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Vampire stehen wie kein anderes Monster für Erotik und Sex. Welchen Platz hat dieses Thema also im Vampire Live? Ist das Rollenspiel nur eine Ausrede, um zu fummeln, oder kann die vampirische Erotik das Spiel bereichern? Und welche Bedingungen müssen dafür außerhalb des Spiels gelten?

Ewige Jugend, die Gefahr einer blutrünstigen Bestie, und eine geheimnisvolle, tragische Existenz: Vampire sind erotische, oder viel eher sexualisierte Kreaturen. Insbesondere in Filmen, aber auch in der modernen romantischen Literatur ist dies fest in ihrem Wesen verankert.

Erotik im LARP ist allerdings ein heikles Thema, denn es steht schnell der Vorwurf im Raum, das Rollenspiel als Ausrede zum Fummeln zu nutzen. Das ist schade, denn dadurch geht sehr viel Potential verloren. Aber hier zeigt sich auch, welchen besonderen Stellenwert die Erotik in unseren Köpfen hat: Während es im LARP normal ist, Gegner mit Waffengewalt anzugehen, oder, gerade im Vampire Live, Grausamkeiten auszupacken, die Jack the Ripper vor Neid erblassen lassen würden, sind Erotik und Sex ein Tabuthema. Aber warum eigentlich? Erotik ist doch weitaus mehr als bloßer Sex, und im Zusammenhang mit Vampiren bietet sie facettenreiche Spielmöglichkeiten.

Ehe man der Spielgruppe jetzt verkündet, von nun an Erotik im Spiel zu haben, verdient das Thema allerdings ein paar grundlegende Gedanken. Denn wie alles, was sehr persönlich ist und den Menschen nahegeht, kann auch Erotik im Spiel viel Schaden anrichten, wenn man unbedacht an die Sache herangeht.

Vampire: Sexualisierte Bestien

Den Vampirmythos gibt es schon lange. Einer der ersten bekannteren Blutsauger soll Jure Grando gewesen sein, ein Bauer aus Kroatien, der dort 1652 starb und zwanzig Jahre später begann, sein Grab zu verlassen, um sein Heimatdorf heimzusuchen. Diese „Ur-“Vampire sind grausame Monster, Untote, die den Lebenden nachts die Lebenskraft aussaugen. Sie waren widerwärtig, beängstigend, und wurden von den Menschen ganz gewiss nicht als anziehend betrachtet.

Zunehmend sexualisiert werden diese Geschöpfe der Nacht erst seit dem Beginn des 18. Jahrhunderts. Sexualität war ein Tabuthema, über das nicht gesprochen wurde. Aber alles Geschlechtliche konnte diesen Monstern zugeschrieben werden: Sie waren die Verführer, die nachts in Schlafzimmer schlichen und sich über ihre Opfer hermachten.

Bis heute hat sich nichts an der Anziehungskraft von Vampiren geändert. Ganz am Rande erwähnt: Ich gehe sogar so weit zu behaupten, dass die Twilight-Vampire diesen Trend fortsetzen, allerdings anders als ihre Vorgänger. Während Sex früher ein Tabuthema war, ist er heute leicht zu kriegen. Keuschheit bis zur Ehe ist allerdings selten geworden und wird vielerorts belächelt. Edward hingegen lebt dieses Ideal und wird dadurch doch wieder sexualisiert. Vielleicht hat er deshalb einen größeren erotischen Reiz auf seine Fans, als all die schmucken Model-Vampire, die man sonst so sieht?

Was ist überhaupt Erotik?

Zuerst wird diese Frage meist belächelt. Es ist doch schließlich jedem klar, was gemeint ist, oder? Dann aber gerät man doch schnell ins Schwimmen: Was genau bedeutet Erotik überhaupt?

Eines ist sicher: Erotik und Sex sind nicht dasselbe. Ganz und gar nicht. Erotik ist kein tiefer Ausschnitt oder ein Six Pack. Erotik ist nichts direkt Greifbares, sondern viel mehr eine Stimmung. Sie hat immer etwas Geheimnisvolles, ist eine Ahnung, ein Versprechen. Sie hat mit Phantasie zu tun, und der Frage nach dem Verborgenen. Sie bedeutet, sich ein Stück weit auf unbekanntes Terrain zu begeben und dabei der Führung eines anderen zu vertrauen. Sie spricht alle Sinne an: Ein Geruch kann ebenso erotisch sein wie eine Berührung oder ein Geräusch. Ein ungezwungenes Lachen, oder mit dem Finger über einen wunderschönen Stoff zu streichen, können erotisch wahrgenommen werden, während viele Magazin-Cover heutzutage nicht erotisch, sondern nur plump sind.

