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Man findet es in den Medien, auf Messen, oder in den Erzählungen von Freunden, Kollegen und Familienmitgliedern. Cosplay ist zu einem Massenphänomen geworden. Dem einen oder anderen Interessierten setzt sich da eine ganz bestimmte Frage in den Kopf: Wenn ich das auch einmal ausprobieren möchte – wie und wo fange ich an?

Die Qual der Wahl – welches Cosplay soll das erste werden?

Vielleicht muss diese Frage anders gestellt werden: Mit welchem Cosplay möchte man den ersten Schritt in dieses Hobby wagen? Cosplay hat viele Seiten. Es ist kreativ, sozial, und oftmals ein gewaltiger Ausdruck von Fan-Liebe zu einem Medium wie Comic, Film oder Buch. Eigentlich gibt es keine Regeln, was die Vorlage betrifft, und jeder sollte das tragen, worin er sich wohl fühlt und was ihm Freude bereitet.

Wenn man jetzt also sein erstes Kostüm planen möchte, liegt es besonders nahe, einen Charakter zu wählen, zu dem man sich verbunden fühlt. Eine persönliche Verbindung zu dem Charakter, den man darstellt, ist (fast) immer eine Garantie für eine Menge Spaß. Trotzdem gibt es noch ein, zwei andere Dinge, die für den ambitionierten Anfänger zu beachten sind.

Kaufen oder selbst machen?

Das ist die große Frage, gerade beim ersten Cosplay. Das Selbermachen gilt in der deutschen Szene oft als Standard – vor allem auf Wettbewerbsebene ist es in den allermeisten Fällen Pflicht. Bei der Entscheidung ist es hilfreich, ein bisschen in sich selbst hinein zu horchen, und sich genau zu fragen, was man eigentlich möchte bzw. erwartet.

Trägt mein Charakter einfache Alltagsklamotten oder aufwändige Garnituren mit Rüstungsteilen? Ein etwas moderateres Outfit verhindert zu Beginn oftmals Frust. Kann ich die Geduld und die Zeit erübrigen, mir die Techniken für das Herstellen des Kostüms anzueignen? Wenn die Antwort nein lautet, kann man sich nach Shops im Internet umschauen.

So könnte ein erstes Cosplay aussehen
So könnte ein erstes Cosplay aussehen

Und dann ist da noch das liebe Geld. Cosplay kann sehr schnell ein sehr teures Hobby werden. Auch wenn jeder natürlich selbst entscheiden kann, wie viele Ressourcen er in seine Kostüme stecken möchte. Und so schmerzlich es auch für die Näh- und Bastelfreaks ist: Kaufen ist in einigen Fällen tatsächlich günstiger, als die Materialien alle selbst zusammen zu sammeln. Das unglaubliche Gefühl, wenn man etwas selbst Erschaffenes endlich beendet hat und zum ersten Mal ausführt, macht das gesprengte Budget allerdings meist wieder wett. Man sieht also, viele Wege führen nach Rom. Wenn man Cosplay einfach nur mal ausprobieren möchte, ist man oft gut damit beraten, ein vergleichsweise einfaches Kostüm zu wählen. Und dann einfach drauf loszulegen.

Dieser Text kann und soll nur erste Impulse geben. In der Zeit der Vernetzung durch das Internet gibt es unzählige Möglichkeiten, sich online schlau zu machen. Und es gibt mehr als nur einen Cosplayer, der sein Wissen unermüdlich weitergibt. Einige schreiben sogar Tutorials und erstellen YouTube-Videos, in denen sie die einzelnen Schritte sowie Materialien vorstellen – eine der ersten Vorreiter auf diesem Gebiet ist zum Beispiel Svetlana Quindt, alias Kamui Cosplay. Wer gerne eine Rüstung bauen will, der findet auf ihren Social-Media-Kanälen einen ganzen Fundus an hilfreichen Tipps.

Es lohnt sich auch, beispielsweise auf Instagram das Hashtag #charakternamecosplay – also z.B. #daenerystargaryencosplay – zu suchen. Von den Cosplayern, die den ausgesuchten Charakter schon gut umgesetzt haben, kann man sich dann inspirieren lassen. Gegebenenfalls kann man sie auch nach spezifischen Tipps fragen. Das Community-Gefühl in der Szene ist in den allermeisten Fällen sehr stark, und selten ist jemand abgeneigt, ein paar Fragen zu beantworten. Offline gibt es neben vielen Büchern, szenespezifisch oder auch nicht, noch Fachmagazine wie die deutsche Cohaku. Wer dem Englischen mächtig ist, hat noch mehr Auswahl.

