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Was tun, wenn der Alpha-Gamer an Analysis Paralysis leidet und dadurch für alle zu viel Downtime verursacht, oder wenn ein Kingmaker-Move dafür sorgt, dass ein Spieler rage-quitted – wenn auch nur in einem Filler Game? Nicht alles verstanden? Kein Problem, dafür gibt es unseren dritten Teil des Fachwortlexikons für Brettspielbegriffe.

Wir haben euch bereits in zwei langen Listen die wichtigsten gängigen Brettspielarten und -typen vorgesellt: Spielarten, -themen und –mechaniken (von 4x bis Engine Building) und Spielmechaniken (von Figurenbewegung bis Worker Placement). Was aber darüber hinaus noch fehlt, sind Begriffe zu Verhaltensweisen von Mitspielern und andere, die in Foren und Artikeln fallen, von denen aber nicht jeder weiß, was sie bedeuten. Also haben wir mal gesammelt, was uns wichtig erschien, insbesondere auch zu Herausforderungen und Problemen bei Spiel- oder Spielermechanismen, aber auch zu Material und allgemeinen Brettspielbegriffen.

Problematische Spielmechanismen

Alpha-Gaming

Ein Alpha-Gamer ist ein Mitspieler, der sich fast immer mit seiner Meinung oder seinem Plan durchsetzen will. Dieses Verhalten tritt vor allem bei kooperativen Spielen oder Spielen des Typs One vs. Many auf.

Vielleicht hat der Spieler tatsächlich sehr gute Ideen und die anderen akzeptieren das oder aber sie fühlen sich abgehängt und überlassen ihm lieber das Feld – oder der Spieler ist einfach nur am lautesten und dominant. Natürlich gibt es zurückhaltendere Spieler und situativ sicher auch bessere Ideen;  man sollte beim Spielen aber darauf achten, dass auch alle ihren Spaß haben.

Bei Dungeon Crawlern wie Gloomhaven oder Spielen wie Pandemic Legacy Season 2 ist es sehr wichtig, seine Spielzüge aufeinander abzustimmen, um eine Chance zu haben, gegen das Spiel zu gewinnen. Alle sollten bei jedem Spielzug ihre Ideen austauschen, Risiken abwägen und gemeinsam eine Entscheidung treffen. Meist steht in den Regeln bereits, dass am Ende jeder einzelne die letztendliche Entscheidung seines Charakters trifft. Insbesondere, wenn man Informationen besitzt, die die anderen nicht haben oder die nur schwer einsehbar sind, ist ein Spiel weniger anfällig für Alpha-Gaming.

Analysis Paralysis – Analyse Paralyse (AP)

Komplexe Spiele können bewirken, dass Spieler sehr lange über jeden einzelnen Zug nachdenken. Ein Problem wird das, wenn alle anderen dadurch sehr viel Downtime haben und sich langweilen. Zudem dauern Spiele vor allem dadurch relevant länger als auf der Schachtel angegeben.

Die häufigsten Gründe hierfür sind Spiele, bei denen man bei jedem Zug sehr viele verschiedene Optionen besitzt (wie bei Mage Knight oder Five Tribes) oder wenn man sehr weit im Voraus denken muss, um gewinnen zu können (oft bei sehr strategischen Zweispielerspielen wie Schach oder Onitama oder auch Engine Buildern wie Trickerion). Im Spieler selbst wirkt die Angst, sich suboptimal zu entscheiden und Fehler zu machen, die man später bereut.

Downtime

Inaktive Spielzeit, also die Zeit, die man zwischen seinen Zügen darauf wartet, dass die Mitspieler ihre eigenen Spielzüge beenden, bis man selbst wieder an der Reihe ist. Je mehr Aktionen jeder einzelne Spieler hat, je komplexer diese sind und natürlich je mehr Mitspieler bei einem Spiel dabei sind, umso länger ist diese Zeit. Auch die Analysis Paralysis kann diese stark verlängern.

Spiele, bei denen alle gleichzeitig spielen, reduzieren diese Zeit sehr stark, da man hier nur auf den jeweils langsamsten Spieler wartet. Neben kooperativen Spielen sind hier vor allem Drafting Games wie 7 Wonders und It’s a Wonderful World Spiele, die ohne viel Downtime auskommen.

