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Intrigen, Morde, Verrat… immer häufiger spielen Fantasy-Romane mit diesen Elementen. Insbesondere wenn es um den Sturz eines Kaiserreichs geht. In Kaisersturz erschafft Felix A. Münter eine römisch angehauchte Welt, die durch Verrat dem Untergang geweiht ist. Ist die Geschichte so abgedroschen wie sie klingt?

Das Römische Reich: Aufstieg und Fall – In gewisser Weise wäre dies ebenfalls ein passender Titel für diesen Roman. Das weströmische Reich endete mit der Absetzung des letzten Kaisers Romulus Augustulus im Jahr 476. Bereits die vorangegangenen Jahre waren geplagt von Krieg und Verrat. Wendet man den Blick nun von der tatsächlichen Geschichte auf den Roman Kaisersturz, so fallen doch gewisse Parallelen ins Auge – auch hier endet ein Kaiserreich durch feindliche Übernahme, auch hier gibt es Legionäre, auch hier wird versucht, die alte Ordnung wiederherzustellen. Handelt es sich bei Kaisersturz also um einen pseudo-historischen Roman mit Fantasy-Elementen?

Story

Bereits seit über 800 Jahren steht Westrin unter kaiserlicher Herrschaft. Dem Volk geht es gut, der Handel floriert, Unruhen in der Bevölkerung gibt es nicht. Doch Westrins Nachbarn beneiden das Kaiserreich. Insbesondere Atanasio, der König der Fercino, wollte den westrinischen Reichtum für sich. Um sein Ziel zu erreichen, schloss er Allianzen mit Morleo, dem Hochkönig der Clans aus dem Norden, und den südländischen Al-Asmari. Die Westrinen und die Clans sind bereits seit vielen Jahren verfeindet; immer im Kampf um die Grenzterritorien. Unter der Führung von Atanasio stürzen die drei Völker Westrin ins Chaos und töten den Kaiser und seine Familie. Die feindliche Übernahme scheint geglückt, doch konnten die kaiserlichen Zwillinge mit Hilfe ihrer Leibgarde und einiger Hilfe entfliehen. Auch wenn die Zwillinge erst zwei Jahre alt sind, will Atanasio sie tot sehen. Nichts soll seine Herrschaft über Westrin gefährden. Es entwickelt sich ein regelrechtes Katz-und-Maus-Spiel zwischen der kleinen Gruppe um die Zwillinge und dem westrinischen Verräter Menas, der mit dem Tod der Kinder in Atanasios Gunst steigen will.

Währenddessen überziehen die Clans und die Al-Asmari Westrin mit Krieg. Die verbleibenden westrinischen Legionen sammeln sich um Offizier Nepos, der kurzerhand zum Strategoi ernannt wird. Doch sein Vorhaben, die feindlichen Truppen zurückzudrängen, scheint vergebens. So kommt es, dass sich die verbleibenden Legionen auf der Suche nach Unterstützung in den Osten, in die Region Himmelkamm, begeben.

Viele magisch begabte Charaktere lassen Weiterentwicklungen in Band 2 ahnen.

Felix A. Münter strickt noch viele weitere Handlungsstränge rund um Magie, Verrat und Krieg. Insbesondere die Magie spielt in Kaisersturz eine wichtige Rolle. Einer der vielen Hauptcharaktere, Brygos, ist ein so genannter Berührter. Seine Fähigkeiten sind im Prinzip grenzenlos – Gedankenkontrolle, Wandeln und Kämpfen auf der Astralebene, alles kein Problem. Doch auch die Blutmagie kommt nicht zu kurz. Atanasio greift viele Male auf seinen Blutmagier Niccolo zurück, um die Zwillinge aufzutreiben oder seine Feinde mit mysteriösen Krankheiten zu schlagen. Zusätzlich gibt es noch die so genannten Logothetes, deren magische Fähigkeiten sich vor allem auf das Wirken von Nebelzaubern und Feuerbällen zu fokussieren scheinen. Die Geschehnisse lassen vermuten, dass die Logothetes in Band 2 eine größere Rolle spielen werden.

Kurz gesagt: Die Story an sich funktioniert. Allerdings bedient der Autor viele Klischees, die der Geschichte ihre Spannung nehmen – ein Mann wird ermordet, und kurz bevor er stirbt wird ihm der Name des Auftraggebers zugeflüstert; ein Offizier stellt einen Verräter alleine auf den Zinnen zur Rede und wird daraufhin von der Mauer geworfen. Hinzu kommt, dass es einfach zu viele Handlungsstränge gibt. Selbst nach der Hälfte des Romans tauchen weitere Charaktere auf, die entweder nur einen sehr kurzen Auftritt haben oder zu einem weiteren Hauptcharakter werden. Dies in Kombination mit den damit verbundenen ständigen Wechseln der Handlungsorte sorgt dafür, dass man als Leser irgendwann vollkommen den Überblick verliert. Es wäre durchaus hilfreich gewesen, wenn die Wechsel durch Namen und Daten zu Beginn des jeweiligen Abschnitts kenntlich gemacht worden wären.

