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Vier Jahre sind seit dem Bürgerkrieg im Königreich Aldren vergangen, ein neuer König sitzt auf dem Thron und die Machtverhältnisse haben sich stark verschoben. In Felix A. Münters Low-Fantasy-Roman Königsretter müssen die Brüder George und Foster Ashmen von ganz unten anfangen. Doch leider kommt dem Leser dabei einiges allzu bekannt vor.

Dynastie, der Titel der Buchreihe, gibt dem Leser bereits einen deutlichen Hinweis auf den Inhalt von Königsretter und kommender Fortsetzungen. Der Roman erzählt im Zeitraffer die Geschichte des Hauses Ashmen, das bereits vor Beginn des Romans untergegangen ist und neu gegründet wird. Dabei verwendet Felix A. Münter (noch) keine Fantasy-Elemente; Magie oder übernatürliche Entitäten kommen überhaupt nicht vor. Der einzige phantastische Teil der Geschichte ist der Handlungsort, den es jedoch so oder so ähnlich im Mittelalter gegeben haben könnte. Zahlreiche Autoren haben bewiesen, dass der sparsame Einsatz von phantastischen Elementen nicht unbedingt schlecht für eine Geschichte sein muss, allen voran George R. R. Martin mit Das Lied von Eis und Feuer. Der Autor hat die Bücher von George R. R. Martin offensichtlich auch gelesen und sich von ihnen leider etwas zu sehr „inspirieren“ lassen.

Story

Die Lage für die Brüder George und Foster Ashmen ist zu Beginn des Romans mehr als prekär. Ihr Haus ist nach einem blutigen Bürgerkrieg untergegangen und beide sind ihres Standes beraubt. Ihr Vater, der im Bürgerkrieg zu dem vom Thron gestoßenen und ermordeten ehemaligen König Olys Wildflower hielt, hat gebrochen und allen Besitzes beraubt Selbstmord begangen. Die Brüder müssen sich nun als Söldner durchschlagen und können nicht weiter als zur nächsten Mahlzeit planen.

Nachdem sie einen alten Bekannten ihres Vaters treffen, scheint es für die Brüder bergauf zu gehen. Sie werden von dem ältlichen Ritter Osmon Brier angeheuert und protegiert, und beide führen wieder ihren Adelstitel. Dies tun sie allerdings ohne Zustimmung des neuen Königs Gerith Youngblood, der ihrem Vater alle Titel und Besitztümer aberkannt hat. Daher spielen die Brüder und ihr neuer Herr ein gefährliches Spiel.

Der Roman zeigt starke Ähnlichkeiten mit Das Lied von Eis und Feuer.

Wem das politische Szenario zu Beginn von Königsretter bekannt vorkommt, der sollte sich nicht wundern, denn es ist auch die politische Lage zu Beginn von Das Lied von Eis und Feuer. Leider bleibt es nicht bei dieser einen frappierenden Ähnlichkeit. Es gibt in Königsretter beispielsweise Entsprechungen zu der Königsgarde, Valyrischem Stahl, Maestern, Gottesurteil durch Kampf und der gesamten Aufteilung von Macht durch Häuser, Lords und Ritter, die George R. R. Martin in seinem Epos Das Lied von Eis und Feuer verwendet. Dies sorgt beim Leser für andauernde Missstimmung und zieht sich durch den gesamten Roman; jedes Mal, wenn man als Leser hofft, dass der Autor sich nun besonnen hat und beginnt, eigene Ideen zu verwenden, wird das nächste Konzept von Das Lied von Eis und Feuer benutzt.

Nachdem Osmon Brier und seine neuen Schützlinge für den neuen König in den Krieg gegen das benachbarte Königreich Librado ziehen, baut der Autor oft Zeitsprünge von Monaten oder sogar Jahren ein. Zudem gibt es lange Passagen, in der nur die Entwicklung des Krieges, einzelner Häuser oder Teile des Reiches beschrieben wird. Diese Passagen schaden dem Buch jedoch nicht und erzeugen Spannung; es ist durchaus interessant, der Entwicklung des Hauses Ashmen zuzuschauen, auch wenn sich selbst der Erzählstil stark an George R. R. Martin orientiert. Teilweise fiebert man als Leser mit dem Haus Ashmen mit und fragt sich, ob sie ihren Aufstieg weiter fortsetzen können. Manchmal wird die Handlung aber auch allzu vorhersehbar.

Die Welt von Königsretter ist ein recht generisches Mittelalter-Setting. Es hat bis auf die erwähnten Anleihen von Das Lied von Eis und Feuer keine besonders hervorstechenden Merkmale. Auch hier hätte der Autor durchaus mehr Zeit in die Entwicklung eigener Ideen stecken können.