Imbalanced

Variable Player Powers/variable Fähigkeiten erhöhen den Wiederspielwert eines Spieles ungemein, weil man so teilweise mit anderen Charakteren oder Rassen ganz andere Strategien ausprobieren kann, wie beispielsweise unterschiedliche Werte, Schwierigkeiten, Start-Ressourcen oder Ziele. Dadurch ist es aber sehr schwierig dafür zu sorgen, dass auch wirklich alle Startbedingungen komplett gleichwertig ausfallen und das Spiel komplett gebalanced ist. Gibt es Farben/Figuren/Konstellationen, mit denen es relevant wahrscheinlicher ist, das Spiel zu gewinnen (oder zu verlieren), spricht man davon, dass das Spiel imbalanced (unausgeglichen) ist. Den sehr hochwertigen und innovativen Spielen von Stonemeier Games wird das zum Beispiel vorgeworfen: Bei Scythe kann schwarz häufig viel schneller das Spiel beenden, aber rot hat dann trotzdem oft gewonnen. Wenn man weiß, wie die anderen Fraktionen funktionieren, kann und muss man entgegensteuern. Zwei Fraktions-Entwicklungstableau-Kombination werden daher sogar explizit nicht empfohlen, und für das 2019 erschienene Tapestry gab es einige Änderungen im Nachhinein, um zu starke Fähigkeiten zu entkräften.

Kingmaking/Kingmaker move

Wenn ein Spieler, der selbst keine Chance auf den Sieg mehr hat, meist in den letzten Spielzügen Entscheidungen treffen kann, die dem einen oder anderen Spieler zum Sieg verhelfen. Dabei kann es sich um konkret für einen anderen Spieler förderliche Spielzüge handeln oder auch um das Auslassen eines vielleicht punkteoptimierenden Zuges, der aber dann wiederum einen anderen Spieler zum Sieger oder König macht.

Leader-Bashing

Munchkin gibt es nun auch als Würfelbrettspiel für die Familie.

Wenn man in einem Spiel den Punkteführer angreift, damit dieser das Spiel nicht zu gewinnen droht, also ein Ausgleichsmechanismus, um zu starke Spieler zu regulieren. Dies ist ein grundlegendes Spielprinzip von zum Beispiel Munchkin, bei dem immer alle sämtliche Karten raushauen, damit jemand auf Level neun nicht gewinnt, sondern dann der nächste, der Level neun ist, weil dann keiner mehr Karten hat, um wiederum denjenigen aufzuhalten.

Meta-Gaming

Alles, was über das Spiel hinaus geht, sich aber auf das Spiel selbst auswirken kann. Wenn man beispielsweise gegen einen bestimmten Spieler (eigener Partner oder Person, die einem den letzten Muffin weggeklaut hat) spielt, ohne dass ein spieleigener Grund vorliegt.

Rage-Quitting

Wenn ein Spiel für einen Spieler so schlecht läuft, dass die Person das Spiel voller Zorn beendet. Meist abrupt und ohne Vorwarnung wird das Spiel während einer Partie verlassen. Besonders bedauerlich, wenn man schlecht ohne den Spieler weiterspielen kann, zum Beispiel nach einer bereits acht Stunden laufenden Runde Twilight Imperium.

Sonstige Game-Terms

Endgame

Der letzte Zug oder die letzten Züge eines Spiels, bei dem offiziell oder inoffiziell andere Regeln gelten. Offiziell: Für manche Karten erhält man im letzten Zug Siegpunkte, statt Ressourcen, da man für diese keine Verwendung mehr hätte, so zum Beispiel bei Through the Ages. Inoffiziell: Außerdem ist das der Zeitpunkt, an dem Bündnisse (so keine anderen Regeln bestehen) aufgekündigt werden, weil letztlich meist nur einer gewinnen kann.

Filler Game

Ein kürzeres Spiel, auch light game oder beer & pretzel game genannt. Wird vor einem längeren Spiel zum Warmwerden gespielt oder danach als Absacker. Oder eben zwischen zwei größeren Spielen als Füller.