Gerade bei speziellen, atypischen Teilen und besonderen Techniken kann die Lösung beziehungsweise Vorgehensweise eines Machers zu begutachten wahre Wunder vollbringen. Auch wenn man selbst schlussendlich einen anderen Herstellungsweg wählt, wird die eigene Kreativität angeregt. Mit dem Willen, etwas zu lernen, schafft man eigentlich alle Herausforderungen, die so ein Kostüm mit sich bringt.

Wenn man online nach kaufbaren Kostümen sucht, gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder kauft man die Kostüme anderen Cosplayern ab. Dabei muss jedoch genau auf die eigenen Maße sowie die des angebotenen Kostüms achtgegeben werden. Oder man kauft von einem Online-Großhändler, die oftmals Ware von der Stange anbieten. Diese Kostüme haben gängige Größen und kommen meistens aus China. Es lohnt sich immer, nach Bewertungen der Shops zu suchen und sich die Details der einzelnen Teile durchzulesen. Bei den verwendeten Materialien sollte kein zu großer Plastikfaser-Anteil vorhanden sein, sonst wirkt das Kostüm schnell „billig“.

Die erste Convention

Hat man nun also endlich das erste Cosplay fertig, möchte man das neue Outfit natürlich auch tragen und Gleichgesinnte treffen. Conventions, also große Fan-Treffen, gibt es mittlerweile über das ganze Jahr verteilt in jeder größeren Stadt, und mit den unterschiedlichsten Schwerpunkten. Natürlich kann man diese auch ohne Kostüm besuchen, aber im Cosplay bietet eine Con noch einmal ein ganz anderes Erlebnis.

Nach ein bisschen Recherche findet man scheinbar unendliche Listen an Möglichkeiten. Die größten deutschen Conventions sind im Anime- und Japanbereich zum Beispiel die Dokomi in Düsseldorf, sowie die Connichi in Kassel. Für Fans von westlichen Comics und TV-Serien gib es die German Comic Con in Dortmund, Frankfurt und Berlin, oder – nicht zu verwechseln – die Comic Con Germany in Stuttgart. Auch auf den Buchmessen in Leipzig und Frankfurt ist Cosplay mittlerweile ein fester Bestandteil. Die Auswahl ist riesig.

Der Winter Soldier als erstes Cosplay
Der Winter Soldier als erstes Cosplay

Jeder fühlt sich natürlich wohl, wenn ein Freund oder eine Freundin einen auf die erste Convention begleitet. Doch manchmal springt der Funke nicht über, oder der eine hat für einen Termin keine Zeit. Zum Glück ist die Cosplayszene ein ideales Umfeld, um neue Bekanntschaften zu machen. Wie schaffe ich es jetzt aber, in dieser Masse an Menschen neue Leute kennenzulernen und Freundschaften zu schließen?

Zum einen gibt es die Möglichkeit, das Programm der Convention zu nutzen. Oft werden der ein oder andere Mitmach-Workshop angeboten, bei denen man neben dem Lerneffekt auch die Wirkung erzielt, mit Leuten ins Gespräch zu kommen. Zu aktuell populären Serien sowie Evergreens wie Naruto oder One Piece gibt es außerdem viele autonom organisierte, offene Fantreffen auf Conventions. Zu diesen kann man sich meistens auch hinzugesellen, wenn man gerade kein Kostüm aus dieser Serie trägt. Und bei besonders kleinen Fandoms ist es oft Gold wert, einfach Leute anzusprechen, die ebenfalls ein Kostüm aus diesem tragen. Jeder freut sich, wenn er erkannt wird und einen Gesprächspartner findet, bei dem man mit all seinen Fan-Gefühlen auf Verständnis trifft!

Hier kommt auch erneut die Nutzung von Social Media ins Spiel. Natürlich ist es Geschmackssache, ob man Plattformen wie Twitter oder Instagram auf diese Weise nutzen möchte, aber in diesem Fall kann es sich wirklich lohnen. Sich schon im Social Media zu „kennen“ ist ein toller Gesprächsstarter, sollte man sich auf einer Convention schließlich über den Weg laufen. Nicht selten werden außerdem im Vorfeld einer Convention Mitglieder für Cosplay-Gruppen gesucht, und in den allermeisten Fällen sind auch Fremde und Anfänger herzlich willkommen. Sich einer solchen Gruppe anzuschließen kann ebenfalls ein hervorragender Startschuss sein, um neue Leute kennenzulernen.

Gibt es Alternativen zur Convention?

