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Dieses DC Round-Up stellen wir euch zwei Comics vor, die den Batman-Gedanken auf ungewohnte Art fortspinnen. In Batman & Robin 1 – Batman Reborn setzt der Ex-Robin Dick Grayson die Maske des verschwundenen Bruce Wayne auf. In Batman Incorporated 1 steht das internationale Team aus Fledermäusen vor seiner ersten Solomission.

Die beiden Comics diesmal, Batman & Robin 1 – Batman Reborn und Batman Incorporated 1 – Blutige Vergangenheit, scheint auf den ersten Blick wenig miteinander zu verbinden. Batman & Robin 1 ist eine Neuauflage eines Comics von 2011, während Batman Incorporated ganz aktuell von 2022 bis 2023 erschien und ein komplett anderes Team behandelt. Tatsächlich eint beide, dass sie auf Grant Morrisons einflussreichem Batman-Run basieren.

Triggerwarnungen

Gewalt gegen Kinder, Folter, Gehirnwäsche, starke Gewalt, gewaltsame Verkrüppelung, Entstellung

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Batman & Robin 1 – Batman Reborn

Batman & Robin 1 basiert insofern auf Morrisons Batman-Run, dass es ein Teil davon war. Morrisons epochales und prägendes Batman-Epos bestand, grob unterteilt, aus drei Epochen. Die erste begann mit Batmans Sohn und führte Damian Wayne ein, Batmans Sohn mit Talia al Ghul, der Tochter seines Erzfeindes Ra’s al Ghul. Mit Damian als neuem Robin stellte Batman sich den „Drei Geistern von Batman“, dem teuflischen Doctor Hurt und der Verschwörung namens Black Glove, bis in der Final Crisis Batman scheinbar getötet wurde.

Aber Batman ist nicht nur Bruce Wayne, er ist ein Symbol, das Gotham City braucht. In Batman & Robin 1 – Reborn kehrt daher Batmans erster Robin, Dick Grayson,  der sich schon vor langer Zeit von Batman emanzipiert und ein eigenes Leben als Superheld Nightwing aufgebaut hatte, nach Gotham zurück. Jetzt nimmt er aber die Identität seines Mentors und Vormunds an und wird der neue Batman. Damian, Bruces‘ leiblicher Sohn, steht als Robin nur widerwillig an Dicks Seite, da er ihn in der Rolle seines Vaters noch nicht akzeptiert.

Parlari oder Parlyari war tatsächlich eine Geheimsprache der britischen Zirkusleute, vergleichbar mit der deutschen „Gaunersprache“ Rotwelsch © Panini Comics

Die beiden müssen jedoch bald lernen, sich zu vertrauen, denn das Verbrechen in Gotham schläft nie. Ihre erste Herausforderung besteht aus dem wahnsinnigen Professor Pyg und seinem Zirkus des Bizarren. Nun ist es schon länger ein Klischee, dass Batmans Feinde alle „verrückt“ sind und deswegen im Arkham Asylum landen. Meistens bedeutet dies jedoch wenig mehr, als dass sie skrupellose Verbrecher sind, die “verrückt“ lachen und zu ihrem Motto passende Verbrechen begehen. Two-Face sticht mit seiner hollywood-typischen Darstellung einer gespaltenen Persönlichkeit schon heraus, während Joker und „Wahnsinn“ ein Thema für sich sind. Die Darstellung von Professor Pyg ist hierbei auf einem anderen Niveau: Seine Stimmungs- und Persönlichkeitsschwankungen und wirren Monologe erinnern deutlich mehr an echte psychische Probleme und Interviews mit psychisch kranken Mördern als Batmans sonstige Feinde. Trotzdem bleibt Pyg klar ein Comic-Schurke: Ursprünglich benutzte er seinen Zirkus, um Drogen zu schmuggeln. Mittlerweile ist er aber besessen davon, als Künstler Perfektion zu erschaffen, indem er Leute entführt, unter Drogen an ihnen herumoperiert und ihnen eine Gehirnwäsche verpasst, bis sie zu seinen sklavisch ergebenen Puppenkindern werden.

