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Sperrt die Augen auf und werft das Gehirn an: Gemeinsam mit Sherlock Holmes seid ihr in M.O.R.I.A.R.T.Y.: Das mechanische Imperium einer Verschwörung ungeahnten Ausmaßes auf der Spur. Doch warum kann die Detektivgeschichte trotz stimmungsvoller Zeichnungen und interessanter Charaktere nicht überzeugen? Details erfahrt ihr in unserem Kurzcheck!

Sherlock Holmes: Wie kaum eine andere Figur steht die Schöpfung von Arthur Conan Doyle für spannende und knifflige Detektivgeschichten. Die Faszination für den Meisterdetektiv ist auch heute noch ungebrochen. Exemplarisch dafür stehen die Erfolge der Kinofilme mit Robert Downey Jr. und Jude Law, sowie die der Fernsehserien Sherlock und Elementary. Auch im Bereich der Rollenspiele gibt es Systeme wie Private Eye, die ihre Faszination durch knifflige Rätsel gewinnen.

Allerdings sollte ein wesentlicher Aspekt in diesen Geschichten nicht vergessen werden: Der geniale Bösewicht. Hierbei kommt man nicht um die Figur des Professor Moriarty herum. Wenngleich der „Napoleon des Verbrechens“ in den Geschichten von Doyle eine vergleichsweise kleine Rolle spielt, so ist er doch einer der ikonischsten Gegenspieler des Meisterdetektivs. Das Sherlock Holmes ebenbürtige Genie übt bis zum heutigen Tag eine ungewöhnliche Faszination aus.

Wer könnte also besser geeignet sein, in Form eines mechanischen Imperiums Holmes’ möglicherweise größte Herausforderung auf die Beine zu stellen?

Handlung & Charaktere

London im Jahre 1899: Der Adel  befindet sich in hellem Aufruhr. Abend für Abend werden seine Mitglieder durch den fragil wirkenden Mr. Gibbs beim Pokerspiel ausgenommen. Keiner scheint seinem spielerischen Genie gewachsen zu sein. Eine Herausforderung, der Sherlock Holmes nicht widerstehen kann. Doch tatsächlich ist seine Motivation eine gänzlich andere als zunächst angenommen. Denn Holmes hegt den Verdacht, dass es bei Mr. Gibbs nicht mit richtigen Dingen zugeht. Zu Recht: Nach bereits einem Kartenspiel erweist sich der Pokerspieler als eine ausgeklügelte Maschine.

Diese Ereignisse führen Sherlock Holmes, Dr. Watson und prominente Begleiter wie Winston Churchill auf eine Reise voller Intrigen, Komplotte und Gefahren. Dabei kreuzen sie die Wege mit einem Notar, der die Interessen des Wissenschaftlers Dr. Jekyll vertritt. Die Sorgen des Juristen sind groß, denn sein Mandant ist seit einiger Zeit verschwunden. Zuvor hat er sich außerdem mit einem zwielichtigen Individuum namens Hyde abgegeben.

Für Holmes fügen sich die einzelnen Puzzlesteine der Ermittlungen langsam zu einem großen Komplott zusammen. Aufgrund der Genialität und möglichen Tragweite kommt für ihn nur ein Drahtzieher in Frage: Professor Moriarty, den er eigentlich am Reichenbachfall in den Tod stürzen sah. Der Wettlauf der beiden Genies scheint unvermeidlich.

© Splitter

Die Autoren Fred Duval & Jean-Pierre Pécau erschaffen mit M.O.R.I.A.R.T.Y.: Das mechanische Imperium ein Sammelsurium aus historischen und fiktiven Persönlichkeiten des viktorianischen London. Auf dem Papier scheint es, dass man diese einzigartigen Figuren passend in einer Geschichte zusammenführen könnte. In der Realität sieht es jedoch anders aus.

Denn zugegebenermaßen erschlägt diese Graphic Novel den Leser. Zu viele Bausteine und Erzählungen werden gleichzeitig eingeführt. Dadurch fühlt man sich als Leser besonders zu Beginn verloren. Es ist auch nicht förderlich, dass M.O.R.I.A.R.T.Y.: Das mechanische Imperium ein wahres Textmonster ist. Panels werden zum Großteil von Sprechblasen und Textboxen gefüllt. Zusätzlich sorgt auf einigen Seiten die Anordnung der Panels für Verwirrung.

Der zähe Auftakt wird viele Leser davon abhalten, bis zum letzten Drittel vorzudringen. In diesem spielt die Graphic Novel ihre Stärken aus. Handlungsstränge fließen zusammen und ergeben endlich Sinn. Zusätzlich kommt man in den Genuss starker Action und Charaktermomente. Leider ist der Weg bis dahin langatmig.

Zeichnungen & Kolorierung

Ansporn zum weiteren Lesen kann aber die visuelle Gestaltung geben. Zeichner Stevan Subic bannt das viktorianische London stimmungsvoll auf die Seiten. Dabei setzt er auf feine Schraffuren, die die dreckige Atmosphäre des Schauplatzes ausgezeichnet vermitteln. In Kombination mit starken Konturen und Schattierungen entsteht eine intensive Bildwelt. In deren Fokus liegen eindeutig die Charaktere, denen auch die meiste Aufmerksamkeit in den Szenerien gewidmet wird.

Passend hierzu ist die Kolorierung von Scarlett Smulkowski. Vornehmlich schmutzige Braun- und Grautöne prägen die Farbpalette dieser Graphic Novel. Das London am Ende des 19. Jahrhunderts erweckt dadurch einen besonders schmutzigen und rauen Eindruck.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Splitter
  • Autoren: Fred Duval, Jean-Pierre Pécau
  • Zeichner: Stevan Subic, Scarlett Smulkowski
  • Sprache: Deutsch
  • Seitenanzahl: 128
  • Preis: 16,00 EUR
  • Bezugsquelle: Amazon

 

Fazit

M.O.R.I.A.R.T.Y.: Das mechanische Imperium hat gute Ansätze und steigert seine Qualität besonders im letzten Drittel. Zuvor wirkt die Graphic Novel jedoch überladen. Das Autorenteam will zu viele Charaktere, Ideen und Handlungsstränge unterbringen. In Kombination mit textreichen Panels ist die Lektüre damit unglücklicherweise anstrengend.

Allerdings sollten die Stärken in der visuellen Umsetzung nicht unerwähnt bleiben. Dem künstlerischen Team gelingt die stimmungsvolle Inszenierung eines dreckigen viktorianischen London. Dabei heben die Schraffuren von Zeichner Stevan Subic besonders die Charaktere und ihre Mimik hervor. Somit ist M.O.R.I.A.R.T.Y.: Das mechanische Imperium ein ambitioniertes Werk voller guter Aspekte, dass stellenweise an sich selbst scheitert.

 

 

Artikelbild: Splitter, Bearbeitet von Verena Bach
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

 

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