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In unserem Review haben wir die Command & Conquer Remastered Collection schon vorgestellt. Einige Bestandteile des umfangreichen Paketes haben wir ob der Kürze des Textes leider nur anreißen können. Wie ist der überarbeitete Multiplayer-Modus? Was für Goodies sind im Paket? Und wo knirscht es? Diese Details liefern wir jetzt nach.

Wir schauen uns dabei nicht nur Command & Conquer: Red Alert an, sondern ziehen auch die Bilanz über zahllose Multiplayer-Partien, betrachten den Map Editor und einige kritische Bugs und Quirks. Kurz vor Abgabe hat Electronic Arts zusätzlich noch einen Patch ausgespielt, auf den wir hier auch noch kurz eingehen werden.

Red Alert

Command & Conquer: Red Alert ist das zweite eigenständige Spiel in der Command & Conquer Remastered Collection. Auch hier sind sämtliche bisher erschienenen Missionen aus allen Erweiterungen und den Konsolen-Versionen vorhanden.

Es handelt sich um die ungeschnittene Fassung des Spiels. Wer vorher nur die geschnittene deutsche Version gespielt hat, wird bei den Zwischensequenzen und Einsatzaufträgen der Sowjet-Kampagne von der „ideologischen Härte” mitunter überrascht. Die englische Version macht unmissverständlich klar, welche Seite hier die Bösen sind.

Unterschiede zwischen den Spielen

Schon die Endszene des ersten Nach-Missions-Videos stellt klar, wer der dedizierte Bösewicht des Spiels ist.

Man sollte meinen, beide Spiele der Command & Conquer Remastered Collection würden auf der gleichen Engine basieren – dies ist aber nicht so. Viele Details wurden damals von Command & Conquer: Tiberian Dawn zu Command & Conquer: Red Alert deutlich verbessert, und diese Verbesserungen sind auch in der Command & Conquer Remastered Collection erhalten geblieben – wurden aber nicht zur Neuauflage von Command & Conquer: Tiberian Dawn zurückportiert.

Am deutlichsten fallen dem Spieler die Gameplay-Unterschiede auf: Die sogenannten „Ingenieurs-Rushes“, die darauf abzielen, wichtige Teile der gegnerischen Basis zu übernehmen, sind mit Command & Conquer: Red Alert deutlich schwerer. Ein Ingenieur kann ein Gebäude nur noch dann einnehmen, wenn sich dessen Lebenspunkte bereits im roten Bereich befinden. Das heißt aber auch: Der Gegner bekommt auf jeden Fall eine Vorwarnung, es erfordert also etwas Geschick, dem Gegner möglichst wenig Reaktionszeit zu lassen.

Ebenfalls fällt sofort auf, dass Sammler ihr Erz nur noch in die Raffinerien kippen, statt langwierig entladen zu werden. Dies wurde ursprünglich gemacht, um ein paar Sammler-Bugs zu umgehen, die beim Suchen einer freien Raffinerie entstanden sind – schließlich sind Raffinerien jetzt schneller wieder frei. Es führt aber dazu, dass Ingenieure bei der Einnahme von Raffinerien nicht mehr die Sammler direkt mit übernehmen können.

Weitere Verbesserungen betrafen Einheiten, die sich Gebäude teilen sollten. Schickt man beispielsweise mehrere Fahrzeuge auf die Reparatur-Plattform, fährt bei Command & Conquer: Tiberian Dawn nur ein Fahrzeug aus der Gruppe dorthin. Bei Command & Conquer: Red Alert hingegen wechseln sich die Fahrzeuge auf der Plattform ab, sodass die gesamte Gruppe repariert wird. (Hinweis: Diese Funktion wurde mit dem ersten Patch auch für Command & Conquer: Tiberian Dawn nachgeliefert.)

Multiplayer-Schlachten und Gefechte

Beide Spiele der Command & Conquer Remastered Collection bieten Multiplayer-Schlachten an. Diese können auch als lokales „Skirmish” (deutsch: Gefecht) gegen Computergegner ausgetragen werden.

Das Multiplayer-Modul musste dafür komplett überarbeitet werden, da die Original-Spiele vor 25 Jahren noch auf IPX-Netzwerke ausgelegt waren. Man merkt, das hier nur ein Modul für beide Spiele entwickelt wurde, denn auch Command & Conquer: Tiberian Dawn enthält die Möglichkeit, die Multiplayer-Karten nach 2- oder 8-Spieler-Karten zu filtern. Multiplayer mit 8 Spielen bietet allerdings nur Command & Conquer: Red Alert, Command & Conquer: Tiberian Dawn bietet nur 4 Plätze.