Gateway Game

Ein Spiel, welches schnell zu erklären ist, aber eine recht hohe Spieltiefe aufweist. Dadurch soll es insbesondere für Menschen, die wenige Brettspiele kennen und meist nur so was wie Monopoly, Mau Mau und Mensch ärgere dich nicht gespielt haben, attraktiv sein und sie für richtige und gute Spiele gewinnen. Die Siedler von Catan und Carcassonne zählen ebenso dazu wie 7 Wonders und Zug um Zug. Oft spricht man auch von einem Gateway Game für eine bestimmte Spielmechanik, also zum Beispiel Stone Age für Worker Placement Spiele.

Meeple

Spielfigur. Ein Portmanteau (Kofferwort) von my und people. Wird vor allem für eine bestimmte Art von Spielfigur verwendet, die zum Beispiel in Carcassonne oder Meeple Circus verwendet wird, im Gegensatz zum Püppchen, der klassisch deutschen Figur aus Mensch Ärger Dich Nicht.

Mulligan

Das komplette Neuziehen von Start-Handkarten. Manchmal unter bestimmten Bedingungen in den Spiel-Aufbau-Regeln vorgesehen (wenn man nicht mindestens eine Anzahl bestimmter Karten oder zu viele gleiche hat), oft auch als Hausregel umgesetzt, damit jemand nicht gleich zu Beginn geringe Siegchancen und entsprechende Motivation hat. Manchmal gibt es auch die Regel, dass man für jeden Mulligan eine Handkarte weniger ziehen darf. Ein weiterer Ausgleichsmechanismus für Kartenglück ist das draften.

Pile of Shame

Der Stapel von Spielen, die man zwar besitzt, aber noch nie gespielt hat. Meist wächst er schneller, als er sich verkleinert.

Shelfie

Ein Bild des eigenen Spieleregals, manchmal mit einem selbst davor.

Strategie

Eine grundlegende, über das ganze Spiel oder zumindest mehrere Spielzüge anhaltende Planung, die man verfolgt, um zu versuchen zu gewinnen. Im Gegensatz zur kürzeren, reaktiveren Taktik.

Taktik

Eine kurzfristige Planung, um auf Gegebenheiten zu reagieren oder einen einzelnen Spielzug zu optimieren, um dabei möglichst viele Punkte oder eine gute Position zu erzielen, um seine Chance zu erhöhen, ein Spiel zu gewinnen. Im Gegensatz zur langfristigeren Strategie.

Tappen

Eine Karte um 90° zur Seite drehen, um anzuzeigen, dass man sie für diese Runde gebraucht hat. Am Anfang des nächsten eigenen Zuges werden die diese Karten dann zumeist wieder enttappt. Der Begriff stammt nicht nur aus dem Magic-Universum, er ist von diesem sogar geschützt und darf somit nicht von anderen Spielen verwendet werden. Diese bedienen sich dann anderer Begriffe wie „verbraucht“ oder „exhausted“.

Tiebreaker

Eine Regel, die im Falle eines Punktegleichstands dafür sorgt, dass kein Unentschieden/Remis/Tie entsteht: oft die Anzahl an Gold oder übrigen Ressourcen, gebaute Gebäude oder die Spielreihenfolge. Spieleautoren werden hier, wie auch bei Startspielerregeln, kreativ und erfinden immer aberwitzigere Regeln, wie E-Mails an den Autoren, der dann entscheidet.

Wiederspielbarkeit

Brettspiele sind nicht gerade günstig. Hat man einmal eine gute Strategie gefunden, lässt für viele Spieler die Motivation nach, es noch mal aus dem Regal zu holen. Das modulare Spielbrett von Die Siedler von Catan war ein zentraler Grund für seinen Erfolg. Variable Elemente, Erweiterungen und Szenarien sorgen für einen höheren Wiederspielbarkeitswert. So kann man errechnen, dass ein Spiel für 40 Euro, welches man zweimal gespielt hat, gegenüber einem Spiel für 100 Euro, welches man dreißigmal spielt, höhere Pro-Spiel-Kosten verursacht hat.

Mehr Fachbegriffe der Brettspielwelt findet ihr in unseren Artikeln über Spieltypen:

Spielarten, -themen und –mechaniken (von 4x bis Engine Building)
Spielmechaniken (von Figurenbewegung bis Worker Placement)

 

Fotografien: © Daniel Hoffmann, Holger Christiansen, Produktbilder: © die Verlage, Bearbeitung: Melanie Maria Mazur

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