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Mass Effect ist ein Franchise, das für viele Gamer*innen mit langen Stunden des Spaßes, aber auch des (Mit-)Leidens verbunden ist. Starke Geschichten, harte Action und tolle Charaktere prägen die Reihe. Nun ist Commander Shepard, Held*in der Reaper-Invasion, zurück – ein legendäres Comeback?

Fällt der Name Bioware, war das sehr lange ein Garant für gelungenes Gameplay und ausgezeichnet geschriebene Geschichten. Herzen von Gamer*innen, Cosplayer*innen und Freund*innen des gepflegten Rollenspiel-Feelings schlugen höher. Die beiden mächtigen Spielreihen Mass Effect und Dragon Age brachten eine atmosphärische Dichte auf heimische Bildschirme, die Spielende bislang nur selten erleben durften. Mit dem umstrittenen Mass Effect:Andromeda setzte dann leider eine gewisse Ernüchterung ein.

Nach den hervorragenden vorangegangenen Titeln folgte ein mittelmäßiges, im Vergleich eher belangloses Game, das die Herzen der Fans nicht erreichen konnte. Doch jetzt kehrt Commander Shepard auf die Normandy zurück – leider vorerst nicht in einem neuen Titel, sondern in einer Überarbeitung der Spiele Mass Effect 1–3. Handelt es sich bei diesem Remaster um aufgewärmte Kost oder ist diese Edition tatsächlich so legendär, wie der Name es verspricht?

Genaueres Setting/Geschichte

In der Mitte des 22. Jahrhunderts entdeckte die Menschheit Relikte einer alten, kosmischen Kultur auf dem Mars. Die Überbleibsel der Protheaner machten den Menschen nicht nur bewusst, dass sie nicht allein im Universum sind. Vielmehr wurde durch die Entdeckung des Masseneffekts auch das Reisen in ferne Galaxien möglich; denn das Reisen beruht auf der Krümmung des Raumes und der Manipulation von Objektmasse durch sogenannte Masseportale. Die Menschheit tut, was sie immer gerne tut: Sie reißt Territorien an sich und beginnt mit der Kolonisierung des Weltraums.

Der Erstkontakt-Krieg und die Allianz

Es kommt zu einem blutigen Erstkontakt mit der Alien-Spezies der Turianer und zu einem Krieg, der nur durch das Eingreifen einer Allianz verschiedener Spezies (ähnlich der Föderation in Star Trek) beendet werden kann.

Die Menschheit schließt sich dieser Allianz an und sucht ihren Platz darin. Auf der Citadel, einer riesigen Weltraum-Stadt, die vermutlich einst von den Protheanern gegründet wurde, versuchen die Menschen, Anschluss an die anderen Völker und vielleicht sogar einen Sitz im Allianz-Rat zu gewinnen. Der Rat besteht bislang aus drei Völkern: den feinfühligen Asari, den ehrenhaften und kriegerischen Turianern und den hochtechnisierten Salarianern. Die Menschheit fühlt sich nun bereit, Verantwortung im Weltraum zu übernehmen – und Macht zu gewinnen.

Commander Shepard – übernehmen Sie!

Zu diesem Zeitpunkt setzt der erste Teil des Spiels an. Commander Shepard (wahlweise männlich oder weiblich) begibt sich mit seinem*ihrem Schiff auf eine Rettungsmission. Mit an Bord ist der Spectre Nihlus, eine Art Weltraum-Ranger mit außergewöhnlichen kämpferischen Fähigkeiten. Doch was zunächst nach einem einfachen Alien-Überfall aussieht, entpuppt sich schnell als weit mehr. Gemeinsam stoßen Shepard und Nihlus auf die Aktivitäten einer unbekannten Spezies und schnell liegt das Schicksal der gesamten Allianz in Shepards Händen.

Features

Bei der Legendary Edition handelt es sich um eine Überarbeitung aller drei Teile der ursprünglichen Mass Effect-Reihe inklusive fast aller DLCs. Nur ein DLC ließ sich aufgrund der Rechtslage nicht mehr nachbauen, er war von einem Drittanbieter entwickelt worden. Die drei Spiele liegen einige Jahre auseinander und das fühlt man auch schnell. Im Wesentlichen sind die Handlungsweisen aber ähnlich: Es handelt sich um Shooter mit einem mittleren taktischen Anteil und sehr intensiven Dialogen mit rollenspielerischen Elementen. Dabei variiert die Qualität des Gameplays und der Grafik von Spiel zu Spiel deutlich.