Das neue Multiplayer-Modul arbeitet via Origin oder Steam. Erfreulicherweise stehen dahinter gemeinsame Server, sodass Origin– und Steam-Spieler problemlos zusammenspielen können.

Weniger erfreulich ist das Einrichten eigener Spiele für Freunde. Die Spielerplätze kennen drei Modi: Closed, AI-Player oder Open, also offen für Mitspieler. Da man Spiele auch nicht mit einem Passwort schützen kann, erstellt man ein Spiel, stellt die Slots auf „offen“, lädt seine Freunde ins Spiel ein … und kickt danach solange interessierte Spieler aus den Slots, bis diese von den gewünschten Freunden besetzt sind.

Dies macht natürlich, von der anderen Seite betrachtet, die Suche nach einer beliebigen Multiplayer-Partie genauso nervig, weil man dauernd aus irgendwelchen Runden geworfen wird. Beides ist leider eine Notwendigkeit des Systems und nicht böse gemeint … aber trotzdem etwas frustrierend.

Erfreulich ist, dass einige der Multiplayer-Quirks von Command & Conquer: Tiberian Dawn nicht mehr funktionieren. Dies sind vornehmlich die Tricks, die dazu führen, dass ein Spieler mit Bauhöfen beider Fraktionen starten kann. Keine Sorge, alle „normalen” Multiplayer-Tricks funktionieren noch wie gewohnt.

Auf gute Nachbarschaft?

Leider hat der Multiplayer-Modus von Command & Conquer: Tiberian Dawn in der Remastered Collection ein großes Manko: Egal, wie viele mögliche Spawn-Punkte eine Karte bietet, die Spieler starten in der Regel direkt nebeneinander. Dies zwingt die Spieler förmlich, an Ort und Stelle die Basis auszubauen und auf Konfrontation zu gehen. Wer es gewöhnt ist, sich einen taktisch günstigen Punkt für die Basis zu suchen oder generell grob die Karte auszukundschaften, verliert wertvolle Zeit, die sich im Laufe der Partie nicht mehr aufholen lässt.

Und auch die nächsten Basen sind nicht weit, wie man auf der Minimap sieht. Die erste gefundene Basis wurde direkt mal übernommen und ist jetzt auch gelb.
Kaum zum Erkunden aufgebrochen, findet man schon den ersten Nachbarn.

Eigene Karten mit dem Map Editor

Beide Spiele der Command & Conquer Remastered Collection teilen sich den gemeinsamen Map Editor. Dieser ist denkbar einfach zu bedienen, sobald man das Konzept einmal verstanden hat.

Nach der Wahl des Spiels und des Geländestils befindet man sich sofort auf einer leeren Karte. Jetzt kann man Kartenteile aus mehreren Menüs auswählen und auf der Karte platzieren. Da die Grafiken komplett vorgerendert sind, lassen sie sich bewusst nicht drehen oder verzerren. Man muss also selbst sehen, wie man die Puzzleteile stimmig zusammenfügt. Während man die Shift-Taste gedrückt hält, befindet man sich im Platzierungsmodus und sieht eine Vorschau des aktuell gewählten Geländestücks unter dem Mauscursor. So kann man direkt sehen, ob es in die Landschaft passen würde oder nicht.

Dazu kann es gerne auch mal zu kleinen Fehlern kommen. Es ist auch möglich, die Puzzleteile direkt auf der Karte auszuwählen und damit weiterzuarbeiten. Sogar einzelne Quadrate der Puzzleteile können mit einem Rechtsklick auf der Karte ausgewählt und weiterverwendet werden, beispielsweise um die kleinen Fehler auszugleichen.

Die meisten Menüs arbeiten jeweils auf ihrer eigenen Ebene. So kann man beispielsweise ein Flussufer unter einer Kiste platzieren, ohne dass die Kiste verschwindet.

Wenn Strukturen spiel-relevante Eigenschaften haben, kann man diese Eigenschaften nach dem Platzieren verändern. So lässt sich beispielsweise bei Gebäuden einstellen, wie viele Lebenspunkte diese haben oder ob sie zu den Guten, den Bösen oder den Neutralen gehören (Good guy, Bad guy, Neutral). Wenn man Ressourcen (Erz oder Tiberium) in die Karte einzeichnet, informiert der Karten-Editor, wie viele Ressourcen man bereits auf der Karte verteilt hat.

