Die Percy Jackson-Reihe (Rick Riordan) – Das Abenteuer geht weiter – (Rezension)

2009 endete die Percy Jackson-Reihe von Rick Riordan vorläufig mit dem Kampf gegen den Titanen Kronos. Jetzt, 15 Jahre später, gehen die Abenteuer der griechischen Halbgötter weiter. Diesmal muss Percy allerdings nicht die Welt retten, sondern nimmt einen Auftrag der Götter an, um die dringend benötigte Collegeempfehlung zu ergattern.

In Europa hat die Rezeption griechischer Mythen eine lange Tradition, die jedoch selten speziell auf ein junges Publikum ausgerichtet ist. In der breiten Kulturlandschaft wird häufig ein umfassendes Vorwissen vorausgesetzt. Doch längst nicht alle wachsen mit den Geschichten rund um die Gottheiten des Olymps auf. Rick Riordan findet mit seiner Percy Jackson-Reihe einen Weg, die antike Mythologie mit der Lebenswelt heutiger Jugendlicher zu verknüpfen. Durch die Perspektive des jungen Halbgottes Percy Jackson werden die alten Mythen nicht nur lebendig und zugänglich, sondern gewinnen auch an Bedeutung und Nachvollziehbarkeit für eine Generation, deren Herausforderungen sich stark von denen der antiken Heroen unterscheiden.

Seit ihrer ersten Veröffentlichung hat sich die Percy Jackson-Reihe einen festen Platz im Herzen vieler Lesender erobert. Die jüngste Aufmerksamkeit ist nicht zuletzt der erfolgreichen Serie Percy Jackson and the Olympians auf Disney+ zu verdanken. Kurz vor der Serie kam der sechste Band der fortgesetzten Romanreihe in den USA heraus, nach einer bemerkenswerten Pause von 15 Jahren. Nun hat Percy Jackson – Der Kelch der Götter auch den deutschen Markt erreicht, und viele Fans sind gespannt, welche neuen Abenteuer nach dem abschließenden Triumph über Kronos und der Rettung des Olymps auf sie warten.

Story

Die Reihe beginnt mit dem zwölfjährigen Percy Jackson, der von einer Schule zur nächsten geschickt wird und schlussendlich in einem Internat für Kinder mit Verhaltensauffälligkeiten landet. Als sich seine Lehrerin plötzlich in ein Monster verwandelt und ihn angreift, wird Percy klar, dass irgendetwas Sonderbares vor sich geht. Auf der Suche nach Antworten gelangt er ins Camp Half-Blood, wo er die schockierende Wahrheit erfährt: Er ist der Sohn des Meeresgottes Poseidon. Diese Offenbarung katapultiert ihn in ein Abenteuer, das ihn tief in die griechische Mythologie eintauchen lässt.

Die Bücher folgen bis zum fünften Band, wie auch die Harry Potter-Romane, einem wiederkehrenden Muster. Die Erzählung beginnt jeweils kurz vor den Sommerferien, am Ende des Schuljahres. Percy verbringt den Sommer im Camp Half-Blood, wo zunächst kleinere Auseinandersetzungen zwischen den Halbgöttern stattfinden. Dann wird ihm und seinen Freunden ein Auftrag zugeteilt, der ihn durch die faszinierende Welt der griechischen Mythologie kämpfen lässt, von einem gefährlichen Monster zum nächsten stolpernd. Der Band endet mit dem Erfüllen des Auftrags, woraufhin Percy sich auf ein neues Schuljahr vorbereitet, oft an einer anderen Schule.

Der Hauptcharakter Percy Jackson ist ein aufmüpfiger Junge, der mit seiner Legasthenie und mit ADHS zu kämpfen hat, und als Sohn von Poseidon den meisten Göttern verhasst ist. Er neigt zu impulsiven Entscheidungen und stürzt sich leidenschaftlich in neue Abenteuer. Seine Loyalität gegenüber seinen Freund*innen, seine schlagfertigen Kommentare gegenüber den majestätischen Gottheiten und sein Kampf gegen unfaires Verhalten von Erwachsenen zeichnen ihn aus. Dieses Thema, das in den ersten Bänden besonders präsent ist, spiegelt die frustrierenden Erfahrungen vieler junger Lesenden wider, die sich vor allem im Schulkontext missverstanden oder ungerecht behandelt fühlen. Es führt dazu, dass man sich mit Percy als Hauptcharakter gut identifizieren kann.

