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Diesen Monat geht es im DC Round-Up um Geheimnisse und Intrigen. Das Human Target hat nur noch sechs Tage, um herauszufinden, wer ihn vergiftete. In Blut-Kommando versuchen die letzten Menschen jeden verzweifelten Plan, um die Vampire zu besiegen. Und in Flashpoint Beyond #4 lüftet sich das Geheimnis der Zeit-Krise.

Triggerwarnungen

Gewalt, Sklaverei, Tod von Hauptfiguren, Gehirnwäsche, Folter, Kinder in Gefahr, Sexismus, Selbstmord

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DC-Horror – Angriff der Vampire – Special – Blut-Kommando

DC-Horror – Angriff der Vampire – Special – Blut-Kommando, im Folgenden kurz Blut-Kommando, spielt in der alternativen DC-Welt wie die Reihe DC-Horror – Angriff der Vampire. In dieser verwandelten Vampire die Held*innen und Schurk*innen der DC-Erde in ihresgleichen. Die neuen Super-Vampire übernahmen schnell die Herrschaft über die Welt und hüllten den Planet in ewigen Schatten, um vor der Sonne geschützt zu sein. Die überlebenden Menschen werden in Blutfarmen als Sklav*innen und Vieh der Vampire gehalten. DC-Horror-Angriff der Vampire zeigte wie die Vampire ihren Plan durchführen und folgt den typischen A-Listern der DC-Charaktere in der Rebellion gegen die Vampirherrschaft. Blut-Kommando folgt stattdessen den sonstigen Überlebenden und macht eine zusammengewürfelte Gruppe von B- und C-Charakteren zu Protagonist*innen, die aber auf ihre Art alle Fan-Lieblinge sind.

Not macht erfinderisch und Superhelden zu Sonnen.

Blut-Kommando beginnt mit einem Versuch, in einer der letzten Enklaven der Menschheit, den toten Batman wiederzubeleben. Der Versuch scheitert aufgrund eines Vampir-Angriffs, im Chaos des Gefechts verwandelt das Wiederbelebungsserum aber einen Vampir zurück zu einem Menschen. Der Rat der Menschen beschließt daher eine verzweifelte Selbstmordmission. Eine kleine Gruppe soll quer durch die von Vampiren kontrollierte Welt ziehen, mehr vom Wiederbelebungsserum beschaffen, und dann den Vampir-Schurken Weather Wizard wieder zum Menschen machen. Weather Wizard kann das Wetter kontrollieren und die Hoffnung ist, dass er die dichte Wolkendecke auflöst, damit die Sonne wieder auf die Erde scheint und die Vampire in die Schatten verbannt. Der Weather Wizard befindet sich aber in der größten und bestbewachten Blutfarm Amerikas. Das zusammengewürfelte Team besteht aus dem ehemaligen Supersöldner Deathstroke, der traumatisierten Heldin Mary Marvel und dem manipulativen Zauberer John Constantine. Außerdem dabei sind der Batman-Feind Bane, der ehemalige Vollstrecker eines fanatischen Geheim-Ordens Azrael und der sonst lustige Zeitreisende Booster Gold.

Der Manga-Einfluss ist teils sehr deutlich.

Blut-Kommando erzählt eine spannende Action-Geschichte über den verzweifelten Überlebenskampf von eben nicht den großen Held*innen. Der Vorteil liegt bei einer solchen düsteren Geschichte darin, dass die Figuren eher brechen und scheitern können – auch auf kleine, unbedeutende Arten – als große Namen wie Batman oder Superman. In DC-Horror-Angriff der Vampire ist zwar auch Batman gestorben, aber natürlich nicht ohne großes, melodramatisches Opfer, das den Lauf der ganzen Welt beeinflussen musste. Bei der Truppe aus Blut-Kommando sieht das anders aus, hier kann jede Figur ohne größeren Sinn, einfach zynisch-realistisch scheitern oder sterben, ohne etwas zu erreichen. Für die düstere, harte Atmosphäre des Comics, die sich auch in expliziter Gewaltdarstellung wiederspiegelt, passt das ausgezeichnet. Wer solche düsteren Geschichten, aber auch DC-Comics mag, ist mit Blut-Kommando gut bedient. Vampir-Fans seien jedoch gewarnt, der Umgang mit den Horror-Kreaturen entspricht eher Blade als einschlägigen Genredarstellungen. Was noch erwähnt werden sollte ist der Zeichenstil. Anstatt der für amerikanischen Comics üblichen Vollkolorierung ist Blut-Kommando in schwarz-weiß gehalten, mit nur Rot als Signalfarbe.