Der Roman dreht sich einerseits um die politische Entwicklung und die Kriege des Königreichs Aldren und den Aufstieg und Fall der Adelshäuser. Andererseits stehen auch die handelnden Charaktere im Mittelpunkt; meistens sind dies die Brüder Ashmen und ihre Angehörigen sowie die Königsfamilie. Dabei sind die Charaktere meist etwas zweidimensional und farblos, aber nicht unglaubwürdig. Dennoch fällt es schwer, eine emotionale Beziehung zu den Handelnden aufzubauen.

Schreibstil

Felix A. Münter wählt für die Geschichte von Königsretter einen auktorialen Erzähler. Im Grunde genommen werden zwei verschiedene Stile verwendet. Es werden ganze Phasen in der Geschichte ausschließlich vom Erzähler vorgetragen; dabei werden in erster Linie politische Ereignisse, die Entwicklung des Krieges und die Geschicke des Hauses Ashmen beleuchtet. Dann wieder stehen die Brüder Ashmen oder deren Angehörige im Zentrum der Handlung, die dann auch durchaus dialoglastig wird.

Der Schreibstil ist recht flüssig und gut zu lesen, nur gelegentliche Rechtschreib- und Grammatikfehler stören etwas. Insgesamt bedient sich der Autor einer recht einfachen Sprache, ohne dass das Lesevergnügen davon allzu sehr beeinflusst würde.

Der Autor

Felix A. Münter wurde 1985 in Dortmund geboren und studierte dort angewandte Sozialwissenschaften. Er ist als Freiberufler im Sozial- und Gesundheitswesen sowie als Autor tätig. 2014 veröffentlichte er seinen Debütroman Neue Hoffnung und wurde dafür mit dem RPC Fantasy Award ausgezeichnet. Die Romane von Felix A. Münter sind verschiedenen Genres der Phantastik zuzuordnen. Er war in den Jahren 2015 und 2016 Lektor bei den Teilzeithelden.

Redakteurin Julia hat bereits einen Roman von Felix A. Münter besprochen. Hier findet ihr die Rezension von Kaisersturz.

Erscheinungsbild

Auf dem Cover von Königsretter sieht man das Wappen des Hauses Ashmen, die schwarze Schildkröte auf grauem Grund. Darunter sieht man die Worte des Hauses Ashmen. Der Rest des Buchumschlages ist in schwarz gehalten. Leider wirken die Grafiken, als wären sie in einer zu niedrigen Auflösung an die Druckerei gegangen. Das führt zu einem etwas billigen Eindruck. Zudem fällt auf, dass das Cover wenig überraschend dem Cover der Das Lied von Eis und Feuer-Bücher ähnelt.

Die Schrift ist leicht und angenehm zu lesen. Leider sind dem Lektorat einige Rechtschreib- und Grammatikfehler entgangen. Dies stört den Lesefluss etwas, ist jedoch nicht maßgeblich.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Papierverzierer
  • Autor: Felix A. Münter
  • Erscheinungsdatum: 29. März 2018
  • Sprache: Deutsch
  • Format: Hardcover
  • Seitenanzahl: 586 Seiten
  • ISBN: 978-3-95962-253-0
  • Preis: 19,95 EUR
  • Bezugsquelle: Amazon

 

Bonus/Downloadcontent

Auf Amazon gibt es den üblichen Blick ins Buch. Im Anhang findet man eine nützliche Übersicht über die verschiedenen Adelshäuser Aldrens sowie über die handelnden Charaktere. Eine Karte hätte dem Buch zusätzlich gutgetan.

Fazit

Mit Königsretter legt Felix A. Münter einen Low-Fantasy-Roman vor, der den Auftakt zu einer Buchreihe um die Geschicke des Hauses Ashmen und die beiden Brüder George und Foster bilden soll. Dabei wird die Geschichte teilweise im Zeitraffer erzählt und man kann die Entwicklung des Königreichs mehrere Jahre mitverfolgen. Leider merkt der Leser jedoch schnell, dass sich der Autor bei George R. R. Martin bedient hat.

Der vorgelegte Roman ist nicht weniger als ein Offenbarungseid für Autor und Verlag. Wer sich derartig eindeutig bei einem anderen Autor bedient, muss sich die Frage gefallen lassen, wo genau eigentlich die kreative Leistung in seinem Buch liegt bzw. warum ein solches Buch verlegt werden muss. Dabei fällt noch mehr ins Gewicht, dass Königsretter streckenweise durchaus Spaß macht und Spannung erzeugt, was zeigt, dass es der Autor durchaus besser machen könnte. Jedoch wird der Leser immer wieder daran erinnert, dass der Autor kaum eigene Ideen in das Werk eingebracht hat. Darin steckt auch eine gewisse Respektlosigkeit gegenüber dem Leser.

Leider gibt es niemandem, dem man dieses Buch empfehlen könnte. Wer Das Lied von Eis und Feuer noch nicht gelesen hat, sollte das schleunigst nachholen und einen Bogen um Königsretter schlagen. Warum eine Kopie lesen, wenn man das Original haben kann? Wer wiederum Das Lied von Eis und Feuer schon gelesen hat, benötigt auch keinen Abklatsch davon.

