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Schwertern kommt in der Kultur eine ganz besondere Bedeutung zu. Kaum eine Waffe ist daher auch in der Phantastik so ikonisch wie das Schwert. Das Landesmuseum Württemberg hat dieser Waffe nun eine Ausstellung gewidmet und wir haben mit zwei der verantwortlichen Kuratorinnen gesprochen.

Dr. Nina Willburger © Landesmuseum Württemberg, Hendrik Zwietasch

Dr. Nina Willburger leitet die Fachabteilung Archäologie,ist auf die Zeit der Römer und Griechen spezialisiert und war die Projektleiterin der Ausstellung „Faszination Schwert“.

 

Janina Rösch M.A. ist wissenschaftliche Volontärin in der Fachabteilung Archäologie und ist als Archäologin den Schwertern ganz und gar verfallen.

Das Schwert fasziniert seit jeher die Menschen und ist aus der Populärkultur kaum hinwegzudenken. Von He-Man bis Star Wars, von Highlander bis Star Trek, gibt es kaum eine Geschichte, die ohne Schwert auskommt. So wundert es nicht, dass auch in anderen Bereichen der Phantastik, das Schwert ein zentrales Element spielt, wie etwa im LARP oder dem Tischrollenspiel. Das Landesmuseum in Stuttgart widmet noch bis Ende April eine ganze Sonderausstellung der Faszination Schwert. Nach einem ausgedehnten Besuch der Ausstellung, haben sich die Kuratorinnen Dr. Nina Willburger und Janina Rösch noch etwas Zeit genommen, um mit uns über die wohl ikonischste Waffe zu sprechen.

Raumaufnahme © Landesmuseum Württemberg, Stuttgart; Foto: Martin Sigmund
© Landesmuseum Württemberg, Stuttgart; Foto: Martin Sigmund

 

Wie es begann

Teilzeithelden: Das Landesmuseum Württemberg hat eine sehr große Sammlung an Schwertern verschiedener Epochen und Regionen. Ist eine Sonderausstellung da nicht schon lange fällig gewesen?

Willburger: (lacht) Ja, manche Dinge liegen so nahe, dass man sie übersieht. Aber nein, Spaß beiseite. Wir planen unsere Ausstellungen über zwei bis drei Jahre im Voraus, hier allerdings hatten wir nur rund 21 Monate Zeit. Es gibt viele spannende Themen. Daher kam das Schwert erst jetzt zum Zug und tatsächlich, war die Begeisterung im Haus zunächst teilweise gedämpft, anders als im Team aus Archäologen, Historikern und Kunstgeschichtlern, die alle sofort Feuer und Flamme waren.

Teilzeithelden: Lag es an der ausgeprägten Präsenz in der ständigen Ausstellung?

Rösch: Das ist möglich, aber vor allem lag es daran, dass viele im Haus das Schwert eher nur in seiner Funktion als Waffe gesehen und auch gekannt haben.

Willburger: Als wir, das Ausstellungsteam, dann aber unser erstes Grobkonzept vorgestellt und die kulturgeschichtliche Bandbreite des Themas aufgezeigt haben, hat sich die Zurückhaltung bei den meisten schnell gelegt. Wir konnten deutlich machen, dass das Schwert mehr als eine Waffe ist. Die Vielseitigkeit, mit der das Thema betrachtet werden kann, hat auch das Team immer wieder überrascht und eigentlich könnten wir eine noch größere Ausstellung daraus machen. Für mich war es die 11. Ausstellung an der ich mitgewirkt habe und bei keiner anderen habe ich so viel gelernt, das ist das Schöne an einer interdisziplinären Zusammenarbeit.

Bismarck, Schmied der deutschen Einheit, überreicht Germania das Reichsschwert“© Landesmuseum Württemberg, Stuttgart, Bildarchiv
Bismarck, Schmied der deutschen Einheit, überreicht Germania das
Reichsschwert © Landesmuseum Württemberg, Stuttgart, Bildarchiv

Teilzeithelden: Was fasziniert denn eigentlich die Menschen am Schwert?

Rösch: Es ist die Kombination aus verschiedenen Aspekten, die auch heute noch zu dieser Faszination beitragen. Man muss dabei vor allem vor Augen haben: Das Schwert war die erste Waffe, die in der Bronzezeit ausschließlich zum Töten anderer Menschen erschaffen wurde. Alle anderen Waffen hatten bis dahin sozusagen einen doppelten Nutzen, waren Werkzeug und Waffe zugleich oder wurden etwa zur Jagd eingesetzt. Nicht so das Schwert.

