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Nicht jedes Larp im Harry Potter-Universum spielt in der Hogwartsschule für Hexerei und Zauberei. Eine Con der anderen Art bespielt das aus dem Feuerkelch bekannte Durmstrang, allerdings in den 20er-Jahren. Wie der Schulalltag in rauer Kälte und dunkler Vergangenheit aussieht, haben wir uns angeschaut.

Nachdem wir kürzlich einen ersten schnellen und unvollständigen Blick auf verschiedene Cons im Harry Potter-Universum geworfen haben, schauen wir uns nun einzelne Cons im Detail an.

Als erstes werfen wir unseren Blick in Durmstrangs eisigen Norden. Oder eisigen Osten, denn wo genau diese Zauberschule liegt, ist ein streng gehütetes Geheimnis. Nur das ist bekannt, dass zwischen Eis und Schnee in unwirtlicher Dunkelheit unter östlicher Strenge Dunkle Künste nicht nur als Bedrohung, sondern als Chance betrachtet werden. Ob diese Gerüchte stimmen, und wie es wirklich in den geheimnisumwobenen Hallen zugeht, schauen wir uns heute an.

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Die Köpfe hinter der Con

Die Köpfe hinter den Rauhnächten sind Kisa, Robert, Norbert und Michael.

Kisa, eigentlich Laura, larpt seit 2010. Con-Orga wurde sie das erste Mal 2012 als Mitbegründerin beim Hogwarts Express, 2018 hob sie dann die Rauhnächte aus der Taufe. Beruflich arbeitet sie im Marketing, privat ist sie nicht nur Spielleitung und Spielerin auf Cons, sondern betreibt auch Cosplay.

Seit 2011 ist sie auf dem Drachenfest, ansonsten spielt sie am liebsten internationale Cons oder One-shots.

 

Robert ist seit 2008 auf Larps unterwegs, organisierte bis 2019 die Drachenfest-Vorcon des damaligen Chaoslagers mit. Zu den Rauhnächten kam der hauptberufliche Buchhalter durch seinen NSC-Einsatz beim Hogwarts Express. Seine Lieblingscon ist das Drachenfest mit allem, was dazugehört, inklusive Vorcons und Ablegercons.

Der Dritte im Bunde ist Norbert, das „Larpküken“: Seit 2019 larpt der Lehrer. Sein Tod im Irrenhaus auf seiner ersten Con führte direkt zur Mitarbeit in der Orga. Ihn zog seine Faszination für das Fantastische in die Wizarding World, nicht nur zu den Rauhnächten, sondern auch zur Eulenpost und dem Aurorenlarp. Nachdem sein Einstieg in die Larp-Welt direkt von Corona gestoppt wurde, war er sehr froh, dass danach wieder Cons organisiert wurden. Er stieß etwas später zur Orga und wurde nicht mehr gehen gelassen.

Eine Lieblingscon hat er nicht, für ihn sind das Beste immer die Teilnehmer*innen.

Ebenfalls mit von der Partie ist Michael, langjähriger Larper und ein Kollege bei den Teilzeithelden.

Die Idee

Die Idee zur Con hatten die Orgas 2019 beim gemütlichen Zusammensitzen am letzten Abend einer anderen Con. Der Wunsch nach mehr Potterlarp führte zur Idee, in Durmstrang mit mehr Möglichkeiten auch düstere Handlung bespielen zu können. Durmstrang als Szenario bot sich dabei auch deshalb an, da die Schule und die Optik ihrer Schüler*innen durch die Filme weithin bekannt waren, ansonsten aber, anders als bei Hogwarts, nur wenig über diesen kalten Lernort bekannt war. Ideale Voraussetzungen also, um sich selbst den gewünschten Hintergrund auszuarbeiten. Das Potenzial war groß, die Gefahr von Widersprüchen zwischen Plot und Harry Potter-Lore hingegen gering. Zudem bot dieses Setting Alleinstellungscharakter bei einer zunehmende Condichte im Harry Potter-Universum.

Der Weg vom ersten unspezifischen Gedanken in geselliger Runde bis hin zum ersten Durchschreiten der Schlosstüren von Durmstrang war am Ende überraschend einfach. Die Suche nach der Location konnte mit der Winterburg schnell erfolgreich abgeschlossen werden, da dort häufiger die Chaoslager-Vorcons stattfanden und die Location somit sowohl bekannt war als auch Kontakte zum larperfahrenen Betreiber bestanden. Als Kisa die Winterburg sah, dachte sie sofort: „Das ist Durmstrang“.