Auch, wenn irgendwie immer eine Verbindung zwischen Erotik und Sex gezogen wird, muss das eine nicht das andere bedingen. Ob eine Trennung von beiden immer gelingt? Fraglich. Aber bewusst machen sollte man sich den Unterschied auf jeden Fall, insbesondere, wenn es um das Thema Erotik im Liverollenspiel geht.

Von der Erotik zum bloßen Sex

Während die Erotik ein großes Feld verschiedener Spielarten ermöglicht, scheinen moderne Vampire zunehmend zu verflachen. Vielleicht ist es ein Zeichen der heutigen Zeit, dass die Blutsauger optisch Supermodels entsprechen, aber sich ihre erotische Ausstrahlung leider allzu oft darauf beschränkt. Der Fokus liegt auf dem Optischen und leicht Darstellbarem, vernachlässigt wird, was Mühe und Zeit kostet: auf Details zu achten, eine spannende Persönlichkeit, Ecken und Kanten zu haben. Es wird der Glaube zementiert, dass Erotik einen schönen Körper und teure Unterwäsche braucht. Bücher und Filme mit mittelmäßig aussehenden oder gar übergewichtigen Vampiren, die aber eine berauschende Persönlichkeit haben, sind zumindest Mangelware.

Leider geht damit eine unglaublich spannende Ebene verloren, die Vampiren viel Reiz verleiht: das Geheimnisvolle, das Unbekannte, das Überwältigende. Der Sinn für Details und der Kitzel, dass ein unsterbliches Wesen sich Jahrzehnte Zeit nehmen kann, alle Details zu planen und aufeinander abzustimmen. Und leider lassen diese modernen Vampire einen schnell glauben, nur gutaussehende LARPer könnten Erotik im Vampire Live verkörpern.

Und gerade, weil dies ein so spannendes Feld ist, sollte man es wagen, im Vampire Live darauf einzugehen.

Gehört Erotik ins Vampire Live?

Kurze Antwort: ja, solange alle Beteiligten damit einverstanden sind.

Lange Antwort: Erotik ist eng mit dem Vampirmythos verbunden. Wenn in einer Live-Gruppe nicht gerade die entmenschlichten Bestien gespielt werden, die Vampire ursprünglich waren, ist sie ein Bestandteil des Vampirs, ebenso wie das Blut Trinken und übernatürliche Fähigkeiten. Weshalb sollte man diesen Aspekt also aus dem Spiel streichen, wenn er doch für viel Spannung sorgen kann?

Dabei ist es aber wichtig, sich auch außerhalb des Spiels mit dem Thema zu befassen. Denn Erotik im Vampire Live bedeutet nicht, knappe Gothic-Kleidung zu tragen und sich verheißungsvoll über den Rand des Rotweinglases anzuschauen. Vertrauen und Offenheit außerhalb des Spiels sind wichtige Bestandteile, damit auch intensive Situationen im Spiel nicht später zu Problemen führen, insbesondere wenn beteiligte Spieler sich in festen Partnerschaften befinden.

Erotik im Vampire Live – Was kann sie?

Wie bereits gesagt sind Vampire die perfekten Kandidaten für Erotik. Sie sind in unseren Köpfen bereits vielschichtige, tragische und geheimnisvolle Kreaturen. Dies erleichtert es ungemein, eben diesen verführerischen Part eines anderen Charakters mitzuspielen: Bringen wir die Darstellung eines Mitspielers mit unserem eigenen Bild von Vampiren in Einklang, entsteht ein spannendes Bild, das uns fesseln kann. Vor dem Hintergrund des riesigen Vampirmythos fällt es oft leichter, erotische Andeutungen ins Spiel einzubauen, als wenn man eine vollkommen unbekannte Rasse spielen würden. Im Spiel kann auch mithilfe der Erotik mit einer breiten Palette von Hintergründen gearbeitet und mit verschiedenen Aspekten des Vampirseins kokettiert werden.

Wie oben aufgeführt ist Erotik weit mehr als nur Sex. Da sie alle Sinne anspricht, kann sie Spielmomente deutlich mehr intensivieren, als eine Horde angreifender Feinde es könnte. Gerade Details können eine ungeheure Erotik ins Spiel bringen: ein bestimmtes Parfum, ein Fächer aus Federn, ein Kristallkelch, über dessen Rand man streicht. Wenn du dich nach Jahren noch an ein persönliches Gespräch mit einem anderen Charakter erinnerst, das dich berührt hat, am Ende eines Treffens, während die letzte Kerze langsam herunterbrannte – das ist Erotik.

