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Endlich dürfen die Kinder auch mit den hübschen Waldtieren spielen. My lil‘ Everdell vereinfacht das Spielprinzip des Erfolgstitels und legt dabei noch eine Schippe Niedlichkeitsfaktor oben drauf. Lasst uns aus Harz und Holz Baumhäuser bauen! Wie gut das funktioniert, lest ihr bei uns.

Der Spielaufbau für vier Personen.

Bei My lil‘ Everdell sammeln wir mit Mäusen und anderen Waldbewohnern Zweige und Beeren, um damit Gebäude zu bauen und andere Tiere anzusiedeln. Das war bereits das Erfolgsrezept des originalen Everdell von 2018, das mit mittlerweile fünf großen Erweiterungen in vielen Brettspielsammlungen Einzug gehalten hat. Aber so niedlich das Spiel, die tierischen Meeple und vor allem die Bilder von Andrew Bosley daherkommen – das Spiel besitzt doch eine gewisse Komplexität.

Ähnlich wie bei anderen Erfolgstiteln wie Catan, Andor oder auch Scythe beschert uns Pegasus Spiele mit My lil‘ Everdell eine Junior-Variante, die bereits für Kinder ab sechs Jahren ausgelegt ist. Alles wird also etwas einfacher, noch niedlicher und mindestens genauso hübsch. Schafft es das Spiel, für Kinder und Erwachsene gleichermaßen interessant zu sein?

Triggerwarnungen

Keine Trigger

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Spielablauf

Wie im Mutterspiel sammeln wir mit unseren Tierfiguren Ressourcen und geben diese für Gebäude- und Wesen-Karten aus. Die Karten geben allesamt Siegpunkte, manche noch Extrapunkte am Spielende, Einmal-Effekte oder neue Aktionsfelder für unsere fleißigen Tiere. Bestimmte Sets an Symbolen auf den Karten bringen uns zusätzliche Siegpunkte. Anders als im Vorgänger entscheiden wir uns nicht jede Runde zwischen dem Einsatz eines unserer Tiere und dem Kaufen einer Karte, sondern dürfen direkt beides – wenn wir es bezahlen können.

Ein Spiel geht über vier Runden, in denen jeweils zunächst die Ressourcenwürfel geworfen und auf bestimmte Aktionsfelder verteilt werden. Hiernach werden die grünen Produktionskarten aktiviert. Danach führen alle reihum ihre Aktionen aus, so lange, bis alle drei Mal an der Reihe waren. Alle haben also jeweils insgesamt zwölf Züge in einem Spiel.

In einer Aktion setzen wir eins unserer Tiere auf ein Aktionsfeld, um Ressourcen zu generieren. Wenn wir möchten (und es bezahlen können), dürfen wir dann noch eine Karte aus der Auslage bauen. Holz und Harz werden dabei für den Gebäudebau benötigt; mit Beeren können wir Wesen für uns gewinnen. Die Felder unter den vier Würfeln bieten jeweils nur Platz für ein Tier, bringen dafür mehr Ressourcen. Wenn alle vier belegt sind, können wir uns auf der anderen Flussseite für jeden Tier-Einsatz einfach eine einzelne Ressource holen.

Gebäude und Wesen mit fünf verschiedenen Symbolen.
Gebäude und Wesen mit fünf verschiedenen Symbolen.

Die Karten gewähren jeweils Siegpunkte für die Endwertung und sind fünf verschiedenen Typen zugeordnet:

  • Grüne Produktions-Karten bringen direkt beim Ausspielen Ressourcen (oder Siegpunkte) und dann jeweils am Anfang der noch ausstehenden Runden.
  • Blaue Verwaltungs-Karten vergünstigen oder verstärken andere Aktionen.
  • Braune Bewegungs-Karten bringen starke Effekte, die nur ein einziges Mal sofort ausgeführt werden.
  • Rote Ziel-Karten bringen neue Aktionsfelder, auf die nur wir künftig eins unserer Tiere platzieren dürfen.
  • Lilafarbene Wohlstands-Karten gewähren Bonus-Siegpunkte für bestimmte Konditionen am Spielende.

Zusätzlich gibt es noch Paraden-Marker, die wir für das Sammeln von gleichen oder unterschiedlichen Symbolen sowie Bauwerken und Wesen erhalten. Diese funktionieren alle nach dem gleichen Prinzip: Wer beispielsweise zuerst fünf Gebäudekarten ausliegen hat, erhält sechs Siegpunkte – jede weitere Person dann jeweils einen weniger.

Wer am schnellsten ist, erhält für Paraden (Ziele) mehr Punkte.

Am Ende bringen je zwei Ressourcen noch einen Punkt, alle Paraden-Marker, eigene Karten, sowie die Boni der Wohlstands-Karten. Wer inklusive der aktiv im Spiel verdienten Punkte dann die meisten hat, gewinnt natürlich.

Kinderfreundlichkeit

Anders als beim großen Everdell, das Pegasus Spiele auch bereits ab zehn empfiehlt, liegt die Altersvorgabe von My lil‘ Everdell ab acht jetzt nicht allzu weit darunter. Die Komplexität fällt jedoch deutlich geringer aus, die Synergien sind klarer und schneller begreiflich und allzu ausgetüftelte Zugketten können nicht gebildet werden. In der großen Version hatten wir mal ein Spiel, bei dem sich eine Person immer noch im Frühling befand, als eine andere gerade den Herbst einläutete.

