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Die Erde ist erwacht, und das auf alle erdenklichen Arten. Die gleichzeitige Eruption von Vulkanen 2012 steht auf der Liste der Top-Ereignisse diesbezüglich ganz oben. Zugleich veränderte sich die Landschaft in den folgenden Jahren in Tìr Tairngire, Tìr na nÒg und in Amazonien. Das wissenschaftliche Gebiet der Parageologie entstand. Zunächst war es vor allem das Studium der Manalinien, das im Fokus stand, dann jedoch entdeckte man, dass die flüchtigen Elemente von Erde, Feuer und Wasser sich als physische Vorkommen von den Meta-Ebenen manifestierten. Und schließlich entdeckte man noch Erwachte Mineralien. Und um all das geht es in Parageology.

Manalinien

Der Schwerpunkt des Buches liegt ganz klar bei den verschiedenen Manalinien, und so machen deren Beschreibungen auch knapp die Hälfte des Buches aus. Ob man sie nun Manalinien nennt, Geisterwege, Traumpfade oder noch anders: Sie alle bezeichnen den Fluss konzentrierter magischer Energie irgendwo auf der Erwachten Welt.

Es wird beschrieben, wie man sich diese Linien optisch vorstellen kann, welchen Wirkungsradius sie haben, vor allem jedoch werden sie in verschiedene Untergruppen unterteilt: Drachenlinien (D), Leylinien (L) und „Song Lines“ (S).

Drachenlinien haben einen Bezug zu geographischen Energien und sind entsprechend an vulkanischen Hotspots oder entlang von Flüssen zu finden. Sie beeinflussen ihr Umfeld ebenso wie umgekehrt. So gibt es entlang von Drachenlinien gesündere Pflanzen als anderswo, auf der anderen Seite sind die Manalinien dort besonders stark, wo eine kräftige und gesunde Natur anzutreffen ist oder sich in einem Terrain Feuer und Wasser yin- und yang-artig miteinander verknüpfen. 

Leylinien hingegen sind mit der Zivilisation verknüpft und man findet sie dort, wo Orte eine starke religiöse und/oder emotionale Kraft besitzen, die auch hier wieder umgekehrt von den Leylinien beeinflusst wird. In der Nähe der Leylinien sind die Menschen beispielsweise gesünder, inspirierter oder fühlen sich schlicht insgesamt energetisiert.

Song-Linien als letzter Typ der Manalinien befinden sich primär auf dem australischen Kontinent. Sie haben keinerlei Einfluss auf Land und Leute. Stattdessen handelt es sich um Reisewege sowohl in der physischen als auch astralen Welt. Sie formen astrale Risse und haben Verbindungen zu astralen Toren. In ihrer Nähe findet man allerdings häufig chaotische Manastürme.

Nach den Erläuterungen und detaillierten Beschreibungen der einzelnen Typen von Manalinien folgen Beispiele aus aller Welt in Textform: Nordamerika (z.B. Niagara-Fälle, Mississippi, Yellowstone Thermal Line), Südamerika (z.B. Amazonas), Asien (z.B. Ganges, Chinesische Mauer, Indus), Europa (z.B. Cairn Line von Tìr na nÒg, maltesische Ley-Linien, Stonehenge), Mittlerer Osten (z.B. Nil, ägyptische Pyramiden), Afrika (z.B. Victoria Falls) und Australien (z.B. Sydney Path) mitsamt einer zusätzlichen Klassifizierung je nach Stärke der Linien.

Abgerundet werden die Beschreibungen mit farbigen und ganzseitigen Kontinentabbildungen, auf denen die Lage wichtiger Manalinien farblich je nach Typ angegeben sind und sich jeweils vergrößerte Kartenabschnitte finden lassen, die sogar mit Koordinaten versehen wurden.

Hier schon findet man wie auch im weiteren Verlauf des Buches immer wieder blau hinterlegte Boxen, in denen weitere Informationen zu lesen sind. Fast alle von ihnen verweisen zudem dezent auf mögliche Plothooks, die man allerdings auch im normalen Fließtext zuhauf ausmachen kann. Hervorgehoben werden in den Boxen jedoch als „Parageological Hotspots“ bezeichnete Informationen. Ein Beispiel daraus ist die Tatsache, dass sich in Griechenland keinerlei Manalinien finden lassen. Warum ist das so? Eine Antwort darauf findet man nicht, es bietet sich aber an, seine Spielgruppe möglicherweise eine solche finden zu lassen und/oder als SL eine Lösung anzubieten.

Wahre Elemente

Nach dem Kapitel über die Manalinien folgen drei Seiten zu den Wahren Elementen Luft, Erde und Feuer, die 2064 erstmals entdeckt wurden. Zwar findet sich zu jedem Element eine schicke Farbabbildung, aber so wirklich informativ sind diese Seiten nicht. Man kann sie bei der Herstellung magischer Gegenstände verwenden, ist da zu lesen, aber so wirklich etwas über diese Elemente erfahren? Nö.

Erwachte Mineralien

Dieses Spiel setzt sich bei den Erwachten Mineralien sehr ähnlich fort. Anders als die Elemente, die als besonders flüchtig beschrieben werden, werden die Mineralien als vor allem unerforscht angegeben. Als Hintergrund dazu wird genannt, dass sie zwar magische Wirkung haben, mit einer Ausnahme allerdings wohl nicht selbst wirklich erwacht sind. Untersucht man sie, zerfallen sie schnell in ihre Bestandteile, was die entsprechende Forschung nicht gerade erleichtert.

Auch hier finden sich zu allen Mineralien wieder recht große Farbabbildungen, außerdem wissenschaftlich anmutende blau hinterlegte Stichwortkästen mit Daten zu Zusammensetzung, Farbe, Härte, Fundort und weiteren Aspekten.

Hintergrund- und Regelteil

Schließlich geht es mit einem kleinen Hintergrundteil weiter, der zwei Arten der neuen geologischen Parawissenschaften thematisiert, einen gesonderten Blick beispielsweise auf die Wuxing Skytowers wirft und einige geomantische Konstrukte genauer betrachtet, etwa ein arkanes Prisma.

Ab Seite 30 folgt der Regelteil, der hinsichtlich der Manalinien kaum weitere Auskünfte gibt. Hier allerdings findet man zu Elementen und Mineralien einige brauchbare Hinweise für das Spiel selbst. Es gibt eine Liste mit Verfügbarkeit und Preisen – die von 50.000 Nuyen bis hin zu 4 Millionen Nuyen pro Einheit reichen. Außerdem erfährt man hier, dass das Zufügen der Elemente unter anderem einen Bonus von Zwei auf das Rufen von Geistern des entsprechenden Elements sowie entsprechende elementare Beschwörungen geben kann.

Es gibt noch zwei metamagische Techniken für geomantische Initiaten, die vorgestellt werden sowie fünf geomantische Rituale. Diese ermöglichen dem Geomanten beispielsweise, jeden im Umfeld einer bestimmten Linie (Kraft der Linie x 100m) als Ziel zu nehmen, eine entsprechende Anzahl Meter weit entlang der Linie zu hören und zu sehen oder auch den Fluss einer Manalinie zu unterbrechen.

Braucht man das?

Dieses 32-seitige Büchlein für Shadowrun gehört aus meiner Sicht auf jeden Fall zu den sinnvolleren Veröffentlichungen der Reihe. Vor allem eignen sich die Inhalte für Gruppen, die abseits von Seattle und auch abseits anderer Sprawls spielen wollen, jedoch sind genügend Anreize vorhanden, die für wildnisscheue Runden taugen und diese dann eben nach Griechenland, Karlsruhe oder anderswo hin geleiten. Das Buch bietet eine Fülle an Ideen, die man aufgreifen kann, um daraus Runs zu kreieren. Hierbei muss es sich übrigens nicht allein um eine Gruppe magischer Runner handeln; es werden auch Randinformationen über Konzernprobleme weitergegeben, Schürfrechte, Abbau und derlei mehr.

Während die Informationen zu den Manalinien jedoch ausgesprochen ausführlich sind, gut lesbar und gleichermaßen gut in eine Kampagne oder einzelne Runs einzubauen, schwächelt die Veröffentlichung stark bei den Elementen und Mineralien. Wo man sowas mal gefunden hat und ein paar vage Infos dazu, das kann sich jeder genauso gut aus den Fingern saugen, ohne dafür ein Quellenbuch über Parageologie zu benötigen. Gut, am Ende finden sich noch handfestere Infos wie Verfügbarkeit, Preise und Anwendungsnutzen, aber für mich beißt sich das ein bisschen mit dem vorbeschriebenen Fluff. Dieser verweist zwar bei wenigen Mineralien auf konkreten Nutzen, in der Regel findet man dort jedoch sowas wie „Weiß man nicht, hat man noch nicht rausgefunden, geht schnell kaputt, aber sieht hübsch aus und kann man bei der Herstellung magischer Artefakte verwenden.“ Achso.

Preis-/Leistungsverhältnis

Das zugegebenermaßen schick aufbereitete PDF-Heftchen kostet stolze 5,80 EUR, was eindeutig zu teuer ist für das, was man dafür bekommt.

Erscheinungsbild

Parageology CoverGerade mal 32 Seiten umfasst dieses Quellenbuch und seine größte Stärke liegt in der Vollfarbigkeit, den recht großen und detaillierten Abbildungen eines jeden Elements und Minerals sowie in den ganzseitigen Kontinentabbildungen mitsamt Vergrößerungen und Koordinaten zu bestimmten Hotspots in Bezug auf die Manalinien. Der Text selbst ist gut lesbar, Sachinformationen sind vom wie immer reichlich vorhandenen Shadowtalk gut abzugrenzen, und auch die weiteren Infos lenken nicht vom aktuellen Hauptthema ab, da sie separat in blau hinterlegte Boxen gepackt wurden. Schick ist dieses Heftchen also allemal.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Catalyst Game Labs
  • Autor: Adam Large
  • Erscheinungsjahr: 2012
  • Sprache: englisch
  • Format: PDF
  • Seitenanzahl: 32
  • ISBN: –
  • Preis: 7,99 USD
  • Bezugsquelle: DriveThruRPG 

 

Fazit

Parageology ist sicherlich eine der besseren Veröffentlichungen aus der Reihe der Mini-PDF-Quellenbücher zu Shadowrun. Gerade die Informationen zu den Manalinien, die knapp die Hälfte des Buches umfassen, sind lesenswert und bieten reichlich Material, das sich in die verschiedensten Runs und Kampagnen am Rande oder als Schwerpunktthema einbetten lässt.

Leider lässt sich Gleiches nicht über die anderen beiden Themen des Buches, Wahre Elemente und Erwachte Mineralien, sagen. Hier punktet das PDF lediglich durch hübsche Farbzeichnungen, jedoch nicht mit wirklich nutzbaren Informationen. Dieses Defizit reißen die paar geomantischen Rituale und astralen Konstrukte, die zum Ende hin noch beschrieben werden, leider auch nicht mehr raus.

Insgesamt also eine sinnvollere und vor allem nutzbarere Quelle als viele andere der SR-Heftchen, für den Umfang und gebotenen Inhalt aber zugleich deutlich zu teuer.

Daumen2weiblich

Artikelbilder: Catalyst Game Labs

 

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