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Marvels erste große Erfolge waren die Fantastic Four, Hulk und Spider-Man. Dass diese Reihen seit fast 60 Jahren Erfolge feiern, ist beeindruckend. Nun besprechen wir die neusten Comics. Die F4 und die X-Men geraten aneinander, Miles Morales trifft auf sein alternatives Ich und Hulk wird zum neuen Galactus.

Seit 1961 haben sich Marvel-Comics immer weiterentwickelt. Sue Storm und Reed Richards heirateten und ihr Sohn Franklin Richards kam auf die Welt, Hulk starb einige Male und kehrte ins Leben zurück und Spider-Man wurde ersetzt – zumindest in einem anderen Universum. Franklin Richards ist inzwischen ein Teenager und der mächtigste Mutant der Welt, doch seine Kräfte schwinden. Die Fantastic Four und die X-Men geraten in einen Konflikt darum, ob er nach Krakoa ziehen solle, der neuen Heimat aller Mutanten. Aber Doctor Doom hat ganz andere Pläne. Derweil ist der Hulk kurz vor dem finalen Konflikt mit Shadow Base, einer militärischen Organisation, die Jagd auf ihn macht. Doch welche seiner vielen Persönlichkeiten hat gerade die Kontrolle? Und was hat das alles mit dem Ende der Welt zu tun? Ein ganz anderes Treffen der Welten findet bei Miles Morales statt, der ursprünglich aus dem ultimativen Universum stammt. Der Miles des Hauptuniversums hat derweil eine Verbrecherorganisation aufgebaut und es sieht so aus, als ob bald die beiden Miles aufeinandertreffen werden. Haben sich Miles’ Onkel Aaron und der Green Goblin aus dem ultimativen Universum mit dem bösen Miles verbündet?

Bruce Banner: Hulk #5 – Weltenzerstörer

Joe Fixit ist eine durchtriebene Persona von Bruce Banner, und diese Persönlichkeit hat nun auch tagsüber regelmäßig die Kontrolle. Zusammen mit seinen Verbündeten Doc Samson, Betty Ross und dem wiedergeborenen Rick Jones macht er Jagd auf Shadow Base, die gleichzeitig Jagd auf ihn macht. Unter der Führung von General Fortean sind sie bereit, eine Grenze zu überschreiten, die nicht überschritten werden sollte.

Das erste Kapitel wird aus der Perspektive von General Fortean erzählt und macht Leser*innen mit dessen Gedankenwelt vertraut. Dabei wird er selbst zum Monster, so dass danach der Konflikt seinen Höhepunkt findet. 

Das letzte Kapitel des Comics macht einen Sprung bis zum Ende des Universums, bei dem Hulk dasselbe Schicksal ereilt wie Galan (Galactus) vor ihm: Als letzter Überlebender der alten Welt wird er zum Weltenzerstörer einer neuen Welt. Und wenn Hulk erst einmal loslegt, gibt es kein Halten mehr.

Al Ewings kongeniale Hulk-Saga hat mit diesem Band seinen Mittelpunkt erreicht. Ausgelegt ist sie auf genau fünfzig US-Hefte, so dass wir noch mit fünf weiteren übersetzten Paperbacks rechnen können. Begann die Reihe als gruselige Monsterkampfreihe, hat sie inzwischen immer mehr mythologischen Überbau bekommen. Der Sprung an das Ende der Welt wirkt da fast wie der letzte logische Schritt. Noch passen die Puzzlestücke alle nicht zusammen, aber es fällt trotzdem schwer, sich dieser Faszination zu entziehen.

Viel Action und ein verwirrendes Ende

Das letzte Kapitel ist auch das am schwersten zu konsumierende. Anders als ähnliche Comics mit Silver Surfer fehlt hier der philosophische Unterbau, und das Leben von sehr fremdartigen Lebensformen ist zumindest mir ziemlich egal gewesen. Der Weg dorthin ist aber ein erneuter Höllenritt, im wahrsten Sinne des Wortes: Es kommt zum ultimativen Aufeinandertreffen von Hulk und General Fortean. Dabei müssen auch Hulks Begleiter um ihr Leben bannen. Und es stellt sich die Frage, wie weit die Kontrahenten zu gehen bereit sind.

Für die Illustrationen ist weiterhin hauptsächlich Joe Bennett verantwortlich, der ekelig-schaurige Bilder nutzt, welche die Handlung wunderbar unterstützen. Für das Kapitel aus der Sicht von General Fortean und das Kapitel am Ende der Zeit wurden zwei Gastzeichner engagiert, die sich jeweils stark vom anderen Stil unterscheiden. Gerade das letzte Kapitel profitiert eindeutig davon. Dieses wirkt dadurch viel fremdartiger und fast surreal.

