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Je länger Larpende ihr Hobby betreiben, desto mehr sammelt sich an. Waffen, Kleidung und Ausrüstung werden gekauft, gebastelt und geschenkt, oder ein weiteres Charakterkonzept kommt dazu. Wenn es dann einmal zu viel des Guten geworden ist, gibt es verschiedene Wege, kreativ auszumisten, ohne direkt den Container kommen zu lassen.

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So gern Liverollenspielende sich nach jeder Con an den Fotos freuen, auf denen zu sehen ist, wie viel Arbeit, Mühe und Ausrüstung in Charakter, Lager und Spiel gegangen ist, so gibt es wohl kaum Spielende, die beim Auf- und Abbau noch nicht mindestens einmal über das Ausmaß des zu Verstauenden geflucht haben. Oftmals ist das Mitgenommene nur die eine Hälfte – zuhause wartet das, was entweder nicht mehr reingepasst hat, oder zu anderen bespielten Charakteren und Veranstaltungen gehört. So oft nach beendeten Vorbereitungen auch der Vorsatz gefasst wird, dass dieser Charakter jetzt aber wirklich genug Gewandung, Bewaffnung und Accessoires besitzt, so schnell wird er gebrochen.

Wer sich beim Lesen jetzt ertappt fühlt, oder im hauseigenen Lagerraum einfach mal wieder etwas Luft machen möchte, der*die hat ein paar Möglichkeiten, bei denen das Ausmisten sogar noch Spaß macht.

… und wie man ihn loswird

Man muss nicht Marie Kondo heißen, um sich ab und an nach ein wenig Ordnung zu sehnen – wenn auch ihre spezielle Methode bei Liverollenspielenden schnell an ihre Grenzen stoßen dürfte. Denn wahrscheinlich wird die Frage, ob ein Gewandungsstück oder eine lang geführte Larp-Waffe den*die Spielende*n glücklich macht, öfter mit „ja“ beantwortet, als es zum rigorosen Entrümpeln hilfreich wäre. Schließlich hat man entweder Geld oder Arbeit investiert, um sie anzuschaffen. Doch wenn die Kisten aus allen Nähten platzen, bleibt manchmal keine Wahl, als sich von ein paar Sachen zu trennen.

Die eigenen Charaktere einzeln durchzugehen, kann ein guter Anfang sein. Einzeln ausgebreitet, lässt sich ein gutes Bild machen, ob Gewandungsteile oft, selten oder vielleicht gar nicht mehr genutzt werden, oder ob der Charakter sich vielleicht zur reinen Winter- und Tavernen-Rolle entwickelt hat, wodurch die leichten Sommerkleider nur noch überflüssig am Kistenboden ihr Dasein fristen. Anderes war vielleicht einmal ein erster Nähversuch oder ein günstiger Kauf, der jetzt nicht mehr den eigenen Ansprüchen entspricht, zum Wegwerfen aber zu schade ist. Wieder andere Stücke können sich Charaktere vielleicht teilen, weil sie so neutral sind, dass wirklich nicht jede*r ein eigenes Exemplar benötigt. Sich so durchzuarbeiten, wird schnell einen kleinen bis größeren Stapel an Sachen ergeben, die bereit sind, weiterzuziehen. Die Möglichkeiten, sie auf die Reise zu schicken, können durchaus kreativ ausfallen und nicht nur den neuen Besitzer*innen Spaß machen.

Option 1: Neulinge ausstatten

Auf so ziemlich jedem Con, ob groß oder klein, finden sich Spielende, die zum ersten Mal dabei sind. Das kann innerhalb der eigenen Gruppe sein, in der ein neuer Knappe oder eine junge Heilerin ihre ersten Schritte im Hobby wagen, oder auch in den Reihen anderer Gruppen oder NSC. Vor allem Schüler*innen, Auszubildende und Studierende können meist noch nicht mit einem großen Fundus aufwarten oder brauchen noch ein wenig Hilfe bei der Wahl der ersten Gewandung, gerade, wenn sie nicht ganz generisch sein soll. Selbst eine Erstausstattung geht schnell ins Geld, das bekanntermaßen vor Eintritt ins Berufsleben eher knapp ausfällt.

Zu viel Gewandung geht nicht? Manchmal doch … © depositphotos, AllaSerebrina

Wer gern ein wenig vom eigenen Fundus abgeben möchte, kann sich vielleicht, gerade bei kleineren regionalen Veranstaltungen, auch im Vorfeld schon mit der betreffenden Orga kurzschließen, ob und was benötigt wird. Gerade junge Spielende, die das Hobby auf diesem Weg für sich entdecken, finden so einen leichteren Einstieg. Und wenn sie die zur Verfügung gestellte Gewandung dann noch behalten dürfen, ist der Grundstein für eine neue Liverollenspiel-Karriere gelegt. Wer Anfänger*innen im näheren Umkreis hat, oder selbst zur nächsten Veranstaltung mitbringt, kann auch mit ihnen gemeinsam den Fundus durchgehen und direkt ein Näh- und Basteltreffen draus machen, bei dem die aussortierte Gewandung an die neuen Besitzer*innen angepasst wird. So wird aus purem Ausmisten direkt ein kleines Event, an dem alle Beteiligten ihren Spaß haben, und eventueller Trennungsschmerz ist gleich viel besser aushaltbar, wenn man direkt jemandem eine Freude machen und noch einen kreativen Tag verbringen konnte.

