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Black Adam, Shazams Erzfeind, hat die Herrschaft über Kahndaq an sich gerissen. Wird der Superschurke das Dritte-Welt-Land mit seinem archaischen Rechtsverständnis befrieden können? Oder wird Adams Versuch, König zu spielen in eine internationale Katastrophe führen? Antworten finden wir in Paninis Black Adam – Zerbrochenes Imperium.

Black Adam ist der Erzfeind des Superheldens Shazam und kann es an Beliebtheit mittlerweile mit ihm aufnehmen (aus rechtlichen Gründen heißt Shazam in diesem Comic noch Captain Marvel). Größter Beweis dafür ist der im Oktober erscheinende Kinofilm mit Dwayne Johnson in der Hauptrolle. Über die Jahre entwickelte er sich vom Schurken zum brutalen Antihelden, dessen wahrscheinlich epischste Geschichte 2006 in der Reihe 52 erzählt wurde. Die Geschichte, in der Black Adam als strenger, aber wohlmeinender Tyrann die Herrschaft über Kahndaq übernimmt, wird hier zum ersten Mal auf Deutsch gesammelt veröffentlicht. Werfen wir einen Blick hinein und schauen, ob Black Adam – Zerbrochenes Imperium seinen Ruf verdient hat.

Handlung

Im Original erschien Black Adam – Zerbrochenes Imperium 2006 im Comic 52. Diese Reihe war ein besonderes Projekt, in dem vier Autoren und über 20 Zeichner*innen zusammenarbeiteten, um eine wöchentlich in Echtzeit geschehende Geschichte zu erzählen. Das heißt, jede Woche erschien ein neues Heft, dessen Geschichte genau eine Woche nach dem vorherigen spielte. 52 begann nach dem 2005er Event Infinite Crisis. Nach diesem Event machte das gesamte DC-Universum einen Zeitsprung von einem Jahr und 52 erzählte, was in diesem Jahr geschah. 52 hatte daher viele parallel laufende Handlungsstränge, von denen in Black Adam – Zerbrochenes Imperium sehr gut die zusammengenommen wurden, die Black Adams Geschichte berühren.

Relevantes Vorwissen für Black Adam – Zerbrochenes Imperium ist eigentlich nur, dass Superman, Batman und Wonder Woman verschwunden sind. Dieses Machtvakuum versuchen verschiedene Gruppen auszufüllen: Lex Luthor startet in den USA das Jedermann-Projekt, mit dem er jeder Person Superkräfte verleihen kann – natürlich nicht ohne Hintergedanken. Die Intergang, ein globales Verbrechenssyndikat, das Kontakte zu außerirdischen Schmugglern pflegt, strukturiert sich zu einem Kult um: Der fanatischen Kirche des Verbrechens, die Kain als ersten Mörder verehrt und eine kriminelle Weltordnung schaffen will. Die Inselnation Oolong Island entführt auf der ganzen Welt verrückte Wissenschaftler*innen, um sie mit unbegrenztem Budget ihre wahnsinnigsten Vernichtungsmaschinen bauen zu lassen.

Und schließlich Black Adam. Als Mitglied des Superteams Justice Society of America half er den Helden während der Infinite Crisis die Secret Society of Supervillains zu bekämpfen. Schließlich stürzte er den korrupten Diktator von Kahndaq, einem armen Dritte-Welt-Land, das an Ägypten grenzt, und setzte sich als Alleinherrscher ein, was in dem bald erscheinenden Black Adam – Finstere Herrschaft erzählt werden wird.

Nun ist Black Adam jedenfalls Herrscher von Kahndaq und er hat viel vor. Von seiner Bevölkerung als Gottkaiser verehrt schmiedet er ein Bündnis mit Russland, China, Syrien, Nordkorea und Myanmar, um die nationale Souveränität dieser Länder vor amerikanischen Superhelden zu schützen, die zugegeben gerne Grenzen ignorieren. Der Intergang erklärt er den Krieg und bekämpft sie mit dieser Koalition, wo immer er kann. Außerdem trifft er auf die Ägypterin Adrianna Tomaz, zu der er Gefühle entwickelt. Mit ihr macht er Kahndaq zu einem Zufluchtsort für Waisen aus  aller Welt. Außerdem versucht er, ein klassischer Superheld für Kahndaq zu werden und bekämpft Superschurken, die sein Volk bedrohen.