Willburger: Das gab dem Schwert schon früh einen bedeutsamen Aspekt, es wurde zu einem Zeichen der Krieger und bald auch zum Symbol der Elite und der Herrscher. Ein einfacher Bauer oder Jäger, benötigte im Grunde keine Waffe nur zum Töten für Menschen, ganz zu schweigen, dass die Herstellung komplex und damit nicht gerade günstig war. Krieger hingegen bevorzugten schnell diese Waffe, da sie besonders im Nahkampf überlegen war.

Von Arslantep nach Hollywood

Teilzeithelden: Wie hat sich der Weg des Schwertes entwickelt?

Rösch: Erste Funde können wir auf das Ende des 4. Jahrtausend v.Chr. datieren.Sie stammen aus Arslantepe, einem Ruinenhügel in der Osttürkei.Erst 2000 Jahre später breiteten sie sich dann auch über den Mittelmeerraum nach Europa aus. So verbreitete sich auch über kulturelle Grenzen hinweg.

Willburger: Blickt man in die Geschichte verschiedener Kulturen, hat das Schwert oder seine Artverwandten sich als Waffe von professionellen Kriegern durchgesetzt, gleich ob in Asien, der arabischen Welt, oder den Völkern Mittel- und Südamerikas. Da war es klar, dass die Menschen es auch weiter mit einer besonderen Bedeutung versahen. Nicht nur weil meist die herrschende Elite, zumindest sehr lange, Zugriff auf solche Waffen hatten, sondern damit auch unmittelbar die Macht über Leben und Tod assoziiert wurde, weil auch kultische Aspekte schnell eine Rolle gespielt haben.

Teilzeithelden: Aber als modernere Waffen die Schlachtfelder eroberten, hätte das Schwert dann nicht auch an Bedeutung verlieren müssen?

Rösch: Nein, dafür war seine Wirkmacht bereits viel zu stark. Tatsächlich hat die Propaganda den Symbolgehalt des Schwertes schon lange erkannt. So findet es sich bereits in den ersten Flugblättern des 17. Jahrhundertswieder, einer Zeit als das Schwert bald als Kriegswaffe endgültig ausgedient hatte. Im 30-jährigen Krieg (1618-1648)machte sich etwa der schwedische König Gustav Adolf II. die Wirkmacht des Schwertes zunutze und ließ sich gern als Feldherrn mit Schwert in heroischer Pose und somit als Streiter für Christus sowie als Retter des bedrängten Protestantismus abbilden.

Willburger: Auch andere Herrscher nutzten das Schwert bis in das 20. Jahrhundert hinein. Die Nationalsozialisten griffen diese Bedeutungsmacht natürlich auch auf. Ein Bezug zur verklärten Deutschen Geschichte, drängte das Schwert als Symbol geradezu auf. Ob im Sportabzeichen oder heroisierenden Darstellungen von Adolf Hitler, Schwerter nahmen einen wichtigen Platz in der nationalsozialistischen Symbolik ein.

Restaurierungswerkstatt © Landesmuseum Württemberg, Stuttgart
Restaurierungswerkstatt
© Landesmuseum Württemberg, Stuttgart

Teilzeithelden: Auch heute scheint die Faszination der Menschen für das Schwert kaum gebrochen zu sein. Woran liegt das?

Willburger: Das ist aus wissenschaftlicher Sicht nicht ganz eindeutig zu beantworten. Ich denke, es liegt vor allem daran, dass Menschen, schon immer, Heldengeschichten liebten. Heldengeschichten geben uns das Versprechen, dass es möglich ist, ein besserer Mensch zu sein und über das Böse siegen zu können. Sie lassen uns in der Phantasie Abenteuer erleben, die uns wohl in der Realität vorbehalten bleiben und sie zeichnen oft ein einfaches Weltbild von einem deutlichen Gut und einem ebenso deutlichem Böse. Die Welt ist hochkomplex geworden und da ist die Sehnsucht nach Simplifizierung manchmal gut nachzuvollziehen. Und Helden hatten meistens Schwerter, Theseus, König Arthur, Siegfried, ja sogar Robin Hood.

Das Schwert heute

Teilzeithelden: Vor allem bei letzten bewegen wir uns aber ja eindeutig im Bereich der Populärkultur. Ist das noch Wissenschaft?

Rösch: Da könnte man wohl leidenschaftlich drüber Streiten. Aber für uns war bei der Konzeption der Ausstellung von vornherein klar, dass Popkultur dazugehört und auch die Populärkultur ein Gebiet wissenschaftlicher Betrachtung ist. Wie könnten wir eine Ausstellung über die Faszination Schwert machen, ohne zu betrachten, welchen Einfluss das Schwert bis heute auf unsere Kultur hat?

