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Alden Oaks ist Künstler … und Kultanhänger wider Willen. In Das letzte Ritual erzählt er seine Geschichte, die zum großen Feuer im Silver Gate Hotel von Arkham führte. Was eine Künstlerkommune und ein spanischer Surrealist damit zu tun haben, erfahren wir dabei auch.

Die Horror-Romane rund um Cthulhu und die anderen Geschöpfe Lovecrafts prägen Teile des Horrorgenres bereits seit fast einem Jahrhundert. Wenn auch zu Lebzeiten nahezu erfolg- und brotlos, erfreuen sich die Werke H.P. Lovecrafts heute großer Beliebtheit. Ob mit Tischrollenspiel, digitalen Spielen oder Brettspielen, auf nahezu jegliche erdenkliche Weise kann man in die Welt des Mythos und des kosmischen Grauens

Mit den Arkham Horror Files gesellt sich nun auch eine neue Buchreihe hinzu, die zum Teil auch Charaktere aus den beliebten Brettspielen mit sich bringt. Derzeit gibt es mit Das letzte Ritual und Litanei der Träume zwei der Romane auf Deutsch, wobei diese jeweils eine eigene, in sich geschlossene Geschichte erzählen. In diesem Artikel möchten wir Das letzte Ritual unter die Lupe nehmen.

Story

Die Geschichte entfaltet sich um den Künstler Alden Oaks, der scheinbar etwas widerwillig einem Reporter die wahre Geschichte des Brandes im Silver Gate Hotel von Arkham erzählt. Dies sind auch, neben der Tatsache, dass unser Protagonist der einzige Überlebende ist, alle Details, die die Lesenden am Anfang der Geschichte zu diesem Vorfall erhalten.

Fast ein Jahr vor dem Brand beginnt die Geschichte von Alden an einem Strand in Frankreich, wo sein College-Freund Preston Fairmont ihn findet. Alden stammt zwar aus Arkham, hat die letzten Jahre jedoch hauptsächlich auf Reisen in der ganzen Welt verbracht, um Inspiration für seine Kunst zu finden. Preston bringt freudige Neuigkeiten mit sich und lädt Alden zu einer Hochzeit im kommenden Jahr in Arkham ein. Der Haken an der Sache: Preston wird Aldens ehemalige Verlobte Minnie heiraten. Mit etwas Überzeugungskraft seitens seines College-Freundes willigt Alden schließlich ein, bis zum Herbst nach Arkham zurückzukehren. Dabei entgeht dem Künstler jedoch nicht, dass sein Freund sich leicht merkwürdig verhält und mit dem Fuß seltsame Symbole in den Sand malt.

Aufgestört von der Begegnung bricht Alden noch am nächsten Tag auf, doch nicht etwa in Richtung Arkham, sondern auf einen Roadtrip entlang der französischen Küste bis nach Spanien. Dabei macht er einige seltsame Erfahrungen, die er jedoch als Einbildungen eines unter Alkohol stehenden Gehirns abtut.
Schließlich kommt er wieder in Arkham an, wo sein Freund ihn freudig empfängt und dort mit seinen neuen Freund*innen in der gemeinsamen Heimat bekannt macht. Bald schon wird Alden in einen Strudel von mysteriösen Machenschaften und scheinbaren Taten eines Kultes rund um den geheimnisvollen Surrealisten Juan Hugo Balthazar aus Spanien verwickelt.