Ist der Besuch einer Convention vielleicht doch einen Schritt zu groß, und man möchte in einem kleineren Rahmen in die Szene hinein schnuppern, gibt es noch viele andere Möglichkeiten. Eine davon sind regionale Fantreffen. Im Namen des Animexx e.V., einem Verein für Fans von Anime und Manga sowie Japanbegeisterte in Deutschland, werden in regelmäßigem Rhythmus (ca. alle zwei Monate) in ganz Deutschland kleinere Treffen organisiert. Die Besucherzahlen dort steigen selten über 500, und liegen viel öfter weit unter dieser Zahl. Trotzdem findet man stets den ein oder anderen Cosplayer, zu dem man in etwas heimeligerer Atmosphäre Kontakt knüpfen kann. Außerhalb des Animexx-Rahmens werden auch ab und zu offene Shooting- oder Fantreffen organisiert, die man meist als Events auf Facebook und Co. findet.

Die Convention-Checkliste: Was brauche ich sonst noch?

Was brauche ich auf einer Convention? Ein kurzer Überblick:

  • Eine Eintrittskarte. Ist zwar manchmal nicht zwingend notwendig, wenn einem das Programm nicht liegt und es schönes Wetter ist, könnte aber dafür sorgen, dass kleinere Conventions regelmäßig stattfinden können. Eintrittskarten-Bonus: ein Zugang zu Toiletten.
  • Proviant. Bitte immer zumindest eine Flasche Wasser mitnehmen. Cosplayer haben die schlechte Angewohnheit, sich wetterunpassend zu kleiden. Gebt auf euch Acht! Auch ein oder zwei Energieriegel oder ein paar Trockenfrüchte können kleine Retter sein.
  • Handy und Geldbeutel. Ersteres ist besonders für Fotos und Notizen ein Segen. Zweites, wenn man sich „ausversehen“ in den Händlerraum oder die Futtermeile verirrt. Eine Powerbank schadet ebenfalls nie.
  • Das Cosplay, wenn man denn eines tragen möchte. Es ist immer hilfreich, zuvor eine Liste zu machen, welche Teile man denn alles braucht, damit man auch ja nichts vergisst. Denkt auch an Accessoires und eventuelle Requisiten!
  • Schmerzmittel und Blasenpflaster. Gerade bei mehrtägigen Conventions wertvoller als das Master Sword. Wenn Du regelmäßig andere Medikamente einnimmst, diese bitte ebenfalls nicht vergessen.

Viel mehr braucht es eigentlich nicht, obwohl diese Liste natürlich individuell und situationsbedingt variieren kann. Mach Dir rechtzeitig Gedanken, dann kann eigentlich nichts schiefgehen.

Last, but not least: Ein kurzes Wort zu Fotografen

Neben vielen Cosplayern, sowie zivilen Besuchern, gibt es noch eine dritte Gruppe von Menschen, welche sich üblicherweise auf Conventions herumtreibt. Ihre Gesichter sind oft von großen Linsen verdeckt: die Fotografen. Sie nicht zu erwähnen, wenn es um einen Einstieg in die Welt der Conventions geht, erscheint beinahe wie Blasphemie. Die Menschen hinter der Kamera leisten oft echte Wertarbeit und präsentieren die Kostüme im schönsten Licht. Und es kann immer sein, dass man von einem Fotografen auf einer Convention angesprochen wird, um gemeinsam ein Foto zu machen. Das gilt natürlich auch umgekehrt! Es gibt so einige Fotografen, die sich freuen, wenn Cosplayer auf sie zukommen. Manchmal muss man als Cosplayer in der Masse der schönen Kostüme durchaus der proaktive Part sein.
Angesprochen zu werden ist erst einmal ein großes Kompliment, aber natürlich bleibt es jedem selbst überlassen, ja oder nein zu sagen. Wenn man gerade keine Lust hat, sollte man das höflich und bestimmt sagen. Und wenn der andere nein sagt, darf man sich davon nicht entmutigen lassen. Sind beide Parteien an einem Shooting interessiert, ist es immer gut, sich das gemachte Foto hinterher kurz auf dem Display zeigen zu lassen sowie die Kontaktdaten des anderen aufzuschreiben. Manche Cosplayer und Fotografen führen deshalb Visitenkarten (oder auch sogenannte „Coscards“) mit sich, oder man bereitet kleine Zettel vor. Es ist für einen solchen spontanen Fall ebenfalls gut, sich im Vorfeld ein paar Posen zu überlegen und gegebenenfalls im Vorfeld vor einem Spiegel zu üben. Dann hat man sie im entscheidenden Moment parat und es entsteht garantiert eine schöne Erinnerung an das Kostüm und die Convention.

Artikelbilder: K. Videl, Steven Wolf, Bearbeitet von Verena Bach

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