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Mit Gewinnspiel: Junker Konrad Vonvalt reist in Im Namen des Wolfes im Reich Sova umher. Sein Auftrag: Recht und Gesetz zu üben. Als er einen mysteriösen Kriminalfall in einem kleinen Ort untersucht, brechen Unruhen aus der Hauptstadt über ihn herein. Kann Vonvalt seine Linie im Angesicht des Chaos beibehalten?

Im Namen des Wolfes entführt die Lesenden in ein klassisches High-Fantasy-Setting, wo sie den Richter Vonvalt, die Schreiberin Helena und den Vollstrecker Bressinger durch unruhige Zeiten begleiten.

Direkt dem Kaiser unterstellt und damit mit umfassenden Befugnissen ausgestattet, reist das Trio unter Führung des Richters Vonvalt durch das Reich Sova, um Recht und Gesetz auch in entlegenen Gegenden durchzusetzen. In Galetal stoßen sie auf ein Rätsel: Eine Adlige, die Lesende unter dem Namen Freie Bauer kennenlernen, wurde offenbar Opfer eines Gewaltverbrechens. Nach einer anfänglichen Anschuldigung verstrickt sich ihr Ehemann in Widersprüche. Vonvalt und seine Gehilf*innen brauchen ihr gesamtes Repertoire, das auch Magie beinhaltet, um hinter die Mauern des Schweigens zu kommen.

Gleichzeitig mehren sich die Zeichen, dass dem Reich schwierige Zeiten bevorstehen: Immer wieder erhält der Richter Hinweise, dass verschiedene Seiten versuchen, die Ordnung des großen Reiches, das Einheit zwischen den Völkern herstellen möchte, zu destabilisieren, das verschiedene Bevölkerungsgruppen zu einen versucht. Da sich der Junker Vonvalt in Im Namen des Wolfes jedoch weit weg von der Hauptstadt befindet, fällt es ihm schwer, das Risiko, das sich daraus ergibt, korrekt einzuschätzen. Zudem engen eigene persönliche Befindlichkeiten aller drei mitunter den Blick ein und schließlich gibt es ja noch einen Kriminalfall zu lösen.

Triggerwarnungen

Gewalt, Tod, Gewalt gegen Frauen, Androhung von Vergewaltigung, Mord, Enge Räume, Verstümmelung, Gefangenschaft

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Ermittlungen und Rechtsprechung aus einer Hand

Die Handlung von Im Namen des Wolfes besticht durch Spannung sowohl in einem Mikro- als auch in einem Makrokosmos. Letzterer bildet das komplette Reich Sova ab, dessen Frieden von verschiedenen Gruppen bedroht wird. In ihrer Gesamtheit ist die Bevölkerung des Reiches heterogen, es gibt verschiedene Gebiete, die bezeichnend für die unterschiedlichen Herkünfte der Menschen in Sova sind. Angelehnt, sowohl in Geografie als auch in der Bevölkerungsstruktur, scheint das Reich Sova dem Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation.

Ein Hauptteil der Geschehnisse des ersten Bandes von Die Chroniken von Sova findet im Dorf Galetal statt, in einem klassisch europäisch-mittelalterlichen Fantasy-Setting.  Es gibt einen Adel, Handelsleute, Stadtwache und klare Rangordnungen. Hier kommen der Richter und seine Gehilf*innen in einem Gasthaus unter und machen sich mit der Unterstützung des vor Ort zuständigen Junkers Radomir mit den anfangs im Nebel liegenden Beziehungen der Bewohner*innen vertraut.

Doch dem Richter steht ein Hilfsmittel zur Verfügung, dessen Nutzung ausschließlich seinem Berufsstand vorbehalten ist: Magie. Unter anderem mithilfe der sogenannten Kaiserstimme kann er somit an Informationen gelangen, die anderen wohl verborgen blieben. Weitere Anwendungsgebiete der Magie beherrscht er ebenfalls, geht damit jedoch sehr dosiert um, da er seine dahingehende Macht sehr gut einschätzen kann. Generell ist Junker Vonvalt ein prinzipientreuer Mensch, der geradlinig seine Tätigkeiten umsetzt und nur wenige Emotionen zeigt.

Ganz anders sind seine Schreiberin Helena und sein Vollstrecker Bressinger gestrickt: Obwohl charakterlich völlig unterschiedlich, zeigen beide ihre Gefühlslagen in Worten und Taten. Von Bressinger erfahren die Lesenden am wenigsten. Er scheint loyal und hat wohl eine sehr bewegte Vergangenheit, die ihre Schatten in seine Gegenwart wirft. Helena dagegen lernt man, dadurch, dass sie die Geschichte erzählt, am besten kennen. Man erfährt von ihrer Vergangenheit auf der Straße, was ihr Hadern mit ihrer Rolle in dieser hohen Stellung plausibel und sie nahbar macht. Nicht perfekt und fehlbar macht es Spaß, die Geschehnisse, die im Laufe des Buches immer weitere Kreise ziehen, durch ihre Augen zu betrachten.