Außer Pyg treibt noch Red Hood sein Unwesen in Gotham. Red Hood, alias Jason Todd, ist wie Dick und Damian ein ehemaliger Robin. Jason wurde allerdings nach einem Angriff des Jokers für tot gehalten. Tatsächlich wurde er allerdings von Talia und Ra’s al Ghul zum Killer trainiert. Ihrer Indoktrination konnte sich Jason zwar teils widersetzen, trotzdem macht er nun Batman für alles verantwortlich und will eine neue Ära der tödlichen Selbstjustiz in Gotham einführen. Mit einem von Pyg geretteten Puppenkind als Robin-Ersatz an seiner Seite mordet Red Hood Verbrecher und dokumentiert das gleichzeitig in Form einer Internet-Propagandakampagne auf Twitter und Co.

Die Mutterfigur aus Stacheldraht entstammt einem Experiment des Psychologen Harry Harlow, der damit ethisch umstrittene Experimente an Affenbabys durchführte © Panini Comics

Der frischgebackene Dick Grayson-Batman und Damian müssen also lernen, miteinander zu arbeiten und gefährliche Feinde bekämpfen. Gleichzeitig wird Commissioner Gordon misstrauisch, warum Batman sich plötzlich so anders verhält. Und welche Rolle spielt der geheimnisvolle Krimi-Autor Oberon Sexton, der in der Öffentlichkeit stets sein Gesicht verhüllt?

Die Geschichte von Batman & Robin 1 ist ausgezeichnet. Morrison kombiniert perfekt geerdete, realistische Verbrechen mit klassischen, überlebensgroßen Comic-Klischees. Der Zirkus des Bizarren ist intrinsisch mit echten, schrecklichen Verbrechen wie Menschen- und Drogenhandel verbunden, nimmt gleichzeitig aber klassische Genreelemente auf. Damit schafft Morrison ein Grand-Guignol das an klassische Horrorliteratur der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts erinnert. Hier verbinden sich moderne True Crime-Geschichten mit extravaganten, farbenfrohen Zirkusgeschichten aus den Superheld*innencomics der 40er und 60er Jahre und klassischem Horror, der direkt aus Das Cabinet des Dr. Caligari, Dr. Mabuse oder dem goldenen Zeitalter der amerikanischen Horrorfilme der 1930er stammen könnte. Damit schafft Morrison eine einzigartige Mischung und Atmosphäre, die perfekt für Batman geeignet ist. Die Welt ist düster und bietet genügend echten Schrecken, um bedrohlich zu sein, wird jedoch auf gelungene Art ins überrealistische, extravagant-theatralische gebracht, damit Batman & Robin 1 als Genre-Unterhaltung verträglich bleibt.

Frank Quitely ist dafür der perfekte Zeichner. Quitelys Zeichenstil wirkt im ersten Moment oft ungewohnt, da er wenig gerade Linien nutzt, dafür viele Rundungen und kleine, einzelne Details zeichnet. Außerdem sind seine Gesichter zugegeben seltsam. In der Comicszene ist Quitely aber zu Recht dafür berühmt, eine seltene Meisterschaft in der Bildkomposition zu besitzen und komplexe Bildideen exzellent auszuführen, an die sich andere kaum wagen würden. Wenn man sich an die Eigenheiten wie die Gesichter gewöhnt hat, sitzt hier jeder Strich. Quitelys Bilder wirken gleichzeitig klar und aufgeräumt aber auch hochdetailliert. Action, Gestik, Mimik und Panelanordnungen, hier passt einfach alles.

