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Im neuen Batman: Urban Legends – Im Bann der dunklen Magie präsentiert uns Panini zwei Geschichten über den Mitternachtsdetektiv und seine Verbündeten. In der ersten stellt Batman sich mit der Zauberin Zatanna mystischen Bedrohungen, die zweite stellt Ace den Bat-Hund auf eine düstere, moderne Art vor.

Die Reihe Batman: Urban Legends erzählt Geschichten, bei denen Batman mit jeweils anderen seiner zahlreichen Verbündeten und Bekannten zusammenarbeitet. Im Band Batman: Urban Legends – Im Bann der dunklen Magie sind dies zwei längere Geschichten, in denen er auf Figuren trifft, die nicht direkt aus dem Kern-Batmythos stammen. Die Zauberin Zatanna ist selbst Superheldin und führt zurzeit die Justice League Dark an, das Sonderteam der Justice League für magische Bedrohungen. Ace der Bat-Hund begann sein Leben 1955 als Begleiter Batmans, wurde aber bald als zu albern aus den Comics herausgeschrieben. Beide Geschichten sind etwas riskant: Kann der doch meist geerdetere Batman sich in einem magischen Abenteuer bewähren? Und kann der alberne Bat-Hund tatsächlich realistisch und düster genug geschrieben werden, um zum modernen Batman zu passen? Die Antwort finden wir nur in den Seiten von Batman: Urban Legends – Im Bann der dunklen Magie.

Triggerwarnungen

Gewalt, Tod von Protagonist*innen, Misshandlung und Tod von Tieren, Gefährdung von Kindern

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Handlung

Batman: Urban Legends – Im Bann der dunklen Magie beinhaltet zwei Geschichten: Unserem Willen Untertan und Gejagt. Die erste beschäftigt sich mit Batman, Zatanna Zatara und ihrer jahrzehntelangen Beziehung. Die beiden lernten sich kennen, bevor Bruce Wayne Batman wurde. Als Jugendlicher suchte er auf der ganzen Welt die besten Lehrmeister*innen auf, um für den Kampf gegen das Verbrechen gewappnet zu sein. Dazu gehörte auch Zatannas Vater Giovanni Zatara, ein weltberühmter Bühnenzauberer, von dem Bruce Hypnose, Entfesselungstricks und ähnliches lernte. Während dieser Lehrzeit entwickelten Bruce und Zatanna auch Gefühle füreinander. Diese Vorgeschichte wird in Im Bann der dunklen Magie nicht erwähnt, ist aber auch nicht unbedingt erforderlich.

Batman und Zatannas Ritual hat Spuren hinterlassen
Batman und Zatannas Ritual hat Spuren hinterlassen

Wichtig ist nur, dass die beiden jungen Leute so verliebt waren, dass Zatanna eines Tages als romantische Geste anbot, mit Magie eine telepathische Verbindung zwischen ihrer beider Gedanken herzustellen. Bei dem Zauber lief jedoch etwas schief, riss ein Loch in die Realität und seitdem müssen Batman und Zatanna in regelmäßigen Abständen ein Ritual abhalten, damit das Loch sich nicht vergrößert. Nach vielen Jahren, in denen die Beziehung der beiden stark litt, machen sie sich nun ein weiteres Mal auf, mit der Absicht, diesmal das Loch endgültig zu schließen. Dabei stellt sich jedoch heraus, dass der Zauber nicht einfach so fehlschlug, sondern ein Etwas von der anderen Seite hindurchgelang. Zu allem Überfluss taucht auch noch der zwielichtige englische Magier John Constantine auf, der nach Batman mit Zatanna zusammen war. Zwischen der mystischen Bedrohung und ihren widersprüchlichen Gefühlen füreinander haben Batman und Zatanna also alle Hände voll zu tun.

Die Geschichte ist gut erzählt. Wiederholte Rückblenden zu früheren Begegnungen zwischen Zatanna und Batman helfen, den beiden und ihrer Entwicklung zu folgen. Dass sie sich eigentlich mögen, sich über lange Zeit aber auseinandergelebt und -gestritten haben, wird somit gut nachvollziehbar präsentiert. Auch die Bedrohung durch das Wesen von der anderen Seite, das mehr seiner Art herüberholen will, ist gut herübergebracht. Sequenzen, die aus dessen Sicht erzählt werden, stellen es überzeugend als böse Bedrohung dar und steigern die Spannung. Nur Constantine ist etwas überflüssig. Zuerst scheint es, als liefe es auf eine Dreiecksbeziehung mit ihm und Batman als Rivalen hinaus. Angesichts der Bedrohung arbeiten sie jedoch bald mit zusammengebissenen Zähnen zusammen und lernen sich dabei schätzen. Wirklich nötig für die Handlung scheint Constantines Präsenz jedoch nie und wirkt eher aufgezwungen aufgrund der Popularität der Figur.