Um das Spiel für Jüngere, die noch nicht so viel Spielerfahrung mitbringen, noch etwas mehr auszugleichen, gibt es Startvorteile, die einzeln oder alle zusammen gewährt werden können. Für den einfachen Start-Bonus wird empfohlen, ein Ressourcen-Set vorab auszugeben. Es gibt aber auch noch Hauptmann- bzw. Festungskarten. Diese zählen zu den grünen Produktions-Karten und bringen dann sofort ab Anfang der ersten Runde eine beliebige Ressource oder einen Siegpunkt.

Startvorteile für die Jüngsten.

Solo-Variante

Im Solo-Modus treten wir gegen Prinz Pumpernickel oder Prinzessin Immergrün an. Die beiden sammeln keine Ressourcen. Für sie wird in jeder Runde der achtseitige Würfel geworfen und die entsprechende Karte aus der Auslage direkt gebaut. Es gibt nur die Paraden-Marker mit sechs und drei Siegpunkten. Zudem sind nur zwei statt vier Ressourcenwürfel im Spiel. Der Prinz nimmt sich auch direkt noch freie Würfel, die Prinzessin reduziert die Auslage.

Prinzessin Immergrün also Solo-Gegnerin verkleinert die Auslage.

Ausstattung

Die Illustrationen der bunten Waldszenen von Andrew Bosley werden nur noch zuckersüßer, wenn sie spielende und verkleidete Tierkinder zeigen. Die Tierfiguren aus Holz wie auch die Ressourcen haben die gewohnte Qualität und bringen Freude, vor allem die magentafarbenen Gummi-Beeren. Die Vorratskisten sind hübsch und stabil. Allerdings fragen wir uns, warum eine vierte dabei ist. Die reicht nicht einmal aus, um alle einfachen Siegpunktemarker zu fassen. Irgendwie nett gedacht, den Stanzbogen mit auszunutzen, aber dann auch fast eher irritierend und überflüssig, da es leider nicht wirklich funktional ist.

Die Kiste quillt über. Wohin mit all den Münzen?

Ebenfalls etwas kurzgedacht sind die sogenannten Heimatorte. Es ist schön, einen Ablageort für die eigenen Tierfiguren und Ressourcen zu haben. Aber warum wurden hier keine Baumhäuser und Schatzkisten oder dergleichen konkret abgebildet, sondern stattdessen einfach ein Panorama in vier Pappleisten geschnitten? Auch die zusätzlichen Papp-Ressourcen kamen bei uns nie zum Einsatz, aber es ist natürlich denkbar, dass hier jemand sehr viel hortet und niemals baut. Alles in allem mindert das den Spielspaß und die Freude am restlichen hübschen Spielmaterial jedoch keineswegs.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Starling Games, Pegasus Spiele
  • Autor*in(nen): James A. Wilson, Clarissa A. Wilson
  • Erscheinungsjahr: 2022
  • Sprache: Deutsch
  • Spieldauer: 30-60
  • Spieler*innen-Anzahl: 1 2 3 4
  • Alter: 8+
  • Preis: ca. 30 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Amazon, idealo
Zusammen ein hübsches Panorama – aber als Ressourcen-Tableaus?

Bonus/Downloadcontent

Die Spielregeln können, wie üblich, bei Pegasus heruntergeladen werden.

Im Spiel sind auch noch vier Kinder- und zwei Kindergarten-Karten als Promos für das große Everdell enthalten.

Auf jeden Fall hübsch und Spaß macht es auch.

Fazit

Wo früher für jeden Erfolgstitel eine Würfel-Variante (neuerdings Roll-and-Write) herauskam, darf nun die Junior-Ausgabe nicht fehlen. Kein Wunder, haben doch viele Catan-Fans der ersten Stunde mittlerweile eigenen Spielenachwuchs herangezogen. Irgendwann ist der Obstgarten eben abgepflückt und es darf auch etwas Anspruchsvolleres auf den Tisch. Da bietet sich eine vereinfachte Variante von etablierten Spielprinzipien natürlich an. Nicht alle davon konnten jedoch so überzeugen, wie Mit Quacks und Co. nach Quedlinburg, das 2022 immerhin fürs Kinderspiel des Jahres nominiert war.

Wenn wir im Spieleurlaub das große Everdell aufgebaut haben, wollten die Kleinen immer schon mitspielen. Jetzt funktioniert das deutlich besser, noch etwas erleichtert durch die Ausgleichsoptionen bei Spielbeginn, die auch den Spaß für größere Kinder erhöhen können. Trotzdem bleibt eine gewisse Komplexität, die manche Sechsjährigen durchaus noch etwas überfordern kann. Insgesamt ein gutes Gateway Game, das durchaus auch unseren Wenig-Spielenden Spaß bereitet hat. Auch wenn ich selbst dann doch das Bedürfnis hatte, lieber zum Original zu greifen. Das jedoch liegt mit allen Erweiterungen und mittlerweile 23 Tierfraktionen sowie Holzbaum in der handlichen Complete Collection im Schrank und staubt zu.

Schon wirklich lil‘ im Vergleich zum vollständigen Vorgänger.

Nicht nur, da ich endlich mal wieder überhaupt etwas Zeit in der Welt von Everdell verbringen durfte, erhält My lil‘ Everdell vier von fünf super niedlichen Eichhörnchen.

 

  • Sooo flauschig!!
  • Guter Einstieg für Nachwuchs und Neuspieler*innen
  • Gute Umsetzung des Spielgefühls
 

  • Heimatorte und vierte Kiste irritieren mehr als sie hinzufügen

 

Artikelbilder: ©Pegasus Spiele
Layout und Satz: Verena Bach
Lektorat: Maximilian Düngen
Fotografien: Daniel Hoffmann
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