Erotik kann aber auch Spannung erzeugen, indem sie Eigenschaften des Vampirs betont: Ein Vampir steht über den Regeln der Menschen. Er kann sich nehmen, was er will, und nur seine Artgenossen halten ihn davon ab. Er kann hassen, böse sein, nach Blut dürsten, Gewalt anwenden. Er kann all das tun, was uns als falsch und verwerflich beigebracht wurde. Der Vampir ist wie der Apfel am Baum der Erkenntnis: Gerade weil verboten ist, wofür er steht, ist er so verlockend. Das Spiel mit der dunklen Seite, die manchmal hervorblitzt, ohne dabei krampfhaft betont zu werden, kann eine sehr starke Wirkung haben. Der erotische Part ist dabei, diese düsteren Seiten nicht mit Gewalt ins Licht zu zerren, sondern Details davon ins Spiel zu tragen. Der alte Ring der verstorbenen Geliebten, die man selbst getötet hat, und der noch immer als Erinnerungsstück getragen wird, ist wesentlich geheimnisumwitterter, und damit anziehender, als jedem anderen Charakter auf die Nase zu binden, wie blutrünstig man ist.

Auch die sexualisierte Ebene des Vampirs kann das Spiel bereichern. Das Trinken von Blut ist bei Vampire: the Masquerade das vampirische Äquivalent zum menschlichen Sex. Und das kann vielfältig eingesetzt werden: eine kleine Flasche besonderen Blutes als Geschenk, ein Kristallkelch mit schwerem dicken Blut, ein Biss am Hals, aus dem ein Tropfen Blut rinnt, und vieles mehr. Vampire Live bietet die Möglichkeit zu experimentieren und zu reizen. Gleichzeitig besteht eine Abgrenzung zum normalen Leben, wo Blut nicht unbedingt als erotisch betrachtet wird.

Erotik im Vampire Live – Was soll sie?

Wie alles im LARP soll auch die Erotik als Spielelement nur eines: den Beteiligten outgame Spaß machen. Bei aller Theorie, was damit im Spiel bezweckt werden kann, und welche Metaebenen die Erotik bedient, steht der Spielspaß doch an erster Stelle. Die Charaktere dürfen leiden, fluchen oder peinlich berührt sein, solange die Spieler dahinter Spaß an der Sache haben.

Die erotische Ebene im Spiel soll dieses bereichern, aber nicht dauerhaft dominieren. Ein Zuviel wirkt schnell gewollt und wird langweilig und abstoßend. Das liegt in der Natur der Sache: Wenn Erotik mit Geheimnissen spielt, darf sie nicht alltäglich sein.

Erotik soll mit all ihren Facetten dazu führen, sich auf andere Charaktere einzulassen, und auch einmal die Komfortzone des eigenen Charakters zu verlassen. Sie ist ein Abenteuer, und im Idealfall schenkt sie Spielmomente, die man nicht mehr missen möchte.

Zugleich soll sie ein weiteres Thema sein, das im Rollenspiel auf verschiedenen Ebenen erfahren werden kann. Im Alltag wird sie kaum angesprochen, und wenn, dann eher hinter vorgehaltener Hand. Aber ebenso wie Hass, abgrundtiefe Verzweiflung und der Spaß an der Intrige kann die Erotik im Vampire Live ausprobiert werden.

Erotik im Vampire Live – Was darf sie?

Erotik darf vieles: Sie darf reizen, provozieren, sie darf (im Spiel) zu weit gehen. Sie darf Grenzen thematisieren und sich ausprobieren. Sie soll Spaß machen und im Gedächtnis bleiben.

Aber eine Sache ist ein absolutes Tabu: Das Wohlbefinden anderer Spieler ignorieren.

Das Thema Einverständnis ist hierbei ausschlaggebend: Nur, wenn der Spieler bereit ist, sich auf etwas einzulassen, darf man dies auch von seinem Charakter verlangen. Egal, wie intensiv ein Moment auch sein mag und wie vielversprechend man ihn findet, in dem Moment, in dem der Mitspieler sich unbehaglich fühlt, macht man nicht weiter. Nicht jeder ist gleich offen, und was für den Einen vollkommen alltäglich scheint, kann für den Nächsten schon längst eine Grenze überschritten haben. Der Eine findet eine vertrauliche Berührung an der Schulter bereits prickelnd, der andere will für dasselbe Gefühl gepackt und an eine Wand gedrückt werden.

