-Reihe auch bei uns in Deutschland. Sie beginnt gleich damit, dass der oberste Zauberer seine Magie verliert und ins Weltall aufbricht, um sie wiederzufinden. Derweil verbindet Loki in Infinity Wars #2 sein Schicksal mit dem der Infinitysteine. Genau wie das kosmische Event endet auch X-Men Gold, von dem wir uns den letzten Band angeschaut haben, ehe im nächsten Monat Uncanny X-Men durchstartet. Hier erfahrt ihr, welcher Band sich zu lesen lohnt.

Infinity Wars #2 (von 2): Die finale Entscheidung

Als wir vor drei Monaten den ersten Infinity Wars-Band rezensierten, waren wir uns noch unsicher, was wir von dem Event halten sollten. Dort hat Requiem alle Infinitysteine vereint und wie Thanos vor ihr die Hälfte des Lebens im Universum ausgelöscht. Doch anders als der verrückte Titan hat sie jeweils zwei Wesen vereinigt. Nun wird uns die finale Entscheidung präsentiert, und wir sind wenig begeistert.

Der Band folgt zunächst Loki auf seiner Queste, Charaktere zu sammeln, die perfekt geeignet sind, Träger jeweils eines Infinitysteins zu sein. Dieses Team muss nicht nur Requiems Pläne durchkreuzen, sondern auch das Monster Devondra in seinem endlosen Hunger nach Seelen aufhalten. Dabei kommen ihnen viele der gewarpten Helden zu Hilfe, wie der Soldier Supreme Stephen Rogers, Iron Hammer oder Arachknight. Zusätzlich tauchen noch Moondragon, Phyla-Vell und Old Man Phoenix aus anderen Universen auf, und die Origin-Story von Drax wird neu aufgerollt.

Wie auch in den bisherigen kosmischen Geschichten von Gerry Duggan ist das alles unübersichtlich und chaotisch, aber diesmal vernichtet er sich dadurch jegliche Dramatik. Im Infinity Wars Megaband werden zwar die gewarpten Helden vorgestellt, dennoch werden hier noch ein halbes Dutzend weiterer Figuren eingeführt, sodass es unmöglich ist, dass irgendwer genügend Raum bekommt. Die Figuren sind dadurch niemals glaubwürdig in ihrem Handeln. Dazu läuft die Handlung niemals auf eine spannende Entscheidung hinaus. Alles wirkt willkürlich.

Dieses Chaos können nicht einmal die Zeichnungen retten

Dieser Comic ist wieder wunderschön von Mike Deodato gezeichnet. Durch seinen klaren und realistischen Stil ist auch der Band optisch herausragend. Unterstrichen wird das durch zwei ganzseitige Porträtzeichnungen von Loki und Adam Warlock. Die beiden Bonusgeschichten zu Drax und der neuen Figur Hector Bautista sind nett in Szene gesetzt, wirken im Vergleich aber ziemlich durchschnittlich. Durch die Zusammenstellung verlieren die Zeichnungen der Hauptgeschichte etwas an Wirkung und können den Band  nicht mehr über eine schlechte Wertung retten.

War der erste Infinity Wars-Band noch dadurch interessant, dass man nicht genau wusste, was eigentlich vor sich geht, ist die Fortsetzung nur noch nervig. Man erkennt keinen roten Faden, und es wird dem Leser nur eine spektakuläre Szene nach der nächsten um die Ohren gehauen. Das wirkt auf Dauer ermüdend. Dazu kommt die Vielzahl an Figuren, von denen keine jemals glaubwürdig bleibt. Die Teamzusammenstellung ist seltsam, und man versteht gar nicht, wessen Geschichte eigentlich erzählt wird. Der Fokus auf einen Hauptprotagonisten, durch dessen Augen man die Handlung erlebt, hätte wesentlich besser funktioniert. Auch wenn ich die Wertung beim ersten Band gerade durch die Zeichnungen leicht über den Durchschnitt gehoben habe, so reicht das hier nicht mehr. Trotz toller Bilder kann ich das Event als Ganzes nicht empfehlen.