© Panini Comics

Die Zeichnungen sind gut und die begrenzte Kolorierung passt zur Stimmung, der Mangel an Farbe könnte trotzdem manche Leser*innen stören.

Die harten Fakten <verkürzt>

  • Autor(en): Alex Paknadel, Matthew Rosenberg
  • Zeichner(in): Pasquale Qualano
  • Seitenanzahl: 220
  • Preis: 25 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Amazon, idealo Panini

 

Human Target 2

Christopher Chance ist das Human Target. Er verdient sein Geld als Double für Leute, die in Lebensgefahr schweben. Chance studiert sie, verwandelt sich mit Make-Up und Prothesen in ihr perfektes Ebenbild und übersteht durch sein Training und seine perfekte Vorbereitung an ihrer Stelle tödliche Anschläge und nimmt dabei auch gleich die Möchtegern-Mörder*innen fest. Sein letzter Auftrag lief jedoch schief: Als er das Double für Konzernchef Lex Luthor gab, insgeheim Superschurke und Supermans Erzfeind, wurde Chance tödlich vergiftet. Chance hat nur noch zwölf Tage zu leben und um seinen Mord zu rächen. Die Fährte des Gifts führt aber direkt zur Justice League, den größten Superheld*innen der Welt. Und zu Beginn von Human Target 2 sind bereits sechs der zwölf Tage vorüber …

Human Target ist eine lange bestehende Reihe der DC Comics und setzt sich von den üblichen Superheld*innengeschichten durch seine geerdeten Krimi-Handlungen ab, was zu bisher zwei Fernsehserien, 1992 und 2010, führte. Diese Geschichte wurde von Tom King geschrieben. King begann vor einigen Jahren als gefeierter Autor eines Batman-Runs, der durch eine düstere Noir-Atmosphäre und die Untersuchung von Batmans Psyche auffiel. Danach spezialisierte King sich auf die Dekonstruktion und psychologische Analyse von Held*innen in Minireihen. Seine Comics zu Vision, Omega Men und Mr. Miracle werden zu Recht als Meisterwerke gefeiert. Danach begann Kings Output zu schwanken: Strange Adventures und Supergirl: Woman of Tomorrow leiden unter unklaren Charakterisierungen und einer pseudo-intellektuell, pseudo-profunden Erzählweise. Als extrem spaltend erweist sich Heroes in Crisis, in dem der gesellschaftliche Mangel an therapeutischer Unterstützung anhand von Superheld*innen thematisieren werden soll. Für sich genommen eine gute Geschichte, passt sie auch aufgrund von Eingriffen des Managements nicht in die allgemeine DC-Kontinuität und entgleist einige Charaktere total.

Fire und Ice machen sich Sorgen.

Human Target ist aber wieder überaus gelungen, wahrscheinlich Kings bestes Werk seit Mr. Miracle. In erster Linie ist Human Target 2 ein perfekter Noir- oder Hardboiled-Krimi im Stil der 50er Jahre, womit es an die frühe Graphic Novel It Rhymes with Lust erinnert. Chance ist ein typischer Hardboiled-Held, ein abgebrühter Profi, der wenig redet, aber viel für sich behält. Äußerlich lässt er sich keine Unruhe anmerken, innerlich setzt ihn sein bevorstehender Tod aber unter extremen Druck, der manchmal hervorbricht. Seine Nachforschungen bestehen genretypisch hauptsächlich aus Gesprächen mit Verdächtigen und ein paar Prügeleien. Indizienuntersuchung wie bei CSI und komplexes logisches Kombinieren wie bei Sherlock Holmes oder Agatha Christies Erzählungen gibt es hier nicht.

Die Mitglieder der Justice League, denen Chance nachspürt, passen ebenso perfekt in die Genremuster. Die Justice League in Human Target 2 ist nicht die berühmte mit Superman, Wonder Woman, Batman und Co., sondern die sogenannte Justice League International aus den 80er Jahren. Anders als die sonstige Superaction war diese Ära der Justice League stark humoristisch geprägt und legte mehr Wert auf die charakterlichen Eigenheiten und Sonderbarkeiten der Held*innen zwischen den Missionen. King transferiert die Figuren geschickt in die Konventionen des Hardboiled-Krimis. Der gestaltwandelnde, gedankenlesende, verschlossene Alien Martian Manhunter ist undurchsichtig, während Booster Gold scheinbar bloß ein alberner Tölpel ist, immer hinter dem schnellen Geld her. Boosters bester Freund Blue Beetle ist ein erfolgreicher Firmenchef und Selfmade-Held wie Batman oder Green Arrow, leidet aber darunter, dass er nie ernst genommen wird. Fire ist ein brasilianisches Supermodel, ehemalige Geheimagentin und die perfekte Femme Fatale. Ihre beste Freundin Ice ist im Vergleich die Nette, Brave, die kein Wässerchen trüben kann, hat aber auch andere Seiten. Guy Gardner ist Ices Freund, jedenfalls meint er das. Der arrogante, jähzornige und gewalttätige Macho mit wenig dahinter gibt den perfekten Gegner für Chance bei seinen Nachforschungen. Für moderne Guy Gardner-Fans: Diese negative Darstellung entspricht Guys ursprünglicher Charakterisierung vor seiner Entwicklung in den 90ern.