Manche Spieler neigen dazu, aus Sorge, eine Szene zu zerstören, an der andere Spaß haben, ihr eigenes Unwohlsein zu unterdrücken. Dass man in intensiven Szenen ein Auge darauf hat, sollte deshalb klar sein. Wer dazu nicht bereit ist, sollte gar nicht erst spielen.

Wichtig sind klare Grenzen, die von den Beteiligten gezogen werden. Nicht jeder wird gerne umarmt, und manche Spieler halten sich aus Rücksicht auf ihre Partner zurück. Wer im Spiel richtig loslegt, sollte vorher kurz erfragen, wie weit er gehen darf, und ggf. ein dezentes Zeichen vereinbaren, wann das Gegenüber nicht weitergehen will.

Und nicht zuletzt sollte klar sein, dass erotische Momente im Spiel nicht bedeuten, dass außerhalb des Spiels eine Beziehung angestrebt wird. Im Zweifelsfall gehe davon aus, dass eine enge Verbindung im Spiel auch wirklich nur im Spiel besteht, und frage nach, ob der andere auch outgame Interesse an mehr hat.

Ebenso müssen die Spieler darauf vertrauen können, nach einem Spiel nicht das Ziel von dummen Witzen zu sein. Ohne Vertrauen und offene Kommunikation außerhalb des Spiels sollte Erotik im Spiel deshalb gemieden werden

Fazit

Erotik gehört zu Vampiren und damit auch zum Vampire Live. Dabei ist sie weit mehr als Sex und bietet eine breite Palette an Möglichkeiten, das Wesen des Vampirs zu erkunden und auszuleben. Sie kann in allen Spielarten ausprobiert werden: von einer subtilen Verführung bis hin zur Überwältigung und Unterwerfung des anderen.

Entscheidend ist, dass alle Beteiligten sich outgame wohl dabei fühlen und im Spiel keine Grenzen überschritten werden, die Spieler gesetzt haben. Denn eines ist Erotik im Vampire Live ganz sicher nicht: eine Ausrede, anderen auf die Pelle zu rücken.

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Artikelbild: Andrey Kiselev | fotolia

LARP-Basar, das Einkaufsportal für Liverollenspieler im Internet

 

51 Kommentare

  1. Eigene Erfahrung, die mir beim Artikel einfällt:
    Hab im Jahr 2009 im Live eine Frau getroffen, die ich zunächst auch nur im Spiel kannte. Unsere Charaktere waren kurz darauf ein Paar. Die Liebelei schwappte ins OT über. Mittlerweile sind wir seit sieben Jahren zusammen und noch dazu glücklich verheiratet. ;)
    Also, passt auf, wen ihr im Live beißt, wenn ihr euer Leben lang auf die Frage „Wie habt ihr euch eigentlich kennen gelernt?“ breit und zufrieden grinsen möchtet. ;)

  2. Zum Thema Erotik im LARP und speziell Vampire gab’s bei den Blutschwertern mal ne interessante Diakussion: http://blutschwerter.de/thema/swinger-larp.15801/page-5 (ab etwa Post #95).

    In Berlin haben wir mit der Nuit Du Sang bei Maskerade und später dem Salon Du Sang bei Requiem sehr gute Erfahrungen gemacht und im Laufe der Zeit bestimmt an die 30-40 dezidierte „Erotik-Sessions“ für interessierte Spieler gemacht, meist im kleinen Kreis, in einer Privatwohnung und meist sehr schön :)

  3. Ich find den Artikel nicht gut. Oberlehrerhafte Aneinanderreihung von Selbstverständlichkeiten und platten Beispielen. Informations- und Inspirationsgehalt fast 0. Es muss einvernehmlich passieren? Echt jetzt?

    • Tut mir leid, dass der Artikel Deinen Geschmack nicht trifft. Welche Beispiele fehlen Dir denn?

      Punkte wie Einvernehmlichkeit sind natürlich Selbstverständlichkeiten, die man eigentlich nicht mehr erwähnen sollte. Aber solche rudimentären Dinge sind leider immer noch nicht vollkommen selbstverständlich in unserer Zeit, und für mich gehören sie einfach dazu, wenn es um Themen wie Erotik geht.
      Ich denke, es ist besser, einmal zu oft daran zu erinnern und das Bewusstsein zu schärfen, nicht die eigene Einstellung bei anderen vorauszusetzen, als es einmal zu wenig zu tun. Denn auch sehr gute und erfahrene Larper, die großartige Darsteller sind, tappen manchmal in die Falle so sehr im eigenen Spiel gefangen zu sein, dass der Spielspaß der anderen untergeht.

