Geschätzte Lesezeit: 7 Minuten

Verderben zu viele Köche den Brei? Oder macht gerade die Vielfalt mehrerer Spielgruppen in einer Chronik den Reiz von Vampire Live aus? Egal, wo letztlich deine Präferenzen liegen: Absprachen müssen sein. Denn ohne eine funktionierende Kommunikation funktioniert eine große Chronik nicht.

LARP, und damit auch Vampire Live, lebt von den Teilnehmern. Ohne Mitspieler, mit denen man sich in den Intrigen und dem Drama des Vampirseins ergehen kann, macht das beste Setting keinen Spaß. Was könnte also besser sein als eine möglichst große Gruppe an Spielern, damit jeder die Menschen findet, mit denen er besonders gerne spielt?

Eine große Chronik, zu der mehrere Städte gehören, ist ein Schmelztiegel für große und kleine Dramen, Feindschaften, Bündnisse und Blutfehden. Gleichzeitig steht sie aber auch immer vor der Herausforderung, viele verschiedene Wünsche und Ansprüche vereinen zu müssen. Und das ist alles andere als einfach, denn sie ist gleichzeitig auch ein Schmelztiegel für zwischenmenschliche Probleme und Streit und schlimmstenfalls droht eine Teilung der Chronik.

Wie viel Absprache ist nötig?

Die kurze Antwort auf diese Frage lautet: So viel wie nötig ist, um allen Teilnehmern ein cooles Spiel zu ermöglichen.

Die ausführlichere Antwort ist, dass das Maß an Abstimmung gar nicht so groß sein muss, sobald die Grundlagen stehen. Diese allerdings zu erarbeiten und in der ganzen Chronik zu etablieren kann eine verdammt große Aufgabe sein. Und wirklich abgeschlossen ist der Prozess nie, da sich laufend etwas verändert.

Gemeinsame Grundlagen

Ein gemeinsames Chronikspiel funktioniert nur, wenn alle Gruppen mit denselben Grundlagen arbeiten. Und diese gehen deutlich weiter als der Vorsatz, gemeinsam Vampire Live zu spielen oder zu entscheiden, ob man Camarilla oder Sabbath, zwei große Vampirgruppierungen in der World of Darkness, spielt.

Zu der gemeinsamen Basis gehören die Spielphilosophie und der Schwerpunkt des Spiels. Wichtig ist, diese Ausgangspunkte klar zu definieren. Denn die Beschreibung „Es geht um den persönlichen Horror“ klingt zwar gut, ist aber viel zu allgemein. Besser sind Beschreibungen von Situationen und Gefühlen, die durch das Spiel entstehen sollen.

Auch das allgemeine Powerlevel der Charaktere sollte abgesprochen werden: Wenn der durchschnittliche Vampir in der Chronik 40 – 60 Jahre alt ist kippt schnell das Gleichgewicht, wenn in einer Stadt alle Charaktere 100 Jahre älter sind.

Ein einheitliches Regelwerk

Ein Regelwerk, das in allen Städten einer Chronik eingesetzt wird, ist aus zwei Gründen relevant: Zum einen sorgt es für ein einheitliches Powerlevel der Charaktere, da die vampirischen Fähigkeiten sich nicht von Stadt zu Stadt unterscheiden. Zum anderen wird mit gemeinsamen Regeln verhindert, dass Spieler sich regeltechnisch ständig umgewöhnen müssen, je nachdem in welcher Stadt sie spielen.

Einheitliche Richtlinien zu erstellen, kann ein langwieriger Prozess sein. Um ihn zu beschleunigen ist es sinnvoll, wenn wenige Personen daran arbeiten und anschließend die Rohfassung mit allen Spielleitungen besprochen wird.

Chronikweite Plots

Sobald ein Plot eine Stadt verlässt und sich ausbreitet, müssen sich die beteiligten Spielleitungen koordinieren. Die Federführung sollte dabei der Spielleitung überlassen werden, welche die Story entwickelt hat. Gleichzeitig sollte jede Spielleitung Anmerkungen und Vorschläge einbringen können.

Eine Absprache von Geschichten ermöglicht es zudem, ein dichteres Spielgefühl zu erschaffen: Wenn nicht jede Stadt einen eigenen Hintergrund hat, sondern mehrere Städte gemeinsam durch eine Story verbunden sind, entsteht das Gefühl tatsächlich Teil einer großen Vampirgesellschaft zu sein. Denn auf einmal haben Ereignisse in einer anderen Stadt Relevanz für das eigene Spiel.

Koordination der Clans

Eine städteübergreifende Absprache für alle Spieler eines Vampirclans ist nicht zwingend nötig. Manche Clans sind allerdings stark strukturiert, so dass eine Offplay-Koordination durchaus sinnvoll sein kann.

Gleichzeitig kann eine Clans-Koordination sehr dazu beitragen, ein Clan-Gefühl zu erschaffen und ins Spiel zu tragen: Die einzelnen Charaktere in verschiedenen Städten werden miteinander verknüpft und in Kontakt gebracht. Das Gefühl für den Clan wächst, wenn viele dieselbe Vision von ihm teilen.

Schlechter Stimmung vorbeugen

Es gibt (leider) kein Hobby, in dem es nicht irgendwann auch zu Konflikten kommt. Vampire-Live-Spieler sind dabei weder die schlimmsten noch die intrigantesten Menschen. Auch in Kleingartenvereinen wird gestritten, was das Zeug hält.