Wir sind sehr gespannt, wie es mit dieser Reihe weitergeht. Für uns ist es die aktuell beste fortlaufende Marvel-Reihe und ein Comic, über den man vermutlich auch in Jahren noch sprechen wird. Es wird zum Kampf um die Seele des Hulk. Trotz des etwas schwächeren letzten Kapitels hat der Comic danach schon so viel Feuer gegeben, dass das die Topwertung nicht mehr verderben kann. Wer die Reihe noch nicht liest, sollte schleunigst damit anfangen.

Die harten Fakten

  • Autoren: Al Ewing
  • Zeichner: German Garcia, Joe Bennett, Ryan Bodenheim
  • Seitenanzahl: 148
  • Preis: 18 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Panini-Comics, Amazon, idealo

 

Miles Morales: Spider-Man #3 – Familienprobleme

Miles schreibt weiterhin Tagebuch, womit er in einen Konflikt mit seinem Onkel Aaron alias Prowler gerät. Dabei wollte sich Miles eigentlich um den neuen Gangsterboss Ultimatum kümmern. Was er nicht weiß, ist, dass es sich hier um den eigentlichen Miles Morales dieses Universums handelt. Seit den Secret Wars sind die Universen vereint und es gibt nun zwei Miles. Mehr dazu konnte man bereits in Spider-Men II

Es ist schön, dass sich die Miles Morales-Comics wieder darauf besinnen, dass seine Origin mit dem Tod von Peter Parker im ultimativen Universum zusammenhängt. Das macht die Handlung weniger zugänglich für Neuleser, doch auch diese werden behutsam herangeführt. Dazu ist dies das besondere Extra, das den Comic von anderen Genrevertretern abhebt. Auch wenn es letztendlich nur auf eine Art bösen Zwilling hinausläuft.

Die titelgebenden Familienprobleme sind weniger stark thematisiert, als der Band den Anschein erwecken möchte. Letztendlich werden die Konflikte in diesem Band zu schnell gelöst, um wirklich Spannung aufzubauen. Auch ein Showdown mit Ultimatum lässt noch auf sich warten. Bis dahin erlebt man aber unterhaltsame Abenteuer mit einem durchwegs sympathischen Helden.

Viel ungenutztes Potenzial

Dass Miles Morales das Potenzial hat, Peter Parker abzulösen, hat man schon oft erlebt. Er setzt sich entscheidend genug von ihm ab und man erlebt dennoch ähnliche Abenteuer. Ein junger Held, der wirklich noch zur Schule geht und neben den Problemen den Superheld*innendaseins auch mit denen eines Heranwachsenden zu kämpfen hat. Die Nebenfiguren kommen fast alle ein wenig zu kurz, auch wenn sowohl sein Kumpel Ganke als auch der Vizedirektor ihren großen Auftritt haben. Miles bleibt die einzige Figur mit Charakterentwicklung.

Der Hauptfokus wird aber auf die Action gelegt, die in den Illustrationen gut dargestellt ist. Hier wird jedoch nicht besonders kreativ mit dem Medium gespielt. Wir bewegen uns auf dem durchschnittlichen Marvel-Niveau, das weder zu viel noch zu wenig macht. Leser*innen werden nicht überfordert. Wir würden uns noch wünschen, etwas mehr gefordert zu sein. Dazu fehlt es uns an ernstzunehmenden Konflikten, die nicht innerhalb von einem Kapitel gelöst werden.

Das ist viel Kritik, die aber nicht schmälern soll, dass der Comic dennoch viel Spaß macht. Man fiebert mit und lacht über die vielen kleinen Details. Die Welt wirkt lebendig und in sich stimmig. Der Comic macht keine Fehler, außer dass er in dem Augenblick einknickt, in dem er anecken könnte. So bleibt ein gut unterhaltender Wohlfühlcomic, der damit sicher auch das ist, was der eine oder die andere sucht, um einfach einmal in eine Welt abzutauchen, in der Probleme eben auch gelöst werden.

Die harten Fakten

  • Autoren: Saladin Ahmed
  • Zeichner: Alitha Martinez, Javier Garron, Zé Roberto
  • Seitenanzahl: 116
  • Preis: 14 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Panini-Comics, Amazon, idealo

 

X-Men/Fantastic Four – Das verlorene Kind

Nahezu alle Mutanten leben auf Krakoa. Alle Mutanten? Nein, Franklin Richards, der wahrscheinlich mächtigste Mutant von allen, bleibt weiterhin bei seiner Familie. Doch er hat ein Problem: Seine Kräfte scheinen zu schwinden. Sein Vater, Reed Richards, einer der hellsten Köpfe der Welt, versucht dieses Problem zu lösen. Doch Franklin hat inzwischen genug davon, dass sein Vater jedes Problem lösen kann, nur seines nicht. Er erkennt, dass seine Eltern ihn am liebsten für immer als Kind sehen wollen, und er vermutet, dass das Problem deshalb nicht gelöst wird.