    • Ja, es fehlt die praktische Anweisung, wie das zu erreichen ist. Gerade fehlendes Einfühlungsvermögen und falsche Annahmen führen im LARP zu peinlichen oder lästigen Situationen. Für jede Art von Spiel, die eben kein echter Flirt ist, braucht man klare Regeln. Zum Beispiel:
      – Eine No-Touch-Regeln für das gesamte Spiel.
      – In der BDSM-Szene ist ein „Ampel-Code“ verbreitet um zu signalisieren was ok ist und was zu weit gerade zu weit geht. Gibt es etwas analoges auch fürs Vampire Live?

    • So, jetzt endlich. :)

      Der Artikel ist überschrieben mit „Erotik im Vampire Live – Was kann, darf und soll sie?“

      Nun ja, was sie darf ist ausreichend abgehandelt – erhobene Zeigefinger gibt’s genug in dem Text. Aber darüber, was sie kann und was sie _im Vampire Live_ soll, schweigt sich der Artikel tatsächlich weitgehend aus. Denn es wird zwar theoretisch über Erotik im Allgemeinen und die Erotik von Vampiren im besonderen doziert. Aber im gesamten Text findet sich z.B. kein Satz darüber, wie Erotik und eines der Kernelemente von Vampire (live), dem Kampf gegen das Tier, zusammenhängen (können). Kein Absatz mit einem konkreten Beispiel, wie Erotik, dunkle Verführung und Intrige ineinandergreifen, zusammenspielen können. Dabei wird ihr Einsatz im Spiel doch gerade erst dadurch sinnvoll und verhindert das als Sorge mehrfach geäußerte Problem, als Vorwand fürs Fummeln zu dienen.

      Statt dessen heißt es zunächst: „Denn Erotik im Vampire Live bedeutet nicht […] sich verheißungsvoll über den Rand des Rotweinglases anzuschauen.“ – nur um dann mit äußerst oberflächlichen Beispielen wie „…ein Kristallkelch, über dessen Rand man streicht.“ oder „…ein Kristallkelch mit schwerem dicken Blut…“ zu kommen. Neben der unnötigen Wiederholung ist das fast schon ironisch.

      Ansonsten ergeht sich der Artikel eben in so allgemeinen und nicht im mindesten hilfreichen Aussagen wie „Im Spiel kann auch mithilfe der Erotik mit einer breiten Palette von Hintergründen gearbeitet und mit verschiedenen Aspekten des Vampirseins kokettiert werden.“ Was soll man denn damit bitte konkret anfangen?

      Allenfalls ist der Text dazu geeignet, einer besorgten Mutter zu zeigen, dass sich darum auch Gedanken gemacht wird – für einen auch nur mäßig erfahrenen Spieler ist er fast komplett unnütz, es sei denn er steht auf Kopfnicken. Denn inhaltlich falsch ist er ja nicht.

      Nein, das einzige konkrete, gelungene Beispiel für Erotik in dem Artikel ist das Foto vom Gesicht der Autorin. :P ;)

    • @Orkorkork: Einfühlungsvermögen kann man leider nur schwer beibringen. Da hilft nur das Bewusstsein beim anderen, dass er (noch) nicht sehr feinfühlig ist und der Lernwille, sich zu bessern. Aber zwingen kann man niemanden, mehr Einfühlungsvermögen zu entwickeln.
      Regeln, wie Du sie genannt hast, halte ich auf jeden Fall für sinnvoll. Die Ampelregel gibt es nicht allgemeingültig für jede Gruppe, da kommt es auf die jeweilige SL/ Gruppe an die einzuführen.

      @Andreas: Das ist die einzigartige Erotik bärtiger Frauen, die in dem Bild eingefangen wurde ;)
      Ich sehe, was Du meinst, und stimme Dir zu. Konkrete Beispiele fehlen in der Tat. Als ich den Artikel geschrieben hatte, lag mein Fokus darauf, dass Erotik keine Ausrede zum Fummeln ist und mehr beinhaltet, als einen tiefen Ausschnitt. Auch das Thema Einverständnis war mir sehr wichtig, daher wohl der erhobene Zeigefinger. Da sind die Beispiele hinten über gefallen.
      Die Kommentare zu diesem Artikel zeigen, dass das Thema noch weitaus mehr hergibt, und ich plane einen Folgeartikel zu schreiben. Vielleicht können wir uns dazu weiter austauschen und Ideen zusammentragen?