Doch die vielen Handlungsstränge beinhalten noch ein weiteres Problem: die Zeit. In jedem Handlungsstrang kommen verschiedene Zeitangaben vor. Mal vergehen zwei Wochen, mal drei Tage. Nirgendwo erhält man ein Datum oder ähnliches zur Orientierung. So stellt man sich als Leser durchaus die Fragen: Laufen die Geschehnisse gerade überhaupt parallel ab? Was haben die anderen Charaktere in den letzten zwei Wochen gemacht?

Noch mehr Charaktere, zeitlich ungeordnete Handlungsabschnitte und langatmig beschreibende Passagen führen zunehmend zur Verwirrung des Lesers.

Die wirklich ellenlangen Beschreibungen von Landstrichen, Personen und Handlungsorten, die meist nur für eine einzige Szene Relevanz besitzen, sorgen für die vollständige Verwirrung des Lesers. In einer Szene beschreibt Münter einen Platz, geht auf seine gesamte Geschichte ein, sowie auf die Geschichte der Siegessäule, die sich dort befindet, nur um dort in zwei Sätzen ein Massaker stattfinden zu lassen. Auf diese Weise verliert man als Leser den Blick für die Relevanz einer Beschreibung. Tatsächlich wichtige Elemente werden vergessen oder schlicht überlesen. Dies hat wiederum zur Folge, dass man denkt, der Roman hätte Logikfehler, dabei hat man in der Fülle von Informationen das wichtige Detail einfach übersehen.

Doch nicht nur das. Die unnötig langen Beschreibungen machen die Story langatmig. Dadurch, dass der Roman aus der Sicht eines auktorialen Erzählers geschildert wird, hat man als Leser das Gefühl, Nachrichten zu schauen, anstatt einen Roman zu lesen. Der Leser wird nie Teil der Geschichte. Er bleibt immer unbeteiligter Beobachter. Dabei sind die Dialoge der Charaktere durchaus lebhaft geschrieben. Sie schaffen es, der sonst recht müßigen Geschichte etwas Dynamik zu verleihen.

Doch die Charaktere selbst weisen ebenfalls Schwächen in ihrer Ausgestaltung auf und erfüllen viele Klischees. Brygos zum Beispiel wirkt in seinen Entscheidungen und seinen Eigenschaften sehr gewollt. Der scheinbar unbesiegbare Magier, der zugleich ein unsagbares Geheimnis sein Eigen nennt und sich über alle Maßen aufopferungsvoll verhält. Ja, die Charaktere funktionieren, aber sie bedienen viele Stereotype.

Schreibstil

Auch in seiner Art zu schreiben bedient sich Felix A. Münter vieler Plattitüden: „[…] Nach […] Stunden, die ihnen vorkamen wie eine halbe Ewigkeit […]“, „[…] lag tödlich getroffen am Boden, sein Leben schwand dahin […]“. Davon abgesehen nutzt der Autor eine recht einfache Sprache. In der Regel sind seine Sätze kurz und gut verständlich. Er versucht seine Wortwahl und Satzmelodie den jeweiligen Charakteren anzupassen, was meistens gelingt.

Felix A. Münter möchte eine gesamte Welt mit Leben erfüllen. Er will ein Epos erschaffen und den Leser an allen nur möglichen Handlungssträngen teilhaben lassen. Aus diesem Grund wählt er auch die Sicht des auktorialen Erzählers. Allerdings sorgt gerade diese Art der Erzählung dafür, dass der Leser schnell den roten Faden verliert. Man wird regelrecht in die Welt hineingeworfen und wie mit einem Mixer gut durchgerührt. Eine Orientierung fällt schwer.

Der Autor

Felix Alexander Münter feierte bereits 2014 sein Debüt mit dem Auftakt seiner The Rising-Trilogie. Band 1 und Band 2 haben wir bereits besprochen. Der Dortmunder hat angewandte Sozialwissenschaften studiert und arbeitet freiberuflich im Sozial- und Gesundheitswesen. Seit 2014 veröffentlicht er jährlich mehrere Romane in verschiedenen Verlagen, insbesondere bei Mantikore und im Papierverzierer Verlag. Dabei liegt sein Fokus eindeutig auf der Phantastik im Allgemeinen und der Fantasy im Besonderen.