Das Besondere an diesem Buch ist der Fokus auf die Richter*innentätigkeit. Zugleich als Ermittler*innen und Rechtsprecher*innen unterwegs, begeben sie sich in alle Regionen des großen Reichs und sichern so dessen Macht und Gesetze. Dieser innovative Ansatz unterscheidet Im Namen des Wolfes von anderen phantastischen Romanen.

Während sich im Laufe der Ermittlungen die Nebel in Galetal langsam lichten, kommt eine neue undurchsichtige Bedrohung auf den Richter und seine Vertrauten zu. Wahrscheinlich braucht es mehr als Magie, um dieser großen Herausforderung zu begegnen.

Durch die Augen einer Frau

Wie bereits erwähnt, wird die Geschichte aus der Perspektive der Schreiberin Helena erzählt. Auf diese Weise lernen wir Vonvalt von einem interessanten Blickwinkel kennen, da die Objektivität fehlt und dafür der Fokus auf das persönliche Erleben im Alltag gesetzt wird. Dadurch, dass offenkundig ein Rückblick auf die Geschehnisse stattfindet, gelingt es Richard Swan, im Blick auf den Protagonisten Vonvalt das richtige Maß zwischen Immersion und Distanz zu finden. Auch Helena lernen wir auf sehr angemessene Weise kennen und ihre inneren Konflikte, die aus der Ferne betrachtet werden, machen das Buch sehr interessant.

Kommen wir nun zum großen Manko von Im Namen des Wolfes, das es schwierig macht, es weiterzuempfehlen: Es ist eine äußerst patriarchale Gesellschaft und Frauen kommen so gut wie nie vor. Insgesamt erfahren die Lesenden von circa fünf Frauen. Der Mord an einer von ihnen ist der Grund, weswegen Richter Vonvalt und seine Gehilf*innen in Galetal bleiben. Ihnen gegenüber stehen viele Männer, die von Rittertum über Kirche bis hin zur Stadtwache viele Positionen bekleiden. Lediglich eine Richterin und Helena als Schreiberin sind neben den Huren Frauen, die erwähnenswert scheinen. Und gerade dadurch, dass diese zwei Frauen herausgehobene Positionen haben, fehlen die Frauen im täglichen Leben vollends. Die Frage, warum gerade diese zwei in privilegierten Stellungen zu finden sind, bleibt leider unbeantwortet. Die Funktion von Helena als Erzählerin scheint in diesem Kontext als der Versuch, diesen Umstand auszugleichen.

Neben diesen unsichtbaren Frauen, denn es muss sie ja geben, da ansonsten alle aussterben würden, ist der Faktor Vergewaltigung als Kriegsmittel erwähnenswert. Obwohl im echten Leben vielfach belegt, ist hier Helena die Einzige, die dieses Verbrechen fürchten muss. Wiederholt wird in protektiven Äußerungen ihrer männlichen Begleiter auf diesen Umstand hingewiesen. Da dieses Schicksal nicht Männern droht, nicht einmal ein Gedanke daran vorkommt, liegt der Schluss nahe, dass Heterosexualität die einzige Form der Sexualität ist, die in dieser Welt existiert und es selbst als Kriegsmittel undenkbar ist, dass Männer vergewaltigt werden.

Der Autor

Richard Swan lebt als im Norden Englands geborener Brite aktuell in Sydney, Australien. Der studierte Rechtswissenschaftler und jahrelang als Anwalt für Handelsstreitigkeiten tätige Swan widmet sich dem Schreiben. Seine Kenntnisse im Bereich des Handelsrechts fanden ihren interessanten Einschlag in Im Namen des Wolfes.

Nähere Informationen über Richard Swan sowie ein Ausblick auf die Folgebände, können der Homepage des Autoren entnommen werden. Die deutsche Übersetzung des zweiten Teils der Chroniken von Sova, Im Netz des Dämons, wird Ende Juli in diesem Jahr ebenfalls bei Piper erscheinen.

Erscheinungsbild

Das in dunklen Tönen gehaltene Cover macht neugierig, zeigt es doch einen großen Thron und einen imposanten Mann, der auf diesem sitzt. Leider hat dieses Cover wenig mit dem Inhalt zu tun, denn auch wenn Richter Junker Vonvalt als respekteinflößend beschrieben wird, kommt während der gesamten Handlung von Im Namen des Wolfes kein Thron oder König*in vor. Einziger Hinweis auf das Wirken Vonvalts bildet die Waage, die an einem Schwert hängt. Allerdings wird durch den Gesamteindruck deutlich, dass die Lesenden ein klassisches phantastisches Setting zu erwarten haben.