  4. Hallo,

    ich bin ein wenig erstaunt über diesen Artikel. Man muss vermutlich dazu sagen dass ich aus dem Pen und Paper Rollenspiel komme und darüber zum LARP – also auch Vampire Live gekommen bin. Meines Wissens nach beruht Vampire Live in der Regel auf der Welt von Vampire die Maskerade. Dort dient Sex aber nur noch der Beutebeschaffung (wofür es in der Regel auch 1000 andere Methoden gibt) oder dem Vortäuschen von Menschlichkeit (vlt. für Torris interessant). Da in der Regel die meisten Vampire Blutpunkte ausgeben müssten, um ab einer bestimmten Menschlichkeit Körpertemperatur etc. vorspielen zu können, gibt es aus meiner Sicht für die Jagd weniger „kost“spielige Varianten. Aus meiner Sicht spielt daher Sexualität beim auf Vampire die Maskerade beruhenden Vampire Live eine sehr untergeordnete Rolle.

    Damit will ich natürlich nicht sagen, dass dies nicht in anderen Systemen oder im Fantasy Larp völlig anders sein kann. Nur wurde hier explizit aufs Vampire Live eingegangen und das kenne ich persönlich nur beruhend auf der World of Darkness. Und dort haben Vampire weder einen Nutzen im Sinne von Arterhalt, noch im Sinne von Vergnügen durch Sexualität – es sei denn, es ist in dem Moment der sinnvollste Weg um an die eigentlich relevante Ressource: Blut zu kommen.

    • Ich verstehe ehrlich gesagt auch nicht den Teil der konkret Bezug auf Vampire die Maskerade nimmt: Welchen sexuellen Sinn soll das Verschenken (hoffentlich) menschlichen Blutes haben? Auch Liebe ist unter Kainskindern eher selten gesät und Blut das mir von einem potentiellen Konkurrenten um Ämter geschenkt wird, kann durchsetzt sein mit etwas, das mir schadet.

      Den Genuss von Blut darstellen finde ich da schon eher treffend – wenn es um das private Zusammenspiel mit Ghulen geht.

      Vielleicht fehlt mir für die anderen Bereichen (ausgehend vom Regelwerk) die Vorstellungskraft. Allerdings finde ich es befremdlich ein Spiel mit Erotik zu tränken, in dem die Charaktere an sich keinerlei Interesse an einem Teilen des Erotikäquivalents (Blut) mit anderen haben (bzw. nur in Ausnahmefällen).

    • Danke, deine Antworten treffen meine Gedanken ganz gut.
      Selbst mir als altem Schwarzträger ist das etwas zu gothic-schwärmerisch und deckt sich nicht wirklich mit meinem Bild der World of Darkness. Wobei ich zugeben muss, dass ich mich dabei nur auf die classic WoD beziehen kann, mit Requiem kenne ich mich kaum aus.
      Klar, eine gewisse Faszination entsteht schon aus dem Spiel der Macht, in der düster-romantischen Stimmung, die häufig mitschwingt… und es ist nicht abzustreiten, dass in der relevanten Literatur (und anderen Medien) sich das Bild vom Vampir immer mehr vom Monster hin zum begehrenswerten Ziel der Träume gewandelt hat. Aber im Kontext von WoD-Vampiren, egal ob Masquerade oder Dark Ages, ist es für mich eher ein Überschwappen des gothic Aspekts aus der Beschreibung der WoD als „gothic-punk“ in das Empfinden der Spieler, nicht etwas, das aus dem Inhalt des Spiels stammt.

      Disclaimer: vielleicht bin ich voreingenommen, weil ich schon in mehreren VampireLive Gruppen Outtime Spannungen aufgrund von „nur intime“ Flirtereien erlebt habe… und es in meiner Erfahrung eh zu einem ganz großen Teil diejenigen Spieler sind, die sich auf den Erotik Aspekt stürzen, die auch im realen (Club-) Leben eher ….offensiv… sind. (oder, um einen Bekannten zu zitieren, der sich damals durchaus lange und erfolgreich in der einen oder anderen Chronik aufgehalten hat: „Vampire sind eigentlich nicht so mein Ding, aber es spielen einfach so viele g***e Mädels mit“)