John sorgt hauptsächlich für flache Sprüche
John sorgt hauptsächlich für flache Sprüche

Die zweite Geschichte, Gejagt, bringt Ace den Bat-Hund in die moderne Kontinuität zurück. Hier wird im Prolog erzählt, dass Ace ursprünglich vom Joker zum Kampfhund misshandelt, aber von Batman gerettet und gesundgepflegt wurde. Bei einem der nächtlichen Einsätze gegen das Böse, bei denen Ace Batman manchmal begleitet, geraten die beiden jedoch in eine Falle. Batman wird von einem russischen Gangster gefangengenommen, der ihn an seine Erzfeind*innen versteigern will, während Ace zum Gothamer Tierfriedhof gebracht wird. Der Betreiber, Herbert Schwann, betreibt ein illegales Nebengeschäft, bei dem er Tiere für Superschurk*innen trainiert. So hat er in seinem Hinterzimmer den ehemaligen Türsteher-Bär Ursa eingesperrt, das Taschendiebs-Eichhörnchen Li’l Nutz, den für Lex Luthor trainierten Killerhund Licks Luthor, eine Schildkröte, die er für hohe Geschwindigkeiten trainiert hat und ein gehirnoperiertes Cyborg-Huhn.

Ein schachspielendes Huhn! Batman ist so gut wie erledigt
Ein schachspielendes Huhn! Batman ist so gut wie erledigt

Als gut trainierter Super-Hund bricht Ace natürlich aus seinem Käfig aus und verbündet sich mit den anderen Tieren, um Batman aufzuspüren und zu retten. Die Idee ist durchaus nett, scheitert aber an einer Vermischung der Stile. Den albernen Ace der 50er als das realistische Äquivalent eines Polizeihunds neu zu interpretieren ist erstmal unproblematisch, auch wenn der Polizeihund in diesem Vergleich Kommissar Rex sein mag. Diese geerdete Interpretation wird aber durch die anderen Tiere aufgebrochen. Durch eine Gruppe Tiere auf Reisen kommen schon langsam Erinnerungen hoch an Filme wie Disneys Die Unglaubliche Reise oder Cats & Dogs – Wie Hund und Katz. Dann sind diese Tiere aber auch noch experimentelle Supertiere. Das Huhn ist wenigstens ein Cyborg mit Elektronengehirn. Das legitimiert narrativ zwar dessen Intelligenz, bewegt die Geschichte aber ein großes Stück vom Realismus weg. Und die superschnelle Schildkröte erhielt ihre Geschwindigkeit anscheinend nur dadurch, dass sie auf einem Laufband trainiert wurde, also fehlt hier sogar eine pseudowissenschaftliche Erklärung. Filme wie Die Hunde sind los, Guardians of the Galaxy 3 oder das Grant Morrison Comic We3 zeigten seit Jahren, wie moralisch verwerfliche Experimente Tieren unnatürliche Fähigkeiten geben können und das in einer, je nachdem, düsteren, emotionalen oder realistischen Weise dargestellt werden kann.

Die Gothamer Stadtmusikanten ziehen los
Die Gothamer Stadtmusikanten ziehen los

Gejagt produziert jedoch nur ein atmosphärisches Kuddelmuddel. Der russische Gangsterboss zitiert ständig Geschichten von Tolstoy, um im Stile höherer Literatur über Leben und Kultur zu philosophieren, während Schergen tarantinoesque, aber ernsthafte Gespräche über den soziologischen Einfluss urbaner Räume und wirtschaftlicher Entwicklung auf die Bevölkerung führen. Am Tierquäler Herbert Schwann, der sich öffentlich als Tierschützer gibt, wird die Widersprüchlichkeit der menschlichen Moral ausgearbeitet und Ace und Licks Luthor demonstrieren bildhaft die Auswirkung von strafender und belohnender Erziehung. Diese Ansätze aus der hohen Literatur werden aber ständig durch die Absurdität der Tiere lächerlich gemacht, die wie die Bremer Stadtmusikanten durch Gotham wandern und dabei zahlreiche Verbrecher ausschalten. Es gibt aber nicht einmal einen absichtlichen Kontrast zwischen ernstgemeintem Philosophieren und den deutlich albernen Tieren, bei denen erfolglos versucht wird, sie geerdet und ernsthaft darzustellen. Hier wäre eine entweder eine geerdete Geschichte über einen einzelnen Hund angebracht gewesen oder eine lustig-übertriebene wie der im letzten Jahr erschienene Film DC League of Super-Pets. Die Mischung macht leider alles nur unfreiwillig komisch.