Option 2: Händlerspiel – ein Intermezzo für die Con-Kasse

Wer selbst ohnehin schon anfällig ist, sich schnell in neue Charakterkonzepte zu verlieben, der*dem wird es nicht schwer fallen, ein One-Shot-Konzept eines Händlers oder einer Händlerin für die nächste Con auf die Beine zu stellen. Mit ein wenig Aufwand lässt sich so nicht nur Kupfer, sondern, verpackt im Flohmarkt-Stil, auch ein wenig Geld für das eigene Con-Budget verdienen. Kleinere Gegenstände lassen sich gut für ein paar In-Time Münzen an den Mann oder die Frau bringen, bei größeren Stücken und Waffen hat es sich bewährt, einen kleinen Euro-Betrag hinzuzufügen. Es soll schon Spielende gegeben haben, die sich so mit dem Besuch einer Veranstaltung direkt die nächste finanzieren konnten.

Es empfiehlt sich, die Orga auch hier im Vorfeld zu kontaktieren, ob ein derartiges Konzept willkommen ist. Ist dies der Fall, hat man Gelegenheit, die Waren im Gepäck, durch die Spielendenlager zu ziehen und einmal ganz anderes Spiel zu erleben. Unberührt vom Abenteuer- oder Weltrettungs-Plot, kann man Spielende kennenlernen, und wird an den meisten Tischen und Feuern willkommen sein.  Man kommt ins Gespräch und kann sich, ohne tiefe Bindung an den Charakter einfach einmal an unverbindlichem Spiel erfreuen. Möglicherweise möchte die Orga den*die fahrende*n Händler*in sogar in den Plot einbinden, oder man macht noch einen Nebenverdienst daraus, neben Waren auch mit Informationen zu handeln – denn schließlich sind Handelsleute bei Freund und Feind gleichermaßen gern gesehen. Wer käme schließlich auf die Idee, es könne sich um einen Spion handeln? Diese Variante des Händlerspiels ist schnell erstellt und unkompliziert zu spielen, wenn man sich darauf einlässt. Dabei lassen sich auch einige der aussortierten Teile vielleicht noch einmal tragen – mit dem kleinen Risiko, dass der Sammlung direkt ein neuer Charakter hinzugefügt wird. Doch zumindest ist die Gewandung dann bereits vorhanden.

Manchmal reicht der eigene Fundus gefühlt, um ein ganzes Dorf auszustatten ©depositphotos, creatista

Option 3: Fundus als Basis für Klein-Cons

Wer den Keller voll genug hat, um direkt mehrere Spielende auszustatten, … möchte sich vielleicht auch einmal selbst an der Organisation eines eigenen Cons versuchen. Ob Taverne oder Mini-Abenteuer, wer ausreichend Fundus angehäuft and und sich trauen möchte, eine eigene Veranstaltung auf die Beine zu stellen, kann hier vielleicht einmal das sprichwörtliche Pferd von hinten aufzäumen. Aus den vorhandenen Stücken können zuerst Sets erstellt und daraus NSC-Rollen aufgebaut werden, aus denen dann wiederum der Plot entsteht. Wer zum Beispiel ausreichend Gewandung und Accessoires angesammelt hat, um eine Handvoll Magier*innen auszustatten, kann darauf eine Art Mini-Akademie aufbauen. Zwei bis drei Bauern oder Mägde bieten sich dagegen für eine lockere Taverne, vielleicht mit dunklem Geheimnis im Keller, an.

Vorhandene und angesammelte Accessoires lassen sich hier auch gut als Plot-Gegenstände einbauen, mit dem Bonus, dass sie anders als auf den meisten Veranstaltungen üblich, sogar mit nach Hause genommen werden dürfen. Für die Ausrichtenden hat dies das angenehme Gefühl zur Folge, mit weniger nach Hause zu fahren, als man zu Beginn mitgebracht hatte.

Bauer mit dunklem Geheimnis? Selbst eine simple Ausstattung kann schon für viel Spielspaß sorgen! ©depositphotos, HayDmitriy

Wer den Fundus nicht unbedingt loswerden, aber zumindest einmal wieder im Einsatz sehen möchte, dem empfiehlt sich das Klein-Con-Prinzip „Freunde bespaßen Freunde“, bei dem jede*r einmal vom eigenen Charakter zum NSC wechselt, um die anderen Spielenden in Kampf und Plot zu beschäftigen. Ein Konzept, das nicht nur Bewegung in die Veranstaltung bringt, sondern auch das Budget für NSC schont.

Wie die meisten unangenehmen Dinge fällt auch Auf- und Ausräumen leichter, wenn man ein kleines Event daraus machen kann. Gemeinsam durch die Kisten stöbern, Outfits zusammenstellen und dabei vielleicht den Weg in die eigene Con-Planung einzuschlagen macht mehr Spaß, als Fotos für den allseits beliebten Online-Flohmarkt zu schießen und auf Interessenten zu warten. Als Gelegenheit, alte und neue Freund*innen zu treffen, vergeht auch der Beigeschmack des Wegwerfens zugunsten von ein wenig Nostalgie, wenn ein geliebtes Gewandungsteil oder die erste eigene Larp-Waffe sich auf die Reise macht, um auf neuen Abenteuern getragen zu werden.

 

Titelbild: ©depositphotos, yunafoto
Artikelbilder: © wie gekennzeichnet
Layout und Satz: Annika Lewin
Lektorat: Denise Hollas

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