    • @Amyra: Im Artikel bin ich bewusst darauf eingegangen, dass Erotik weitaus mehr als Sexualität ist. Es ist wahr, dass vor dem Hintergrund der World of Darkness der reine Sex nichts mehr ist, was Vampire physisch anspricht. Das heißt aber nicht, dass sie unempfindlich gegen die knisternde Spannung in der Luft sind.
      Vieles hängt aber auch vom Setting und den jeweiligen Regeln ab. Es ist z.B. durchaus möglich regeltechnisch festzuhalten, dass Vampire die Körpertemperatur „normal“ halten können, weil es nun einmal keinem Spieler möglich ist, überzeugend seinen Körper auf Raumtemperatur zu senken. Auch beim verschenkten Blut kommt es sehr auf den Spielfokus an. Man kann durchaus argumentieren, dass der Reiz der Gefahr ein solches Geschenk anzunehmen den Beschenkten packt und kosten lässt, und dass nicht zwangsläufig jede Möglichkeit einen anderen Charakter zu vergiften wahrgenommen werden muss.
      Liebe halte ich für nicht vollkommen unüblich unter Vampiren, auch wenn sie durch die innere Bestie sehr schnell pervertiert wird. Aber jemanden zu lieben heißt ja nicht, dass es ein Happy End geben muss. Das bedeutet es nicht einmal unter Menschen. Ich finde es ein sehr tragisches und schönes Element, wenn ein Charakter einen anderen liebt und dies ausgenutzt wird oder die Beziehung auf grausamste Weise zu Bruch geht (gegangen wird). Denn nur, weil ein Vampir weiß, dass er sich nicht verlieben sollte, kann er kaum all seine Gefühle kontrollieren und das immer sicher verhindern.

      @Radezugast: Ich sehe es als eine Interpretation des Spieles, so wie es viele verschiedene Interpretationen gibt. Selbst innerhalb einer Chronik gibt es verschiedene Stile und Schwerpunkte, die bespielt werden.
      Aber ich stimme Dir auch zu, der düstere Teil des Spiels kam in diesem Artikel zu kurz. Ich richte meine Frage an Andreas auch an Dich: Ich würde gerne einen Folgeartikel schreiben und mich gerne auch mit Dir ein wenig dazu austauschen, um mehr Aspekte im nächsten Text aufzugreifen, wenn Du möchtest.

  5. Wie Frauke eingangs vollkommen richtig statuiert, verdient das Thema ein paar grundlegende Gedanken, leider bleibt der Artikel genau diese schuldig.

    Es fehlt eine trennscharfe Definition der notwendigen Begriffe: Erotik (Anziehung und Reize), Sex im Vampirkontext (das Trinken des Blutes) und der Vampirismus als Metapher auf menschliche (verbotene, beängstigende) Sexualität.

    Im Text selbst wird leider recht unsauber mit den Begriffen gearbeitet. „Wie oben aufgeführt ist Erotik weit mehr als nur Sex.“ Sex ist eben nicht einfach Teil der Erotik und vampirischer „Sex“ verlangt eine ganz eigene Betrachtung.

    Zudem ist die Erotik, da sie Anziehung und Reize zwischen Individuen beschreibt, nicht allgemein konkret fassbar: Die im Text beschworenen und der YA-Popkultur entliehenen Szenen, die Erotik im VL fassbar machen sollen, dürften für viele – mich eingeschlossen – nur bedingt anregend klingen.

    Der Artikel bleibt auch in allen weiteren, eigentlich notwendigen Punkten das Thema betreffend unbefriedigend. Neben jenen, die ANDREAS HARTMANN schon angesprochen hat: Wie sieht eine Zustimmung und Ablehnung erotischer Szenen im Spiel aus? Wie „nah“ darf es sein? Anlehnend an RABEZUGAST: Wann wird Erotik im Larp zum Selbstzweck und realem Vorspiel? Was erregt den Charakter, was den Spieler? Wo steht das Grundmotiv der Jagd? Was unterscheidet die Erotik zwischen Mensch und Vampir zu einer zwischen zwei Saugern?

    Gerade letzteres sehe ich als wichtigen Punkt; oft wird aus Mangel an menschlichen Charakteren einfach ein anderer Vampir zum Opfer gemacht, was die Figur in vielen Punkten degradiert.

    Mehr als bedenklich finde ich folgenden Ansatz: „Wie alles im LARP soll auch die Erotik als Spielelement nur eines: den Beteiligten outgame Spaß machen. Bei aller Theorie, was damit im Spiel bezweckt werden kann, und welche Metaebenen die Erotik bedient, steht der Spielspaß doch an erster Stelle.“

    Die WoD ist eine Welt der Mängel. Den Vampir definiert nicht das Bluttrinken sondern der Hunger. Vielen mag das Fummeln und Saugen greifbar mehr Spaß machen und mittelfristig Befriedigung bringen, aber es unterminiert als Selbstzweck das zentrale Thema des Spiels.