Charaktere

Batman tritt als einziger Charakter in beiden Geschichten auf. Batman-typisch ist er ein grimmiger Kämpfer für das Gute, der innerlich von Misstrauen und Kontrollsucht geplagt wird. Mit Zatanna zeigt sich, wie sich das auf seine Beziehung zu Leuten auswirkt, die ihm nicht so nahe stehen oder untergeben sind wie die Bat-Family.

Zatanna spielt hier eine relativ zweckmäßige Rolle. Die Zauberin, die wahr werden lassen kann, was sie rückwärts spricht, hat eine eigene lange Geschichte, Freunde und ihr eigenes Team, die Justice League Dark, die hier allerdings keine Rolle spielen. Ihre Funktion in der Geschichte erfüllt sie aber zufriedenstellend. Als Jugendfreundin von Bruce kennt sie ihn gut und ihre gegenseitige Entfremdung unterstreicht, wie schwierig Batman als Person ist. Zatannas Meisterschaft der Magie hilft, die beiden gegensätzlich darzustellen, da dem bodenständigen Batman Magie nicht ganz geheuer ist.

Batman ist kein einfacher Freund
Batman ist kein einfacher Freund

John Constantine spielt hier eine etwas überflüssige Rolle. Das große Problem der Figur an sich ist, dass sie in den 90ern bei DCs Unterverlag Vertigo groß wurde. Vertigo war quasi ein an Erwachsene gerichteter ab-18-Verlag, wo Constantine ein moralisch verwerflicher Gossenzauberer, Junkie und Alkoholiker war, der alle manipulierte und, selbst wenn er jemandem half, meistens kaum besser war als die Bösen. Seitdem er in das Haupt-DC-Universum integriert wurde, sind seine bösen Seiten natürlich minimiert worden und er ist bloß noch ein etwas unhöflicherer Dr. Strange, der ständig jammert, dass alle, die mit ihm zu tun haben, sterben würden, was aber nicht mehr passiert. Außerdem wurde er auf ungefähr 30 Jahre verjüngt und ein sexy Bad Boy, der mit allem flirtet. Repräsentation von Bi- oder eventuell Pansexualität ist zwar grundsätzlich gut, hier bringt Constantine aber kaum mehr als flache Anmachsprüche und doppeldeutige Witze.

Tarkovs profunde Erzählungen beißen sich mit dem googlenden Huhn
Tarkovs profunde Erzählungen beißen sich mit dem googlenden Huhn

Der Hauptcharakter von Gejagt ist Ace der Bat-Hund, der, nun ja, ein guter Hund ist. Als solcher ist seine Charakterisierung nicht sonderlich tiefgehend, wie auch die seiner tierischen Kumpane. Für die Art der Figuren ist das aber durchaus angemessen, es sind nun mal Tiere und der Fokus dieser Geschichte liegt nicht auf einer Charakterstudie von ihnen.

Der russische Gangster Colonel Andrei Tarkov dominiert weite Teile der Geschichte. Er ist ein belesener, intelligenter und absolut skrupelloser Ex-Soldat, der Russland verließ, um in Amerika Geld und Macht zu suchen, was ihm auch gelang. Dafür hat er jetzt Probleme mit seiner in Amerika aufgewachsenen Tochter, die ihren an harten Entbehrungen gewachsenen Vater nicht versteht. Tarkov neigt zwar zu langen Monologen, diese sind aber unterhaltsam. Natürlich ist Tarkov ein Stereotyp, aber ein gut ausgeführter, der in ein geerdetes Krimi-Setting passt, wie Batman-Comics es manchmal sind. Nur in diese Geschichte passt er leider nicht besonders gut.