Mass Effect – Der Anfang

Das erste Spiel stammt ursprünglich aus dem Jahr 2007 und man merkt ihm auch nach der Überarbeitung sein Alter deutlich an. Die Grafiken wirken noch sehr kantig, das Gameplay etwas statisch, Kämpfe sind bei der mangelnden Bewegungsfreudigkeit der Gegner noch recht einfach. Für seine Zeit war das Spiel bahnbrechend, in der Legendary Edition hat es aber einen besonderen Stellenwert. Zwar ist es ziemlich schnell durchgespielt, trotz einer bestechend guten Story mit epischem Ansatz reicht das Spiel nur für wenige Tage. Aber es ist eben ein Veteran. Nostalgie keimt schnell bei erfahrenen Gamer*innen auf. Für Unerfahrene bietet sich hier eine hervorragende Chance, in das Spielgeschehen einzutauchen, ohne größere Kenntnisse in der Bewältigung von Shootern zu haben.

Frustrierend sind für viele Spielende die Missionen mit dem Weltraumfahrzeug Mako, welches so unbeliebt ist, dass es einen gewissen Kultstatus erworben hat. Lässt sich der Rest des Spiel gemütlich herunterspielen, so ist die Steuerung des Makos doch hakelig und unbequem. Leider musste ich beim Durchspielen des ersten Spiels auch mit einigen Bugs und Systemabstürzen leben und es gab Stellen, an denen meine Spielfigur an grafischen Elementen hängenblieb und sich nicht mehr bewegen ließ. Es ist aber zu erwarten, dass solche kleinen Macken mit ein paar Updates recht schnell ausgemerzt sind.

Schon in diesem Teil zeigen sich die Stärken des Spiels. Es fällt leicht, die Steuerung zu erlernen. Die Level sind gut gebaut und in Story-Sequenzen spielen die Entscheidungen der Spielenden eine wirkliche Rolle. Dazu kommen die umwerfend gut geschriebenen Figuren und der in Bioware-Spielen sehr beliebte Romantik-Teil, denn es ist möglich, mit den Charakteren Beziehungen unterschiedlichster Tiefe zu entwickeln, die sogar in intimer, körperlicher Zweisamkeit enden können.

Mass Effect 2 – Tote leben länger

Commander Shepard (wieder wahlweise männlich oder weiblich; ich habe mit einer männlichen Figur gespielt) dümpelt nach den Geschehnissen des ersten Teils gemütlich mit seinem*ihrem Schiff Normandy im Weltraum herum, als es plötzlich angegriffen wird. Die Normandy wird in Stücke gerissen und Shepard verliert sein*ihr Leben. Hier könnte das Spiel schon enden, wäre da nicht die undurchsichtige Organisation Cerberus, die sich Shepards Leichnam aneignet und mit biotechnischen Verbesserungen wiederbelebt. Shepard ist zurück – und nun zerrissen zwischen der Loyalität zur Allianz und den Verpflichtungen gegenüber Cerberus. Shepard ist auf der Suche: nach sich selbst, nach seinen*ihren Freund*innen und den Machenschaften einer ihm*ihr bekannten, bedrohlichen Alien-Spezies. Dabei hilft ihm*ihr ein faszinierendes neues Team, aber es gibt auch ein Wiedersehen mit alten Bekannten.

Zunächst einmal ist zu loben, dass es problemlos möglich ist, seine*n Shepard aus Teil 1 in die Folgespiele zu importieren. Die Entscheidungen der Vergangenheit prägen dabei die Gegenwart, sodass das Spielgeschehen an Epik gewinnt und sich wie eine kontinuierlich erzählte Saga anfühlt. Natürlich ist es auch möglich, dieses Spiel unabhängig mit einem*einer eigenen Shepard zu spielen.

Die Grafik hat einen Quantensprung erlebt und auch die Kämpfe haben an Dynamik gewonnen. Die Gegner*innen sind nun agiler, es ist wesentlich wichtiger, mit Munition hauszuhalten und durch Spezialkräfte kommt eine neue Komponente in das Spielgeschehen. Das frischt das Spiel erheblich auf, kann aber manchmal unübersichtlich sein.

Das Navigieren im Weltraum ist vielfältiger, es ist möglich, wesentlich mehr Planeten und Systeme in beliebiger Reihenfolge anzufliegen oder auch zu ignorieren. Während der Flugzeit ist nun Forschung an der Verbesserung von Waffensystemen, Panzerung und anderen Dingen sowohl für das Schiff, als auch für die Besatzung möglich.