Zur Orientierung ist dem Roman eine Karte vorangestellt, die sich gut eignet, um zum einen die Reisewege des Trios verfolgen und zum anderen die Größe des Reiches Sova nachvollziehen zu können. 

Die harten Fakten:

  • Verlag: Piper
  • Autor*in: Richard Swan
  • Erscheinungsdatum: 23.02.2023
  • Sprache: Deutsch (Aus dem Englischen übersetzt von Simon Weinert)
  • Format: Klappenbroschur
  • Seitenanzahl: 528
  • ISBN: 978-3-492-70661-2
  • Preis: 18 EUR (Print) + 14,99 (E-Book)
  • Bezugsquelle Fachhandel, Amazon (deutsch und englisch), idealo

 

Wir verlosen ein Exemplar von In Namen des Wolfes

Mit freundlicher Unterstützung des Verlages verlosen wir ein Exemplar von In Namen des Wolfes. Wenn ihr Lust habt, euch in das Reich Sova zu begeben und die spannende Auflösung des Falles in Galetal zu begleiten, schreibt einfach eine Mail an kontakt@teilzeithelden.de . Das Gewinnspiel läuft bis zum 23.07.2023. Das Los entscheidet, es gelten unsere Teilnahmebedingungen. Wir wünschen viel Glück!

Ein solider Roman mit innovativen Ansätzen

Im Namen des Wolfes erzählt den ersten Teil der Geschichte des Richters Konrad Vonvalt, der gemeinsam mit seiner Schreiberin, der Ich-Erzählerin Helena Sedanka, und seinem Vollstrecker Dubine Bressinger durch das große Reich Sova reist. Als Ermittler und Rechtsprecher in Personalunion begibt er sich in den Ort Galetal, um den Mord an einer Adligen aufzuklären. Gemeinsam kommen sie dabei Verschwörungen auf die Spur, sowohl im Kleinen als auch im Großen.

Spannend sind der tatsächliche Kriminalfall und das Vorgehen des Richters, diesen zu lösen. Die Auflösung, und der Weg dahin, bieten einige Überraschungen. Die Fähigkeit, Magie einzusetzen, setzt Vonvalt nach bestem Wissen und Gewissen ein, da er um die Auswirkung ihres Einsatzes weiß.

Der innovative Fokus auf die Juristerei in dieser High-Fantasy-Welt und die Wahl, die Geschichte aus Helenas Sicht zu schreiben, heben diesen Roman von anderen ab. Auch die Protagonist*innen überzeugen in ihrem Denken und Handeln. Leider ist der Weltenbau ansonsten sehr gewöhnlich und auch Geschlechtergerechtigkeit scheint es in dieser Welt nicht zu geben.

Alles in allem legt Richard Swan mit Im Namen des Wolfes. Die Chroniken von Sova 1 einen gut unterhaltenden, soliden phantastischen Roman vor, der trotz einiger Schwächen ein gutes Maß an Spannung bietet.

  • Spannender Kriminalfall
  • Fokus auf das Richter*innenamt
  • Interessantes Magiekonzept

 

  • Weltenbau wenig innovativ
  • Fragwürdiges Frauenbild

 

Artikelbilder : © Piper
Layout und Satz: Milanko Doroski
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.
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1 Kommentar

  1. ´Danke für diese erhellende und interessante Rezension.
    Spontan möchte ich Anmerken: da es sich um einen Mehrteiler – man ist geneigt zu sagen „Bitte nicht wieder ein unendlicher Zyklus, der sich lange vor Zyklusende schon auserzählt hat“ – besteh doch die Hoffnung, das die „Frauenfrage(n)“ noch geklärt werden. Und damit nicht nur die Welt in sich stimmiger machen, sondern auch mögliche Plotaufhänger bieten; wer weiß.

    Das man insbesondere gegenüber Frauen Angst vor deren Vergewaltigung hat, mag althergebracht erscheinen; ist doch aber auch logisch: sie sind es, die daraus Kinder empfangen; ein Problem, das Männer nunmal im Allgemeinen nicht haben.
    Als nochmaliger „Wer weiß …“ gibt es für die mangelnde Sorge vor männlichen Opfern vielleicht auch aus der Welt heraus stimmige Gründe?
    Die wiederum ganz anders aufgeklärt werden könnten, als wir es auf den ersten Blick erwarten.

    Das ist doch genau die hohe Kunst guter, spannungsvoller Unterhaltung: das Unerwartete finden, mit dem man die Leser überrascht (warum sonst müssen wir auf die letzten Töne im Lied von Eis und Feuer wohl warten) und das trotzdem zur Handlung, dem „Worldbuilding“ und zu den Charakteren paßt.

    Ich hoffe, wir werden nicht enttäuscht; das wiederum ist immer schwerer, denn die Erwartungshaltungen aller wachsen stetig.

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