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Ihr seid auf der Suche nach der perfekten Seifenoper? Nach grauenhaften und niedlichen Außerirdischen? Nach einem Familiendrama und einem überdrehten Weltraumabenteuer? Nach Humor, Spannung und Philosophie? Saga bietet all das und noch viel mehr. Kommt mit uns auf eine Reise zu einer unserer liebsten Graphic Novels.

Vor 10 Jahren begannen Brian K. Vaughan und Fiona Stapels eine Weltraum-Seifenoper, die keinen bescheideneren Namen bekam als Saga. Innerhalb der letzten drei Jahre ist es aber still geworden um die Familiengeschichte. Der letzte Handlungsbogen endete mit einem Paukenschlag. Erst seit diesem Jahr erscheinen wieder neue Hefte. Grund genug, über eine unserer Lieblingsserien zu berichten und die Vorfreude auf den zehnten Sammelband hochzuhalten.

Überhäuft mit Auszeichnungen, wurde diese Reihe mit den unterschiedlichsten Geschichten verglichen. Von Star Wars bis Romeo und Julia, von Game of Thrones bis Herr der Ringe, von The Walking Dead bis zur Bibel. Doch letztendlich trifft es nichts davon so richtig. Saga erzählt seine eigene Geschichte über eine Familie, die versucht ihren Platz in einer Welt zu finden, die eigentlich keinen Platz für sie bereithält. Eine Welt voller Krieg, Auftragsmörder*innen und Rassentrennung. Dabei werden über Pressefreiheit, Drogen, Fehlgeburten und die Macht der Fiktion diverse Themen behandelt, die auch für die Lesenden eine Bedeutung haben. Dieses Science-Fiction-Werk schafft es, gleichzeitig Trash und große Kunst zu sein. Taucht mit uns ein in die wunderbare Welt von Saga.

Der Krieg zwischen Flügeln und Hörnern

Um was geht es bei Saga?

Landfall ist der größte Planet der ganzen Galaxie. Hier ist das Roboter-Königreich und deren Koalition zu Hause. Die Bewohner Landfalls haben Flügel und wachsen größtenteils im Wohnstand auf. Landfall hat nur einen Mond: die Ranke. Wer hier geboren ist, kommt mit Hörnern auf die Welt und lernt, mit Magie umzugehen. Dazu sprechen die Bewohner von Ranke und Landfall auch unterschiedliche Sprachen. Dabei entspricht Blau (die Sprache der Bewohner Rankes) Esperanto. Alana stammt von Landfall und Marko stammt von Ranke. Und auch wenn sich niemand mehr daran erinnern kann, dass es einmal Frieden zwischen Landfall und Ranke gegeben hat, so haben sich Alana und Marko doch ineinander verliebt und eine gemeinsame Tochter namens Hazel auf die Welt gebracht, die sowohl Flügel als auch Hörner hat. Da Landfall die beherrschende Macht in der Galaxie ist, wird der Krieg auch nicht hier ausgetragen, sondern in diversen Stellvertreterkriegen über die ganze Welt verteilt.

Hazel ist die Erzählerin dieser Geschichte. Aus ihrer Perspektive erleben wir, wie Alana und Marko gemeinsam desertieren und versuchen, Hazel zu beschützen. Derweil wollen die Roboter des Königreichs wie auch das Oberkommando von Ranke um jeden Preis verhindern, dass die Existenz von Hazel bekannt wird. So ist die kleine Familie ununterbrochen auf der Flucht: zunächst vor den sogenannten Freilanzern; Kopfgeldjäger*innen, die mit einer dynamischen Lanze bewaffnet sind; später aber auch vor Journalist*innen oder dem Roboter-Prinzen persönlich.

Dabei landet die kleine Familie immer wieder auf fremden Planeten, freundet sich mit den Einwohner*innen und oftmals auch ihren Feind*innen an, nur damit sie dann wieder an einen neuen Ort fliehen müssen. Die Stimme der Erzählerin Hazel ordnet dabei alles in einen höheren Kontext ein, macht Andeutungen über die Zukunft und hält somit die Spannung aufrecht.

Die Charaktere aus Saga

Hazel entwickelt sich schnell zu einem aufgeweckten, neugierigen und frechen Mädchen, das die Welt aus ihrer kindlichen Perspektive betrachtet. Sie hat noch nicht die Weisheit der Erzählerin, doch man schließt sie schnell ins Herz.

Alana und Marko könnten unterschiedlicher nicht sein, passen aber dennoch wunderbar

Die Saga beginnt mit Hazels Geburt

zusammen. Alana ist impulsiv, hat sich freiwillig fürs Militär gemeldet und schreckt auch nicht vor Gewalt zurück, um ihre Liebsten zu schützen. Marko dagegen ist Pazifist und hat eine Neigung zu Mystik und vorsichtigem Handeln.