Der Ort und die Umsetzung

In der Tat bot die Winterburg von Anfang an einige Vorteile. Die Ausstattung der Burg entspricht schon in vielerlei Hinsicht den Anforderungen, sodass gar nicht mehr so viel an Dekoration zusätzlich benötigt wurde, vor allem musste nicht viel umdekoriert werden. Das Gebäude selbst ist schon rustikal, verwinkelt und alt. Zusätzlich gehört ein bespielbarer Wald dazu, und der benachbarte Ort ist sowohl klein als auch kaum zu sehen. Das Ambiente passte also direkt vom Start weg.

Auswahl des Settings und eine Kleiderordnung waren die nächsten Punkte auf der Liste. Ersteres sollte nicht zu modern, aber gleichzeitig auch irgendwie bekannt sein. So entschied man sich für die 20er-Jahre. Hier konnte man auf die Tierwesenfilme Bezug nehmen und hatte Rückhalt in der existierenden Zauberwelt, war aber gleichzeitig auch abgelegen genug, um nicht von den Filmen beeinflusst zu werden. Gleichfalls konnte man so aber die bestehende altertümliche Ordnung älterer Zeiten bespielen, inklusive Geschlechtertrennung, Traditionsdruck und Etikette nach Knigge.

Nach dem Setting ging es daran, die Welt zu entwerfen. Dass man keine Häuser und damit ein Hogwarts 2.0 haben wollte, war ebenso schnell klar, wie eine Absage an die großen Kämpfe der Zeit mit Grindelwald und seinen Gefolgsleuten. Aber auch sonst gab es viel zu erfinden, angefangen beim Schulalltag bis hin zum Einzugsgebiet der Schule und dem eigentlichen Unterricht.

Die letzte Hürde war dann die Frage, ob die Spieler*innen die strengen Vorgaben auch annehmen würden.

Diese Sorge sollte sich bei der ersten Con schnell als unbegründet herausstellen. Die Spieler*innen nahmen die Regeln nicht nur an, sondern entwickelten sie mittels Charakterbögen und eigenem Plot sogar noch weiter.

Die Charakterbögen dienen der Orga zusätzlich auch als Grundlage für Privatplots, IT-Post, inklusive Heuler, oder nächtliche Träume. Die Gewandungsvorgaben sorgten ebenso für ein beeindruckendes Bild wie die strenge Disziplin für entsprechende Stimmung, so die Orga.

Anfangsprobleme gab es, doch die Orga sah sich gut aufgestellt und freute sich über überwiegend positives Feedback.

Besonders freute sich die Orga über extrem motivierte Spieler*innen, die mittels ausführlichem Charakterbogen die Hintergrundwelt noch mehr mit Leben füllten. Viele Hintergrundinfos in den Charakterbögen ermöglichten auch eine leichte Verknüpfung verschiedener Spieler*innen, was wiederum mehr Spiel ermöglichte.

Die Atmosphäre in Durmstrang

Die Grundstimmung in Durmstrang ähnelt ein bisschen einer Militärschule. Es gibt strenge Regeln und Disziplin, Lehrkräfte und Direktor sind absolute Autoritätspersonen, die respektiert und geachtet werden. Doch in der Strenge liegt auch eine Fürsorge, man gibt auf sich acht. Institutsheiler oder die strenge, aber fürsorgliche Hausdame, so die Orga, sind Beispiele für den achtsamen Teil von Durmstrang. Der ab und zu aufgelockerte Grundtenor klingt im Dreiklang von Disziplin, Tradition und Mystik. Ob in den dunklen Ecken eine harmlose Hausaufgabengruppe oder ein düsteres Ritual stattfindet, sieht man meist erst auf den zweiten Blick.

Beherrscht wird der Alltag am Durmstranginstitut von sozialen Zwängen, Logen und Dynastien, nach denen sich alles richtet. Rituale prägen den Alltag und schaffen Immersion, etwa wenn Schüler*innen jederzeit Lehrer*innen und Direktor grüßen müssen. Beim Aufrechterhalten der Disziplin dominieren aber eher strafende Blicke als lautes Schreien. Macht kann dezent herrschen.

