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Die Westwood Studios standen für Dungeons and Dragons, Dune und die Command and Conquer-Reihe. Weit über eine Dekade lang waren die Spiele des Studios ein Garant für großartige und fesselnde Spiele. 2003 war jedoch das Ende einer Ära – der Publisher Electronic Arts schloss das Kultstudio. Den Anfang, die Entwicklung und das Ende der Ära Westwood hat Teilzeithelden für euch aufgearbeitet.

Wenn man an das Genre der Echtzeitstrategie-Spiele denkt, dann führt an einem Namen kein Weg vorbei: Westwood Studios. Sie gelten mit Dune II als Erfinder des Genres. Mit der Command and Conquer-Reihe hat das Studio ab Mitte der 90er nicht nur Millionen Spieler*innen geprägt, sondern auch Spielegeschichte geschrieben.

Doch ihre Geschichte begann viel früher. Bereits Mitte der 80er arbeiteten die Gründer unter dem Namen Westwood Associates an Konvertierungen anderer Spieleschmieden für die verschiedenen Systeme. Auf ihrem Zenit haben die Entwickler nicht nur ein ganzes Genre geprägt und gestaltet, sondern auch einige der populärsten Rollenspiele ihrer Zeit geschrieben.

Wie alles begann – die Geburt von Westwood Associates

Gründer Louis J. Castles studierte zunächst Bildende Kunst, später Informatik, an der University of Nevada in Las Vegas. Um das Studium zu finanzieren, jobbte er zunächst für einen Hungerlohn in einem Elektronik-Hardware-Laden, dem Century 23, als Verkäufer. Dort traf er auch mit dem Programmierer und zukünftigen Mitgründer Brett W. Sperry zusammen.

Letzterer hatte an der Arizona State University studiert, bevor er mit seiner Familie 1979 nach Las Vegas zog. Auch ihn faszinierten Computer und ihre Möglichkeiten seit frühester Kindheit. Er hatte sich nach dem College das Programmieren selbst beigebracht und sammelte Erfahrung bei Firmen wie Epyx und iMagic und war seitdem freiberuflich tätig.

Eines dieser Projekte war das Spiel Dragonfire für Epyx. Den Code für dieses Spiel druckte Castle für Sperry auf seinen heimischen Drucker, woraufhin die beiden ins Gespräch kamen. Lou Castle zeigte Brett Sperry eine Spieledemo, an der er arbeitete. Brett fand diese großartig und „ihrer Zeit weit voraus“.

Die beiden wurden Freunde und arbeiteten auch gelegentlich zusammen an Projekten. Lou begann in dieser Zeit, selbst Auftragsarbeiten zu programmieren. 1985 bot Brett Sperry Lou Castle an, eine eigene Firma als gleichberechtigte Partner zu gründen.

Am selben Tag handelten sie ihren ersten Auftrag mit Epyx als Westwood Associates aus. Den Namen wählten sie nicht zufällig. Westwood, Kalifornien war die Region, in der sie oft ihre Wochenenden verbrachten. Es klang frisch und modern und hatte einen Hauch von Hollywood. Der Zusatz Associates war nur ein unverbindliches, erfolgreich klingendes Beiwort.

Die frühen Jahre – Westwood Associates

Der erste Auftrag für die junge Firma war eine Portierung von EpyxTemple of Apshai, einem der ersten grafischen Rollenspiele. Diesen Job erledigten sie in etwa einem Monat, doch Epyx lehnte diese erste Version ab. Der Grund: Während in den Originalspielen die Kämpfe rundenbasiert waren, liefen die Kämpfe der Mac-Portierung des Duos in Echtzeit ab. Ihr Auftraggeber war der Überzeugung, dass man es Spielenden nicht zumuten konnte, komplexe taktische Entscheidungen unter Zeitdruck zu treffen.

Für diesen Auftrag bekam Westwood Associates 18.000 Dollar, die beinahe gänzlich in die Anschaffungskosten für neue Hard- und Software flossen. Sie fokussierten sich auf weitere, ähnliche Portierungsaufträge.

