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Zum achten Mal fand dieses Jahr am letzten Septemberwochende die 8. Internationale Reenactor-Messe in Minden statt. Wir waren für euch vor Ort und klären, ob sich der Besuch auch für Larperinnen und Larper lohnt.

Messen gibt es in Deutschland wie Sand am Meer, aber die Auswahl für Larperinnen und Larper ist überschaubar. Die LARPwerker ist natürlich als Ausnahme außen vor, geht es hier doch allein um dieses Hobby. Der Larpanteil auf der SPIEL ist jedoch im Vergleich zu früher deutlich geschrumpft und die Zusammenlegung von RPC und der neu geschaffenen Comic Con Experience in Köln lässt viele Leute befürchten, dass auch hier die Anzahl der Angebote zurückgehen könnte. Warum daher nicht den Blick über den Tellerrand werfen? Die Reenactor-Messe Minden fand dieses Jahr zum achten Mal statt und wir schauen, ob sich der Einkauf hier auch als Larper lohnt.

Der Weg dorthin – Organisatorisches und erste Eindrücke

Die Anfahrt gestaltet sich angenehm unkompliziert, Parkplätze sind in großer Anzahl direkt am Veranstaltungsort vorhanden, und auch der Tagespreis von sechs Euro ist angemessen. Wer hier eine Großmesse wie RPC oder die SPIEL erwartet wird aber womöglich enttäuscht. Zur Verfügung stehen ein großes Veranstaltungszelt und ein angeschlossenes Außengelände.

Dieses ist ungefähr doppelt so groß wie die Fläche, die auf der LARPwerker zur Verfügung steht. Im Inneren bietet sich der gewohnte Anblick. Lange Reihen von Händlerständen fügen sich aneinander. Hierbei gibt es keine chronologische Anordnung nach Epochen oder ähnlichen Kriterien. Der Messeaufbau ist durch die überschaubare Fläche aber übersichtlich gestaltet. Die Chance, dass man einen Händler verpasst, ist gering. Im Inneren des großen Zeltes finden sich vor allem Verkaufsstände und wenige Anbieter von Essen und Trinken, während sich das Verhältnis auf dem Außengelände klar umkehrt. Innen findet sich auch eine größere Veranstaltungsbühne, auf der regelmäßig Musikdarbietungen oder Aufführungen und Vorstellungen von Reenactmentgruppen stattfinden.

Händler, wie hier Beaux Chapeaux, bieten verschiedenste Kopfbedeckungen an

Erwähnenswert ist auf jeden Fall, dass man an den allermeisten Ständen nur mit Bargeld zahlen kann, ein Geldautomat ist nicht vorhanden. Der nächste befindet sich in der Innenstadt von Minden in ca. 10 Minuten Entfernung und gehört zur Deutschen Bank. Automaten von Sparkasse und Volksbank lassen sich etwas weiter entfernt finden. Die meisten Händler sind sich dieser Problematik natürlich bewusst und legen einem auch gerne die Ware zurück, während man Geld holen geht.  

Von Früh- bis Spät-? – Ein Blick auf die Epochen und die Auswahl

Eine Auswahl an Knieriemen und Zinnabzeichen

Die abgedeckte Zeitspanne ist recht weit, die meisten Stände bieten aber Waren an, die in einen Zeitraum zwischen Früh- und Spätmittelalter einzuordnen sind. Einige wenige Händler bieten auch Waren an, die man eher der Antike oder der frühen Neuzeit zuordnen würde, der Großteil bewegt sich aber in dem genannten Zeitfenster. Der Schwerpunkt dabei wiederum variiert von Jahr zu Jahr, dieses Mal waren gefühlt etwas mehr Händler anwesend, die auch frühmittelalterliche

Ausrüstung veräußerten.

Das Feld an Anbietern ist dabei recht international, vor allem aus Osteuropa findet sich eine ganze Reihe Anbieter. Sowohl militärische als auch zivile Ausrüstung lässt sich dabei in allen Ausprägungen und Größen finden. Von einzelnen Beschlägen für Gürtel über Schuhe, Sitzgelegenheiten fürs Lager und Kleidungsstücke bis hin zu vollen Rüstungsstücken und Schlagwaffen lässt sich alles erwerben. Auch für Interessenten, die gerne ihre Kleidung selbst herstellen, finden sich diverse Anbieter unterschiedlicher Stoffe.