Red Hood hat große Pläne © Panini Comics

Batman & Robin 1 ist ein hervorragendes Comic, das sich für alle eignet, die Batman oder das Superheld*innen-genre nicht aktiv ablehnen. Dies gilt jedenfalls für Erwachsene oder Jugendliche, denn für Kinder ist das Comic zu brutal und düster. Die Geschichte um Dick Grayson, der als neuer Batman in die Fußstapfen seines Mentors tritt, und Damian Wayne ist vielschichtig, interessant und spannend. Die neuen Feinde wie Professor Pyg oder Red Hood sind bedrohlich und einfallsreich. Die Zeichnungen von Frank Quitely bringen das außergewöhnliche Script perfekt zur Geltung. Mit dem Anfang dieser Reihe gibt es noch nicht einmal viel erforderliches Vorwissen abseits der Grundlagen. Das Bruce Wayne tot sein soll und es einen neuen Batman gibt ist erst einmal alles. Die Charakterbeziehungen werden schnell und eindrücklich erklärt und die Schurk*innen sind größtenteils neue Figuren. Insgesamt führt eigentlich kein Weg vorbei an Batman & Robin 1, einem essenziellen Teil von einer der besten und ausgefallensten Batman-Ären.

© Panini Comics

 Die harten Fakten: 

  • Autor(en): Grant Morrison
  • Zeichner(in): Frank Quitely, Philip Tan
  • Seitenanzahl: 180
  • Preis: 22 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Amazon, idealo, Panini Shop

 

Batman Incorporated 1 – Blutige Vergangenheit

Batman Incorporated war die dritte Phase von Grant Morrisons Batman-Run. Nachdem der totgeglaubte Bruce Wayne zurückkehrte und den Mantel Batmans wieder an sich nahm, revolutionierte er das Batman-Konzept. Statt eines einzelnen Helden für Gotham City gründete er mit seiner Firma Wayne Enterprises Batman Inc, ein globales Franchise-Unternehmen, das in jedem Land örtliche Held*innen unterstützen wollte. Eine Adaption des Held*innen-Konzepts an die kapitalistische Gegenwart. Letztendlich kulminierte alles in einem Krieg der Batman Inc. mit Thalia al Ghul, die ihrerseits die Terror-Organisation ihres Vaters zu Leviathan ausgebaut hatte.

Nachdem er sein Ziel erreicht hatte, zog sich Batman wieder nach Gotham zurück. Lex Luthor, der Businessmagnat und Superschurke, kaufte daraufhin die Batman Inc. auf und begann, bewaffnet mit Batman Trademark und Copyright, seinen eigenen bösen Zerrspiegel der Batman Inc. aufzubauen. Einige der ursprünglichen Mitglieder kamen jedoch wieder zusammen und stoppten an Batmans Seite Luthors Pläne. Batman beschloss daraufhin, die Leitung von Batman Inc. an seinen alten Freund/Rivalen Ghost-Maker zu übergeben.

Ghost-Makers Vergangenheit holt ihn auf viele Arten ein © Panini Comics

Batman Incorporated 1 – Blutige Vergangenheit erzählt nun den ersten Einsatz des neuen Teams. Vor Jahrzehnten bereisten Batman und Ghost-Maker die ganze Welt, um bei den besten Meister*innen aller Fächer alles zu lernen, was für ihren Kampf gegen das Verbrechen von Nutzen sein könnte, von Kampfstilen über Chemie bis Schauspielerei. Aber irgendjemand bringt jetzt alle ehemaligen Lehrer*innen um. Ghost-Maker und sein Team brechen also auf, um die Mörder zu stoppen.

Der Ansatz der Geschichte ist durchaus in Ordnung. Batmans Lehrjahre und -meister*innen sind lange etabliert und eine globale Mordserie ist eine würdige Herausforderung für Batman Inc. Dazu kommt das Rätsel, wer außer Batman und Ghost-Maker die Identitäten aller Lehrer*innen kennen könnte. Der Verlauf der Geschichte überzeugt allerdings nicht besonders. Batman Inc. kommt den Tätern schnell auf die Spur, was zum zweiten Problem führt. Das Comic heißt zwar Batman Incorporated 1, passender wäre aber „Ghost-Maker und Handlanger“. Ghost-Maker ist ganz klar die Hauptfigur; die Handlung, die Bösen, die Figurenentwicklung, alles dreht sich nur um ihn. Etablierte Fanlieblinge, die schon bei der alten Batman Inc. dabei waren, wie Knight, sind wenig mehr als Laufburschen. Ihnen fehlt auch jede Einführung, was bei dem zehnköpfigen Team nur für noch mehr Beliebigkeit sorgt. Ghost-Makers Nicht-Sidekick Clownhunter erhält noch etwas mehr Fokus, der sich hauptsächlich aber auf seine Beziehung zu Ghost-Maker beschränkt.