Die harten Fakten

  • Autor: Gerry Duggan
  • Zeichner: Mike Deodato Jr, Mark Bagley
  • Seitenanzahl: 172
  • Preis: 17,99 EUR
  • Bezugsquelle: Panini-Comics, Amazon

 

X-Men Gold #7: Gehasst und Gefürchtet

Die gescheiterte Hochzeit von Kitty und Piotr in X-Men Gold #6 hat tiefe Spuren hinterlassen. Piotr verlässt enttäuscht das Team und Kitty ist voller Selbstzweifel. Doch genau dann entlädt sich Rachel unter Mesmeros Einfluss. In den weiteren Geschichten des Bandes kommt Storm zurück in ihre Heimat, in der sich die Menschen ohne ihren Einfluss dunklen Gottheiten angenähert haben. Außerdem erfährt man, wie Kitty in ihrer Jugend im Ferienlager mit Ausgrenzung und Mobbing konfrontiert wurde.

Dieser Band ist ein offensichtlicher Abschlussband der Reihe. Offene Fäden werden sinnvoll aufgelöst und der ganze Comic endet mit der klassischsten X-Men-Szene überhaupt: Auf offener Straße kann ein Kind seine neu gewonnen Kräfte nicht kontrollieren und wird von den X-Men beruhigt. Da ist es nur auch konsequent, dass im großen Stil der Klassiker Zukunft ist Vergangenheit zitiert wird. Kitty sagt in einer Szene selbst, dass sie glaubt, dass Verlust als Hauptthema zu den X-Men gehört. Vermutlich fühlt sich der ganze Band deshalb wie ein solider Mutantenband an. Bekannte Themen werden variiert, ohne sie großartig zu beugen. Hier wird nichts Neues präsentiert.

Die ewige Wiederholung des Gleichen mag für viele ermüdend sein, doch lässt es einen auch leicht versöhnlich zurück. Hier wird wenig falsch gemacht: Die Figuren sind gut getroffen und verhalten sich zutiefst menschlich. Sie sind niemals die strahlenden Superhelden wie die Avengers und werden wohl für immer mit ihren eigenen Problemen hadern.

Solider Abschluss der Reihe

Ich denke nicht, dass dieser Band lange im Gedächtnis bleiben wird. Ebenso wie der ganze Run von Marc Guggenheim. Er hat es gut geschafft, ein spannendes Team zusammenzustellen. Rachel, Kitty, Storm, Colossus und Nightcrawler haben untereinander eine starke Dynamik entwickelt. Das ständige Zitieren ihrer Vergangenheit lässt gerade bei Altlesern Nostalgie aufleben. Letztendlich ist es Guggenheim aber nie gelungen, den Figuren oder dem Team als Ganzes etwas hinzuzufügen, das nicht bereits da war.

Auch die Bilder tragen nicht dazu bei, dass man sich lange an diese Reihe erinnern wird. Die ständig wechselnden Zeichner haben zwar immer einen ähnlichen Ton angeschlagen, der irgendwo zwischen Disney-Cartoon und einem klassischen Superheldencomic liegt. Das funktioniert wunderbar und unterstützt vor allem die emotionale Handlung. Es sticht dafür aber weder positiv noch negativ heraus.

Der Abschluss von X-Men Gold ist einer der besseren Bände der Reihe. Nostalgie erzielt hier eine positive Wirkung, und alles fühlt sich vertraut an. Die Charaktere, Themen und der Stil passen zu den X-Men. Im Gegensatz zu ein paar Vorgängern wirkt hier nichts gehetzt oder unglaubwürdig. Humor, Emotion und Action sind immer wohl dosiert. Das Gesamtpaket wirkt dadurch aber auch althergebracht und unoriginell. Man kennt das alles schon irgendwoher. Ich gebe aber trotzdem eine positive Wertung, da ich den mir lieb gewonnen Figuren gerne dabei zusehe, wie sie Errungenschaften immer wieder verlieren und trotzdem niemals aufgeben, an eine bessere Welt zu glauben.

