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Das Living Card Game The Lord of the Rings existiert analog bereits seit 2011. In Kürze wird eine digitale Version erscheinen. Das Spiel hat im Gegensatz zu den meisten anderen Onlinekartenspielen einen starken Fokus auf den Einzelspielermodus. Im Zuge der Early-Access-Phase konnten wir einen Blick hineinwerfen.

Genaueres Setting/Geschichte

Auch wenn The Lord of the Rings Living Card Game (ab jetzt LotR:LCG genannt) mit bekannten Figuren und in der Welt von J. R. R. Tolkiens Herr der Ringe spielt, beleuchtet es keine der bekannten Geschichten. Stattdessen wird, in der analogen wie digitalen Variante gleichermaßen, in der Zeit zwischen Bilbos 111. Geburtstag und Frodos Aufbruch 17 Jahre später gespielt. In dieser Zeit ereignen sich verschiedene Geschichten, die jeweils in mehrere Kapitel unterteilt sind. Die bisher einzige für die digitale Fassung verfügbare Geschichte beschreibt dabei, wie Bilbo von einer Riesenspinne entführt wurde, und eine Gruppe aus tapferen Helden aufbricht, um ihn zu retten. Die Geschichte besteht aus fünf Kapiteln, die jeweils ihrerseits aus mehreren Schauplätzen bestehen. Ein Kapitel muss immer komplett durchgespielt werden, bevor das nächste freigeschaltet wird.

Features

Der Spieler übernimmt die Kontrolle über bis zu drei mehr oder weniger bekannte Helden. Darunter so illustre Namen wie Aragorn, Gimli oder Legolas, aber auch eher obskure Personen wie Tom Took, der in den Büchern überhaupt nicht vorkommt. Jeder der Helden ist dabei einer der vier Typen Führung, Wissen, Geist oder Taktik zugeordnet. Zurzeit gibt es für jeden dieser Typen genau zwei Helden, also insgesamt acht an der Zahl.

In der Übersicht erkennt man direkt, aus welcher Quelle (Starter, Kartenpaket) ein Held stammt.

Hat man sich einmal für die drei Helden entschieden, die man spielen will, benötigt man natürlich auch noch ein Deck an Karten dazu. Welche Karten dabei zur Verfügung stehen, hängt zum einen vom eigenen Kartenvorrat ab, zum anderen aber auch von den Typen der gewählten Helden. Dabei gibt es Karten, die einen Helden der entsprechenden Art benötigen, sowie solche, die zwei erfordern. Jedes Deck besteht aus 30 Karten.

Hat man einmal sein Deck zusammengestellt, kann die Reise losgehen. Oder man spielt einfach erst einmal mit dem vorgefertigten Starterdeck los.

Man wählt eines der aktuell freigeschalteten Kapitel – am Anfang also Kapitel 1 der einzigen verfügbaren Geschichte – und startet das Spiel.

Zu Beginn des ersten Abschnitts im Abenteuer zeigt sich euch dieses Bild auf dem Schlachtfeld.

Zu Beginn jedes Kapitels hat man immer seine drei Helden im Spiel. Was der Gegner – Sauron – im Spiel hat, hängt vom jeweiligen Kapitel ab. Jedes Kapitel besteht dabei aus verschiedenen Schauplätzen, die in direkter Folge gespielt werden, und bei denen die eigenen Karten erhalten bleiben, während Saurons Bedrohung zwar bestehen bleibt, von seinen Kreaturen aber nur wenige den Wechsel von Schauplatz zu Schauplatz überstehen.

Die beiden Spieler sind immer abwechselnd an der Reihe und können eine der folgenden Aktionen ausführen:

  • Eine Karte spielen
  • Eine ausliegende Karte aktivieren
  • Einen Angriff ausführen
  • Verteidigen
  • Eine Gefahr konfrontieren
  • Das Schicksal beeinflussen

 

Eine Karte zu spielen kostet immer eine gewisse Menge an Kraft. Jede Runde erhalten beide Spieler drei Punkte Kraft, und diese kann über die Runden hinweg angesammelt werden. An Kartenarten gibt es Verbündete, Verstärkungen und Ereignisse. Verbündete sind dabei weitere Kreaturen, die ins Spiel kommen und danach, in einer späteren Aktion, agieren können. Verstärkungen werden an Verbündete oder Helden angelegt und verbessern deren Werte. Dabei kann von jeder Art Verstärkung – Waffe, Verstärkung, Spezial und Schatten – nur eine Karte pro Verbündetem/Helden verwendet werden. Ereignisse haben einen einmaligen Effekt und werden danach sofort abgelegt. Aber auch Verbündete und Verstärkungen können sofortige Effekte haben, sobald sie ins Spiel kommen.

