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Ging im vergangenen Jahr das DrachenFest als Schlammageddon in die Annalen ein, war es in diesem Jahr das ConQuest, dass als Wüstenversion Mythodeas seine TeilnehmerInnen verbrannte und Schlachten in Schwaden von heißen Staubwolken zu ersticken suchte. Dichtem Plotspiel und den üblichen Scharmützeln tat das indes keinen Abbruch.

„Wie geht’s?“ – „Zu heiß!“

La-la-la-Lasersonne. Der (eingefleischten Mythodeanern) bekannte Singsang wurde in diesem Jahr wohl auch dem letzten Neuling eingetrichtert. Wolken waren ein seltener Anblick, kurze Regenschauer verdampften nahezu sofort und malten höchstens Muster in den Staub auf Zeltdächern und Pavillons. Temperaturen bis über 35 Grad forderten den TeilnehmerInnen einiges ab.

Normalerweise ist das ConQuest of Mythodea wie fast jedes LARP ein Urlaub vom “richtigen” Leben. Abschalten von Alltagsgedöns, E-Mails, plingenden Messengern, usw. In diesem Jahr wurde indes jede Stunde in der prallen Sonne zu einer besonderen Herausforderung. Egal ob schwer gerüstet in der Schlacht oder leichter gewandet in den Bannern oder an Plotlocations: Brokeloher Lasersonne, Staubschwaden und stehende Luft kombiniert waren eine Belastungsprobe für Spieler wie Team.

Ein langer Kampftag geht zu Ende. Ein letztes Mal Staub atmen, bevor abseits der Schlachtenwiesen Plot und Trubel ihre Fortsetzung finden.

Sandplatz vorm Zelt

Statt zahlloser Lagerfeuer erleuchteten in diesem Jahr vorwiegend Kerzen in Windlichtern die Zeltstädte und Lagerwege. Dort, wo sonst Feuerkörbe und -pfannen standen, befanden sich in diesem Jahr: Sandflecken. Live Adventure schüttete Anfang der ConQuest-Woche an mehreren Stellen Sandberge auf, an denen sich Spieler wie NSCs bedienen konnten, um vor ihren Zelten lauschige Raucher- und Kochinseln zu schaffen. Unterstützend zur tropischen Witterung gab es also Sand, in den man seine nackten Zehen graben konnte: Bestes Südseefeeling während der Siestazeiten.

Nach Wochen ohne Regen und bei hochsommerlichen Temperaturen galt in Niedersachsen Waldbrandstufe vier. Offene Feuer, wie sonst üblich und erlaubt, waren in diesem Jahr untersagt. Unter jedem Kochfeuer musste besagter Sand aufgeschüttet werden, Rauchen war nur auf asphaltierten Wegen und auf Sand gestattet. Der Vorteil der Hitze war indes, dass wärmendes Lagerfeuer abends nicht nötig war.

Live Adventure (LA) wurde unterstützt von der Freiwilligen Feuerwehr und bewässerte bis kurz vor Spielbeginn regelmäßig Waldränder sowie gelegentlich Wege oder Lagerwiesen. Während des ConQuest selbst stand ein Wagen der Feuerwehr des öfteren am Rande der „handlungsintensiven“ Wiesen, um Spieler wie NSCs per Dusche abzukühlen.

Zwei der letzten Vahatar, der Schwertträger Mythodeas, während der Rituale zur Zerstörung der Throne.

Einmal episch für alle

LA zog mit dem 15. ConQuest einen Schlussstrich unter zahlreiche Plots und Fehden. Den Plot eines mythodeanischen LARP wiederzugeben sei den hunderten Seiten des Plotbuchs überlassen. Doch um die Fülle großer und beeindruckender Momente wenigstens anzudeuten, seien ein paar Beispiele aufgezählt.