Am Ende war der Bereich sogar viel zu groß und wir mussten ihn leider deutlich reduzieren. Wenigstens ist mein Lieblingsschwert, das Schwert von Godric Gryffindor aus der Harry-Potter-Reihe, dringeblieben (lacht).

Willburger: Witzig, mein Lieblingsschwert ist auch eher dramaturgischer Natur. Ein Kultschwert, man könnte es auch als Theaterschwert bezeichnen, aus dem 2. Jahrhundert, hier ist

Klinge und Heft mit einem Bügel verbunden, so konnte es am Körper angebracht und damit eine Durchbohrung simuliert werden. Es fand im römischen Mithraskult Verwendung, vermutlich beim Initiationsritus.

Teilzeithelden: Ich musste übrigens ein bisschen bei dem Filmplakat von Red Sonja schmunzeln. Wo gräbt man sowas aus?

Willburger: Nicht in unserem Magazin. Die ganzen alten Plakate zu finden, war gar nicht so einfach. Red Sonja war für uns jedoch ein interessantes Beispiel für die Dimension Frau und Schwert aus einer Zeit, in der das nicht selbstverständlich war.

Raumaufnahme © Landesmuseum Württemberg, Stuttgart; Foto: Martin Sigmund
© Landesmuseum Württemberg, Stuttgart; Foto: Martin Sigmund

Teilzeithelden: Frauen mit Schwertern sind ja zumindest popkulturell nichts Ungewöhnliches. Jedis, Sith, Klingoninnen, Uma Thurman in Kill Bill…

Rösch: Auch historisch betrachtet sind Frauen mit Schwertern nicht ungewöhnlich. Mit Jeanne d’Arc oder Artemisia, die unter Xerxes als Flottenkommandantin gegen die Griechen kämpfte, gibt es zwei wunderbare Beispiele, die auch in der Literatur ausgearbeitet wurden. Darüber hinaus sind wir bei unserer Arbeit immer wieder auf Frauen mit Schwertern gestoßen. Ein spannendes Feld, das bisher noch kaum untersucht wurde.

Teilzeithelden: Eine Ausstellung zu konzipieren ist ja kein reiner Selbstzweck, sondern vielleicht auch mit Erwartungen oder Wünschen verbunden. Was würden Sie sich von Besuchern wünschen?

Willburger: Das mag jetzt ein wenig pathetisch klingen, aber ich wünsche mir, dass dem Schwert Gerechtigkeit widerfährt. Selbst Menschen die sich beruflich mit Schwertern befassen, sehen oftmals nur ihre Bedeutung als Waffe. Aber das Schwert ist viel mehr, nicht nur in unserer Kultur. Es ist ein Symbol mit enormer Wirkmacht, das manchmal auch überhöht wird. Daher wünsche ich mir, dass Menschen das Schwert nicht nur als Waffe, sondern als Bestandteil der Kultur sehen, der weit über das Töten hinausgeht.

Raumaufnahme © Landesmuseum Württemberg, Stuttgart; Foto: Martin Sigmund
© Landesmuseum Württemberg, Stuttgart; Foto: Martin Sigmund

Die Faszination Schwert wird von einem großen Rahmenprogramm, mit zum Beispiel Fecht- und Schmiedekursen begleitet. Bis zum 28.04.2019 kann man noch die Exponate und aufwendig inszenierte Ausstellung in Stuttgart besuchen. Neben einer historisch-kulturellen Betrachtung, umfasst die Ausstellung auch einen großen popkulturellen Bereich, der sich dem Schwert in Film, Fernsehen, digitalen Spielen und LARP widmet.

Artikelbilder: © Landesmuseum Württemberg, Bearbeitet von Jennifer Stramm

2 Kommentare

  1. Hallo, ich habe vor vielen Jahren (es müssen inzwischen etwa 30 sein) im „Museum am Burghof“ in Lörrach ein Richtschwert gesehen, das dort im Original ausgestellt ist. Dieses trägt auf der einen Seite der Klinge eine eingravierte Inschrift, die in heutiges Deutsch übersetzt etwa lautet: „Wer etwas findet, ehe es ein anderer verliert, stirbt durch dies Schwert, ehe er alt wird“. – Das hat mich damals enorm fasziniert und ich findes es immer noch faszinierend. – Habt Ihr so eins auch in der Ausstellung?

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