  • Die harten Fakten
  • Autoren: Marc Guggenheim, Seanan McGuire
  • Zeichner: Pere Pérez, Michele Bandini, Simone Buonfantino, Giovanni Valletta, Marco Failla
  • Seitenanzahl: 164
  • Preis: 17,99 EUR
  • Bezugsquelle: Panini-Comics, Amazon

 

Doctor Strange #1: Der oberste Zauberer der Galaxie

Durch einen allwissenden Erzähler werden wir in die neuste Doctor Strange-Reihe eingeführt: Von einem Tag auf den nächsten verliert Stephen Strange seine Magie. Wie am Anfang seiner Karriere als oberster Zauberer steht er vor dem Nichts. Doch er wendet sich an Iron Man, der den Vorschlag macht, dass Stephen doch ins Weltall aufbrechen soll, um dort nach anderen Zauberern zu suchen, die ihm weiterhelfen können. Stephen hält das für eine gute Idee und fliegt alleine in einem Raumschiff umher. Er strandet auf einem Planeten, auf dem er gefangen genommen wird, und trifft dort eine Arkanologin, die auf der Suche nach Artefakten ist. Sie brechen gemeinsam aus und erkunden dann das Weltall.

Es ist ein wenig ernüchternd, dass Doctor Strange gleich am Anfang wieder mit seiner Allmacht schwächeln muss, nur um sie dann zurückzuerhalten. Es dauert nicht lange, bis er jeden erdenklichen Zauber sprechen kann, den der Autor gerade für den Fortgang der Geschichte braucht. Es ist geschickt, die Handlung ins All zu legen, da so Erzählungen möglich sind, die kein Vorwissen über vergangene Abenteuer benötigen. Schlussendlich fehlt es mir aber an interessanten Konflikten.

Braucht Doctor Strange einen Sidekick?

Mit der außerirdischen Arkanologin Kanna (Pkzkrfmknna) wird Doctor Strange ein klassischer Sidekick an die Seite gestellt, der selbst wenig Charakterzeichnung bekommt. Hauptsächlich ist sie dazu da, ihn zur Erklärung seines Handelns zu bringen. Das funktioniert, aber für eine moderne Erzählung hätte ich mir eine interessantere Figur gewünscht. Auch die Antagonisten in den Geschichten sind sehr flach dargestellt. Keiner hat einen spannenden Antrieb. Dafür wird Stephens Handeln mehrfach in Frage gestellt. Er agiert zeitweise skrupellos, und man kann bezweifeln, dass er nur selbstlos handelt.

Nichts zu beanstanden gibt es aber an den wundervollen Zeichnungen von Jesus Saiz. Er hat einen klaren Stil. Auch sehr fantastische Elemente werden hier so dargestellt, dass man immer versteht, was gerade vor sich geht. Die Kolorierung macht die Figuren plastischer als sie geschrieben sind und hinterlässt einen guten Eindruck.

In Summe haben wir einen Comic, der gut als Neustart geeignet ist, aber etwas zu sehr vor sich hin plätschert. Die Charaktere abseits von Doctor Strange sind eher langweilig. Die Hauptfigur hat viel zu wenige Schwierigkeiten, Hindernisse zu überwinden. Dadurch wird die Geschichte niemals spannend. Erstaunlich ist aber der Cliffhanger am Ende: Hier möchte man unbedingt wissen, was das zu bedeuten hat und ob der ganze Band nun anders zu beurteilen ist. Trotz der schönen Bilder schafft es der Comic aber nicht, aus der Masse herauszustechen. Es bleibt ein etwas seichter Trip, der es aber immerhin schafft, flott zu unterhalten. Wer sich harmlos berieseln lassen will, findet hier gute Zerstreuung.

Die harten Fakten

  • Autoren: Mark Waid
  • Zeichner: Jesus Saiz
  • Seitenanzahl: 116
  • Preis: 13,99 EUR
  • Bezugsquelle: Panini-Comics, Amazon

 

Artikelbilder: © Panini Comics, Bearbeitung: Melanie Maria Mazur
Diese Produkte wurden kostenlos zur Verfügung gestellt.

 

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