Die Eigenschaften von Charakteren werden im Tutorial kurz erklärt und sind auf den Karten stets gut erkennbar.
Die Eigenschaften von Charakteren werden im Tutorial kurz erklärt und sind auf den Karten stets gut erkennbar.

Einige Helden und Verbündete haben aktivierbare besondere Effekte. Aragorn zum Beispiel kann einmal pro Runde für einen Punkt Kraft erneut bereit gemacht werden und dann auch sofort handeln.

Aber auch ohne besondere Fähigkeiten können Verbündete und Helden handeln: Indem sie einen Gegner angreifen, eine der ausliegenden Gefahren konfrontieren, oder das Schicksal beeinflussen. Beim Angriff wird immer eine gegnerische Kreatur angegriffen. Diese nimmt dann Schaden in Höhe des Angriffswertes der angreifenden Kreatur. Sollte der Gegner dabei über Kreaturen mit Block verfügen, so müssen diese zuerst angegriffen werden. Es sei denn, die angreifende Kreatur verfügt über Fernkampf. Blockende Kreaturen fügen bei einem Angriff dem Angreifer ihre Kampfstärke als Schaden zu, alle anderen Kreaturen lassen den Angriff einfach über sich ergehen. Sollten die Lebenspunkte einer Kreatur dabei 0 erreichen, so ist sie besiegt und verlässt das Spiel. Das gilt auch für die Helden des Spielers, so dass hier Vorsicht geboten ist.

Die einfachste Möglichkeit, Kreaturen Block zu geben ist dabei die Möglichkeit, sie verteidigen zu lassen. Das erschöpft sie für die aktuelle Runde, gibt ihnen aber die Block-Eigenschaft. Da diese nach einem Angriff des Gegners verbraucht ist, tauscht man hier die Auswahl des Ziels auf der Gegenseite gegen den Schutz wichtigerer Kreaturen auf der eigenen Seite.

Mittels der Buttons unter den Charakteren können die jeder Figur zugänglichen Zugmöglichkeiten ausgelöst werden.
Mittels der Buttons unter den Charakteren können die jeder Figur zugänglichen Zugmöglichkeiten ausgelöst werden.

Statt gegen die Kreaturen des Gegners zu kämpfen, kann man oftmals auch Gefahren konfrontieren, die spezielle Ereignisse auslösen, am Rundenende negative Effekte haben, oder einfach ein weiterer Weg sind, einen Abschnitt des Kapitels zu beenden. Gefahren, ebenso wie das Schicksal, werden nicht über Kampfkraft, sondern über Willenskraft abgehandelt. Die ist ein weiterer Wert aller Kreaturen des Spielers, und als Aktion kann diese Willenskraft gegen eine Gefahr eingebracht, oder zur Beeinflussung des Schicksals genutzt werden. Gefahren haben dabei eine Schwierigkeit, also eine notwendige Menge an Punkten, die insgesamt eingebracht werden muss, um diese Gefahr zu beseitigen, während es beim Schicksal verschiedene Effekte gibt, die in jedem Abschnitt jeden Kapitels unterschiedlich sind, und die jeweils eine bestimmte Menge an Willenskraft erfordern, um ausgelöst zu werden. Heilung für die eigenen Kreaturen, zusätzliches Ziehen von Karten, das Finden eines weiteren Verbündeten oder die Senkung der Bedrohung sind hier mögliche Effekte.

Apropos Bedrohung: Sauron versucht im Spiel nicht nur, die Helden und Verbündeten des Spielers auszuschalten, sondern er sammelt auch abstrakte Bedrohung an. Dies löst beim Erreichen bestimmter Schwellen Ereignisse aus, die dem Spieler schaden. Sollte die Leiste jemals ihr Ende erreichen, verliert der Spieler sofort das aktuelle Kapitel.

Um die unterschiedliche Stärke der Helden ein wenig auszugleichen, kosten die Helden Bedrohung, die dann schon zu Beginn jedes Kapitels vorhanden ist.

Technisch gibt es an LotR:LCG dabei wenig auszusetzen. Die Grafik ist klar und zeigt jederzeit die relevanten Spielwerte aller Karten an. Die Musik ist stimmig. Die Soundeffekte hingegen beginnen recht schnell zu nerven.

Hier erkennt man gut, dass die Lokalisierung noch nicht ganz abgeschlossen ist: Der eigentliche Text ist auf Deutsch, aber der Button „Continue“ ist weiterhin englisch. Das gilt auch für die Sprachausgabe, die den Text vorliest.
Hier erkennt man gut, dass die Lokalisierung noch nicht ganz abgeschlossen ist: Der eigentliche Text ist auf Deutsch, aber der Button „Continue“ ist weiterhin englisch. Das gilt auch für die Sprachausgabe, die den Text vorliest.