1986 gewann Westwood einen weiteren Kunden. Stategic Simulations Inc, kurz SSI, war damals vor allem für rundenbasierte Kriegsspiele wie Computer Bismarck und einige Rollenspiele bekannt. Westwoods erster Auftrag war es, das Spiel Roadwar 2000 vom Apple II auf den C64 zu konvertieren. Der Publisher war begeistert. SSI gewährte Westwood bei folgenden Konvertierungen große Freiheiten, sodass die Spiele sich teils dramatisch vom Original unterschieden. Westwood hatte sich einen Ruf als Spezialisten auf dem Gebiet des Aufwertens von bekannten 8 Bit-Spielen für leistungsstärkere 16 Bit-Computer erarbeitet.

The Mars Saga (1988). © SSI

1987 vergab die Firma Tactical Studies Rules – kurz TSR – erstmalig die Lizenz für Dungeons and Dragons an eine Computerspielfirma. Neben SSI waren auch damals bereits etablierte Größen wie Electronic Arts, Sierra Online und Origin Systems sehr an dieser Lizenz interessiert. SSI beauftragte Westwood Associates mit gleich mehreren grafischen Demos. SSI bekam daraufhin den Zuschlag.

Die Partnerschaft erlaubte es Westwood, eigene Spiele zu entwickeln. Während Sperry sich hauptsächlich um weitere Konvertierungen kümmerte, schrieb Louis 1988 an Westwoods erstem eigenem Spiel, The Mars Saga. Das Spiel wurde von Electronic Arts vertrieben, wanderte intern jedoch durch die Hände diverser Produzenten und erhielt bestenfalls gemischte Rezensionen.

Sie sammelten weitere Erfahrungen mit Lizenzarbeiten und brachten unter anderem zwei aufeinander aufbauende BattleTech-Spiele heraus, beide von Infocom vertrieben. Auch diese Spiele wiesen damals zukunftsweisende Elemente auf, erhielten jedoch ob eines unausgegorenen Gesamtbildes nur durchschnittliche Wertungen.

Ab 1990 konzentrierte sich Westwood auf Dungeons and Dragons-Rollenspiele für SSI. Diese Episode der Zusammenarbeit begann mit dem Spiel Hillsfar, das für seine Zeit ungewohnte Arcade- sowie Jump and Run- Elemente mit klassischeren Rollenspielelementen wie Dungeons verband.

Westwood 1990 © Westwood

1991 kam Eye of the Beholder auf den Markt. Bis dahin galt die einschlägige Meinung, dass Spiele im Dungeons and Dragons– Universum aufgrund der Komplexität der Regeln nur rundenbasiert möglich seien. Westwood verbog einige der Regeln, um beispielsweise das Aufleveln der Charaktere möglichst nah am Original zu halten und dennoch Kämpfe in Echtzeit zu erlauben. Westwood war auf acht Mitarbeitende gewachsen, dennoch befand sich das Spiel rund 18 Monate in Entwicklung. Der Aufwand wurde belohnt: Das Spiel verkaufte sich rund 130.000 Mal und galt damit als sehr erfolgreich.

Noch im gleichen Jahr wurde Eye of the Beholder II auf den Markt geworfen, das zwar wenige technische Neuerungen aufwies, aber einige Probleme des ersten Spiels aufgriff und löste. Die Verkaufszahlen waren zwar hoch, blieben aber dennoch stark hinter denen des ersten Teils der Reihe zurück. Dennoch wurde die Eye of the Beholder- Reihe eine der erfolgreichsten Spielereihen von SSI.

Es wurden zwei weitere Spiele unter der Dungeons and Dragons– Lizenz von Westwood produziert, doch zu dieser Zeit arbeiteten Sperry und Castle bereits an ihrem eigenen Rollenspiel, das mithilfe der damals noch neuen Point-and-Click-Mechanik funktionieren sollte.