Zu diesem Zeitpunkt tauchen die X-Men auf und wollen helfen. Doch Kommunikation ist seit einiger Zeit nicht mehr die Hauptkompetenz der Mutanten. So hat Sue genug und es kommt zum offenen Schlagabtausch, der damit endet, dass Franklin mit seiner Schwester Valeria Reißaus nimmt. 

Doch dann taucht Doctor Doom auf, der sich sicher ist, dass er als einziger das Problem lösen kann. Aber was ist sein wirklicher Plan?

Dieser Band hat mit dem Problem zu kämpfen, dass alle Konflikte unnatürlich aufgebauscht wirken. Warum müssen Helden gleich mit voller Gewalt gegen andere Helden vorgehen? Hier hätte man viel mehr aus der Problemstellung herausholen können. Die Skepsis der neuen Mutantennation gegenüber kommt zwar zur Sprache, aber geht nicht in die Tiefe. Alles wirkt nur wie ein Aufhänger, um zu sehen, wie Johnny Storm gegen Iceman kämpft. Diese künstlichen Konflikte hatten wir in den letzten Jahren einfach ein wenig zu oft.

Doctor Doom ist ja so böse

Doctor Doom stellt sich recht schnell als der eigentliche Antagonist der Handlung dar. Doch die Helden erkennen es natürlich erst viel zu spät. Seine Handlungsmotivation passt zwar, doch es wäre interessanter gewesen, wenn man als Leser*in genau wie die Helden erst in die Irre geführt worden wäre. Spannung will sich trotz des Wissens über seine sinisteren Pläne nicht einstellen. Dazu ist die Fallhöhe zu gering.

Der Comic ist schnell gelesen und dabei auch streckenweise ganz unterhaltsam. Er wirkt wie eine gute alte Geschichte, bei der ein böser machthungriger Schurke ausgeschaltet werden muss, die Helden aber erst zusammenfinden müssen, um ihr Ziel zu erreichen. Das wäre ganz interessant, wenn man dergleichen nicht schon hunderte Male gelesen oder anderweitig konsumiert hätte. Dazu löst sich der zentrale Konflikt um Franklins Zugehörigkeit sehr unspektakulär auf. Für dieses Fazit hätte es den Comic nicht gebraucht.

Die Fantastic Four haben es seit ihrem Neustart leider nicht geschafft, uns im Geringsten zu überzeugen. Sie sind die Protagonisten dieses Bandes, die X-Men sind nur Nebenfiguren. Moderne Comics mit Marvels erster Familie bleiben stets ganz nett, aber im Gegensatz zu beispielsweise dem oben besprochenen Miles Morales passiert nicht wirklich etwas Originelles. Kein besonderer Humor, keine besonderer Spannungsaufbau und keine interessanten Wendungen. Einzig die Skepsis den Mutanten gegenüber und Reeds Kontrollzwang machen die Handlung interessant. Beide rücken aber schnell in den Hintergrund, wenn es um die Kämpfe gegeneinander oder gegen Doctor Doom geht.

Der Comic ist recht behäbig, nicht wirklich schlecht, doch er sticht in keiner Hinsicht aus der großen Masse heraus. Die Handlung bleibt flach. Niemand wird bereuen, diesen Comic gelesen zu haben, doch es gibt wesentlich besseres auf dem Markt. Einzig eingefleischte Fantastic Four-Fans sollten hier zuschlagen, vor allem, wenn ihnen die Figur Franklin am Herzen liegt. Alle anderen können einen Fantastic Four-Klassiker zur Hand nehmen und werde dabei voraussichtlich besser unterhalten.

Die harten Fakten

  • Autoren: Chip Zdarsky
  • Zeichner: Terry Dodson
  • Seitenanzahl: 116
  • Preis: 14 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Panini-Comics, Amazon, idealo

 

Fazit des Monats

Abseits von Empyre hat dieser Monat noch einiges Lesenswertes zu bieten. Hulk bleibt unangefochten an der Spitze, während die Fantastic Four weiterhin schwächeln. Da helfen auch die X-Men als Unterstützung nicht. Miles Morales fehlt noch ein wenig Pfeffer für das große Finale, die Reihe bleibt aber durchgehend unterhaltsam und ist eine kleine Empfehlung wert. So oder so gibt es gute Gründe, ein paar Comics für die Zeit zwischen den Jahren zu bestellen.


Artikelbilder: © Panini Comics

Layout und Satz: Melanie Maria Mazur
Lektorat: Simon Burandt
Diese Produkte wurden kostenlos zur Verfügung gestellt.

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