Die Preise sind dabei an vielen Stellen gehoben, aber durchaus für die angebotene Ware mehr als angemessen. Oft bietet sich auch die Möglichkeit, dass eine oder andere Schnäppchen zu machen. Natürlich bringen viele Anbieter nicht ihre ganze Ware mit zu so einer Veranstaltung, und so ist es durchaus üblich, dass man das Zusammentreffen hier auch nutzt, um Ausrüstung in Auftrag zu geben und dann direkt vom Hersteller Maß nehmen zu lassen. Vor allem an den zahlreichen Schuhständen sah man regelmäßig, wie Füße vermessen und über Kombinationsmöglichkeiten diskutiert wurde. Die möglichen Sprachbarrieren werden dabei immer freundlich angegangen, im Zweifelsfall unterhält man sich mit einer Mischung aus Deutsch, Englisch und was sonst eben zur Verfügung steht.

Aber ich mach doch Fantasy? – Reenactorausrüstung für Larper?

Dieses Jahr gab es mehr Anbieter frühmittelalterlicher Waren

Berechtigterweise muss man hier jetzt die Frage stellen inwieweit Reenactorausrüstung für Larperinnen und Larper notwendig oder von Nutzen ist. Man hat doch meist gar nicht den Anspruch an die eigene Ausrüstung, dass sie „historisch“ sein müsste. Trotzdem ist dies ein guter Moment, um gleich mehr als eine Lanze für solche Ausrüstung zu brechen. Zunächst einmal bekommt man auf der Reenactor-Messe wertige Ausrüstung, die auch intensivere Benutzung im LARP gut verkraftet. Die Nähte sind fest, das Rüstmaterial mehr als ordentlich gearbeitet. Die höhere Qualität bei Leder und Metallgüssen zeigt sich ebenfalls in einer höheren Langlebigkeit, die den Preis mehr als wett macht. Auch im LARP gilt ja leider oft, dass man doppelt kauft, wenn man zu billig kauft. Weiterhin ist die Ausrüstung schlicht funktional, da sie realen Vorbildern meist so nah wie möglich nachempfunden ist. Kleidung ist so konstruiert, dass sie nicht verrutscht, Rüstungsteile so, dass man sich nicht verletzt beim Einsatz.

Schlussendlich sieht man der Ausrüstung an vielen Stellen ihre Wertigkeit schlicht an. Hier geht es gar nicht darum, dass man plötzlich nur noch Handnähte an seiner naturgefärbten Kleidung hat, aber auch kleine wertige Gegenstände wie Gürtel, Mützen oder Wickel können eine Gewandung schnell und mit wenig Geldeinsatz aufwerten.

Eine lohnenswerte Reise? – Ein Fazit

Die Reenactor-Messe hat auch dieses Jahr wieder einmal gezeigt, dass sie ihre Türen nicht nur für Reenactment-Darsteller öffnet, traf man auf den Gängen auch diverse Larper, die sich interessiert nach neuer Ausrüstung umsahen. Genau für diese Zielgruppe können wir die Messe auch uneingeschränkt empfehlen. Zugegeben, ob man vom anderen Ende der Republik die Reise dafür antreten sollte, kann man diskutieren. Vor allem aber auch, wenn man gar nicht große Ausgaben anstrebt, sondern eher Kleinkram braucht, bei dem das Bestellen im Ausland nur unnötige Versandkosten erzeugen würde, ist die Reenactor-Messe in Minden eine gute Wahl, um sich einzudecken. Denn die nächste Larpsaison kommt bestimmt.

Fotografien: Markus Kastell

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3 Kommentare

  1. Kann das Fazit definitiv für mich übernehmen. Es kostet alles ein bisschen (und nicht mal besonders viel) mehr als beim gängigen LARP-Discounter, aber die Qualität ist ganz anders. Da kommt eben nichts aus Bangladesch oder China (und auch das muss ja nicht mal was schlechtes bedeuten) sondern wird in Europa gefertigt und von Leuten hergestellt, die das begeistert.

  2. Stimme ebenfalls völlig zu! War dieses Jahr zum zweiten Mal auf der Messe und nicht so überfordert wie beim ersten Mal. Habe sowohl einige Schnäppchen machen können, als auch tolle Händler vom letzten Jahr wieder getroffen UND eine Maßanfertigung in Auftrag gegeben, für die eine Menge Rabatt und kostenloser Versand drauf kam. Insgesamt würde ich sagen, dass sich auch eine längere Anfahrt (Mitte Bayern in meinem Fall) lohnt, wenn man es mit nem zweiten Zweck in der Nähe (Kurzurlaub oder Freunde besuchen) kombinieren kann UND Anschaffungen so plant, dass sie in größerer Menge zur Messe anfallen. Grad wenn man viel umsetzt, sei es Meterware Stoff oder Stückzahlen an Nesteln etc. kann man auch gut Handeln. 6 Euro Eintritt noch zusätzlich zum Benzin reinfaktoriert ist es vielleicht immer noch kein billiges, aber auf jeden Fall ein lohnendes und auch unterhaltsames Unterfangen. Und man trifft Freunde aus ganz Deutschland in den Gängen ;-)

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