Eine strahlende Zukunft –Westwood Studios

The Legend of Kyrandia © Virgin

The Legend of Kyrandia sollte ihr Rollenspiel heißen. Sie boten es unter anderem Sierra Online an. Dort war man angetan von den beiden Enwicklern, sodass man ihnen anbot, gleich die gesamte Firma zu kaufen. Aus Angst vor dem Verlust ihrer Autonomität lehnten Sperry und Castle ab.

Mit Virgin zeigte ein weiterer Publisher Interesse an der jungen Firma, die mittlerweile rund 30 Mitarbeitende fest anstellte. Anders als Sierra garantierte Virgin Westwood jedoch freie Hand, solange die Verkaufszahlen erreicht wurden.

Westwood war zwar erfolgreich, konnte sich jedoch aufgrund der hohen investiven Kosten kein Polster anlegen. Im Grunde verwetteten die Gründer mit jedem neuen Titel ihre Häuser und alle Sicherheiten, die sie besaßen. Das würde sich mit einem Verkauf ändern.
Schließlich entschieden sie sich für das Angebot von Virgin, die ihnen zwar weniger Geld boten, jedoch ihre Unabhängigkeit garantierten.

So wurde aus Westwood Associates Mitte 1992 Westwood Studios.

Das bereits erwähnte Rollenspiel The Legend of Kyrandia sollte der Auftakt einer Trilogie werden. Liebevolle Grafiken und musikalische Untermalung brachten dem Spiel seinerzeit durchweg positive Kritiken ein, sodass es sich nicht hinter ikonischen Größen wie Monkey Island verstecken musste.

Die Anzahl der Mitarbeitenden wuchs auf rund 50 Angestellte – allein 20 davon waren Künstler*innen, die die VGA-Grafiken noch gänzlich von Hand zeichneten. So waren die Westwood Studios in der Lage, an mehreren Spielen gleichzeitig zu arbeiten.

Die Geburt eines neuen Genres

Virgin hatte auch eigene Pläne mit ihrem Zukauf: Der Publisher hatte bereits zuvor die Lizenz zu Frank Herberts Dune erstanden und mit Cryo Interactive ein Spiel auf den Markt gebracht.

Dune II: The Battle for Arrakis (1994) © Virgin

Man wollte weiter an der Lizenz festhalten und beauftragte Westwood, die bei SSI bereits Erfahrungen mit strategischen Kampfsimulationen gesammelt hatten, ein Strategiespiel zu entwickeln.

Das Resultat war Dune II. Das Spiel gilt heute noch als (nicht unumstrittene) Mutter aller RTS- Spiele. Es sollte noch im selben Jahr wie der Vorgänger herauskommen, genau genommen nur wenige Monate nach Veröffentlichung von Cryo Interactives Werk.
Die Spiele hatten inhaltlich wenig gemein. Dune II war das erste Echtzeitstrategiespiel, das alle noch heute gültigen Elemente eines RTS- Spiels miteinander vereinte: Es konnte gänzlich mit der Maus gesteuert werden, es gab ein Interface für den Bau und das Einheitenmanagement. Erstmalig für solche Spiele wurde zudem das Ressourcenmanagement implementiert. Die Spieler*innen mussten das Spice, den begehrten Rohstoff des Planeten, fördern, um die Einheiten zu bauen, mit denen die Opposition von der Karte geschossen wurde.

Natürlich gab es bereits hunderte andere Strategiespiele vor Dune II, die in Echtzeit abliefen. Aber der Begriff umfasst eine sehr spezifische Art von Spiel: Die Spieler*innen starten oft ohne eine bereits bestehende Streitmacht, müssen Ressourcen sammeln und nutzen, um eine Vielzahl von Strukturen zu errichten. Mithilfe dieser Strukturen werden zunehmend fortschrittlichere Einheiten verfügbar, die mit einfachen Aufgaben wie Angriff, Gebietsverteidigung oder Routen automatisiert werden können. Diese Kombination aus Qualitäten hat Westwood erfunden und das ist es, was RTS-Spiele bis heute ausmacht.