Diesmal fängt sich Guy mehr als nur <a href="https://dc.fandom.com/wiki/One_Punch ">einen Schlag</a>
Diesmal fängt sich Guy mehr als nur einen Schlag

Das Tüpfelchen auf dem i sind die Zeichnungen von Greg Smallwood. Die warmen, lebendigen Bilder strotzen vor Atmosphäre und passen mit ihrem 50-60er Jahre Charme perfekt zur Geschichte.

Tom Kings Human Target ist ein fabelhafter Comic, der eine spannende Hardboiled-Geschichte im Stil der 50er Jahre mit Witz und Esprit erzählt. Vorwissen ist hier so gut wie nicht erforderlich, alle Figuren und Elemente werden ihrer Funktion entsprechend in den Comic eingeführt und erklärt. Ein paar Anspielungen wie die Sache mit Ice und dem Overmaster mögen klingen als ob mehr dahinterstecken würde, aber als jemand, der die betreffenden Comics gelesen hat, kann ich sagen, dass das täuscht. Alle relevanten Informationen sind komplett in Human Target enthalten.

© Panini Comics

Zusammen mit den fantastischen Zeichnungen ist Human Target praktisch ein Muss.

Die harten Fakten <verkürzt>

  • Autor(en): Tom King
  • Zeichner(in): Greg Smallwood, Mikel Janín, Rafael Albuquerque
  • Seitenanzahl: 236
  • Preis: 29 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Amazon, idealo, Panini

 

Flashpoint Beyond 4

Flashpoint Beyond 4 ist der Abschluss von Geoff Johns Flashpoint Beyond-Reihe. Damit nimmt er die Ereignisse seiner Reihe Flashpoint wieder auf, die damals zu DC Comics New 52-Reboot führte und verbindet sie mit seiner Arbeit an Doomsday Clock. Flashpoint Beyond zu lesen, ohne mindestens diese beiden Vorgänger zu kennen, ist witzlos. Flashpoint handelte davon, wie der Superheld Flash in der Zeit zurückreist und versehentlich eine neue Zeitlinie erschafft. In dieser stirbt der junge Bruce Wayne bei dem Überfall, woraufhin sein Vater Thomas Wayne ein alkoholischer, mordender Batman wird, der Bruces Mutter Martha Wayne bekämpft, die in dieser Welt zu einem weiblichen Joker wird. Außerdem führen Wonder Womans Amazonen einen Krieg mit Aquamans Atlantis, der ganz Europa zerstört und Superman wird sein Leben lang von der US-Regierung in einem Kerker eingesperrt. Die Flashpoint-Zeitlinie wird von einer Gruppe Zeitreisender, den Time Masters, in eine Schneekugel eingesperrt, da sie instabil ist und bei einem Kollaps das große Gewebe der Raumzeit schädigen könnte.

Die Time Master stellen Batman vor ungeahnte Herausforderungen.

Der echte Batman aus der echten Zeitlinie, Bruce Wayne, hat diese Schneekugel gestohlen, da er den traumatischen Tod seiner Eltern nicht verkraftet hat und möchte, dass sie wenigstens in irgendeiner Form weiterleben, auch wenn das die komplette Existenz von allem riskiert. Innerhalb der Flashpoint-Dimension erhält die Erde eine Nachricht von Kryptoniern. Hier ist Superman nicht der letzte Überlebende dieser Alienrasse, stattdessen ist eine Armada im Anflug, um die Erde zu erobern. Die Geschichte folgt Thomas Wayne, der in dieser Angelegenheit nichts unternimmt und stattdessen seiner Frau, dem Joker, nachspürt. Diese ist für eine Reihe seltsamer Morde verantwortlich. Währenddessen hat Bruce Wayne in der echten Welt Besuch von Corky erhalten. Der kleine Junge mit der Waschbärmütze hat sich in der Bathöhle eingenistet und schwingt bedrohliche Reden, dass Batman die Schneekugel zerstören solle, bevor Corkys Boss Rip Hunter vorbeikomme, dann sei alles zu spät.