Die Karten werden beim Speichern auf Probleme wie fehlende Startpunkte geprüft. Wenn alles in Ordnung ist, kann man die Karten zum Server hochladen, wodurch sie für Multiplayer-Partien und Gefechte verfügbar werden.

Der Map Editor ist auch für Rollenspieler interessant

Der Karteneditor ist nicht nur für Command & Conquer-Fans interessant, sondern auch für Rollenspieler. Hier lassen sich – innerhalb der Grenzen der beiden Spiele der Command & Conquer Remastered Collection – schnell übersichtliche Karten zeichnen, die sich auch hervorragend als Battle-Maps für Fantasy-Spiele nutzen lassen. Wenn ich eine schnelle Karte für eine Roll20-Runde brauche, bin ich mit dem Karten-Editor der Command & Conquer Remastered Collection meist genauso schnell, als würde ich vorgefertigte Dungeon Tiles beispielsweise für Roll20 verwenden.

Die entstandenen Karten lassen sich auch beispielsweise für Roll20 verwenden.

Die Goodies

Die Command & Conquer Remastered Collection ist randvoll mit Goodies rund um die Entwicklung des Spiels: Set-Fotos, Set-Videos, Erklärungen der Entwickler, Vorstellungen von Personen und alles, was man an Bonus-Material auf einer guten Spielfilm-DVD erwarten würde.

Diese Goodies muss man sich allerdings erst verdienen. Sie werden mit gewonnenen Missionen freigeschaltet, danach kann man sie sich über das Hauptmenü ansehen.

Ein besonderes Schmankerl ist der überarbeitete Soundtrack. Dieser besteht eigentlich aus drei Teilen: dem Remastered Soundtrack, dem Original-Soundtrack und neuen Stücken von Frank Klepacki & The Tiberian Sons. Mittels der neuen Ingame-Jukebox lassen sich Stücke aller drei Kategorien über die Spiele hinweg zu Playlists zusammenfassen, die dann ingame abgespielt werden. So kann man sich beim Spielen den individuellen Lieblingssoundtrack zusammenstellen.

Der erste Patch

Wie schon im Artikel mehrfach angesprochen, hat Electronic Arts bereits den ersten Patch für die Command & Conquer Remastered Collection ausgespielt. Dieser behebt einige Probleme und bringt ein paar Funktionen mit.

Hauptgrund für den Patch dürfte das gelegentliche Ruckeln des Spieles auf einigen Grafikkarten sein, was immer auch zu einer Ungenauigkeit der Steuerung geführt hat. In Singleplayer-Kampagnen ist dies schon nervig, im Multiplayer kann so etwas den Unterschied zwischen Sieg und Niederlage bedeuten.

Ein weiterer Fehler, der behoben wurde, betrifft den Neustart von Missionen in Command & Conquer: Tiberian Dawn. Der Neustart einer Mission (oder der Autostart eines zweiten Teils einer Mission) führt jetzt nicht mehr dazu, dass der Schwierigkeitsgrad auf „normal” zurückgesetzt wird.

Des Weiteren liefert der Patch einige Audio-Verbesserungen nach und fügt ein oft gewünschtes Gameplay-Feature hinzu: Auch bei Command & Conquer: Tiberian Dawn können sich jetzt Fahrzeuge aus Gruppen auf der Reparaturplattform abwechseln.

Open Source

Erfreulicherweise hat Electronic Arts sich entschieden, den Quellcode der Remastered Edition als Open Source zur Verfügung zu stellen. Wer also Interesse daran hat, wie diese Spiele programmiert wurden, kann sich dies jetzt auf GitHub ansehen. Sogar der Patch wurde bereits integriert.

Der Quellcode steht auf GitHub zur Verfügung.

Dies schließt unseren Rundgang durch die Command & Conquer Remastered Collection ab. Insgesamt betrachtet macht es sehr viel Spaß, die Kampagnen aus den Anfangstagen noch einmal durchzuspielen oder die exklusiven Konsolenmissionen auszuprobieren. Das Fazit aus der Rezension bestätigt sich hier erneut: Trotz kleinerer Probleme bietet die Command & Conquer Remastered Collection viel Spielspaß und einen schönen Editor zum unschlagbaren Preis.

Die Multiplayer-Gefechte sind durch das Problem mit den Basen durchwachsen, aber dies lässt sich durch Karten aus dem Internet lösen – und die Hoffnung auf einen weiteren Patch.

 

Artikelbilder: © Electronic Arts
Layout und Satz: Melanie Maria Mazur
Lektorat: Saskia Harendt
Screenshots: Henning Lechner
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

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