Dune II: weniger Geschichte als Dune, jedoch ein sehr hoher Grad an Taktik. © Virgin

Dune II hielt sich nur vage an die Romanvorlage. Spielerisch bot es weniger Geschichte und Plot als Dune, jedoch einen sehr hohen Grad an Taktik.

Trotz der erneut soliden positiven Bewertungen blieb das Spiel deutlich hinter den Verkaufszahlen vom Verkaufsschlager Eye of the Beholder. Es gab auch keine plötzliche Flut an neuen RTS-Spielen; das nächste vergleichbare Werk sollte erst 1994 mit Warcraft auf den Markt kommen.

Westwood Studios – Die Geburt der Echtzeitstrategie

Es folgte der Auftakt der Lands of Lore-Reihe. Ziel war es, Eye of the Beholder II in jeder Hinsicht zu übertreffen. Das Spiel sollte eine höhere Plotdichte und einfachere Regeln bieten und ingesamt unterhaltsamer und nutzer*innenfreundlicher werden. Lands of Lore wurde auch das erste Spiel, das exklusiv auf CD-ROM erschien. Zur gleichen Zeit revolutionierte jedoch Ultima: Underworld den Markt mit dem ersten 3D-Rollenspiel. Westwood fehlte die Zeit, die 2D-Engine komplett umzustellen. Dennoch erreichte das Spiel sehr positive Wertungen und erreichte das Ziel, Eye of the Beholder II zu übertrumpfen.

Lands of Lore: The Throne of Chaos (1993) © Virgin

Westwood bemühte sich weiterhin, das Genre der Point-and-Click-Adventures zu innovieren. Dazu gehörten auch damals selten vorkommende Protagonistinnen wie im zweiten Spiel der Legends of Kyrandia-Reihe. Auch der dritte Teil war extrem erfolgreich und wird als das beste Adventure des Studios angesehen.

Daneben konvertierten sie unter anderem Capcoms Survival-Horror Resident Evil für den PC und schrieben die Super Nintendo-Version zu König der Löwen, das sich allein in den USA 1.200.000 Mal verkaufte.

Virgins Computerspielbranche wurde daraufhin für 250.000.000 Dollar an Blockbuster Video verkauft, was auch die Westwood Studios einschloss.

Command & Conquer (1995) © Westwood

Sperry und Castle hatten bereits seit Dune II an einem indirekten Nachfolger gearbeitet. Durch den Golfkrieg inspiriert verwarfen die beiden 1995 das fantasylastige Konzept zugunsten einer futuristischen Militärerzählung: Command and Conquer war geboren. Anders als Dune II waren die Fraktionen deutlich spezialisierter. Das Spice wich und wurde durch Tiberium ersetzt, einem außerirdischen Mineral, das zwar enormes Energiepotential hatte, den Planeten jedoch zunehmend vergiftete.

Einen Großteil seines Erfolgs verdankte die Spielreihe den Videosequenzen zwischen den Missionen. Anfangs waren die Schauspieler*innen normale Angestellte von Westwood und lokale Nachrichtensprecher*innen. Die Ausnahme bildete Joseph D. Kucan, der den Bösewicht Kane verkörperte.
Weiterer Erfolgsgarant war der Mehrspielermodus, der es bis zu vier Spielenden erlaubte, sich über ein Netzwerk miteinander zu messen. Niemand hatte mit einem derartigen Erfolg für ein Strategiespiel gerechnet, sodass zwischen 1995 und 1996 rund 3.000.000 Exemplare verkauft wurden und Westwood Studios zu einer der erfolgreichsten Spieleschmieden überhaupt wuchs.
Neben dem Erweiterungsset Covert Operations sollte eine weitere Erweiterung folgen, die eine vom Grundspiel losgelöste Geschichte verfolgen sollte. Diese wurde zunehmend aufwendiger, es kamen immer mehr Einheiten und Features hinzu. So entschloss Westwood, daraus ein eigenes Produkt zu machen.

