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Die Besiedlung neuer Planeten hält so manche Überraschung parat. Für die Entdecker*innen aus Inhuman ist dies eine primitive, menschliche Zivilisation auf einem unbekannten Planeten. Auf der Suche nach Antworten müssen die Raumfahrer*innen dem mentalen Einfluss der Gottheit des Planeten widerstehen. Glücklicherweise ist eine Androidin Teil der Mannschaft!

Die Suche nach neuen Planeten zur Besiedlung ist ein häufiger Motivator in Science-Fiction-Geschichten. Die Gründe dafür sind vielseitig und reichen von Platzmangel bis hin zum Reiz neuer Reichtümer. Im Bereich der Graphic Novels wurde dieses Thema beispielsweise in der Anthologie Conquest oder Colony behandelt.

Mit Inhuman veröffentlicht der Splitter-Verlag eine weitere Geschichte in dieser Richtung. Die beiden Autor*innen Denis Bajram und Valérie Mangin versuchen sich mit Zeichner Thibaud de Rochebrune an einer fesselnden Geschichte in einem Einzelband. Ob ihnen das gelingt, überprüfen wir in unserem Kurzcheck.

Handlung & Charaktere

Auf der Suche nach einem neuen Planeten zur Besiedlung nähert sich das Raumschiff des Expeditionskorps einem vielversprechenden Ziel. An Bord ist neben den Besatzungsmitgliedern auch die Androidin Ellis, die der Crew bei der Mission behilflich ist.

Die Landung erfolgt nicht problemlos und nur dank der Hilfe mysteriöser Krakenwesen überlebt der Großteil der Besatzung. Diese muss anschließend zu ihrem Erstaunen feststellen, dass der Planet bereits von Menschen bewohnt ist, die sogar die Sprache der Entdecker*innen sprechen. Das Volk des Wassers zeigt äußerst primitive Züge, doch scheint perfekt an das Leben auf dem Planeten angepasst. Neben den täglichen Aufgaben für das Überleben ist ihr Handeln dem Gehorsam gegenüber dem Großen Hüter geprägt. Diese den Neuankömmlingen fremde Gottheit definiert aller Wahrnehmung nach die gesamte Kultur der Bewohner*innen.

© Splitter

Während die Gestrandeten nach einer Lösung suchen, müssen sie sich mit dem Verhalten der Einwohner*innen arrangieren, das schnell einen willenlosen, fast kontrollierten Eindruck macht. Unglücklicherweise verlieren auch die Raumfahrer*innen nach und nach die Kontrolle über ihre Handlungen. Schnell wird klar, dass der Androidin Ellis eine wichtige Rolle bei der Lösung dieses Rätsels zukommen wird.

Die Handlung von Inhuman zeichnet sich durch die Neugier über das Phänomen auf dem neuen Planeten aus. Das Autor*innenteam spielt geschickt mit schrittweisen Enthüllungen, um zunächst die Bewohner*innen der neuen Welt, ihre Situation und den Einfluss auf die Neuankömmlinge vorzustellen. Der allmähliche Verlust des freien Willens der Raumfahrer*innen liefert zusätzliche Spannung, da man nie vorhersehen kann, wen es als nächstes erwischt. Auf die Enthüllung am Ende wird somit sorgsam hingearbeitet, wenngleich die Auflösung etwas erzwungen wirkt.

© Splitter

Die größte Kritik muss man an den Charakteren äußern. Diese sind allesamt oberflächlich gestaltet und unterscheiden sich hauptsächlich durch ihre Funktion in der Besatzung, wie beispielsweise Kapitänin, Ärztin oder Sicherheitschef. Tatsächlich muss ich gestehen, dass ich mir bis auf Ellis‘ keinen anderen Namen gemerkt habe. Ebenso ähnlich ergeht es mit den Einheimischen des Planeten, die aufgrund ihres geistigen Zustands wie austauschbare Drohnen wirken. Leider sorgt das dafür, dass man als Leser*in keine Beziehung zu den Charakteren aufbaut und keine emotionale Bindung zu ihrem Schicksal möglich ist.

Zeichnungen & Kolorierung

Die visuelle Gestaltung ist simpel, aber ansprechend. Hintergründe werden bis auf wenige Ausnahmen karg gehalten, was besonders bei den Landschaften negativ ins Auge stechen kann. Einige seitenfüllende Shots bilden eine positive Ausnahme von der Regel. Dank der Vielfalt an Schauplätzen entsteht in den jeweiligen Abschnitten der Handlung eine eigenständige Atmosphäre.

Die Kolorierung ist ebenso praktikabel gehalten und setzt in den meisten Fällen auf wenige, ungesättigte Farben. Lichter und Schatten werden viele Male lediglich angedeutet, wodurch auf einem Großteil der Seiten der Eindruck von Flatart-Kolorierung entsteht.

Gewöhnungsbedürftig ist das Lettering der Texte. Die kursive Schreibschrift kann besonders bei größeren Sprechblasen anstrengend zu lesen sein.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Splitter
  • Autor*innen: Denis Bajram, Valérie Mangin
  • Zeichner*in: Thibaud de Rochebrune
  • Erscheinungsjahr: 2021
  • Sprache: Deutsch
  • Format: Hardcover
  • Seitenanzahl: 104
  • Preis: 24,00 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Amazon, idealo

 

Fazit

Inhuman weckt von Beginn an Neugier, weil man als Leser*in mehr über das seltsame Phänomen auf dem unbekannten Planeten herausfinden will. Die Nachforschungen der abgestürzten Entdecker*innen über die unerwartete menschliche Kolonie und deren Hörigkeit gegenüber einer höheren Macht versprechen ein spannendes Mysterium. Leider ist dieses auch der einzige Faktor, der die Motivation aufrechterhält.

Die Charaktere sind oberflächlich und uninteressant, sodass keine emotionale Bindung entsteht. Als die Protagonist*innen auf dem Weg zum Finale stets um ihre geistige Gesundheit kämpfen müssen, berührt das wenig. Das Ende selbst beantwortet alle Fragen auf eine zufriedenstellende Art und Weise, wirkt jedoch zu abrupt herbeigeführt. Zugutehalten muss man Inhuman jedoch, dass es zum kritischen Nachdenken über Vor- und Nachteile des freien Willens einlädt.

© Splitter

Die visuelle Gestaltung ist einfach gehalten, aber dennoch atmosphärisch. Positive und negative Ausreißer sind selten und treten auf beiden Seiten besonders bei Landschaftsbildern auf. Gewöhnungsbedürftig oder zumindest Geschmackssache ist das Lettering der Texte, dessen kursive Schreibschrift in einigen Sprechblasen anstrengend zu lesen ist.

Zusammenfassend ist Inhuman ein Werk mit einer Vielzahl interessanter Ansätze und einer in sich stimmigen Handlung, das leider aufgrund der uninteressanten Charaktere nicht aus der Masse hervorsticht. Als einmaliges Lesevergnügen habe ich es genossen, aber ein zwingender Bestandteil einer Graphic Novel Sammlung ist es meiner Ansicht nach nicht.

  • Suche nach der Lösung des Rätsels auf dem Planeten sorgt für Neugier
  • Einfache, aber atmosphärische Visualisierung
 

  • Uninteressante Charaktere, zu denen man keine Bindung aufbaut
  • Ende wirkt abrupt

 

 

Artikelbilder: © Splitter
Layout und Satz: Melanie Maria Mazur
Lektorat: Denise Hollas
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

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