Markos Mutter Klara wird früh eine Begleiterin der Truppe. Sie hasst die Leute aus Landfall und hat deshalb auch nichts für Alana übrig. Doch sie akzeptiert schließlich, dass Alana die Mutter ihrer Enkelin ist und verzichtet auf einen offenen Konflikt mit ihr. Sie ist blutrünstig und tritt sehr beschützend auf.

Eine weitere frühe Begleiterin ist Hazels Kindermädchen Izabel, die nur noch als Geist ohne Unterleib auftritt. Dies bringt aber auch einige Fähigkeiten mit sich, welche sich oft als hilfreich für die Familie auszeichnen.

Prinz Robot IV

Der mächtigste Antagonist ist Prinz Robot IV. Wie alle Roboter hat er einen Fernseher als Kopf, aber einen menschlichen Körper, der auch bluten kann. Aus seinem Arm kann er eine Kanone formen. Von königlichem Geblüt ist er es gewohnt, dass er bekommt, was er will. Dennoch hat er eine romantische Vorstellung vom Edelmut der Adeligen, der sich oft mit der Realität beißt.

Der Freilanzer, dem in der Geschichte am meisten Platz eingeräumt wird, ist Der Wille, der mit seinem Sidekick, der Lügenkatze, von Ranke beauftragt wird, Jagd auf Alana und Marko zu machen. Er selbst ist vom Typ einsamer Wolf, auch wenn er einmal eine Beziehung zur Freilanzerin Die Pirsch hatte. Die Lügenkatze ist eine felides Wesen, das Lügen erkennt und mit einem zischenden „Lüge“ reagiert. Der Wille befreit bereits im ersten Band eine sechsjährige Sexsklavin, der er den Namen Sophie gibt.

Gwendolyn ist die Ex-Verlobte von Marko und soll überprüfen, warum Der Wille seinen

Die Pirsch ist eine frühere Partnerin von Der Wille

Auftrag nicht so erfolgreich durchführt, wie es geplant ist. Sie hat ein besonders großes Interesse daran, Alana aufzuspüren und gleichzeitig ein Halsband, das sie zu ihrem Ex führen kann.

Die Journalisten Upsher und Doff treten erst später auf. Die beiden sind ein Paar und riechen die große Story in der Existenz von Hazel. Die beiden sind aber herzensgute aquatische Wesen, die wegen ihrer Homosexualität auf ihrer Heimatwelt verfolgt werden und sich nur in Ruhe irgendwo niederlassen wollen.

Petrichor ist eine Mondlerin von Ranke, welche die Gelegenheit ergreift und gemeinsam mit der kleinen Hazel aus der Haft flieht. Sie ist eine Trans-Frau, die Hazel das Kämpfen beibringt.

Ghüs sieht niedlich aus, weiß sich aber zu wehren

Neben so vielen anderen Figuren möchte ich noch Ghüs erwähnen. Einen kleinwüchsigen Robben-Mann, der einfach sehr niedlich aussieht und mit seiner großen goldenen Axt dennoch einiges an Schaden anrichten kann.

Was fasziniert an Saga?

Man könnte noch so viel mehr über die Charaktere erzählen, doch das würde zu viel von der wendungsreichen Geschichte vorwegnehmen. Doch durch den großartigen Schreibstil von Brian K. Vaughan und den tollen Zeichnungen von Fiona Stapels ist es leicht, die Figuren lieb zu gewinnen.

Egal ob Protagonist*in oder Antagonist*in: Jede der Figuren hat ihre eigenen unverwechselbaren Züge. Dazu werden sehr oft neue Konflikte erzeugt, in denen die Charaktere auf die Probe gestellt werden und man an ihrem Verhalten merkt, welche Eigenschaften sie auszeichnen. Doch die Figuren entwickeln sich über die Zeit weiter. Wie bei einer guten Seifenoper entsteht ein Konstrukt aus zwischenmenschlichen Beziehungen, die immer wieder aufs Neue verändert werden können.

Ein Bezug zu billigen Groschenromanen ist der fiktive Autor D. Oswald Heist, der mit

Die Reporter Upsher und Doff sind vielschichtige Charaktere

seinem Roman „A Night Time Smoke“ mit dafür verantwortlich ist, dass Alana und Marko zueinander gefunden haben. In diesem Schundroman schreibt er zwischen den Zeilen über das Gegenteil von Krieg. Und genau wie Heist, schaffen es Vaughan und Stapels, unglaublich viele Themen zwischen der im Grunde banalen Erzählung unterzubringen. Teilweise merkt man auch, dass dieser Comic genutzt wird, um auch das zu verarbeiten, das die Kreativen in ihrem wahren Leben bewegt. Dabei ist die Geschichte aber nie zu plakativ, als dass sie ihren Handlungsbogen aus den Augen verliert.

Gerade diese Gegensätze, die in diesem Comic immer wieder aufeinandertreffen, machen ihn zu einem ganz unverwechselbaren Erlebnis.

Zeichnungen und Kolorierung

Was die visuelle Gestaltung angeht, erkennt man, welchen Spaß Fiona Staples hat, immer wieder absurde Kreaturen zu erstellen. Köpfe ohne Körper aber mit Beinen und High-Heels, humanoide Sternmulle in rosa Pumphosen oder vierbeinige Walrösser tauchen auf den unterschiedlichsten Welten auf. Die Comics leben von ihrer dynamischen und realistischen Gestaltung und ihren kräftigen Konturen. Der Stil bleibt sich über all die Jahre treu und schafft einen fantastischen Blick auf ferne Galaxien, die aber im Grunde doch vertraut wirken.

Die Welt Landfall vereinigt Wohlstand und Armut

Man sollte aber kein Problem mit expliziter Darstellung von Sex- oder Gewaltszenen haben, denn beide werden hier ausschweifend visualisiert. Gerade die Sexszenen haben auch einen übermäßigen Erotikfaktor, der für einen amerikanischen Comic überrascht.

Die Kolorierung ist zwar eher einfach, unterstützt aber jederzeit die Atmosphäre. Auch weiß Stapels sehr genau, wann erdige Töne oder grelle Farben eingesetzt werden müssen, um die verschiedenen Umgebungen im passenden Licht erscheinen zu lassen.

Schlusswort

Ich habe mich immer sehr über jeden neuen Saga-Band gefreut und jeden einzelnen von ihnen am Stück verschlungen. Das Groteske und Realistische liegen hier genauso eng zusammen wie das Zauberhafte und das Abscheuliche. Für mich ist es die Mischung des Ganzen, die so gut funktioniert. Die Figuren begeistern mich, die Konflikte lassen mich nicht mehr los und es überrascht mich stets aufs Neue, wie beiläufig die großen Themen unserer Gesellschaft in diese Reihe eingebunden werden. Daher freue ich mich sehr, dass es endlich mit der Serie weitergeht, und ich kann es kaum erwarten, den zehnten Band in meinen Händen zu halten. Ich hoffe, ich konnte euch ein klein wenig neugierig auf die Reihe machen.

Leseempfehlungen

Saga 1

Jede Saga beginnt an einem Punkt. Diese beginnt mit der Geburt von Hazel. Alana und Marko werden direkt in der ersten Szene damit konfrontiert, dass Männer sie jagen. Neben den Hauptfiguren werden hier auch Der Wille und Prinz Robert IV. eingeführt, welche beide den Auftrag bekommen, das Paar auszuschalten. Bereits hier schaffen es die beiden Kreativen, zu überraschen, Spannung aufzubauen und die Erwartungshaltung des*der Lesenden zu unterlaufen.

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Saga 3

Als Abschluss des ersten großen Handlungsbogens erzählt uns dieser Band, wie es Alana, Marko und Hazel auf den Planeten Quietus schaffen, um mit ihrem Lieblingsautor D. Oswald Heist zu sprechen. Doch Prinz Robot IV. ist ihnen gefolgt und auch Der Wille, Sophie und Gwendolyn sind der Truppe auf den Fersen. Dazu werden alle Charaktere von ihren inneren Dämonen verfolgt und wir erfahren, dass das Gegenteil von Krieg nicht Frieden ist.

  • Bezugsquelle Band 2: Fachhandel, Cross-Cult, Amazon, idealo
  • Bezugsquelle Band 3: Fachhandel, Cross-Cult, Amazon, idealo

Saga 9

Man sollte Saga von Anfang bis Ende lesen, da die meisten Geschichten bereits am Ende der vorherigen Geschichte beginnen. Daher sind hier auch die Bezugsquellen aller bisher erschienenen Bände verlinkt. Diese Geschichte beginnt auf dem Planeten Jetsam auf dem sich die Familie mit ihrer inzwischen sehr groß gewordenen Schar an Verbündeten zur Ruhe setzen konnte. Doch dann machen die Reporter Upsher und Doff ein Angebot, die Geschichte zu veröffentlichen und Marko und Alana im Gegenzug in ein Identitäts-Schutzprogramm aufzunehmen. Gleichzeitig haben es zwei Verfolger auf den Planeten geschafft, welche den Frieden für immer gefährden könnten.

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Artikelbilder: © Cross-Cult
Layout und Satz: Annika Lewin
Lektorat: Saskia Harendt

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