Ein Meilenstein nach dem anderen

Command & Conquer: Alarmstufe Rot (1996) © Westwood

1996 wurde Command and Conquer: Alarmstufe Rot auf den Markt gebracht. Das Spiel beschrieb eine alternative Zeitlinie, in der ein zeitreisender Einstein Hitler getötet hatte, um den Aufstieg des dritten Reichs zu verhindern. Stattdessen kam es zu einem globalen Konflikt zwischen der Sowjetunion und den USA. Spieltechnisch war es dem ersten Teil sehr ähnlich, erhielt jedoch ein neues Balancing und Einheiten. Das Spiel erreichte durch die Bank hinweg sehr gute Rezensionen und mehrere „Spiel des Jahres“-Auszeichnungen. Neben dem von Westwood gestellten Server für Online-Spiele folgten noch zwei Erweiterungen, die jedoch nicht von Westwood selbst produziert wurden.

Blade Runner (1997) © Westwood

Die waren nämlich mit neuen Projekten ausgelastet. Neben dem dritten Spiel der Command and Conquer-Reihe, Tiberian Sun, wurde an dem 3D-Rollenspiel Lands of Lore 2 und einer Adaption von Rodley Scots Blade Runner gearbeitet. Gerade letzteres sollte ein weiterer Meilenstein in der Geschichte des Studios werden. Das Spiel erzählte nicht die Geschichte des Films nach, sondern spann eine eigene Geschichte um diesen herum. Auch dieses Spiel verkaufte sich über eine Millionen Mal.

Allerdings sollte der Erfolg des Studios nicht von Dauer sein.

Der Anfang vom Ende

1997/98 hatten die Westwood Studios über 100 Mitarbeitende und fuhren einen dreistelligen Millionenbetrag ein. Allerdings wurde Virgin Interactives zusammen mit Blockbuster selbst in der Zeit von Viacom übernommen. Diese waren selbst finanziell überfordert, sodass sie schließlich entschieden Virgin Interactives auf Eis zu legen. Schließlich war es Electronic Arts, das für etwa 122.000.000 Dollar die amerikanischen Niederlassungen von Virgin Interactives aufkaufte.

Das dritte Spiel der Lands of Lore-Reihe sollte das letzte werden: Man war zu beschäftigt mit dem nächsten Command and Conquer. Das Spiel erhielt vernichtende Kritiken und EA beschloss, das Ende der Reihe, obwohl noch zwei weitere Spiele geplant waren.

Command & Conquer: Alarmstufe Rot 2 (2000) © Westwood

Stattdessen wurde Tiberian Sun als direkte Konkurrenz zu Blizzards StarCraft vorangetrieben. Die Erwartungen wurden bereits im Vorhinein hochgehalten – zu hoch. Tiberian Sun erhielt allenfalls durchschnittliche Kritiken und blieb durch Bugs und fehlende Features trotz professioneller Schauspieler*innen hinter den Erwartungen.

EA vergrößerte Westwood, indem es das Virgin Interactive Studio in Irvine, Kalifornien zu Westwood Pacific umformte. Louis Castle übernahm die Leitung des neuen Studios und produzierte unter anderem Alarmstufe Rot 2 und setzte, im Gegensatz zu Alarmstufe Rot auf trashigen Humor. Es verkaufte sich immerhin rund 1.000.000 Mal, blieb jedoch um ein Vielfaches hinter den Verkaufszahlen des drei Jahre älteren StarCraft zurück.

