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Was wäre, wenn Thor Captain America angreifen würde, wenn Hulk gegen das Ding kämpft oder sich die X-Men einem riesigen Kampfroboter in New York stellen müssen? Es gibt viel Krawall! Die neusten Marvel-Comics strotzen vor solchen Aufhängern, doch eigentlich geht es in jedem der Bände um ganz andere Themen.

Kaum ist das Event King in Black beendet, steht mit Heroes Reborn schon das nächste große Crossover in den Startlöchern. Während der achte und finale Venom-Band die Ereignisse aus King in Black verarbeitet, startet Panini für Heroes Reborn eine eigene kleine Heftreihe mit fünf Teilen. Die Reihe stellt sich der Frage, wie eine Welt ohne die Avengers aussehen würde. Dort erscheint mit dem Squadron Supreme ein Superhelden-Team, das nicht nur zufällig an die Justice League erinnert. Derweil läuft die Serie Bruce Banner: Hulk immer weiter und steuert langsam auf ein neues Finale zu. Denn wie sich herausgestellt hat, steckt der Leader hinter vielen der letzten Ereignisse. Können die Comics halten, was sie versprechen?

Thor: König von Asgard #3 – Familienkonflikte

Nach seinem Duell mit seinem Alter Ego Donald Blake versinkt Thor immer mehr in Schwermut. Seit er ein König ist, fällt es ihm immer schwerer, Mjölnir zu heben. Also begibt er sich auf eine Reise und spricht mit Leuten, die den Hammer bereits einmal tragen konnten: Captain America, Jane Foster, Odin, seiner Mutter Freyja, Loki und dem Froschkrieger Throg.

Dieser Comic handelt von einem Gott auf Selbstfindungstrip. Solch eine Geschichte kann dann interessant sein, wenn dabei große Erkenntnisse und persönliche Weiterentwicklungen geschehen. Die Unterhaltung mit Freyja ist vermutlich das Highlight des Bandes, doch selbst diese wird in einem Augenblick unterbrochen, in dem es interessant werden könnte. Man sieht, dass seine Mutter außerhalb der Erzählung mehr Charakterentwicklung mitgemacht hat als Thor bisher in der ganzen Reihe.

Ein Überbrückungsband

Es wirkt hier fast, als ob Donny Cates nicht so richtig weiß, was er eigentlich erzählen will: Die Erzählung verhaspelt sich in Überbrückungsgeschichten. Es ist bezeichnend, dass der epischste Moment den Pet Avengers vorbehalten ist. Dabei hat Throg einen wunderbaren Auftritt, der skurril, komisch und würdevoll zugleich ist.

Dazu kommt, dass Nic Klein für diesen Band nicht für die Zeichnungen verantwortlich ist – der italienische Michele Bandini übernimmt dieses Mal die Feder. Sein Stil schafft eine ähnliche Atmosphäre und kann Klein ansatzweise imitieren. Es fehlen jedoch die fantastischen Hintergründe und die Kolorierung wirkt gleichzeitig etwas blass. Das optische Highlight ist auch hier der Auftritt Freyjas, der an trashige Actioncomics der 90er Jahre erinnert. Das Kapitel über Throg wurde von Pasqual Ferry und Robert Quinn gestaltet, die zwar wunderbar mit Farben umzugehen wissen, doch dabei einen Look erzeugen, der zu glatt wirkt. Dennoch hat auch das Reich der Frösche einige wunderschöne Bilder zu bieten.

Im Ganzen haben wir hier einen Übergangsband, auf den ich gut verzichten könnte. Ich mag die ruhigen Geschichten, deren Spannung allein im Dialog erzeugt werden, doch fehlt mir hier die nötige Charakterentwicklung, welche Thor durchlaufen müsste. Die Erkenntnis, die er am Ende hat, schafft es nicht, mich zu überraschen, und eine Konsequenz ist durch einen lose platzierten Cliffhanger nicht abzusehen. Wer die großartige Reihe vollständig verfolgen will, sollte zugreifen. Alle anderen können den Band auslassen und sich freuen, wenn Nic Klein im nächsten Paperback wieder an Bord ist und das Tempo angezogen wird.

Die harten Fakten

  • Autor*in: Donny Cates
  • Zeichner*innen: Michele Bandini, Pasqual Ferry, Robert Quinn
  • Seitenanzahl: 100
  • Preis: 13 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Amazon, idealo, Panini Shop

 

Bruce Banner: Hulk #9 – Schatten des Verstands

Ben Grimm stellt sich dem Hulk – doch der Kampf endet abrupt. Die Persona Bruce Banner fehlt. Sie befindet sich in einer Hölle, in der er vom Leader festgehalten wird. Doc Samson, der inzwischen als Sasquatch wiedergeboren wurde, versucht, mit dem Gamma Flight Team seinen ursprünglichen Körper zurückzubekommen und Langowski wiederzubeleben. Dabei entdecken sie ein zusammengesetztes Wesen, das früher einmal Rick Jones war. Henry Grinch von der Regierung rekrutiert derweil die U-Foes, um Hulk zu besiegen. Und diese finden schnell eine Möglichkeit, die ganze Situation auf eine neue Eskalationsstufe zu treiben.

Die zerfaserte Erzählweise, die sich auch schon durch den letzten Band gezogen hat, zieht sich weiter durch den ganzen Comic. Geschichten werden angeschnitten, es gibt ein paar spannende Entwicklungen, aber alles wirkt gleichzeitig mehr wie eine Überbrückung. Positiv anzumerken ist, dass dieser Comic wieder ein paar ruhige Momente hat, durch die jegliche Monsterkämpfe eine stärkere Wirkung erzielen und der erzählerische Faden verdichtet wird. Dennoch wirkt der Handlungsbogen unausgereift. An zu vielen Stellen passieren Kleinigkeiten, ohne dass eine wirkliche Weiterentwicklung von Statten geht. Sollte es dennoch zu großen Umbrüchen kommen, passieren diese eher zufällig.

Der letzte Band vor dem großen Finale

Dennoch gehört dieser Comic weiterhin zu einer großartigen Reihe, die nun langsam auf ihr Finale zusteuert. Viele spannende Szenen lassen Lesende aufhorchen. Die Tatsache, dass Hulk nicht sterben kann, sorgt trotzdem dafür, dass man um die einzelnen Persönlichkeiten bangt. Bleibt Joe Fixit der Mann, der die Kontrolle hat, oder wird ein anderer Hulk freigelassen? Der Kampf um die Herrschaft über den Hulk bleibt der rote Faden der ganzen Reihe.

Die wunderbaren Zeichnungen von Joe Bennett sind erneut das Herzstück der Erzählung. Hässliche Körperverrenkungen und monsterartige Strukturen sprudeln auch hier wieder vor surrealer Kreativität.

Auch wenn dieser Comic vermutlich der schwächste der gesamten Reihe ist, sollte man ihn trotzdem nicht auslassen. In seinem Gesamtwerk bleibt Bruce Banner: Hulk eine der faszinierendsten Erfahrungen, die jemals bei Marvel im Programm waren.

Die harten Fakten

  • Autor*in: Al Ewing
  • Zeichner*innen: Adam Gorham, Joe Bennett
  • Seitenanzahl: 124
  • Preis: 15 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Amazon, idealo, Panini Shop

 

Die furchtlosen X-Men #1 – Ein Neustart am Central Park

Die Ereignisse der Hellfire Gala werfen ihre Schatten voraus: Der Unternehmer Feilong, der plante, den Mars zu besiedeln, wurde überrascht von der Tatsache, dass die Mutanten bereits ein erfolgreiches Terraforming auf dem vierten Planeten durchgeführt haben und ihn nun Planet Arakko nennen. Nun will er seine Energie nutzen, um es den Mutanten zurückzuzahlen.

Zur selben Zeit bauen die X-Men ein neues Hauptquartier mitten in New York auf: ein riesiges Baumhaus in der 86ten Straße direkt am Central Park und ein Ort, der von allen besucht werden darf. Der Bereich um das Baumhaus trägt den Namen Seneca Park, benannt nach dem mehrheitlich von Afroamerikaner*innen bewohnten Seneca Village, das 1957 dem Central Park weichen musste. Zum neuen Team gehören, neben Cyclops, Marvel Girl und Rogue, der Japaner Sunfire, die junge Wolverine, Fan-Liebling Polaris und Synch, den man aus den Generation X-Comics kennt und der die Fähigkeit hat, andere Mutantenkräfte in seiner Nähe zu übernehmen.

Natürlich taucht sogleich ein riesiger Roboter mitten in New York auf, den die X-Men bekämpfen können, bevor die Avengers oder Fantastic Four eingetroffen sind. Dieser Kampf erinnert auf unangenehme Weise an Power Rangers und Konsorten. Der Roboter scheint von dem Weltraum-Kasino Gameworld zu stammen, das von dem uralten Pilzwesen Cordyceps Jones geführt wird. Jones wettet darauf, wer die Erde zerstören kann. So darf man sich auf weitere Angriffe gefasst machen.

© Panini Comics

Für einen Neustart nicht schlecht, doch jetzt muss mehr kommen

Das Heft macht für den Neustart eines Marvel-Comics vieles richtig. Die Antagonist*innen werden sorgfältig eingeführt, der neue Status Quo etabliert und man sieht die Held*innen bereits in Aktion treten. Wer neu in die Reihe einsteigt, wird mit Erklärungen an die Hand genommen und trotzdem gibt es genug Neuerungen, dass auch langjährige Fans interessiert bleiben.

Etwas schade ist, dass Laura und Shiro noch nicht auftrumpfen können. Gerade bei Shiro ist das verwunderlich, weil seine Wahl ins X-Men-Team viele überrascht haben dürfte, da er bislang nie lange als Teamplayer aufgefallen ist.

Der Kampf ist ungefähr so spannend wie eine uralte Power Rangers-Folge. Riesige Monster mitten in einer Metropole erzeugen keinen sonderlichen Reiz, doch als kurze Demonstration der unterschiedlichen Mutantenkräfte ist dies okay. Im nächsten Heft wünsche ich mir aber echte Konflikte oder Entscheidungen.

Die Zeichnungen des Bandes haben eine ähnliche Qualität wie wir sie seit House of X & Powers of X gewohnt sind und befinden sich damit in der Oberklasse der aktuellen Marvel-Publikationen.

In der Summe ist dieses Heft eine Empfehlung, ohne aber große Begeisterungsstürme hervorzurufen. Sieht man es als Einführungskapitel in eine neue Reihe, macht man damit nicht viel falsch. Dennoch hoffe ich, dass die Erzählungen ab hier wieder anspruchsvoller und origineller werden.

Die harten Fakten

  • Autor*innen: Gerry Duggan
  • Zeichner*in: Pepe Larraz
  • Seitenanzahl: 44
  • Preis: 4,99 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Panini Shop

 

Artikelbilder: © Panini Comics
Layout und Satz: Melanie Maria Mazur
Lektorat: Alexa Kasparek
Diese Produkte wurden kostenlos zur Verfügung gestellt.

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