Die Rollenspielelemente bleiben sehr prävalent und sind durch die reine Vielzahl und Vielfalt der Figuren sicherlich einer der größten Pluspunkte des Spiels.  Hinzu kommt die Unterschiedlichkeit der Missionen. Sicherlich sind viele Missionen reine Shooter-Einsätze, andere aber haben sogar ein James-Bond-Feeling oder sind eher diplomatischer Natur. Toll ist natürlich das Gelegentliche Wiedersehen mit liebgewonnenen Figuren aus dem ersten Teil, die sich entsprechend der damaligen Spieler*innen-Entscheidungen entwickelt haben.

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Mass Effect 3 – Das große Finale

Fünf Jahre liegen zwischen der Veröffentlichung des ersten Spiels und der des dritten Teils. In der Spieleentwicklung sind das Welten. Grafik und Gameplay haben sich beschleunigt und verändert. Während Verbesserungen an manchen Stellen nicht von der Hand zu weisen sind, ist manches Andere eher umstritten. So wurden geliebte Charaktere einer optischen Verwandlung unterzogen, die sie kaum wiedererkennbar machen, ein mäßig gelungener Mehrspielermodus wurde in das Spiel integriert und die Wahlmöglichkeiten der Spielenden im Singleplayer wirken eher beschränkt.

Doch was macht unser*e Commander Shepard eigentlich? Nachdem sie*er auch den zweiten Teil überstanden hat und problemlos in Teil 3 importiert wurde, weiß der Commander nun, wer Freund*in und wer Feind*in ist (hier soll ein Spoilern vermieden werden) und macht sich nun daran, sowohl diesen Feind*innen als auch der Alien-Bedrohung den Todesstoß zu versetzen. Dabei werden alte Rechnungen beglichen und sicher geglaubte Loyalitäten in Frage gestellt. Auch manche üble Intrige wird enthüllt. Am Ende bestimmen die Entscheidungen der Spielenden nicht nur Shepards Schicksal, sondern auch das des ganzen Universums.

Ist Mass Effect 3 aufgrund der eben erwähnten Veränderungen ein schlechtes Spiel? Definitiv nicht, denn es ist das gelungene Finale einer großartigen Trilogie – zumindest dachten wir das bislang. Denn jüngst erschien ein Teaser, in dem Bioware eine Fortsetzung der Reihe verspricht.

Die harten Fakten:

  • Entwicklerstudio: Bioware
  • Publisher: EA
  • Plattform: PS4
  • Sprache: deutsch
  • Genre: Shooter/RPG
  • Releasedatum: 14. Mai 2021
  • Spielstunden: 80
  • Spieler*innen-Anzahl: 1 (bis zu 4 im Koop-Modus von Teil 3)
  • Altersfreigabe: 16
  • Preis: 59,99 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Amazon, idealo

 

Fazit

Mass Effect – Legendary Edition ist die gelungene Rückkehr einer klassischen Trilogie. Eine gewaltige Weltraum-Saga nimmt ihren Weg in ein neues Zeitalter. Dabei sind kleinere Mängel nicht zu vermeiden, da es sich um ein Remaster, also eine Überarbeitung, und nicht um ein Remake, also eine Neuauflage, handelt. Der erste Teil atmet Nostalgie und ist in der Steuerung etwas steif, was sich bei einem so alten Spiel nicht vermeiden lässt. Die Grafik erlebt im Verlauf der Serie gewaltige Entwicklungsschübe, was nicht immer den Figuren zu Gute kommt. Von diesen Kleinigkeiten aber abgesehen erleben die Spielenden die Saga von Captain Shepard in einer absolut zeitgemäßen und stimmigen Form. Dabei bietet Mass Effect alles, was es verspricht: großartiges Storytelling, tolle Charaktere, Romantik und Erotik sowie eine Atmosphäre, von der sich mancher Film etwas abschneiden dürfte (an dieser Stelle freut es mich, dass Henry Cavill neulich die Möglichkeit einer Filmumsetzung der Reihe andeutete). Die Legendary Edition ist durch den Zusatz der vielen DLCs extrem umfangreich und lohnt sich sowohl für alte Hasen als auch für Neueinsteiger*innen. Sie macht Lust auf mehr.

  • Starke Charaktere
  • Atmosphärische Dichte
  • Cineastisches Spielgefühl
 

  • Remaster – kein Remake
  • Alter des ersten Teils spürbar

 

Artikelbilder: © Bioware, © Electronic Arts
Layout und Satz: Roger Lewin
Lektorat: Lukas Heinen
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

 

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