Dann gibt es noch Annabeth, Tochter der Athene, die Percy im Camp Half-Blood kennenlernt und für ihn zu einer engen Verbündeten wird. In einer Welt, in der bei den Heroen traditionell für Frauen kein Platz ist, brilliert Annabeth mit ihrem scharfen Verstand und strategischen Denken, das sie aber niemals davon abhält, sich einen Konflikt auch einfach mit der Waffe zu stellen. Percy ist von Anfang an von Annabeth beeindruckt und über die Zeit entwickelt sie sich vom Vorbild zu einem Mädchen, zu dem sich Percy hingezogen fühlt.

Und schließlich ist da natürlich noch Grover, Percys bester Freund und ein Satyr, der eine Sucher-Lizenz erwerben will, um den verschollenen Gott Pan wiederzufinden. Grover, ein herzensguter Charakter, dessen Geschichte nicht selten Rettungsaktionen durch Percy erfordern, trägt ein weiteres zentrales Thema der Reihe an die Oberfläche: die verheerenden Auswirkungen des menschengemachten Klimawandels, darunter Meeresverschmutzung, Entwaldung und das Aussterben von Arten. Die Begegnungen mit vertriebenen mythischen Wesen, die in der modernen Welt keinen Platz mehr finden, verwebt die realen Probleme dieser Welt geschickt mit dem Zauber der griechischen Mythologie und betonen die Dringlichkeit und die persönliche Verantwortung jedes Einzelnen, sich diesen globalen Herausforderungen zu stellen.

Im Unterschied zu anderen phantastischen Romanen, die an ein jugendliches Publikum gerichtet sind, bestimmt die Percy Jackson-Romane eine außergewöhnliche Härte, mit der die jungen Protagonist*innen konfrontiert sind. Die ganze Zeit über schwebt die Gefahr über ihnen, von mythischen Kreaturen getötet zu werden, bevor sie das Erwachsenenalter erreichen. Es ist nicht unüblich, dass im Verlauf der Geschichte einige auch sehr junge Kinder sterben. Gleichzeitig ist die Geschichte locker und mit viel Witz erzählt und erfüllt so einige Kindheitsträume, wie etwa den Konsum von Fastfood in alarmierenden Mengen während der Abenteuer. Zudem bietet die Reihe eine breite Palette an mythologischen Wesen, die über die bekanntesten Gestalten wie der Medusa oder den Zentauren hinausgeht, und erweitert so das Wissen der Lesenden über die griechische Mythologie nicht nur oberflächlich.

Seit 2016 gibt es die Möglichkeit, die ersten fünf Bände von Percy Jackson in einem Sammelschuber zu erwerben. Das ist für alle eine preiswerte Alternative zum Kauf der Einzelbände, die jetzt noch in die Welt von Percy und seinen Freund*innen eintauchen wollen. Mit dem Sammelschuber ist der erste Storyabschnitt vollständig abgedeckt, der sich rund um den Kampf mit dem Titan Kronos dreht.

Der sechste Band der Percy Jackson-Reihe, Der Kelch der Götter, markiert 15 Jahre nach dem ursprünglichen Ende der Serie mit dem Sieg über den Titanen Kronos eine überraschende Fortsetzung. Eigentlich hatte sich Percy auf ein ruhiges letztes Schuljahr gefreut, aber um auf das ersehnte College gehen zu können braucht er noch ein paar Empfehlungsschreiben. Nur leider nicht von irgendwem, sondern ausgerechnet von den griechischen Gottheiten. Wie gut, dass Ganymed gerade der Kelch der Götter gestohlen wurde. Und wer wäre besser dafür geeignet ihn zurückzuholen als Perseus Jackson, der Sohn des Poseidon?

