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Antihelden erfreuen sich derzeit großer Beliebtheit unter Comic-Lesern: ob Harley Quinn, Deadpool oder Lobo. Mit Deathstroke bekommt nun ein weiterer Vertreter dieser Gattung seine eigene Heftreihe. Schafft es der aus Videospielen und Fernsehserien so beliebte Assassine, sich in seiner eigenen Serie zu behaupten?

Dank seiner multimedialen Präsenz ist Deathstroke aus dem DC-Universum (DCU) nicht mehr wegzudenken. Er kämpft sich durch Videospiele, Fernsehserien und Zeichentrickfilme. Er steht Robin als einer der zentralen Schurken gegenüber. Und aufgrund seiner großen Beliebtheit hat sich Slade Wilson alias Deathstroke nun auch seine eigene Comicreihe im Rebirth-Kosmos verdient.

Christopher Priest nahm sich des Charakters an, der in den 1980er Jahren bereits von Marv Wolfman und George Perez erfunden wurde. Heraus kam ein Comic, der sich gut in das bisher hohe Niveau der Rebirth-Reihen einfügt.

Handlung

Die Themen „Veränderung“ und „Zeit“ bilden den überspannenden Handlungsbogen der bisherigen Rebirth-Comics, und in dieser Hinsicht macht auch Deathstroke keine Ausnahme. In seinem ersten großen Abenteuer bekommt er es mit dem Clock King zu tun, der den alternden Assassinen dort trifft, wo es am meisten schmerzt, nämlich bei seinem besten Freund und seiner vollends gescheiterten Familie. Der Clock King hat Wintergreen, Deathstrokes Partner, in ein vom Bürgerkrieg gespaltenes und von Milizen beherrschtes Gebiet in Afrika verschleppen lassen.

Deathstroke eilt zur Hilfe und muss sich dank eines halluzinogenen Gases mit seiner Vergangenheit auseinandersetzen: seinen zwei Söhnen, zu denen er keine Bindung aufbauen kann, seiner gescheiterten Ehe, seinen menschlichen Abgründen. Auf seine zynische Art meistert Deathstroke die Herausforderung und kehrt in die Staaten zurück, um sich dort einem mächtigen Gegner zu stellen: dem Batman. Slade Wilson will nicht weniger, als Batmans Partner Robin zu entführen. Und dazu hat er seinen eigenen Sidekick mitgebracht. Ein finsteres Duell auf den Dächern der Stadt entbrennt.

Charaktere

Deathstroke ist nicht nett. Er behandelt seine Familie unmöglich und seine Freunde kaum besser. Er ist eine Figur, die Spaß an ihrer tödlichen Arbeit hat. Und dennoch treibt ihn ein gewisses Maß an Ehre und Idealismus an. Christopher Priest ist es gelungen, mit Deathstroke und den ihn umgebenden Charakteren Figuren zu schaffen, die in sich widersprüchlich und zugleich vollkommen verständlich erscheinen. Eingebettet in eine Umgebung, die eine Mischung aus Film Noir, Agententhriller und American Gothic zu sein scheint, erweckt er fast noch einmal die Atmosphäre, die DCs Dark Age in den 80er Jahren prägte. Leider bleibt der Comic dafür letztlich aber zu brav, was sich sehr anschaulich in Rose, Deathstrokes Sidekick zeigt. Sie arbeitet zwar in einer Stripbar, aber nur als Türsteherin. Wir treffen sie in ihren ersten Bildern im Bett mit einem jungen Mann, der aber nur bei und nicht mit ihr geschlafen hat. Es gibt also Ansätze des alten Mutes der 80er, der Tabus brechen ließ, jedoch werden diese dann wieder von der braven Sichtweise dieses Jahrzehnts eingeholt.

Tatsächlich mutig ist die Darstellung des Clock Kings, der, von Krankheit zerfressen und dem Tode nahe, mittels Halluzinogenen eine jüngere Version seiner selbst gegen Deathstroke antreten lässt. Hier kommt richtig Atmosphäre auf, und diese wird durch das fiese und niederträchtige Setting der afrikanischen Milizen noch verstärkt.

Zeichenstil

Zeichnerisch haben Carlo Pagulayan und Joe Bennet einen ausdrucksstarken und dynamischen Comic geschaffen, der fast schon cinematische Qualitäten besitzt. Sowohl die Atmosphäre der amerikanischen Großstadt als auch die des afrikanischen Hinterlandes sind lebendig eingefangen worden. Die Dynamik der Bewegungen besticht das Auge, und die Designs der Kostüme sind sehr ansprechend.

Erscheinungsbild

Qualitativ ist der Comic typisch Panini. Ein griffiger und stabiler Einband umschließt Seiten, bei denen farbliche Brillanz und Schärfe hervorragend zur Geltung kommen. Die Werbung hält sich sehr in Grenzen, und die redaktionellen Abschnitte zu Beginn und am Ende des Comics versorgen den Leser wieder mit wichtigen Hintergründen.

Die harten Fakten:

  • Verlag: DC / Panini
  • Autor(en): Christopher Priest
  • Zeichner(in): Joe Bennett, Carlo Pagulayan
  • Erscheinungsjahr: 2017
  • Sprache: Deutsch
  • Format: Broschiert
  • Seitenanzahl: ca. 130
  • Preis:12,99 EUR
  • Bezugsquelle: Panini Comics

 

Fazit

Deathstroke ist ein eigenartiger Comic, der leider leicht hinter seinen Möglichkeiten zurückbleibt. Slade Wilson ist ein Charakter, den man nur sehr schwer mögen kann, und dennoch fasziniert er durch seine kaltschnäuzige Art und den Rest Ehre, den man unter der Schale ab und an hervorblitzen sieht. Die Settings und die damit verbundene Atmosphäre fügen sich perfekt in den imposanten Stilmix, der die Handlung ausmacht. Insbesondere die Machenschaften des Clock King fesseln den Leser, denn sie erlauben tiefe Einblicke in Seele und Hintergrund von Deathstroke.

Der Comic erzählt sich rasant und erwachsen, er greift auch schon einmal ernste und abgründige Themen auf. Doch hier offenbart sich die leichte Schwäche, denn anders als die Comicbände der 1980er Jahre wagt Deathstroke nicht, diese Themen in ihrer grimmigen Konsequenz zu Ende zu führen. Angedrohte Hinrichtungen werden vereitelt, Abstiege in die Stripperszene verharmlost. Der Comic weiß nicht recht, ob er sich nun an Jugendliche oder Erwachsene richten möchte, und droht so, am Ende beide leicht zu enttäuschen. Dennoch ist Deathstroke – Der Profi ein Auftakt, der auf die Fortsetzung der Serie gespannt macht. Die Auseinandersetzung mit Batman lässt den Leser mit einem bösen Cliffhanger zurück. Es wird schwer, die Wartezeit bis zur Fortsetzung im August auszuhalten.

Artikelbild: Panini Comics
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

 

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