Das erste Mal

Jede Con hat ihr magisches erstes Mal, wenn sich ihre Türen zum ersten Mal für die Spieler*innen öffnen und sich die Magie des Neuen entfalten kann. Die Rauhnächte hatten dieses erste Mal sogar zweimal. Denn die erste Con fand im Februar 2020 statt…

Eine lange Coronapause später konnten Spieler*innen und Orga ihren Entzug im März 2023 endlich beenden und erneut in eine inzwischen leicht überarbeitete und verbesserte Rauhnächte 2, oder eher 1.5, starten. Probleme mit der Essensqualität etwa, die bei der ersten Con noch für Konflikt gesorgt hatte, waren beim zweiten ersten Mal behoben. Rund 80 Teilnehmer*innen auf der Rauhnächte 1 bedeuteten ein mehr als volles Haus, rund 60 Teilnehmer*innen auf der Rauhnächte 2 boten hingegen mehr Freiräume für Plot und Spiel. Für die nächste Con peilt die Orga nun ungefähr 60 bis 70 Teilnehmer*innen an. Diese findet vom 5. bis 7. April 2024 statt, erneut auf der Winterburg.

Die denkwürdigsten Ereignisse

Jede Con schreibt Dutzende von einzigartigen Geschichten, mal lustig, mal traurig, mal spannend, mal absurd. Wir haben die Orga gefragt, was ihre persönlichen Höhepunkte waren.

Eine unsagbare Verkettung unglücklicher Umstände, die „du dir nicht ausdenken kannst“

Über den Verlauf von mehreren Tagen wurde aus dem Wunsch, die Bedeutung zweier Runen auf der Stirn von zwei Spielern herauszufinden, eine Verschwörung mehrerer Spieler*innen, die so weit eskalierte, dass letztendlich alle Beteiligten aus ihrer Loge ausgeschlossen wurden, weil sie eine Schülerin angegriffen und geschockt direkt vor dem Rektoratsbüro liegen gelassen haben. Jeder einzelne Handlungsschritt zu diesem Ende schien allen Beteiligten logisch und sinnvoll, mündete jedoch letztendlich in der Katastrophe. Schließlich wurden die beteiligten Spieler*innen in einem nächtlichen Ritual symbolisch ausgestoßen und von der restlichen Schüler*innenschaft davongejagt.

Wenn ein kleiner Nebenplot zum Hauptplot wird

Eine kleine Nebenhandlung der Rauhnächte 1 war eine Mutprobe. Bedrohung der Spieler*innen war dabei ein gefährlicher Waldgeist, dessen Berührung tödlich sein konnte. Als kleines Ambientespiel gedacht, sorgte der Leichtsinn zahlreicher Charaktere dafür, dass um ein Haar mehrere Charaktere gestorben wären und wütende Geister des Waldes zu einer ernsten Bedrohung wurden, die unter Einsatz aller Kräfte besänftigt werden mussten.

Ein Blick in die Kristallkugel

Konkrete langfristige Pläne hat die Orga nach der zweiten Con noch nicht. Aktuell soll lediglich der Plot der zweiten Con weitergeführt werden. Generell seien viele Ideen niedergeschri Was genau daraus entsteht, das müsse man schauen. Grundsätzlich war ursprünglich eine Con-Trilogie geplant, aber dann kam Corona, und die Rauhnächte 2 war quasi ein Neustart. „Die Rauhnächte wird es so lange geben, wie wir was zu erzählen haben und die Spieler Lust darauf haben.“, so die Orga. Ein passendes Ende nach zehn Cons sei besser als 30 Cons, bei denen man immer das Gleiche macht.

Auch kleine Zwischencons, etwa ein Schulball, stehen im Raum.

So oder so sollen am Ende einer idealen Con alle Spieler*innen zufrieden sein und die Orga das Gefühl haben, dass sich der Aufwand gelohnt hat.

Warum die Rauhnächte ein Muss sind

Tolle Leute, viel Engagement und eine große Bereitschaft, auf Spielerwünsche einzugehen, sprechen für die Con, so die Orga. Man kann als Spieler*in viel mitgestalten, eigene individualisierte Plots bespielen und durch den eigenen Hintergrund sogar ganze

Gesellschaftsordnungen und Landschaften gestalten, da vieles im Szenario noch unbeschriebene Blätter sind. Dabei sind sowohl Neulinge und altgediente Larper*innen willkommen und werden schnell und effektiv eingebunden. Um nicht mit anderen ins Spiel zu kommen, müsse man dies laut Orga schon aktiv wollen. Eingebunden wird jede*r, weshalb die Rauhnächte ganz besonders sind.

Oder, wie es die Orga formuliert: „Wohin sonst?“

Wer neugierig wurde und näheres wissen will, findet die Webseite der Con inklusive Leitfaden, Designdokument und Gewandungsschnittmustern hier.

Layout und Satz: Annika Lewin
Lektorat: Rick Davids
Fotografien: © Hagen Hoppe

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