Was sich in den letzten Jahren in einem verkappten Ränkespiel zwischen den Lairdoms des Untoten Fleisches anbahnte, wurde in diesem Jahr vollzogen: Der Untod hat eine neue Knochenkönigin. Als Vision erschien sie den Spielern gegen Ende des ConQuest:

Lady Igraina, Laird von Barrenbay, starb für die Auferstehung einer neuen Knochenkönigin einen Märtyrertod. Ihr Lairdom zog nach ihrem Tod führungslos und bis aufs Blut gereizt in letzte Schlachten gegen die Siedler Mythodeas.

Gariann hal’Heledir, die Nyame des Südens, wurde während eines Rituals von Emmeline, Laird des Lairdoms Flowerfield, niedergerungen. Während die neue Knochenkönigin ihrem neuen Lieblingskind vom Festungsturm herab Unterstützung angedeihen ließ. Karl Weber, Archont der Dornen, wurde von Shey Ksun Aret getötet. Sie selbst wurde schlussendlich vernichtet und nicht mehr wiedergeboren.

Zwei der verbliebenen Vahatar, Andreana O’Kinsey und Trauguid, opferten sich in einer bewegenden Zeremonie für die Zerstörung des goldenen sowie des schwarzen Throns. Die Negation ist nicht mehr.

Neben solch bereits bekannten großen Figuren brachten in diesem Jahr alle vier Lairdoms des Untoten Fleisches je eine Nemesis mit ins Feld. Joseph, der Fleischnäher, war die von Silent Hill ins Spiel gebrachte Kampfplotherausforderung für das Banner der Einheit. Corpsedale brachte ihre Glocke, Barrenbay schickte einen Abt, Flowerfield entsandte Ni’Shanhaz. Die Spieler waren gefordert, verschiedene Artefakte zu erbeuten oder Dinge herzustellen, um den Nemesis ihre Kraft zu rauben und sie besiegbar zu machen. Fleischnäher Joseph beispielsweise zog deswegen immer wieder aufs Neue zum Banner der Einheit, was nicht nur zuteilungsbedingt war: Seine Spielsprache war englisch. Er sollte also dem vergleichsweise internationalen Lager eine größere Chance zur Teilnahme am Plot ermöglichen.

Bäumchen wechsel dich am Duschcontainer

Die sanitären Anlagen auf dem ConQuest standen, wie auch die Station der Johanniter, an den selben Orten wie in den vergangenen Jahren, zentral zwischen den Lagern bzw. zwischen SL-Dorf und Stadt. Über die rot-grüne Discobeleuchtung der Klokabinen ärgerten sich die einen, während die anderen glücklich waren, überhaupt feste WCs vorzufinden. Problematisch verlief in diesem Jahr die Freigabe der Wasserhähne für Trinkwasser. Was in den Jahren zuvor stets reibungslos klappte, zog sich in diesem Jahr. Im NSC-Lager hingen die Schilder mit der Aufschrift „Kein Trinkwasser!“ bis zum letzten Tag. Was aber keine Nachlässigkeit seitens des Veranstalters war, sondern offenbar am schlecht gereinigten Rohrsystem lag, das LA für das ConQuest ausleiht.

Anekdote am Rande: Für alltägliche Verwirrung sorgte die wechselnde Zuteilung der Duschcontainer im NSC-Lager. Die Schilder wechselten mehrfach die Seiten, was dazu führte, dass das jeweils andere Geschlecht sich zehn Duschen teilen – oder in komplett offenen Kabinen duschen musste. Zudem waren die Leihduschen in diesem Jahr anscheinend sonst auf Basketballspieler ausgelegt: Menschen bis etwa 165cm Körpergröße hatten es schwer, das Wasser zum Laufen zu bringen.

Immerhin: Über fehlendes warmes Wasser gab es im Prinzip keine Beschwerden. Das mythodeanische Wüstenklima sorgte dafür, dass jede kühle Dusche willkommen geheißen wurde. Bereits Schuhe anziehen oder Haare trocken rubbeln sorgten für den nächsten Schweißausbruch.