Erscheinungsbild

Kaisersturz gehört zu Münters früheren Werken. Es erschien ursprünglich Anfang 2016 im Prometheus Verlag, jedoch übernahm der Papierverzierer Verlag im Januar 2018 die Trilogie und legte sie neu auf. Diese Rezension bezieht sich noch auf die Ausgabe aus dem Prometheus Verlag, die viele Rechtschreib- und Grammatikfehler enthält. Da inzwischen jedoch eine Neuauflage in einem anderen Verlag erfolgte, fließen diese nicht in die Bewertung mit ein.

Im Zuge der Neuauflage wurde natürlich auch das Cover überarbeitet. Auf dem schwarzen Hintergrund des neuen Covers hockt ein Legionär in ehrerbietender Pose. Darunter stehen in goldenen Lettern der Titel des Romans sowie der Name des Autors. Die Gestaltung des Schriftzugs auf dem schwarzen Grund wirkt stimmig, allerdings ist der schwarze Hintergrund an sich zu dominant. Der Legionär wird regelrecht verschluckt. Im Gesamteindruck ist das Cover wenig ansprechend.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Vorliegende Version Prometheus Verlag (Neuauflage Papierverzierer Verlag)
  • Autor: Felix A. Münter
  • Erscheinungsdatum: 28. Januar 2016
  • Sprache: Deutsch
  • Format: eBook
  • Seitenanzahl: 350
  • EAN: 9783959625111
  • Preis: 2,99 EUR
  • Bezugsquelle: Amazon

 

Bonus/Downloadcontent

Auf den ersten Seiten des Romans findet der Leser einer Karte, was der Orientierung sehr zuträglich ist. Für eBook-Leser ist das ständige vor uns zurück blättern zwar weniger komfortabel, aber sie haben prinzipiell die Möglichkeit dazu. Am Ende des Buchs ist zudem ein Glossar vorhanden, das Licht in das Wirrwarr der Namen bringt.

Zusätzlich dazu gibt es auf Amazon den beinahe schon obligatorischen Blick ins Buch.

Fazit

Felix A. Münter liefert mit Kaisersturz den Auftakt zu einer Trilogie mit epischem Umfang. Episch aufgrund der vielen Handlungsstränge und ewig langen Ortsbeschreibungen. Die Grundidee der Story ist nicht neu und die beschriebenen Völker erinnern stark an Römer, Schotten und andere europäische Völker. An sich ist dies nicht schlimm, besitzen doch die wenigsten Romane wirklich innovative Ideen. Allerdings verliert man als Leser schnell den Überblick. Ständig werden neue Charaktere eingeführt oder man gelangt an neue Handlungsorte. Dabei springt man regelrecht in der Geschichte hin und her, da der Autor die Sicht eines auktorialen Erzählers gewählt hat. Die bereits erwähnten langen Beschreibungen von Orten runden die Verwirrung des Lesers ab.

Ein episch zu nennender Ansatz, der durch fehlende Stringenz und Struktur leider nicht funktioniert.

Münter liebt lange, ausschweifende Beschreibungen. Er will allem eine Geschichte geben. Selbst Forumsplätzen, die für die Handlung selbst nebensächlich sind. Als Leser verliert man aus diesem Grund schnell den Überblick und kann wichtige nicht mehr von unwichtigen Beschreibungen unterscheiden. Nicht selten glaubt man, der Roman hätte Logikfehler, dabei hat man das wichtige Detail ob der Fülle an Informationen einfach übersehen oder schlicht vergessen. Würde Felix A. Münter sich mehr auf die wirklich wichtigen Beschreibungen fokussieren, wäre die Geschichte wesentlich besser zu verfolgen.

Dies ist insbesondere deswegen schade, da der Schreibstil von Münter ansonsten durchaus angenehm ist. Er versucht jedem Charakter eine eigene Sprachmelodie zu geben und nutzt in der Regel kurze, gut verständliche Sätze.

Ausschlaggebend für die abschließende Wertung ist aber tatsächlich die Tatsache, dass ich nicht wissen möchte, wie die Geschichte weitergeht. Die genannten Kritikpunkte aus Beschreibungen und Erzählperspektive in Kombination mit der recht klischeehaften Geschichte konnten nicht genug Spannung aufbauen, obwohl Band 1 durchaus mit einem kleinen Cliffhanger endet. Aber um die Eingangsfrage zu beantworten: Nein, Kaisersturz ist kein pseudo-historischer Roman. Er ist lediglich ein Roman, dessen Völker gewisse Parallelen zu Römern und Schotten aufweisen.

Artikelbild: © Prometheus Verlag
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

 

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