Mythos- und Franchise-Bezug

Es ist nicht schwer zu erraten, dass dieser Roman in eben jenem Arkham spielt, das H. P. Lovecraft vor beinahe einhundert Jahren mit seinen Werken erschuf. Dabei hat auch S. A. Sidor den Anspruch, die Lesenden auf eine Reise zu den unbeschreiblichen Grauen des Mythos mitzunehmen. Dies gelingt ihm auch recht gut, auch wenn der unterschwellige, langsam in die Gedanken des Lesenden kriechende Horror nicht ganz so effektiv funktioniert, wie er es bei Lovecraft tat. Trotz dessen schafft der Autor es, ein Gefühl von Unbehagen und unmittelbarer, wenn auch ungreifbarer Bedrohung zu vermitteln und die Geschichte vermag in ihren Bann zu ziehen. Dabei entfaltet sich die Handlung teilweise rasanter als eine explorierende Bombe und im nächsten Teil fließt sie wie ein träger Fluss vor sich hin. Letzteres benötigt die Geschichte aber aufgrund des teilweise schnellen Tempos auch, um dem Lesenden Zeit zu geben, sich wieder zu fassen, bevor die Geschichte erneut Fahrt aufnehmen kann. Manchmal sind diese Sprünge jedoch zu abrupt oder die langsamen Abschnitte zu lang und zu sehr mit Müßiggang erfüllt, dass man sich fragt, ob es in diesem Ausmaß nötig gewesen wäre, gerade auch aufgrund der Zeit, die währenddessen in der Geschichte verstreicht.

Der Roman steht in direktem Bezug zur Arkham Horror-Brettspiel-Serie und tatsächlich tauchen ein paar Charaktere aus eben jener auch auf. Am meisten steht dabei der Millionär Preston Fairmont im Vordergrund, der als Charakter auch in den Spielen auftaucht. Zusätzlich dazu tauchen im Buch noch mindestens zwei weitere Figuren der Spiele auf, die aber gern selbst entdeckt werden können. Abseits dieser drei Personen gibt es jedoch keinen großen Bezug zu den beliebten Brettspielen, was aufgrund der Vielfalt der Szenarien der Spiele ohnehin schwierig gewesen wäre. Der Roman gibt den wissbegierigen Lesenden aber etwas mehr Hintergrund für die Charaktere und sie fühlen sich etwas realer an.

Charaktere

Im Mittelpunkt der Geschichte steht der Künstler Alden Oaks, der immer tiefer in den Machenschaften eines Kultes versinkt und dabei verschiedenen bedrohlichen Kreaturen begegnet. Diese Begegnungen kosten Alden mehr als einmal beinahe das Leben, während er durch eben jenes stolpert und nach einem Ziel und einer Bestimmung sucht. Nach etwas, das seiner Kunst mehr Tiefgang und Bedeutung verleiht. Unglücklicherweise sind es genau diese Erfahrungen, die diesen Wunsch erfüllen und ihn schließlich auch berühmt machen sollen. Doch welchen Preis zahlt er dafür? Auch in Lovecrafts Werken kamen Künstler oft vor – dort waren sie durch ihre kreative Ader besonders empfänglich für die Wirrungen des Mythos. Und genau das Gleiche geschieht auch mit Alden, auch wenn am Anfang noch ein rationaler Verstand versucht, all das zu erklären.

Zur Seite steht ihm dabei die Schriftstellerin Nina, die er auf der Verlobungsfeier seines Freundes Preston kennenlernt und mit der er geradewegs in einen frischen Tatort stolpert, der kurz darauf verschwunden zu sein scheint. Nina ist hauptverantwortlich dafür, Alden davon zu überzeugen, dass merkwürdiges in Arkham vor sich geht und sie alle in Gefahr schweben.

Die Charaktere sind gut geschrieben und man kann sich gut in sie einfühlen – sowohl in die Haupt- als auch in die Nebencharaktere. Dem Autor gelingt es dabei, dass die Lesenden eine Beziehung zu Alden und Nina aufbauen und sich zwischendurch um deren Sicherheit und geistige Stabilität sorgen.

Schreibstil

Der Schreibstil ist flüssig und angenehm zu lesen. Ebenso sind die Bilder, die Sidor mit seinen Worten zeichnet, durchaus fantasieanregend. Ansprechend beschreibt er furchterregende Kreaturen und Rituale und auch die Umschreibung des unbeschreiblichen gelingen ihm insofern, dass sie schwammig genug sind, damit die Lesenden selbst Bilder in ihrem Köpfen heraufbeschwören können. Bilder von changierenden Farben, sich verändernden Formen und Mächten außerhalb des Vorstellbaren. Dinge, so schrecklich und furchtbar, dass allein der Gedanke daran nicht selten die Charaktere auf kurz oder lang in den Wahnsinn treiben könnte. Gut, dass das alles nur Fiktion ist.