Batman Incorporated 1 hängt also an Ghost-Maker und der ist nun einmal kein besonders toller Charakter. Seit seiner Einführung 2020 erwies er sich schnell als Gary Stu. Ghost-Maker ist wie Bruce Wayne ein reiches Waisenkind, das dem Verbrechen den Kampf erklärt hat und mit Bruce Wayne zusammen trainiert. Er ist Bruces´ bester Freund und Vertrauter, der noch nie erwähnt wurde, aber alles weiß, alles kann, und jedes Jahr ein Duell mit ihm kämpft. Außerdem ist er ein Psychopath, der keine Emotionen fühlt und rein logisch handelt, tötet eigentlich gerne, hat aber Batman versprochen, es zu lassen, und kämpft mit zwei Katanas. Ghost-Maker trägt immer eine Maske und ist so extra besonders, dass nur ein Dutzend Leute überhaupt seinen echten Namen kennen und nur fünf sein Gesicht. Und sein Outfit sieht etwas aus wie eine Ninja-Version einer Rüstung aus dem Destiny-Videospiel, was sich nicht gut in die DC-Superheld*innenwelt einfügt. Das alles wirkt einfach nur bemüht und aufgesetzt möchtegern-cool.

In den besser gezeichneten Kapiteln ist unser neuer alter Bekannter Professor Pyg wieder mit dabei © Panini Comics

John Timms Zeichnungen sind in Ordnung, aber nicht mehr als kompetenter Durchschnitt. Die Bilder funktionieren, Proportionen und perspektivische Verkürzungen sind aber öfter mal etwas schief. Außerdem schweben Personen oft vor dem Hintergrund eines Panels, vermutlich weil sie mit einem Bildprogramm darübergelegt wurden. Die letzten zwei der sieben Kapitel wurden von Michelle Bandini gezeichnet, die bessere Arbeit liefert.

Batman Incorporated 1 – Blutige Vergangenheit kann leider nicht überzeugen. Zugegeben, an Morrisons Batman Inc. anzuknüpfen, ist so oder so eine schwere Aufgabe. Batman Incorporated 1 konzentriert sich aber hauptsächlich auf den Anführer Ghost-Maker. Die restlichen neun Mitglieder erhalten keine Einführung, bleiben teils sogar unidentifiziert. Manche, wie Knight und Clownhunter, bekommen wenigstens etwas zu tun, aber Wingman und Dark Ranger wird man nach diesem Comic nicht einmal die Namen zuordnen können. Die Geschichte um Ghost-Maker ist zwar klischeehaft und nicht sonderlich innovativ, an sich aber kompetent geschrieben. Wäre dies ein Ghost-Maker-Comic, würde die Bewertung wahrscheinlich einen Punkt besser ausfallen. Bei einem Batman Incorporated-Comic, bei dem die ganze Truppe da ist, sollte sie aber auch genutzt werden. Mit Knight, Raven Red, El Gaucho und Jiro sind einige Fanlieblinge dabei und sogar der Bat-Man of China hat einen kurzen Auftritt. Leider werden sie alle vernachlässigt, zugunsten von Ghost-Maker, der neusten Sau, die DC gerade durchs Dorf treibt.

© Panini Comics

Die harten Fakten

  • Autor(en): Ed Brisson
  • Zeichner(in): John Timms
  • Seitenanzahl: 188
  • Preis: 24 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Amazon, idealo, Panini Shop

 

 

Artikelbilder: © Panini Comics, DC Comics
Layout und Satz: Andreas Hübner
Lektorat: Maximilian Düngen
Fotografien: Paul Menkel

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