    Der Artikel lässt sich bedauerlicherweise als Alibi für genau diese Haltung verstehen.

    • Wie schon in der Antwort an Andreas geschrieben lag mein Fokus beim Schreiben darauf, dass Erotik mehr ist als nur Sex und dass das Einverständnis der Mitspieler wichtig ist. Dabei sind einige gute Punkt hinten über gefallen – ein großes Dankeschön, dass Du hier wichtige Punkte aufführst. Ich plane einen Folgeartikel und werde diese Ansätze dabei berücksichtigen. Vielleicht können wir uns dazu austauschen, wenn ich am Schreiben bin?
      Beim letzten von Dir genannten Punkt hatte ich das Thema Einverständnis im Kopf. Gerade, weil Erotik etwa sehr persönliches ist, ist das Wohlbefinden der Spieler wichtig. Vampire Live ist ein Hobby, und ein Hobby soll den Ausübenden etwas geben. Das können Spaß, Selbsterfahrung oder Ablenkung von anderen Dingen sein. Für mich ist wichtig, dass das, was im Spiel geschieht, eben dies erfüllt. Nicht jeder will das Spiel auf der Metaebene betrachten. Manche wollen einfach Spaß bei diesem Hobby haben. Wenn Erotik als Spielelement genutzt wird, muss sie auch offplay zum positiven Erlebnis des Hobbys beitragen. Ein furchtbar realistisches Vampire Live, das aber offplay Bauchschmerzen bereitet, finde ich kritisch.
      Das ist im Artikel etwas unglücklich formuliert, das gebe ich offen zu. Mag sein, dass einige den Text als Ausrede zum Vorspiel während des Spiels nutzen. Ich sehe auch durchaus den Rahmen, bei der nicht optimalen Ausgangslage des Fummelns, weil die Spieler fummeln wollen, mehr Tiefe ins Spiel zu bringen. Das kostet sicherlich Zeit, aber viele Spieler sind gerne bereit, sich tiefergehend damit zu beschäftigen, wenn man sich die Zeit nimmt, das mit ihnen durchzugehen.

  6. Aber es gibt doch eigentlich gar nicht, das Vampire Live!

    https://www.teilzeithelden.de/2016/11/21/es-gibt-nicht-das-vampire-live/

    Schade, dass dem nicht einmal das Fazit dieser exakt 2.000-Wörter-Generalisierung gerecht wird. ? Das ist halt das Problem, wenn die Schreiberin nur ihr Vampire Live kennt und sobald es in die inhaltliche Tiefe und Kritik geht, keine Antworten mehr kommen.

    Dieser Artikel ist kein DIY-Guide, kein Review, keine Anleitung. Vielleicht könnte man von einer Kolumne reden, aber dafür ist es in der falschen Form geschrieben. Wenn sie wenigsten schreiben würde, dass es so in der Katharsis läuft, dann wäre es ja in Ordnung, auch wenn ich mir mehr echten und gelebten Inhalt und weniger Leere wünschen würde. Aber Frauke wird definitiv ihrem eigenen Anspruch nicht gerecht.

    Ggf. ist es ja auch dem Mangel an qualifizierten Autoren und Inhalten geschuldet, dass Ihr sowas veröffentlichen müsst – aber fällt Eurem Lektorat sowas nicht auf oder ist es Euch schlichtweg egal? Hauptsache die Masse stimmt?

  7. Vielen Dank für die wirklich guten Antworten und weiteren Gedankengängen. Gebt mir bitte einen Moment, um in Ruhe darauf zu antworten. Nach dem Wochenende habe ich wieder Zeit dafür.

  8. Lol VtM und vampier Larp ist zum glück tod
    Ja 90 kg Elfe mach mal auf Erotik
    Oh sorry natürlich 89 kg Tori
    Warme Luft zu verbrauchten thema
    Man sieht mal wieder wie klitzer Vampire die Leute verdummt
    Hinz und Kunz sind kei Callen Holywood schauspieler und 95 % der Toris keine Angelina
    Lasst doch das lengst tode Vampier Larp entlich eingegraben
    Und jeder der jetzt schreit LARP ist nicht Tod schaut euch mal die larp kalender der letzten 10 jahre an LARP ist Tod !

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