Die Banner marschieren auf, um die Festung einzunehmen
Die Banner marschieren auf, um die Festung einzunehmen

Kommt euch das spanisch vor?

LA entschied sich angesichts der Temperaturen für einen Siestaplan frei nach italienischem oder spanischem Vorbild: Große Schlachten sollte es während der Mittagspause nicht geben. So hatten die NSCs jeden Tag bis 13 Uhr und wieder ab etwa 17 Uhr „Dienst“. In den Stunden dazwischen lag nicht nur der Großteil der Verfemten Elemente flach im Schatten. Auch auf Spielerseite streckte sich die Mittagsruhe über mehrere Stunden. Ausnahme waren natürlich Festrollen, für sie gab es nur allzu oft während der Siesta kaum Ruhe.

„Orga und zumindest in unserem Lager auch die Spieler sind lobenswert professionell damit umgegangen“, berichtet Louise, Spielerin im Westlichen Siegel. „Die Feuerschutzbestimmungen wurden eingehalten und kontrolliert, ausgerückt wurde nur, nachdem es nicht mehr so heiß war. Klar, dass auch die SL keine Schlachten in der Mittagshitze ansetzte. Die Strategie, scheint mir, funktioniert zu haben: Ich habe für die Hitze erstaunlich wenig Johanniter-Einsätze beobachtet.“ Diesen subjektiven Eindruck teilten viele, mit denen ich sprach. Bei einem subjektiven Eindruck bleibt es allerdings, Zahlen liegen mir nicht vor.

Die Armee des Zweifels marschiert auf

Erhitzte Gemüter vorm Besucherturm

Ein weiteres Rekordhoch verbuchte der Veranstalter Live Adventure in diesem Jahr bezüglich der Besucherzahlen: rund 6000 SCs, 1500 NSCs sowie etwa 1500 Teilnehmer im Bereich der Händler/Barden/Gilden zählte LA. Dazu kommen ein paar hundert Teammitglieder. „Ein ordentlicher Zuwachs im Vergleich zum Vorjahr“, kommentiert Fabian Geuß von LA.

LARP ist schon längst kein Geheimtipp mehr. Für das ConQuest muss kaum noch die Werbetrommel gerührt werden. Eine Tatsache die, wieder dem individuellen Eindruck nach, zu oft für gestörtes Spiel sorgte: Besucher des Fantastica Marktes durften, so sie gewandet sind, auf das Spielgelände. Der Begriff „Gewandung“ wurde nach Ansicht einiger Teilnehmer aber allzu schwammig ausgelegt. Bereits auf dem ConQuest sowie hinterher mehrte sich Kritik an Menschen in Baumwollhemden und Jeans, die mit gezücktem Handy übers Gelände laufen.

Nicht wenige forderten daher ein Ende der „offenen Tür“. LA solle auf die paar Euro mehr verzichten und keine Tagestickets für Besucher mehr anbieten.

Was vom Tage bleibt

Auch nach 15 Jahren hat das ConQuest seinen Reiz nicht eingebüßt und entführt seine BesucherInnen in eine phantastische und durchdachte Welt. Dennoch tat man gut daran, einige Geschichten zu einem Ende zu führen, bevor sie sich selbst überleben.

Man darf also gespannt sein, was das weltgrößte Live-Rollenspiel 2019 für neue Ideen mit sich bringt, um Mythodea als lebendige Welt auszubauen.

Fotografien: Live Adventure

 

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2 Kommentare

  1. Leider ein Bericht, der sich eher an die Besucher richtet, als an Interessierte.
    Hier wurde bisschen viel mit dem CoM-Eigenem-Vokabular (insbesondere auf Namen bezogen) geschrieben und eigentlich alles, als bekannt vorausgesetzt.

    Ich war das letzte Mal 2010 auf dem CoM und alles was zum Plot da steht ist für mich leider nicht nachvollziehbar, genauso wie das etwas kryptische Ende. Den DF-Bericht fand ich da etwas offener adressiert.

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