Trotzdem sollte eine Unstimmigkeit schnellstmöglich geschlichtet werden, ehe sie eskaliert und die Fronten sich verhärten. Eine goldene Regel sollte es deshalb sein, bei Unklarheiten schnell und direkt nachzufragen, was hinter einer Sache steckt.

Auch regelmäßige Hangouts dienen dem Chronikfrieden: Im direkten Gespräch können alle Fragen schnell und unkompliziert angegangen werden.

Die richtige Einstellung

Es gibt also eine große Bandbreite an Themen, die in einer Städte-überspannenden Chronik behandelt werden müssen. Damit dies gut klappt, lohnt es sich in jedem Fall, im Vorfeld etwas mehr Energie zu investieren und für ein gutes Klima zu sorgen, um sich im Nachhinein nicht mit schlechter Stimmung herumschlagen zu müssen.

Damit die dringend notwendigen Absprachen in einer Chronik funktionieren, sind diese Punkte entscheidend: Gute Kommunikation, Vertrauen in die Mitspieler, ein dickes Fell und die Erkenntnis, dass man niemals alles weiß.

Die Kommunikation professionalisieren

Dieser Punkt ist insbesondere für die Spielleitungen relevant. Es ist sehr sinnvoll, sich gerade bei schwierigen Themen mit den Regeln guter Kommunikation vertraut zu machen und so die Chance für Missverständnisse zu reduzieren. Eine faire Argumentation auf Augenhöhe kann so manchen Streit verhindern.

Mindestens ebenso wichtig ist es, gemeinsam definierte Grundlagen und Beschlüsse schriftlich festzuhalten. Das verhindert nicht nur, dass Einzelheiten vergessen oder unterschiedlich erinnert werden, es hilft auch jeder neuen Spielleitung, sich schnell einzuarbeiten und die Chronik besser zu verstehen.

Vertrauen ist das A und O

Kannst du deinen Mitspielern und Spielleitungen aus anderen Gruppen vertrauen?

Wenn deine Antwort ein entschiedenes „Nein“ ist, solltest du dich fragen, ob eine (oder diese) Chronik wirklich das richtige für dich ist. Wenn du dich bei jeder Aktion eines anderen Charakters fragst, ob außerhalb des Spiels gemauschelt wurde, liegt ein schwerwiegendes Problem vor. Du kannst kaum noch entspannt spielen und siehst schließlich überall Beweise dafür, dass sich alle gegen dich verschworen haben.

Egal ob dies der Wahrheit entspricht oder nicht: Dein Spiel leidet darunter. Wenn du trotz allem nicht auf das Spiel in der Chronik verzichten willst, solltest du versuchen eine Lösung für das Vertrauensproblem zu finden.

Ein guter Ansatz kann eine chronikweite Vertrauensperson sein. In einem Streitfall hört sie sich alle Betroffenen an und vermittelt. Wichtig ist dabei natürlich, dass jeder Spieler dieser Person vertraut.

Fünfe grade sein lassen

Ist es wirklich so wichtig, in jeder einzelnen Diskussion das letzte Wort zu haben? Oder ist es vielleicht doch nicht so dramatisch, dass in der Nachbardomäne etwas ganz anders gehandhabt wird, als du es tun würdest?

Wenn du willst, kannst du sehr viele Dinge in anderen Domänen finden, die dich furchtbar nerven: Der Fürst reagiert zu schnell oder zu langsam, zu hart oder zu weich, die SCs tun nichts oder handeln unlogisch, der Plot ist langweilig oder vollkommen übertrieben … Die Frage ist, ob dich das wirklich ärgern muss.

Solange es keine gravierenden Probleme gibt, versuche die Sache einfach entspannt zu sehen. Wenn in der Nachbardomäne alle Spaß haben, muss es dich nicht kümmern, ob du etwas anders gemacht hättest. Nimm das was dich ärgert lieber als Motivation für deinen Charakter etwas zu ändern, statt dir davon außerhalb des Spiels die Laune verderben zu lassen.

Ein Funken Bescheidenheit

Es ist ein bekanntes Phänomen, nicht nur im Vampire Live: Spieler und -leiter mit mehreren Jahren Erfahrung neigen dazu, sehr genau zu wissen, wie das Spiel „richtig“ funktioniert. Das Problem daran ist: Niemand weiß, wie es „richtig“ geht. Auch mit 20 Jahren Spielerfahrung ist man noch nicht fertig, sondern kann und sollte offen dafür sein, etwas Neues zu lernen.

Fazit: Ohne Absprachen geht es nicht

Je mehr Städte Teil einer Chronik sind, desto wichtiger und umfangreicher sind gute Vereinbarungen untereinander. Von den Grundlagen und dem gemeinsamen Regelwerk über die Koordination von Clans und Plots bis hin zur Notwendigkeit, aufkeimende Streitigkeiten im Keim zu ersticken, verhindert nur eine gut laufende Kommunikation Probleme.

Dabei muss der Mittelweg gefunden werden zwischen ausreichend detaillierten Absprachen und der nötigen Freiheit für jede Stadt, individuell zu bleiben und sich entwickeln zu können. Mit der richtigen Einstellung gelingt dies. Allerdings ist eine Chronik niemals fertig mit allen Einigungen: Da laufend etwas Neues passiert, müssen auch immer wieder neue Übereinkünfte getroffen werden.

 

Artikelbild: © chevu | depositphotos.com, © yurok.a | depositphotos.com,  Bearbeitung: Melanie Maria Mazur

 

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein