Geschätzte Lesezeit: 9 Minuten

Ein Hausbrand, ein Attentat und eine Entführung – im Abenteuer The U-Boat Mystery von The Troubleshooters müssen die Charaktere einen seltsamen Kriminalfall lösen. Dabei führen die Hinweise von Paris aus rund um den Globus. Können sie die Pläne von Octopus stoppen? Welche Stärken und Schwächen die Geschichte hat, erfahrt ihr hier.

Eine spannende Erzählung wie aus einem Comic, das sollen die Spielenden von The U-Boat Mystery selbst erleben. Im ersten offiziellen Abenteuer von The Troubleshooters begeben sich die Charaktere, wie im Titel zu erahnen, auf die Suche nach einem versunkenen U-Boot. Da der Spieltest einige Teile der Geschichte vorstellt, sei an dieser Stelle eine Spoilerwarnung für alle ausgesprochen, die das Abenteuer nicht selbst leiten wollen.

Angestoßen wird die Reise rund um die Welt von mehreren Verbrechen in Paris, deren Zusammenhang sich erst im Laufe der Ermittlungen erschließt. Nach einigen Recherchen in der ersten Hälfte der Handlung, geht es im zweiten Teil mit deutlich mehr Action los. Dabei muss die Gruppe versuchen den geheimen Plan einiger Alt-Nazis zu vereiteln und den Tag zu retten.

Die Spielwelt und Regeln und Charaktererschaffung

Das schwedische Pen-and-Paper-System entführt die Spielenden in eine alternative Welt der 1960er Jahre. Der Kalte Krieg schwelt weiterhin, in einem entscheidenden Ereignis gab es aber einen unerwarteten Sieger. Statt USA oder UdSSR schaffte es eine französisch-japanische Mission als erstes auf dem Mond zu landen. Dieses Beispiel für Zusammenarbeit prägt eine ganze Generation und ihr optimistisches Bild für die Menschheit.

Angelehnt sind die Geschichten, Ideen und Charaktere an die französisch-belgischen Comicwelten aus Tim & Struppi oder Spirou und Fantasio. Der humorvolle und rasante Comic-Stil zieht sich durch das gesamte Regelwerk, das auf einem W100-System basiert. Hinzu kommen einige Kniffe wie Story Points, mit denen Charaktere besondere Fähigkeiten aktivieren und die Erzählung beeinflussen können. Oder auch Pips, welche kleine Boni oder Mali auf die Würfelwürfe geben. Eine genauere Erläuterung dazu findet ihr in der Rezension des Systems.

Die Charaktererschaffung ist schnell über Archetypen in sogenannten Templates getätigt, welche gewisse Eigenschaften und Talente zur Auswahl stellen. Die Charaktere können personalisiert und hübsch ausgestaltet werden. Um sie besser in die Geschichte einzubinden, werden außerdem ein bis zwei aus elf möglichen Plot Hooks ausgewählt. Diese dienen bei Abenteuern dazu die Gruppe direkt in das Geschehen zu involvieren und einen Grund für ihre Aktionen zu finden. Da The Troubleshooters von Gruppendynamik lebt, werden abschließend persönliche Beziehungen und Verlinkungen untereinander festgelegt. Schon ist das Team für den nächsten spektakulären Coup oder die spannende Verfolgungsjagd bereit.

Spielbericht

Das Abenteuer wurde bis zum Erscheinen dieses Artikels noch nicht abgeschlossen. Trotzdem reicht die Zeit, um einen guten Eindruck über die erste Hälfte der Geschichte zu bekommen.

Zu Beginn der Handlung geschehen einige mysteriöse Dinge in Paris.

Die Charaktererschaffung geschah dank der Templates wie erwartet flüssig. Durch die sehr übersichtlichen Informationen im Regelwerk konnten die Spielenden schnell Fähigkeiten, Aussehen und Details ihrer SC ausarbeiten. Über die Zufallstabelle kamen interessante Kontaktorte hinzu, an denen sich die Charaktere untereinander bereits begegnet waren, teilweise jenseits des Eisernen Vorhangs oder auf einer Außenmission in einer Raumstation. Das vorliegende Abenteuer wurde dabei als Auftakt für gemeinsame Erlebnisse bestimmt.

Für die Testrunde startete ein vierköpfiges Team die Investigation rund um die merkwürdigen Ereignisse in Paris im Januar 1965. Mit dabei waren zum einen ein 14-jähriger walisischer Jugendprofi-Boxer und labilem Aggressionsproblem sowie ein schottischer, in die Jahre gekommener Gentleman, der als Diplomat im Namen der jungen Queen unterwegs ist. Aus Paris selbst wurden sie unterstützt von einem eher biederen Rechtsanwaltsprofessor mit festem Moralkodex und einem Avantgarde-Künstler, der neben einigen Metallskulpturen auch ein Faible für Technik und unglaubliche Erfindungen hat. Die fast schon explosive Mischung an Charakteren versammelte sich zum Start im Esszimmer des Professors, um mit ihren Recherchen zu beginnen.

Als Plot Hooks kamen „Looking for a case“ für den Professor sowie „Arch Enemy: The Octopus“ für den Diplomaten in Frage. Die erste Sitzung wurde genutzt, um sich über die Handouts zu unterhalten und alle Charaktere auf den gleichen Stand zu bringen. Dabei erzählten die Spielenden die Geschehnisse selbst. Mit den Hinweisen zu einem gewissen Reporter namens Pierre Martin machte sich die Gruppe auf den Weg zu dessen Büro bei der Zeitung La République. Dort kamen sie mit dem wütenden Verlagschef ins Gespräch, der sie über die Entführung seines Topjournalisten informierte und dank gelungener Würfe eine Untersuchung von Martins Arbeitsplatz erlaubte.

Es folgten im Verlauf der nächsten Sitzungen weitere Recherchen in Paris, bei denen die Spielenden nach und nach die Puzzleteile über Martins aktuelle Artikelvorbereitung zu einem versunkenen Nazi-U-Boot im Pazifik zusammenfügten. Schnell ergaben sich weitere Verknüpfungen und Hinweise zu Schauplätzen nach Hamburg und New York. Die dort laufende Kunstausstellung zu Richard Wagner und speziell das Bild der Walküre Brünnhilde ließen den Professor aufhorchen, da diese in seinem anonymen Hinweis als bedeutend markiert wurden. Zudem wurden Unterredungen mit der Polizei über die weiteren Ermittlungen geführt.

Pierre Martin und andere wichtige NSC bekommen hübsche Bilder spendiert.

Neben den Untersuchungen gab es einige Action. Auf die Arbeit der Gruppe aufmerksam geworden versuchten die Handlanger*innen von Octopus diese zu sabotieren. Der Versuch den jugendlichen Profiboxer zu entführen, scheiterte jedoch schnell und mit einem beschädigten Mercedes flüchteten die zwei ominösen Beobachter*innen. Die Charaktere schafften es, die Reparaturwerkstatt ausfindig zu machen und sich so ihrerseits auf die Suche zu begeben. In einer Lagerhalle, wo sie Pierre Martin vermuteten, wurde schließlich ein Rettungsversuch gestartet. Die aufgestellten Herausforderungen wurden nicht gemeistert, weshalb die Octopus-Scherg*innen mit dem geknebelten Reporter in einen Privat-Jet flüchten konnten.

Nach einem Verhör mit einem der Mercedes-Fahrer zog es die Gruppe für ihre Suche einmal über den Atlantik in die große Stadt New York. Dort erlebten die Erwachsenen eine Sightseeing-Tour, während der walisische Jungathlet eine kleine Sparring-Runde mit Cassius Clay, später auch bekannt als Muhammad Ali, machen durfte. Dieser spontan erdachte Cameo sorgte für einige Begeisterung am Spieltisch und fügte sich wunderbar in die neue Szenerie ein. Mit weiteren Gesprächen rund um das untergegangene Nazi-U-Boot, bei dem führenden Militärhistoriker zum Thema, wurde den Charakteren schließlich klar, dass Octopus offenbar einige versunkene Kunstschätze bergen will. Entsprechend war ihr nächstes Ziel klar: Das Inselreich Sitomeyang in Südostasien, wo das Kriegsschiff offenbar versunken ist …

Ob es den Charakteren gelingt das mysteriöse U-Boot zu finden?

Spielbarkeit aus Spielleitungssicht

Wie schon im Grundregelwerk von The Troubleshooters wird bei The U-Boat Mystery viel Wert auf Übersichtlichkeit für die Spielleitung gelegt. Eine Doppelseite vor dem Inhaltsverzeichnis fasst alle wichtigen Details der grundlegenden Geschichte zusammen. Im ersten Kapitel findet sich eine Tabelle mit Übersicht zu allen Hinweisen und Handouts sowie Tipps, wie der Start von Ermittlungen und Rollenspiel ideal gestaltet wird. Die weiteren Kapitel bieten zu den Schauplätzen Hintergrundinformationen, um diese möglichst lebendig zu gestalten. Besonders hervorzuheben sind die kleinen Übersichten am Kapitelende, welche Informationen die Charaktere idealerweise zu diesem Zeitpunkt haben sollten. Das hilft dem Handlungsfluss ungemein.

Was die Antagonist*innen angeht, werden bekannte Klischees bedient.

Neben einer Übersicht aller Handouts im letzten Abschnitt findet sich eine Liste an freundlichen und feindlichen NSC, die im Laufe des Abenteuers auftreten können. Diese sind oftmals mit einem kleinen Portrait im Comicstil gezeichnet, was die Beschreibung für die Spielleitung deutlich erleichtert. Ungewöhnliche Figuren sollten nicht erwartet werden. Die Archetypen der NSC bewegen sich von überzeichneter Mafiosi-Boss, exzentrischer Professor bis abenteuerliche Reporterin im Ausland eher in gängigen Klischees. Wer mehr als seichte Comic-Figuren erwartet, könnte hier etwas enttäuscht werden. Zu allen NSC gibt es eine kurze Übersicht zu den jeweiligen Werten und Fähigkeiten.

Insgesamt betrachtet hat es Spaß gemacht die Charaktere durch die Geschichte zu führen. Mit ausreichend Hinweisen und einigen guten Vorschlägen für Action-Szenen bot die Handlung genug Abwechslung für interessantes Rollenspiel. Wichtig war die richtige Balance dazwischen zu finden. Da eher ein fester Erzählstrang verfolgt wird, ist es Aufgabe der Spielleitung diesen möglichst interessant zu halten.

Spielbarkeit aus Spieler*innensicht

Die Testgruppe hatte merklich Spaß an der Handlung des Abenteuers. Positiv hervorgehoben wurden beispielsweise die Plot Hooks zum Einstieg sowie die übersichtlichen Handouts. In Paris selbst konnten sich die Charaktere frei den einzelnen Hinweisen widmen und recherchieren. Die anfänglich noch etwas ungewohnten Regeln mit Pips und Story Points wurden durch konkrete Beispiele deutlicher. In späteren Sitzungen wurde damit das gemeinsame Erzählen der Geschichte flexibel eingesetzt und so unterhaltsamer für alle. Um Überblick während der Online-Runde zu behalten, fertigte ein Spieler eine große Mindmap zum Fall an.

Gelobt wurde speziell die Möglichkeit, sich bewusst aus Szenen herauszunehmen und dafür Story Points zu bekommen. So konnten die Spielenden der Geschichte lauschen, ohne ihren Charakter in eine unpassende Situation zu bewegen. Auch das internationale Flair mit den Reisen wurde als Besonderheit zu anderen Pen-and-Paper-Abenteuern positiv bewertet. Die auftretenden Antagonist*innen erinnerten die Gruppe an klassische Archetypen aus diversen Comicerzählungen. „Es ist genau, was ich erwartet habe, bis jetzt bin ich nicht enttäuscht“, lautete das Fazit eines Mitspielers.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Helmgast/ Modiphius Entertainment
  • Autor*in: Krister Sundelin
  • Erscheinungsjahr: 2021
  • Sprache: Englisch
  • Format: PDF/Druck
  • Seitenanzahl: 86
  • ISBN: 978-1-912743-80-3
  • Preis: 24,15 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Amazon, idealo, Sphärenmeister

 

Fazit

Wie schon das Grundregelwerk legt The U-Boat Mystery den Fokus klar auf das gemeinsame Erzählen der Geschichte. Die Handlung erinnert stark an die abenteuerlichen frankobelgischen Comics: Eine Gruppe sympathischer Held*innen löst einen spannenden Kriminalfall und erlebt dabei Abenteuer an verschiedenen internationalen Orten. Feindbild sind einige Nazis und andere Finsterlinge, deren Pläne es zu durchkreuzen gilt.

Das Kriminalabenteuer bietet hübsch gestaltete Hinweise für die Spieler*innen.

Die Handlung ist gefüllt mit mehreren liebenswerten NSC, auch wenn einige Darstellungen eher klischeehaft wirken. Das ist angesichts der Comic-Inspiration wohl zu verschmerzen. Die Spielenden werden mittels Plot Hooks direkt in die Geschichte eingebunden und müssen aktiv die merkwürdigen Geschehnisse zu einem großen Bild zusammenfügen. Krimi-Fans können sich über sinnvollen Handouts und Hinweise freuen, die es im Laufe der einzelnen Schauplätze zu finden gibt. Kleine Übersichten an den jeweiligen Kapitelenden zeigen auf, was die Gruppe bis dahin herausgefunden haben sollte, um vorbereitet in den nächsten Abschnitt zu starten.

Was den Aufbau und die Gestaltung des Abenteuers angeht, wird der Spielleitung an allen Ecken und Enden geholfen. Gerade Einsteiger*innen in das System oder Pen-and-Paper allgemein sollten so wenig Schwierigkeiten mit der Leitung einer Runde haben. Auch das Nachschlagen funktioniert innerhalb der Sitzung schnell. Da die Grundhandlung ein Kriminalfall ist, sollte die Spielleitung das ganze Geschehen mehrfach durchlesen, um auch spontan auf Aktionen der Spielenden reagieren zu können. Abgerundet wird das Erscheinungsbild von einem sehr hübschen Comicstil der 1960er Jahre.

  • Übersichtlicher Aufbau der Handlung
  • Gute Hinweise für Krimi-Abenteuer
  • Hübsche Comic-Bilder und Karten
 

  • Eher stereotype NSC

 

Artikelbilder: © Helmgast, © kevron2002 | depositphotos.com
Layout und Satz: Melanie Maria Mazur
Lektorat: Sabrina Plote
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein