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Im Marvel-Universum werden die USA von Avengers, X-Men, Spider-Man und mehr verteidigt. Doch wer kümmert sich um den Rest der Welt? Im zweiten Teil dieser kurzen Reihe stellt Teilzeitheld Paul euch die Superteams aus Europa vor, von Frankreich bis Russland. Dabei darf natürlich auch Deutschland nicht fehlen.

Im ersten Teil dieser kleinen Artikelreihe wurden die Teams vorgestellt, die in der Marvel-Welt in Kanada und Großbritannien aktiv sind. Dieses Mal sehen wir uns Europa an, von Frankreich im Westen bis zu Russland im Osten. Hier sind deutlich weniger Teams aktiv, von denen nur die wenigsten jemals eine eigene Reihe hatten. Marvel-Comics werden in Amerika produziert, da ist es nur logisch, dass andere englischsprachige Länder stärker vertreten sind – sowohl im Leserinteresse als auch in der Zahl der Autor*innen, die sich mit anderen Ländern auskennen oder genug dafür interessieren, um für diese eigene Superteams zu erschaffen.

Ein Land, das amerikanischen Comicleser*innen sehr präsent und entsprechend stark bei Marvel vertreten ist, ist Russland, in älteren Geschichten noch als Sowjetunion. Aber auch Frankreich und Deutschland bekamen eigene Superteams und schließlich gibt es noch Teams, die statt einzelner Länder für ganz Europa stehen. Eines davon ist sogar im kurzlebigen Verlag Marvel Italia erschienen und somit das einzige kontinental-europäische Marvel-Team, das vor Ort erschaffen wurde.

Eine Anmerkung am Rande: Wie in den USA gibt es natürlich auch in vielen anderen Ländern Superheld*innen, die solo aktiv sind. Die alle abzudecken würde aber den Rahmen sprengen. Wer also leider kein Team aus seiner Heimat findet, muss deswegen nicht traurig sein. Die Chancen stehen trotzdem gut, Repräsentant*innen im Marvel-Kosmos zu finden. Vor allem die X-Men-Comics sind schon lange international orientiert, sodass man in deren Umfeld viele Figuren verschiedenster Herkunft findet.

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Frankreich: Les Héros de Paris und Le Bureau Discret

2006 hatten Les Héros de Paris ihren ersten und einzigen Auftritt. Darin sind die Héros ein klassisches Superteam, das fantastische Abenteuer erlebt und die Stadt vor bösartigen Monstern und verrückten Wissenschaftlern beschützt. Damals tobte in den USA der Civil War, dem das Ding von den Fantastischen Vier durch eine Reise nach Paris ausweichen wollte. Dort traf er auf die Héros, mit denen er ein klassisches Superheld*innen-Abenteuer erlebte – Ein starker Kontrast zu den politisch belasteten, internen Zwisten der amerikanischen Marvel-Held*innen.

Les Héros de Paris © Marvel
Les Héros de Paris © Marvel

Die meisten der acht Héros sind deutliche Hommagen an die Justice League vom Konkurrenzverlag DC. Beispielsweise entspricht der fliegende, superstarke Anführer Adamantine Superman, der Comte de Nuit (Graf der Nacht) Batman und La Lumière Bleue (Das Blaue Licht) kann seine Abstammung von DCs Green Lantern nicht verbergen. Anaïs‘dunkler Lederdress und Peitsche sind Catwoman entlehnt, ihre afrikanische Herkunft und Katzen-Kräfte ähneln eher Vixen. Abgerundet wird die Gruppe durch Le Cowboy, einen französischen Westernfan.

Das zweite französische Team ist Le Bureau Discret, ein Spionageteam für verdeckte Operationen. Angeführt von Le Coq Bleu (Der Blaue Hahn, nach dem französischen Nationaltier) gehörten dazu Anaïs und Comte de Nuit, Capitaine Fantome, Prochaine Sortie und Le Necrogateur, der die Erinnerungen von Toten lesen kann. Le Bureau Discret hatte nur einen Auftritt 2014, bei dem Fantomex von der X-Men-Untergruppe X-Force das gesamte Team ausschaltete, bevor jemand etwas tun konnte.

2016 hieß es dann in Scarlet Witch, dass die Héros de Paris spurlos verschwunden sind. Man merkt sofort den deutlichen Unterschied dazu, wie Marvel die kanadischen und britischen Teams anging. Die Héros waren leider nicht mehr als ein augenzwinkernder Witz, der schnell vergessen wurde. Gut, eine weitere Justice League-Kopie neben der Squadron Supreme braucht Marvel nicht. Aber wenigstens Le Bureau Discret, dessen Mitglieder praktisch nur ein Design mit Namen sind, könnte zu mehr entwickelt werden. So bleibt der größte Superheld in Marvels Frankreich bis jetzt Le Peregrine (der Wanderfalke), der dort als Le Faucon Pèlerin bekannt ist, da Peregrine kein französisches Wort ist.

Deutschland: Schutz Heiliggruppe

Anders als Les Héros de Paris war die Schutz Heiliggruppe nicht als Witz gemeint, sondern vollkommen ernst. Ein Mangel an Recherche und Deutsch-Kenntnissen ließ sie aber eher peinlich enden. Beginnend mit dem Namen des Teams: „Schutz Heiliggruppe“ sollte wohl eigentlich Schutzpatrone bedeuten, oder freier übersetzt Schutzengel.

Noch freut sich die Schutz Heiliggruppe… © Marvel
Noch freut sich die Schutz Heiliggruppe… © Marvel

1991 wollte die frisch wiedervereinigte Bundesrepublik endlich mit der dunklen Nazi-Vergangenheit abschließen. Im Marvel-Universum war diese durch Nachkriegs-Schurken wie Baron Zemo, Baron von Strucker und die Hydra-Organisation natürlich noch präsenter. Die BRD gründete also die Schutz Heiliggruppe aus Hauptmann Deutschland, Blitzkrieg (alias Blitzkrieger) und Zeitgeist und schickte sie los, um den schlimmsten überlebenden Nazi zu fangen und endgültig vor Gericht zu stellen: den Red Skull. Das gelang nicht. Kurz darauf stellte sich heraus, dass Zeitgeist in Wirklichkeit ein faschistischer, geistig gestörter Serienkiller war. Nachdem er Blitzkrieg ermordete, wurde er von Hauptmann Deutschland getötet, womit die Schutz Heiliggruppe am Ende war.

Der Anführer des Trios war Markus Ettlinger. Ursprünglich hieß er Vormund, auf Englisch „(legal) guardian“, da sein Erfinder im Wörterbuch unter Guardian nachschaute, das eigentlich passende „Wächter“ aber wegen dem für Amerikaner fremden Umlaut nicht wollte. In den damaligen deutschen Comics wurde er Freiheitskämpfer genannt. Mittlerweile heißt Ettlinger ganz prosaisch Hauptmann Deutschland, die direkte Übersetzung von Captain Germany. Hauptmann Deutschland kann kinetische Energie, also Schläge, absorbieren und sich damit selbst verstärken oder sie als Strahl verschießen, ähnlich wie der deutsche Mutant Maverick.

Franz Mittelstaedt kann Elektrizität kontrollieren, fliegen und Gebilde aus Strom formen. Aus amerikanischer Sicht war der Codename Blitzkrieg damit genauso vorprogrammiert wie aus deutscher Sicht unpassend. Sein erster Auftritt war in 1982 in Contest of Champions, Marvels erster Miniserie. Dort wird Franz als engagierter Demokrat vorgestellt, der sich für Freiheit und Menschenrechte einsetzt. Tragischerweise wurden seine Karriere und sein Leben von seinem vermeintlichen Kameraden Zeitgeist beendet.

Auch im modernen Marvel kämpfen Hauptmann Deutschland und sein gebrochenes Deutsch für das Gute © Marvel
Auch im modernen Marvel kämpfen Hauptmann Deutschland und sein gebrochenes Deutsch für das Gute © Marvel

Zeitgeist war in Wirklichkeit Larry Ekler, ehemals ein psychisch verwirrter Superschurke namens Everyman. Im Gefängnis wurde er von Doctor Faustus, einem Psychiater und Neo-Nazi, gehirngewaschen. Mit einer neuen Identität als Zeitgeist und einem Teleportationsgerät ausgestattet, sollte er die Superheld*innencommunity unterwandern und Held*innen ermorden. Schließlich wurde er aber ertappt und im Kampf getötet.

Die Schutz Heiliggruppe ist kein Glanzstück von Marvel, wie schon der Name zeigt. In Marvel-Comics kommen Deutsche überwiegend als Nazis vor, nicht unlogisch, da mit Captain America eine Kernfigur des Marvel-Universums mit dem Zweiten Weltkrieg verbunden ist. Die Absicht ist durchaus hehr, dem ein deutsches, demokratisches, anti-Nazi-Team entgegenzustellen. Die Umsetzung hat aber leider versagt. Es war fast Glück, dass als Name keines der anderen deutschen Lehnwörter im Amerikanischen wie Kindergarten oder Schadenfreude verwendet wurde. Eine Recherche, die Figuren an deutsche kulturelle Kontexte anzupassen, fehlte auch. In Deutschland sind sich auf Nazis beziehende Begriffe nun einmal anders tabu als in der USA. Auch Patriotismus und das Militär werden hierzulande deutlich kritischer gesehen. Codenamen wie Hauptmann Deutschland oder Bundesadler klingen auf Deutsch daher ganz anders unpassend. Ähnlich gutgemeint, aber unwahrscheinlich ist die Idee, dass die afrodeutsche Tochter eines Ex-Nazis mit dem Namen Eisernes Kreuz (Iron Cross) Deutschlands beliebteste Heldin wird. Die Héros de Paris waren ein Witz, der so nicht kritisiert werden kann, die Schutz Heiliggruppe leider schon. Dabei gibt es durchaus coole deutsche Marvel-Held*innen: den Hamburger S.H.I.E.L.D.-Agenten Eric Koenig, die romani-deutsche Zauberin Daytripper, den Söldner Maverick und natürlich der allseits beliebte Bayer Nightcrawler. Bis die Schutz Heiliggruppe ordentlich rebootet wird, müssen wir uns damit trösten, dass irgendjemand bei Marvel wenigstens das deutsche Kulturgut schlechthin kannte: die Lindenstraße um Patriarch Hans Beimer.

Koenig, Daytripper, Maverick, Iron Cross und Nightcrawler © Marvel
Koenig, Daytripper, Maverick, Iron Cross und Nightcrawler © Marvel

Europa: Euroforce, Gemini, S.H.E. (Super-Heroes of Europe), Champions of Europe

Mehrere Superteams im Marvel-Europa repräsentieren den Kontinent statt einzelner Länder. Das erste war Euroforce in der sechsteiligen Reihe Europa von 1996. Europa war eines von zwei Comics, die der Ableger-Verlag Marvel Italia veröffentlichte, bevor er wie auch Marvel UK pleite ging. In der Reihe war die Organisation Euromind der europäische Ableger von S.H.I.E.L.D.. Euromind kontrollierte zwei Teams, die diplomatischen Wissenschaftler von EuroLab und die aggressiven Soldaten der Task Force. Natürlich gab es ständige Konflikte zwischen den grundverschiedenen Abteilungen. Als sie jedoch herausfanden, dass Euromind von der Terrororganisation A.I.M. unterwandert wurde, vereinten die beiden sich zur Euroforce, um ihre korrupten Vorgegebenen zu stürzen. 2014 tauchte Euroforce in der Reihe Avengers World wieder auf, mittlerweile als offizielles Superteam der EU.

Zur ersten Euroforce gehörten unter anderem der deutsche Wissenschaftler und Anführer Key, der dänische Elektroschock-Mutant Danger, die französische Telepathin Nuage, der italienische Magienutzer Argento, und der kugelsichere algerische Franzose Tiger. Zur EU-Euroforce kamen noch Sliver, ein italienischer Fußballspieler mit einem Körper aus Alienmetall, Tumult, eine Spanierin mit einem Schockwellen erzeugenden Anzug, Baby Killer, ein polnischer General, dessen Gehirn in einen Baby-Klon übertragen wurde und Swordswoman, die französische Tochter von Hawkeyes Mentor. Geführt wurde das Team vom Black Knight, der auch in britischen Teams aktiv ist.

Die alte und die neue Euroforce, Seite an Seite © Marvel
Die alte und die neue Euroforce, Seite an Seite © Marvel

Gemini war ebenfalls ein Team aus der Europa Reihe. Das Team bestand aus fünf Mutanten, die seit ihrer Kindheit vom zwielichtigen englischen Professor Edwig Caine als Superteam trainiert wurden, und wurde schließlich von S.H.I.E.L.D. als Agenten unter Vertrag genommen.

Die Super-Heroes of Europe erschienen ursprünglich in Rückblicken in der Sentry-Comicreihe von 2001. Auch die S.H.E. wurde als Dachorganisation von mehreren europäischen Nationen gegründet. Einige der zahlreichen Mitglieder waren die Ukrainerin Amazon, der Schweizer Weisse Kreuz, der Belgier Belgian Brain und der Isländer Gunnar. Die Held*innen trugen fast alle Kostüme mit Flaggen ihrer jeweiligen Heimatländer, aber da sie in keinen ihrer kurzen Auftritte (der letzte war 2006) in Aktion traten, ist nichts über sie bekannt. Da Island und die Schweiz bei den S.H.E. vertreten sind, scheint sie keine EU-Organisation zu sein, könnte also parallel zu Euroforce existieren.

Die Champions of Europe bereiten sich vor, um Paris ein zweites Mal von faschistischen Besatzern zu befreien © Marvel
Die Champions of Europe bereiten sich vor, um Paris ein zweites Mal von faschistischen Besatzern zu befreien © Marvel

Die Champions of Europe waren ein Team, das sich spontan bildete, um Hydra zu bekämpfen. Die Terrorgruppe übernahm 2017 während des Secret Empire-Events die Macht in den USA und besetze Paris. Der oben erwähnte Peregrine tat sich zusammen mit Guillotine, einer Französin mit einem verfluchten Schwert, dem griechischen Kriegsgott Ares, dem englischen Nationalheld Captain Britain, Excalibur, die König Artus‘ legendäres Schwert führt und Outlaw, einem nicht-tötenden englischen Punisher-Nachmacher. Zusammen schafften sie es, Paris von Hydra zu befreien. Ob sie danach als Team vereint blieben, ist nicht klar.

Die europäischen Teams sind insgesamt eine Quelle ungenutzten Potentials. Sie bieten viele Charaktere, die interessante und vielversprechende Hintergründe oder Kräfte haben, oder aber noch so wenig von beidem (bei der S.H.E.), dass man alles aus ihnen machen kann. Die Europa-Reihe ist eher eine historische Kuriosität, die modernen Auftritte der Euroforce sind aber unterhaltsam, wie auch die der Champions of Europe.

Russland: Soviet Super Soldiers, Supreme Soviets, People’s Protectorate,  Siberforce, Winter Guard

Russland, beziehungsweise die Sowjetunion, war der große Feind der USA im Kalten Krieg und auch die letzten Jahrzehnte waren wenig freundlich, bis zum russischen Angriff auf die Ukraine. Entsprechend waren die Sowjets in Marvel lange Schurken. Seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion versucht Marvel aber auf gewisse Art russische Held*innen komplexer darzustellen als nur als flache Bösewichte oder korrumpierte Naivlinge. Daher, und weil sie nun mal für den Marvel-Globus wichtig sind, werden die russischen Teams hier aufgeführt, obwohl sie bestenfalls eher ambivalent statt heldenhaft sind.

Das erste Team waren die Soviet Super-Soldiers. Auch in der Marvel-Sowjetunion wurden immer mehr Mutanten geboren, die zuerst bei Entdeckung getötet wurden. Als in den USA immer mehr Superheld*innen auftauchten, wollte die Sowjetunion diesen biologischen Missile Gap aufholen. Professor Piotr Phobos wurde damit beauftragt, Mutanten zu Supersoldaten zu erziehen, missbrauchte sie aber für seine eigenen Experimente. Die Überlebenden Ursa Major, Darkstar und Vanguard wurden zusammen mit Crimson Dynamo V zu den Soviet Super-Soldiers, und bekämpften auch Professor Phobos. Aufgrund der Verfolgung von Mutanten in Russland desertierten die drei aber schließlich zu Siberforce, dem sowjetischen Mutanten-Untergrund an.

So wie hier im Official Handbook of the Marvel Universe, Update '89 abgebildet, gab es die Supreme Soviets nur kurz © Marvel
So wie hier im Official Handbook of the Marvel Universe, Update ’89 abgebildet, gab es die Supreme Soviets nur kurz © Marvel

Als Ersatz für die Soviet Super-Soldiers schufen die Sowjetunion die Supreme Soviets als Anti-Avengers. Statt Captain America gab es Red Guardian, der Androide Vision wurde mit Sputnik gekontert, Thor mit dem slawischen Gott Perun, Iron Man mit Crimson Dynamo und Scarlet Witch durch die Magierin Fantasia. Kurz nach der Gründung der Supreme Soviets brach die Sowjetunion aber zusammen.

Danach benannte sich das Team in People’s Protectorate (ungefähr: Beschützer des Volkes) um und diente weiterhin der Russischen Föderation. Der Übergang vom sowjetischen zum russischen Team war so wichtig, dass es sogar ein eigenes Heft dazu gab. In Soviet Super Soldiers #1 wurden die Supreme Soviets zu einer neuen Gruppe, die eine neue, demokratische Ära für Russland repräsentieren sollte … Auch die Mitglieder änderten teils ihre Namen, so wurde der Red zu Steel Guardian, Crimson Dynamo zu Airstrike und Sputnik zu Vostok. Ihre erste Begegnung mit den Avengers in Avengers #319 zeigte den neuen Ansatz. People’s Protectorate waren nicht mehr nur böse Schurk*innen, sondern immerhin Soldat*innen der anderen Seite. In der internationalen Krise, in der russische Terroristen ein britisches Atom-U-Boot in amerikanischen Gewässern enterten und in die auch noch Alpha Flight verwickelt wurde, versuchte das Protectorate ebenso wie die Avengers eine Katastrophe für alle beteiligten Länder zu verhindern.

Die Winter Guard ist im Spannungsfeld zwischen Korruption, Kreml, Oligarchen und Patriotismus gefangen © Marvel
Die Winter Guard ist im Spannungsfeld zwischen Korruption, Kreml, Oligarchen und Patriotismus gefangen © Marvel

Schließlich nahm die russische Regierung auch Mutanten auf und das People’s Protectorate vereinigte sich mit Siberforce zur Winter Guard. Das neue Team umfasste alle russischen „Held*innen“ und erhielt sogar zwei gute Miniserien, 2010 und 2021. Die Winter Guard ist einerseits ein Heldenteam, das Russland vor Aliens, Monstern und Terrorist*innen beschützt. Gleichzeitig ist es aber auch eine Propagandamaschine für den russischen Staat, die Korruption und Verbrechen deckt. Superheld*innen sind nur noch vom Staat kontrollierte Rollen und es steht jederzeit Ersatz bereit, um unkooperative Held*innen auszutauschen – die alten müssen sterben, damit sie keine Geheimnisse verraten können.

Natürlich sind die Teams immer noch stark von amerikanischen Klischees geprägt und einzelne Schurk*innen waren meist nur flache Bösewichte. Die Teams aber versuchen immerhin meist, in einem korrupten, skrupellosen System Gutes zu tun, ohne an dem Spagat zu zerbrechen, was besonders die Winter Guard-Comics bei Erscheinen gut darstellten. Nach dem Angriff auf die Ukraine hat sich die Haltung zu Russland aber wahrscheinlich bei Autor*innen wie Leser*innen verändert.

Abschließend

Den französischen Teams bleibt wenig, wenn man den Justice League-Retro-Witz weglässt und die Schutz Heiliggruppe war eine Katastrophe von Anfang bis Ende. Bei den Reinfällen machte sich der Mangel an ausländischen Autor*innen wohl bemerkbar. Eine durchgängige Qualität und Authentizität wie bei den kanadischen und britischen Teams fehlt hier bei allem. Dafür gibt es aber teils unterhaltsame Genre-Klischees. So wurden die europäischen Teams nur angerissen, bieten aber, vielleicht deswegen, noch viel Potential. Die russischen Teams bieten einen interessanten Blick darauf, wie Russland in Amerika wahrgenommen wurde: offener Feind, potenzieller Freund, gefährlicher Nachbar …

Im dritten Teil dieser kleinen Reihe geht es dann um Asien: China, Japan, Korea und die Philippinen warten auf euch.

 

Artikelbilder: © Marvel Entertainment, LLC
Titelbild: depositphotos | -strizh-, © Marvel Entertainment, LLC

Layout und Satz: Roger Lewin
Lektorat: Denise Hollas
Fotografien/Scans: Paul Menkel

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