Das Gute vorweg, Flashpoint Beyond ist hübsch gezeichnet. Leider kann die Geschichte nicht mithalten. An sich ist sie einfach nicht gut und durch die vielen Querverweise nur mit viel Vorwissen zu verstehen. Die Charaktere sind unsympathisch und handeln schwer nachvollziehbar, im Fall von Bruce Wayne untypisch für den Charakter. Der Haupthandlungsfaden in der Flashpoint-Welt löst sich unpassend einfach in Friede, Freude, Eierkuchen auf, ansonsten gibt es kein richtiges Ende. Stattdessen kommen zahlreiche unbefriedigend offene Enden, die auf kommende Fortsetzungen verweisen.

Im Kontext des DC Comics-Verlages gesehen ist Flashpoint Beyond eine Breitseite Johns an den Rest des Verlags. In den letzten Jahren gab es mehrere interne Machtkämpfe, unter anderem zwischen Johns, der als Produzent an den DC-Kinofilmen beteiligt war, und DC-Publisher Dan Didio. Didio, der sich auch in Kings oben erwähntes Heroes in Crisis einmischte, plante einen neuen radikalen Reboot, die 5G-Initiative, mit dem Johns nicht einverstanden war. Didio wurde schließlich 2020 gefeuert, was 5G verhinderte.

Johns tut seine Meinung zu DCs Multiversum kund.

Johns hatte einige Jahre zuvor seine eigene Version eines Soft Reboots mit seinem Doomsday Clock geplant. Unter anderem aufgrund von Johns extremen Verspätungen verzögerte sich Doomsday Clock über ein Jahr, wodurch es nicht mehr zum damals gegenwärtigen DC-Status Quo passte. Johns wandte sich währenddessen seiner nächsten Prestige-Produktion zu, Die Drei Joker, die sich auch um Jahre verspätete und eigentlich erklären sollte, dass Batmans Erzfeind Joker in Wirklichkeit drei verschiedene, sich abwechselnde Leute seien. Wieviel davon jetzt für das DC Comics-Universum Kanon ist oder überhaupt sein könnte, ist unklar. Mittlerweile fanden mehrere andere DC-Großevents ohne Johns maßgebliche Beteiligung statt, wie Batman: Metal oder die Dark Crisis. Flashpoint Beyond 4 beginnt damit, dass das Ende des Dark Crisis-Events diskutiert wird und Johns Sprachrohr drei Seiten lang erklärt, wie albern und unwichtig solche Events seien, während die wirklich wichtigen Events die sind, die um Zeitreisen gehen – wie Johns Flashpoint, Doomsday Clock und Flashpoint Beyond. Und als wäre das nicht genug wurde dieses Heft, auf Englisch wie auf Deutsch, vor dem Ende der Dark Crisis veröffentlicht, hat also das Ende im Voraus verraten. In der deutschen Version befindet sich sogar eine Spoiler-Warnung im Vorwort. Damit sabotiert Johns nicht nur das andere Event.

Flashpoint Beyonds offene Enden

… zeigen deutlich, dass es jetzt nach seiner Façon weitergehen soll, mit mehr Zeitreise-Storys zu seiner geliebten Justice Society und mehr Watchmen-Fortsetzung.

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© Panini Comics

Für sich ist Flashpoint Beyond 4 kein guter Comic. Die soliden Zeichnungen können die wirre Handlung, die ohne Vorwissen unverständlich ist, nicht wettmachen. Mit Vorwissen ist die Handlung verständlicher, aber nicht weniger seltsam. Mit dem Kontext, wie Johns es benutzt, um seinen vorläufigen Sieg im firmeninternen Machtkampf zu feiern, bekommt das Heft aber einen besonderen Nachgeschmack.

Die harten Fakten <verkürzt>

  • Autor(en): Geoff Johns
  • Zeichner(in): Mikel Janín, Xermanico
  • Seitenanzahl:60
  • Preis: 6,99 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Panini

 

Artikelbilder: © Panini Comics
Layout und Satz: Melanie Maria Mazur
Lektorat: Sabrina Plote
Fotografien: Paul Menkel

DC-Horror – Angriff der Vampire – Special – Blut-Kommando und Flashpoint Beyond 4 wurden kostenlos zur Verfügung gestellt.

Human Target 2 wurde privat finanziert.

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