Hier erkennt man gut, dass die Lokalisierung noch nicht ganz abgeschlossen ist: Der eigentliche Text ist auf Deutsch, aber der Button „Continue“ ist weiterhin englisch. Das gilt auch für die Sprachausgabe, die den Text vorliest.

Obwohl die Texte des Spiels vollständig lokalisiert wurden, gilt dies nicht für die Sprachausgabe. Diese ist nur in Englisch verfügbar. Die Sprecher sind dabei stimmig, sprechen für meinen Geschmack aber deutlich zu langsam, so dass ich mit dem Lesen der Texte meist bereits fertig bin, wenn der Sprecher gerade einmal ein Drittel davon vorgelesen hat.

Wie bei vielen Onlinekartenspielen startet man auch bei LotR:LCG natürlich nicht mit einer vollständigen Sammlung aller Karten. Aber anders als bei den meisten Spielen dieser Art handelt es sich hier um ein Living Card Game. Das bedeutet, dass man nicht die Katze im Sack – oder Karte im Booster – kauft, sondern immer genau weiß, welches Paket welche Karten enthält. Auch einzelne Karten können gekauft werden.

Eines der kaufbaren Kartenpakete. Man erkennt sofort, exakt welche Karten man dadurch erhält.
Eines der kaufbaren Kartenpakete. Man erkennt sofort, exakt welche Karten man dadurch erhält.

Von der Wahl des Early-Access-Paketes hängt dabei ab, welche Karten man automatisch erhält, sowie die Menge an Tapferkeit – so der Name der Währung, mit der man Karten kauft – und Blicke in den Palantir, die man zur Verfügung hat.

Mit einem Blick in den Palantir gibt es auch weiterhin ein Glückelement beim Vervollständigen der eigenen Sammlung, denn durch diesen kann man zufällige Karten oder andere Dinge bekommen.

Tapferkeit und Heldenmut können durch das wiederholte Spielen der Geschichte angesammelt werden, ebenso wie über das Erfüllen täglicher Aufgaben.

Die harten Fakten:

  • Entwicklerstudio: Fantasy Flight Interactive
  • Publisher: Asmodee Digital
  • Plattform: Steam
  • Mindestanforderungen: 2 GB RAM, Intel HD Grafikkarte, Core 2 Duo Prozessor, 6 GB Festplattenspeicher, Onlineverbindung
  • Genre: Onlinekartenspiel
  • Releasedatum: 28. August 2018 (Early Access)
  • Spielstunden: Aktuell ca. 10 (einmaliges Durchspielen)
  • Spieleranzahl: 1
  • Altersfreigabe: 12
  • Preis: Free to Play, Early Access: 7,99 EUR oder mehr (verschiedene Pakete verfügbar)
  • Bezugsquelle: Steam

Fazit

LotR:LCG ist ein Onlinekartenspiel, das, anders als die meisten Vertreter des Genres, komplett auf Einzelspieler abzielt. Umso verwunderlicher ist es dabei, dass eine ständige Onlineverbindung benötigt wird.

Spielerisch hat es an vielen Punkten große Gemeinsamkeiten mit anderen Onlinekartenspielen wie Hearthstone: Man baut sich ein Deck aus 30 Karten zusammen, Kreaturen bekämpfen sich direkt. Aber es gibt auch eine große Menge ungewöhnlicher Konzepte wie die konstante Menge an Kraft, Mana oder Macht, die man in jeder Runde zur Verfügung hat, oder die Tatsache, dass ein Spiel über mehrere Abschnitte geht, und von den Karten des Gegners nicht alle den Übergang von einer Phase in die nächste mitmachen.

Auch die Tatsache, dass es sich um ein Living Card Game handelt, man die Karten also größtenteils ohne Zufallselemente kauft, hebt LotR:LCG vom Rest des Umfeldes ab.

Aktuell gibt es nur eine spielbare Geschichte, unterteilt in fünf Kapitel. Wenn man diese einmal gespielt hat, ist wenig Anreiz da, sie noch einmal zu spielen. Anders als bei kompetitiven Spielen gibt es kein sich entwickelndes Metagame, keine völlig anderen Decktypen, mit denen man experimentieren könnte. Aber eben auch keine Gegner mit völlig unfairen Decks, oder die absichtlich Züge in die Länge ziehen oder Emotes spammen.

Positiv ist auf jeden Fall hervorzuheben, dass die Entwickler sehr genau darauf achten, was für Feedback von den Spielern kommt, und schon an mehr als einer Stelle auch innerhalb kurzer Zeit (wenige Tage) reagiert und Punkte angepasst haben, die von den Spielern bemängelt wurden. Negativ ist hingegen, dass das Spiel an sich relativ langweilig ist und die verschiedenen Missionen zwar thematisch unterschiedlich sind, spielerisch aber alles irgendwie gleich wirkt.

Artikelbilder: Fantasy Flight Interactive
Screenshots: Holger Christiansen
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

 

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