Command & Conquer: Renegades (2003) © Westwood

Dieser Trend der Mittelmäßigkeit setzte sich fort: Das Rollenspiel Nox ging neben der Konkurrenz Diablo II vollkommen unter. 2002 kam Command and Conquer: Renegades auf den Markt, das sich mit einer durchschnittlichen Grafik und der unterdurchschnittlichen künstlichen Intelligenz nicht gegen die äußerst populäre Egoshooter-Reihe Medal of Honor durchsetzen konnte. Auch das sich seit Jahren in Entwicklung befindliche MMORPG Earth and Beyond konnte die Spieler*innen nicht auf Dauer begeistern, sodass die Server 2004 vom Netz genommen wurden.

Die Auflösung von Westwood Studios

Das geschah jedoch erst nach der Auflösung der Studios. Ende Januar 2003 gab EA bekannt, die Westwood Studios zum Ende des Quartals zu schließen. Ein Teil des Teams verließ EA ganz und gründete eine neue Firma, der Rest wurde unter EA Los Angeles zusammengeschlossen.

Das frühere Studio von Westwood Studios bevor es geschlossen wurde. Foto © Frank Klepacki

Vor allem aus Kreisen der Kund*innen wird EA die Hauptschuld am Untergang gegeben. Das liegt nicht zuletzt daran, dass der Publisher im selben Zeitraum auch zwei andere Studios geschlossen hat. Dem hat Louis Castle spätestens 2014 in einem Interview vehement widersprochen. Demnach sind der große Freiraum für eigene Entscheidungen und die finanzielle Sicherheit verheerende Punkte gewesen. Die Entfremdung des Teams und die Reaktion, erfahrene Kräfte durch gänzlich unerfahrene aufzustocken, resultierten in weiteren Qualitätsverlusten.

Command and Conquer: Generäle war das erste Spiel, das nach Bekanntgabe der Auflösung bereits unter neuem Namen publiziert wurde. Es folgten noch weitere Ableger des Franchises, die allesamt gemischte Kritiken einfuhren. Das letzte Spiel der Reihe war Command and Conquer 4: Tiberian Twilight von 2010.

Brett Sparry zog sich mit Ablauf seines 5-Jahres-Vertrags mit EA aus der Branche zurück, gründete später eine Spielefirma, die sich auf Spiele für Mobilgeräte spezialisierte.

Louis Castle blieb ebenfalls bis 2009. Heute ist er für einen Casino-Zulieferer und Spieltischhersteller in Las Vegas tätig.

Heute spielt Command & Conquer im Unterschied zum äußerst populären StarCraft 2 kaum eine Rolle mehr. Im Vergleich zu Blizzards Blockbuster gelang nie der Sprung in den eSport. Mit etwas Kniffelei lassen sich aber zumindest bei Command & Conquer: Generäle noch Onlinerunden spielen und Renegades erfreut sich einer kleinen, aber sehr treuen Moddinggemeinde, die das Spiel inhaltlich, aber auch grafisch stets erweitert und auf diversen Karten einen nimmmerendenen Konflikt zwischen GDI und Bruderschaft von Nod, den beiden Hauptparteien von Command & Conquer, bespielt. So kann man dann doch irgendwie sagen: Kane… Westwood lebt im Tode!

 

Artikelbilder: © Electronic Arts, © Westwood, © Frank Klepacki
Screenshots: © Florian Zimmermann, © Westwood, © Electronic Arts
Layout und Satz: Melanie Maria Mazur
Lektorat: Giovanna Pirillo

 

Über den Autor

Florian Zimmermann liebt das Narrativ, ihn fesseln die Geschichten mehr als die Grafik. Seit seinem ersten Point-and-Click hat sich daran in drei Dekaden auch nichts geändert. Wenn er in seiner freien Zeit nicht gerade am Computer sitzt und in fremde Welten, alternative Realitäten oder düstere Dystopien versinkt, spielt er in Pen-and-Paper-Runden oder bearbeitet seine Larp-Ausrüstung für die nächste Con. Zumindest erzählt er sich das selbst und weiß gar nicht, wieso er immer zwei Tage vor Beginn die Nächte durcharbeitet, damit alles rechtzeitig fertig wird.

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