Zeichenstil

Der Shonen-Manga-Einfluss ist unübersehbar
Der Shonen-Manga-Einfluss ist unübersehbar

Die Zatanna-Geschichte wurde von Nikola Čižmešija gezeichnet. Čižmešija benutzt einen sehr stark Manga-geprägten Stil, wenn man es nicht schon als OEL Manga bezeichnen kann. Besonders fällt dies in manchen stilisierten Reaktions-Darstellungen auf sowie in den Kampfszenen, die sich an typischen Shonen-Inszenierungen orientieren. Insgesamt wirken die Bilder dynamisch, energiegeladen und eher skizziert als ausgearbeitet. Im Detail sind die Figuren etwas kantig stilisiert, wenig detailliert, Hintergründe in den Panels fallen oft sehr spärlich aus oder fehlen ganz. Die Farben sind oft mehr stimmungsmäßig als realistisch gewählt. Außerdem werden Farben und Schatten durch deutlich erkennbare Rasterpunkte gekennzeichnet. Die Zeichnungen sind technisch nicht schlecht und thematisch gar nicht mal unpassend, dieser Stil in solch einer Geschichte ist aber gelinde gesagt gewöhnungsbedürftig.

Die Ace-Geschichte bildet dazu den totalen Kontrast. Karl Mostert zeichnet die Geschichte sehr detailliert und in realistisch-gedämpften Tönen. Die Detailreiche und der klare Strich mit sehr dünnen Linien, kombiniert mit den seltsamen Gesichtern erinnert an Frank Quitely oder Geoff Darrow. Der Preis der Klarheit und Details ist allerdings, dass diese Bilder statisch und technisch wirken. Die Tiere wirken dafür aber ungewöhnlich realistisch.

Erscheinungsbild

Die Verarbeitung des Bandes ist gut und wertig. Die Zeichnungen kommen schön zur Geltung, die Schrift ist gut lesbar und das Titelbild mit Batman und Zatanna sieht ansprechend aus.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Panini
  • Autor*in(nen): Mark Russell, Vita Ayala
  • Zeichner*in(nen): Karl Mostert, Nikola Cižmešija
  • Erscheinungsjahr: 2023
  • Sprache: Deutsch
  • Format: Softcover
  • Seitenanzahl: 292
  • Preis: 30 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Amazon, idealo, Panini

 

Fazit

Batman: Urban Legends – Im Bann der dunklen Magie bietet zwei sehr unterschiedliche Geschichten, in denen Batman auf Verbündete trifft, die unterschiedlicher nicht sein können. In der ersten Geschichte muss er mit seiner Jugendliebe, der Zauberin Zatanna, eine Bedrohung verhindern, die die beiden unabsichtlich vor Jahren verursachten. Dabei mischt sich der englische Zauberer John Constantine ein. In der zweiten Geschichte wird Batman von Gangstern gefangen und nur sein Hund Ace kann ihn retten. Der stellt dafür eine wilde Truppe aus verschiedenen Tieren zusammen, die sich durch Gotham City schlägt.

Die erste Geschichte ist gut erzählt, interessant und spannend, auch wenn Constantine überflüssig wirkt. Die zweite leidet sehr darunter, dass sie tiefgründige, soziologisch-philosophische Überlegungen versucht, die aber von der Albernheit und Absurdität des tierischen Teams untergraben wird.

Der Zeichenstil der ersten Geschichte ist praktisch ein Shonen-Action-Manga. Das ist zwar einigermaßen gut ausgeführt, der Stil passt aber nicht wirklich zur Geschichte. Bei der zweiten scheint sich der sehr realistisch-detaillierte Stil an Berühmtheiten wie Frank Quitely oder Geoff Darrow zu orientieren, kann aber nicht über die Widersprüchlichkeit der Handlungselemente helfen.

Die zwei Geschichten sind beide nicht perfekt und haben definitiv Schwächen, genau wie die Zeichnungen. Insgesamt ist Batman: Urban Legends – Im Bann der dunklen Magie aber doch ganz gut lesbar: ein Comic, das man gerne mitnehmen kann, aber nicht unbedingt braucht.

  • Geschichte ist solide geschrieben

  • Geschichte schön gezeichnet

  • Geschichte interessante Ansätze

 

  • Geschichte unpassende Zeichnungen

  • Geschichte unpassende Stilmischung

 

Artikelbilder: © Panini Comics, © DC Comics
Layout und Satz: Roger Lewin
Lektorat: Alexa Kasparek
Fotografien: Paul Menkel

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