Diese Ausgangsposition bietet viele Möglichkeiten: Übernimmt Black Adam sich mit zu viel Projekten? Ist ihm die Verwandlung vom Superschurken zum Beschützer seines Landes möglich? Und kann seine antike „Auge-um-Auge“ Gerechtigkeit auf dem Parkett der internationalen Diplomatie des 21. Jahrhunderts noch mithalten?

Black Adam – Zerbrochenes Imperium bietet einen Ausgang für viele interessante Fragen, die es auch in Angriff nimmt. Von dem geopolitischen Anspruch darf man  nicht zu viel erwarten, Watchmen, Ultimates oder die Authority ist das hier nicht. Im Rahmen des normalen Superheldengenres geht Black Adam – Zerbrochenes Imperium aber auf seine Fragestellungen ein. Die Entwicklung von Black Adam, der versucht an seinen Aufgaben zu wachsen, ist auch unterhaltsam dargestellt. Wirklich sympathisch wird er nie, das ist aber auch nicht gewollt. Selbst in seinen besten Momenten ist Black Adam nun mal ein wohlmeinender Tyrann.

Durch den Ursprung in 52 gibt es in Black Adam – Zerbrochenes Imperium auch andere Handlungsbögen. Im dominantesten geht um Will Magnus, den Erfinder der Superroboter Metal Men. Magnus wird in die Ereignisse um die verrückten Wissenschaftler von Oolong Island verwickelt, die  wieder in Black Adams Handlung hineinspielen.

Insgesamt ist die Geschichte sehr spannend. Es muss auch gelobt werden, wie gut der Band zusammengestellt wurde. Natürlich merkt man, wie einige Figuren aus Black Adams Geschichte herauswandern, um ihren eigenen Geschicken zu folgen, wie zum Beispiel Renee Montoya. Und einige Elemente wirken eher wie Name-dropping, da sie kurz erwähnt werden, in dieser Geschichte aber keine Rolle spielen. Im Vergleich zur Original-Reihe wurden die Handlungsstränge aber exzellent auseinander gewoben, um Black Adams Geschichte zu erzählen.

Charaktere

Black Adam ist definitiv keine positive Idealfigur wie Superman oder Shazam. Vor 3500 Jahren war er als Teth-Adam der Pharao des antiken Kahndaq. Damals wurde er vom selben Zauberer, der in der Moderne Shazam seine Kräfte verlieh, als Champion auserwählt und Black Adam genannt. Black Adam wurde jedoch durch seine Macht korrumpiert und erst in der Gegenwart in seinem Nachfahren Theo Adam reinkarniert. Der wiedergeborene Black Adam wurde  ein Superschurke und Gegner von Shazam.

Später erwies er sich aber, dass er nicht direkt böse war, sondern einen antiken Moralkodex besaß. Wie damals als Pharao sieht Black Adam sich als von den Göttern auserwählten Herrscher. Außerdem glaubt er ans Vergeltungsprinzip und die Todesstrafe für kleine Vergehen. In Kahndaq, seiner uralten Heimat, die er von einem korrupten Militärdiktator befreite, haben sich unter dem harten, aber ehrlichen und fairen Black Adam die Lebensumstände drastisch verbessert und er wird vom Volk als von den alten Göttern gesandter Erlöser verehrt.

Adrianna Tomaz ist eine idealistische Ägypterin, die Black Adam berät. Sie sieht tief in ihm mehr als einen Diktator und versucht, in Black Adam statt strenger Verantwortung für sein Land auch Mitgefühl für sein Volk zu erwecken. Dabei scheint sie auch Gefühle in ihm zu wecken, die er mit dem Tod seiner ersten Frau 2500 vor Christus begrub.

Shazam war Black Adams Erzfeind nach seiner Wiedergeburt in der Moderne. Nachdem der Zauberer, der beiden ihre Kräfte verlieh, starb, wacht Shazam jetzt an dessen Stelle im Fels der Ewigkeit über das Gleichgewicht des Universums. Trotz ihrer langen Feindschaft glaubt Shazam selbst bei Black Adam an einen guten Kern.