Mit Tendenz nach Unten

Wenn man außen vor lässt, welche Ähnlichkeiten der Roman zu Game of Thrones hat trotz aller historisch-gleichen Inspiration…

Wer Das Lied von Eis und Feuer von George R. R. Martin nicht kennt und sich auch für eine möglich gleiche Inspiration im Rahmen der englischen Erbfolgekriege nicht interessiert, für den mag der Roman von Felix A. Münter durchaus einen etwas höheren Reiz bieten.

Zwar sind die Charaktere meist etwas zweidimensional und farblos und es fällt schwer, eine emotionale Beziehung zu den Handelnden aufzubauen; dennoch handeln sie nicht unglaubwürdig. Zudem erzeugt der Roman durchaus Spannung und macht Spaß, da man bei der Entwicklung des Hauses Ashmen mitfiebert, auch wenn die Handlung manchmal etwas vorhersehbar ist.

Der Schreibstil ist recht flüssig und gut zu lesen, auch wenn er immer wieder von Rechtschreib- und Grammatikfehlern unterbrochen wird. Daher komme ich in diesem Fall zu einer etwas besseren Bewertung.

Artikelbild: Papierverzierer Verlag, Bearbeitet von Verena Bach
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

 

Über den Autor

David Gieges ist Sohn zweier Buchhändler und hat selbst diesen wunderbaren Beruf ergriffen. Wenig überraschend liebt er Literatur und ist über Tolkien, Perry Rhodan und Douglas Adams zur Phantastik gekommen. Er schätzt  möglichst komplizierte Brettspiele, Pen&Paper und alles, was nerdig ist. David lebt in Hamburg und schreibt neben Artikeln für die Teilzeithelden auch gerne Kurzgeschichten.

 

 

 

5 Kommentare

  1. Spannend, wie Meinungen auseinander gehen können. Ich habe mich großartig unterhalten gefühlt, trotz das ich GRR Martin für einen schwachen Autor halte, von dem sich Münter vielleicht hat inspirieren lassen. Ein kurzer Blick auf die Amazon Bewertungen zeigt durchaus auch ein anderes Bild, ich war nämlich kurz verblüfft und wollte mal schauen, was andere so geschrieben haben.
    Am Schluss muss man sich vielleicht doch selbst ein eigenes Bild machen, was bei dem derzeitigen Preis des e-books ja kein Problem darstellen sollte.

  2. Ich bin normalerweise ruhig und äußere mich zu Besprechungen meiner Bücher nicht. Hier komme ich nicht drumherum.

    Wenn die Konzepte von Feudalismus, königlicher Leibwachen, Hofhaltung und Haushofmeistern auf einmal nicht mehr historisch verbürgt sind sondern GRRM zugeschrieben werden, dann läuft etwas sehr falsch. Auch hat GRRM nicht das Konzept besonderer Stähle oder Schmiedetechniken erfunden, es ist historisch verbrieft. Einem Autoren vorzuwerfen, er habe bei GRRM abgeschrieben, weil er dieee Konzepte ebenfalls verwendet, ist bestenfalls fragwürdig.

    Ich bin zu vielen konstruktiven Diskussion jederzeit bereit. Wenn das allerdings einen Kern euer Kritik ausmacht, dann ist die Kritik nicht ernstzunehmen.

  3. Zitat: Leider gibt es niemandem, dem man dieses Buch empfehlen könnte. Wer Das Lied von Eis und Feuer noch nicht gelesen hat, sollte das schleunigst nachholen und einen Bogen um Königsretter schlagen. Warum eine Kopie lesen, wenn man das Original haben kann? Wer wiederum Das Lied von Eis und Feuer schon gelesen hat, benötigt auch keinen Abklatsch davon.

    Ganz ehrlich, vielleicht sollte der „Gastautor“ mal etwas anderes lesen als GRRM Bücher. Vielleicht sogar mal was historisches???

  4. „Es gibt in Königsretter beispielsweise Entsprechungen zu der Königsgarde, Valyrischem Stahl, Maestern, Gottesurteil durch Kampf und der gesamten Aufteilung von Macht durch Häuser, Lords und Ritter, die George R. R. Martin in seinem Epos Das Lied von Eis und Feuer verwendet.“ – Ich bin auf euren Verriss von Der Ulldart Saga von Heitz oder der Witcher Reihe von Sapkowski gespannt, wenn das eure derzeitige Meßlatte ist diese tatsächlichen Gesellschaftsstrukturen als G.R.R Martins Erfindung hinzustellen. Dann möchte ich aber auch bei jedem von euch rezensierten Roman der Fanatsyelement beinhaltet die Tolkienkeule von euch sehen, dass man, dann dort auch lieber zum Orignal greifen sollte. Dagegen findet man zu zu Sachen die diskutable sind und in eine Rezension gehören sollten, wie beispielsweise Charakterdarstellung und deren Literarisiering im Roman, leider nur Halbsätze, die einem gar keinen Aufschluss für den/die Leser/in geben.

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