Bei der Übersetzung hat Bernd Perplies, der selbst Fantasy-Autor ist, sehr gute Arbeit geleistet. Diese fühlt sich stimmig und passend an und zu keinem Zeitpunkt kommt das Gefühl auf, dass etwas schlecht übersetzt ist.

Der Autor

S.A. Sidor ist ein amerikanischer Autor aus der Nähe von Chicago. Das letzte Ritual ist dabei das bisher einzige von ihm auf Deutsch erschienene Buch. Er hat auf Englisch außerdem noch zwei weitere Romane in der Arkham-Horror-Reihe veröffentlicht.

Erscheinungsbild

Wir schauen auf die die Fassade des Silver Gate Hotels, hinter dem sich dunkle Schwingen erheben und ein Sturm zusammenbraut. Im unteren Teil des Titelbilds sieht man drei Gestalten, von denen eine in Roben gekleidet ist und einen Dolch in der einen Hand hält und eine Frau im Hochzeitskleid an der anderen Hand. Diese werden scheinbar von einem zweiten Mann im Anzug verfolgt.
Das Ganze ist im Art-Déco-Stil gehalten und wird von einem Rahmen im gleichen Stil umfasst. Das Titelbild wird von Schwarz- und Goldtönen dominiert und die Prägung des Taschenbuchs schimmert leicht.

Das Cover passt sehr gut zum Roman und so rundet das Erscheinungsbild ab.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Cross Cult
  • Autor*in(nen): S. A. Sidor
  • Erscheinungsdatum: 06.09.2021
  • Sprache: Deutsch (Aus dem Englischen übersetzt von Bernd Perplies)
  • Format: Taschenbuch
  • Seitenanzahl: 350 Seiten
  • ISBN: 978-3966584203
  • Preis: Taschenbuch: 15,00 EUR; Kindle: 9,99 EUR
  • Bezugsquelle Fachhandel, Amazon, idealo

 

Fazit

Der Roman von S. A. Sidor ist der Erste in einer Reihe von Romanen zu Arkham Horror. Dieser Auftakt gelingt gut und macht Lust auf mehr, ist jedoch auch keine Offenbarung. Wer gern eine angenehm zu lesende Geschichte mit teilweise vorhandenen aber nicht all zu ausgeprägten Grusel-Elementen lesen möchte, ist mit diesem Werk aber durchaus gut beraten.

Auffällig ist dabei, dass auf den etwas mehr als 350 Seiten eine lange Zeitspanne von fast einem Jahr Platz findet. Und in dieser Zeit passiert stellenweise sehr viel und dann monatelang nichts. Dabei stellt sich auch die Frage, weshalb so viel Zeit zwischen den Geschehnissen in der Geschichte liegt, in der nichts, oder scheinbar nichts, passiert, während sich bereits im nächsten Moment die Handlung überschlägt. Dadurch verschwindet zwischenzeitlich das Gefühl der lauernden Gefahr nicht nur beim Lesenden, sondern auch die Charaktere scheinen diese beinahe vergessen zu haben. Diese bricht kurz darauf wieder mit aller Macht auf uns herein und gegen Ende des Buches verbringt der Hauptcharakter wieder viele Wochen mit Nichtstun. Dies schmälert das Leseerlebnis leider etwas und macht es manchmal anstrengend, diesem wechselhaften Tempo zu folgen.

Die im Buch vorkommenden Kreaturen und Mächte sind als solche keine bei Lovecraft vorkommenden, lassen aber durchaus einige Anlehnung an dessen Schöpfung finden, sodass der Roman durchaus verdient den Bezug zur Arkham Horror-Reihe herstellt.

  • Guter Bezug zum Cthulhu-Mythos
  • Nachvollziehbare Charaktere
  • Bildhafte Beschreibungen
 

  • Teilweise sehr sprunghaftes Story-Pacing

 

Artikelbilder: © Cross Cult
Layout und Satz: Roger Lewin
Lektorat: Denise Hollas
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

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