Will Magnus ist der Protagonist des wichtigsten anderen Handlungsstranges. Der eigentlich gutmütige Wissenschaftler hat die Metal Men erfunden, eine Gruppe von Robotern aus verschiedenen Metallen. Im Gegensatz zu den „verrückten Wissenschaftlern“, die nach Oolong Island entführt werden, behandelt Magnus seine bipolare Störung mit Medikamenten. Nachteil ist leider, dass die Medikamente auch seine erfinderischen Fähigkeiten betäuben. Sein Mentor ist der verrückte Wissenschaftler T. O. Morrow, der als erster auf der DC-Erde wahre künstliche Intelligenz in Form des Superhelden-Roboters Red Tornado erfand.

Ein anderer verrückter Wissenschaftler ist Dr. Sivana. Der missgestaltete „Verrückteste Wissenschaftler der Welt“ ist wie Black Adam ein Erzfeind von Shazam. Das Sprichwort „Der Feind meines Feindes ist mein Freund“ trifft in diesem Fall aber ganz und gar nicht zu. Sivanas Familie besteht aus zwei ihm ähnlichen hässlichen, fiesen Kindern, und zwei attraktiven, aber dummen Geschwistern, die nach Sivanas Trophäen-Ehefrau kommen.

Zeichenstil

Black Adam – Zerbrochenes Imperium hat eine Menge verschiedener Zeichner*innen. Die Stile sind nicht allzu verschieden, sondern passen zueinander. Natürlich gibt es Unterschiede in Details, insgesamt sind aber alle Zeichner eher realistisch, mit bunteren, digitalen Farben, die gut zur Geschichte passen.

Erscheinungsbild

Wie typisch für Panini ist die Verarbeitung qualitativ hochwertig. Black Adam – Zerbrochenes Imperium ist dicker als die üblichen Panini-Sammelbände, aber noch angenehm zu lesen. Das Titelbild mit Black Adam, der wie Conan über seinen besiegten Feinden thront, sieht cool aus und passt zur Geschichte.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Panini Comics
  • Autor*in(nen): Geoff Johns, Mark Waid, Grant Morrison, Greg Rucka
  • Zeichner*in(nen): Joe Bennett, Dan Jurgens, Todd Nauck u. a.
  • Erscheinungsjahr: 2022
  • Sprache: Deutsch
  • Format: Paperback
  • Seitenanzahl: 364
  • Preis: 38 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Amazon, idealo

 

Bonus/Downloadcontent

Nach der Geschichte ist eine Cover-Galerie enthalten sowie ein paar Skizzen für Seiten und Cover. Außerdem gibt es ein Vor- und Nachwort, das auch versucht, für die Geschichte notwendige Hintergrundinformationen zu liefern. Black Adam selbst wird damit abgedeckt, die anderen Figuren hätten wohl den Platz gesprengt.

Fazit

Black Adam – Zerbrochenes Imperium ist ein toller Band. Die Geschichte ist spannend und vielseitig, die Zeichnungen passen super dazu und die Verarbeitung ist auch gut. Black Adam, der charismatische Schurke, der versucht sich zu bessern, ist eine spannende Figur und man erhält selten so viel Einblick in andere Seiten seines Charakters wie hier. Die Handlung unterhält als globale Action-Geschichte, auch wenn manche Pointen oder Handlungen im Metaplot verschwinden. Das sind jedoch nur Nebenschauplätze, die Hauptgeschichte von Black Adams Kahndaq wird vollständig erzählt. Angesichts der ursprünglichen Veröffentlichung ist das  beeindruckend gut gemacht. An ein paar Stellen merkt man zwar, dass die Handlung zum Beispiel etwas größere Zeitsprünge macht, diese fallen aber nicht weiter ins Gewicht. Insgesamt ist Black Adam – Zerbrochenes Imperium die vielleicht beste Black-Adam-Geschichte. Die Qualität des Inhalts sowie die Länge des Bandes sorgen dafür, dass der Preis von 38 Euro durchaus angemessen ist.

  • Epische Geschichte
  • Interessanter Anti-Held
  • Querschnitt durch die DC-Erde
 

  • Teilweise sehr Metaplot-gebunden
  • Erzählrhythmus unregelmäßig

 

Artikelbilder: © PaniniComics, ©depositphotos | mihtiander
Layout und Satz: Annika Lewin
Lektorat: Denise Hollas
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

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