Dieser Band fühlt sich weniger wie eine Fortsetzung, sondern mehr wie ein Spin-off der ursprünglichen Reihe, an. Die vorherrschende Ernsthaftigkeit der ersten fünf Bände ist verschwunden. Stattdessen konzentriert sich Riordan mehr auf einen humorvolleren Ton, was das Buch erfrischend anders gestaltet. Die Missionen, jetzt darauf ausgerichtet, göttliche Aufträge zu erfüllen, bieten immer noch Gefahren und Abenteuer, die tief in die griechische Mythologie führen, es fehlt aber die Bedrohung von Feind*innen, die im Hintergrund die Fäden ziehen.

Lesesende, die direkt vom fünften zum sechsten Band springen, werden feststellen, dass sie ein paar wichtige Entwicklungen in Percys Leben verpasst haben. Obwohl die zwischenzeitlich erschienenen Bücher von Rick Riordan für das Verständnis der aktuellen Story nicht zwingend erforderlich sind, bereichern sie doch das Leseerlebnis.

Schreibstil

Rick Riordans Schreibstil in der Percy Jackson-Reihe ist geprägt von einer lebhaften und unmittelbaren Ausdrucksweise, die vor allem jüngere Lesende anspricht. Das Erzähltempo ist durchgehend hoch, was die Bücher besonders fesselnd macht. Die schnellen Wechsel von einer spannenden Szene zur nächsten spiegeln den rasanten Rhythmus der Abenteuer wieder, die Percy und seine Freund*innen erleben. Diese Dynamik hält insbesondere junge Lesende bei der Stange, kann aber auch Erwachsene unterhalten, auch wenn diese möglicherweise eine tiefere Ausarbeitung der Charaktere und Konflikte vermissen.

Eine der herausragenden Qualitäten Riordans ist sein Humor. Percy Jacksons frecher und teilweise absurder Kommentar zum Geschehen verleiht der Serie eine Leichtigkeit und einen Witz, der sie von anderen Jugendbüchern abhebt. Der Sarkasmus und die schlagfertigen Bemerkungen des Protagonisten bieten einen humorvollen Kontrapunkt zu den teils dramatischen Entwicklungen der Handlung.

Die Nutzung von Percys Träumen als narrativem Mittel eröffnet den Lesenden zusätzliche Einblicke in die Pläne der Gegenspielenden, ohne dabei die Ich-Perspektive zu verlassen. Diese Technik bereichert die Erzählung um eine zusätzliche Ebene der Spannung, da die Lesenden gemeinsam mit Percy versuchen können, die Visionen zu entschlüsseln.

Der Weltenbau in der Percy Jackson-Reihe ist eine der großen Stärken der Geschichte. Riordan verwebt die griechische Mythologie gekonnt mit der modernen Welt. Die mythologischen Elemente sind nicht nur bloße Kulisse, sondern integraler Bestandteil der Handlung und der Charakterentwicklung. Deshalb fällt es beim Lesen auch leicht, kleinere Logikfehler, wie den Sprung vom Gateway Arch in St. Louis in den Mississippi, zu verzeihen.

Was die Übersetzung ins Deutsche angeht, so leistet Gabriele Haefs hervorragende Arbeit. Ihre Übersetzung fängt den lebendigen Ton des Originals ein, und macht die Abenteuer von Percy Jackson auch für deutschsprachige Lesende zugänglich.

Der Autor

Rick Riordan, geboren am 5. Juni 1964 in San Antonio, Texas, ist ein gefeierter US-amerikanischer Autor, bekannt für seine fesselnden Jugendbuchreihen, die mythologische Themen mit modernen Abenteuern verweben. Er erlangte erstmals internationale Anerkennung mit seiner Percy Jackson-Reihe. Riordan, ehemals Englisch- und Geschichtslehrer, hat weitere erfolgreiche Serien wie Die Kane-Chroniken, Helden des Olymp, Magnus Chase und Die Abenteuer des Apollo geschrieben. Seine Werke sind für ihre lebendige Erzählweise, humorvolle Charaktere und die geschickte Integration antiker Mythen in die moderne Welt bekannt. Für alle, die mehr wissen wollen, lohnt sich ein Blick auf Rick Riordans wirklich schön ausgestaltete Website.

Erscheinungsbild

Das Cover des neuesten Bandes von Rick Riordans Reihe Percy Jackson – Der Kelch der Götter fällt sofort durch sein strahlendes Rot mit Soft-Touch-Finish auf, das sowohl die Aufmerksamkeit auf sich zieht als auch zum Jugendphantastik-Genre passt. Die Illustration von Helge Vogt unterstützt die magische und abenteuerliche Atmosphäre der Geschichte. Die bedrohliche Darstellung eines Gottes, der auf Percy Jackson herabschaut, bleibt den bisherigen Cover-Motiven der Serie treu, und bildet eine konsistente Linie mit den vorherigen Hardcover-Ausgaben.

Im Vergleich zu den farbenfrohen Covern, zeigt der Sammelschuber ein etwas düsteres Design, das den Schwerpunkt mehr auf die Reifung der Figuren und die zunehmenden bedrohlichen Herausforderungen, denen sie sich stellen müssen, legt.

Die harten Fakten zu Percy Jackson – Der Kelch der Götter:

• Verlag: Carlsen Verlag
• Autor: Rick Riordan
• Erscheinungsdatum: 25.03.2024
• Sprache: Deutsch (Aus dem Englischen übersetzt von Gabriele Haefs)
• Format: Hardcover
• Seitenanzahl: 320
• ISBN: 978-3-551-55846-6
• Preis: 16,00 EUR (Print) + 11,99 (E-Book)
• Bezugsquelle Fachhandel, Amazon Deutsch, Amazon Englisch, idealo

Die harten Fakten zu Percy Jackson Taschenbuchschuber:

• Verlag: Carlsen Verlag
• Autor: Rick Riordan
• Erscheinungsdatum: 20.10.2016
• Sprache: Deutsch (Aus dem Englischen übersetzt von Gabriele Haefs)
• Format: Taschenbuch
• ISBN: 978-3-551-31369-0
• Preis: 29,99 EUR (Print) + 32,99 EUR (E-Book)
• Bezugsquelle Fachhandel, Amazon, idealo

Bonus/Downloadcontent

In jedem Buch gibt es am Ende für die Lesenden ein Glossar, in dem alle relevanten Begriffe und Personen aus der griechischen Mythologie kurz erklärt werden. Da die Figuren bereits in der Geschichte vorgekommen sind, reicht meistens ein Halbsatz, um die Erinnerung wieder aufzufrischen. Um allerdings die genaue Einbettung in die griechische Mythologie zu verstehen, lohnt sich eine ausführlichere Recherche.

Fazit

Rick Riordan entführt seine Lesenden mit der Percy Jackson-Reihe in eine Welt voller Mythen und Abenteuer, in der die Grenzen zwischen der modernen Welt und dem Reich der antiken griechischen Gottheiten verschwimmen.

Die überraschende Fortsetzung mit dem sechsten Band Percy Jackson-Der Kelch der Götter offenbart sowohl Stärken als auch einige Fragezeichen. Die lebhafte Erzählweise, der charakteristische Humor und die Entwicklung der Charaktere zeichnen auch diesen Band aus, und machen ihn vor allem zu einem Vergnügen für langjährige Fans, die womöglich mit den Geschichten rund um die Halbgötter aufgewachsen sind. Insbesondere die tiefe Verbundenheit zu den Figuren wie Percy, Annabeth und Grover, die mit Mut, Intelligenz und Herzlichkeit überzeugen, bleibt ein zentrales Element des Erfolgs. Allerdings wirft die Wahl, Percy Jackson-Der Kelch der Götter als direkte Fortsetzung zu positionieren, Fragen auf, da die Verschiebung hin zu leichteren, alltäglich wirkenden Themen, eine deutliche Abkehr von der ursprünglichen Serie darstellt. Durch diese Neuausrichtung lässt sich der Band eher wie ein Spin-off lesen.

Trotz dieser kleineren Unstimmigkeiten in der Weiterführung der Serie bleibt die Begeisterung für Percy Jacksons Welt bestehen und verspricht unterhaltsame Lesestunden mit lieb gewonnenen Figuren.

• Griechische Mythologie spannend verpackt
• Lockerer und humorvoller Schreibstil
• Ein Hauptcharakter, in den man sich als Kind sehr gut hineinversetzen kann

 

• Rasantes Erzähltempo, was vor allem in den ersten Bänden wenig Tiefe zulässt

Artikelbilder: © Carlsen Verlag
Layout und Satz: Andreas Hübner
Lektorat: Sabrina Plote

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