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Die Cosplayszene ist international und der Austausch mit den Communities anderer Länder dank Internet und sozialer Medien einfacher denn je. Doch wie ist es, Cosplayer verschiedener Nationen zu treffen und sich in einem Wettbewerb mit ihnen zu messen? Diese Erfahrung haben Cita und Feder mit uns geteilt.

Darüber, wie es ist, als amerikanische Cosplayerin zum ersten Mal eine deutsche Convention zu besuchen, hat December Wynn uns bereits berichtet. In unserem Interview mit der Amerikanerin erklärt sie unter anderem, welche Annahmen sie vor ihrem Besuch über die deutsche Szene hatte.

Heute wollen wir den Spieß umdrehen: Wie ist es, als deutsches Cosplay-Team an einem internationalen Cosplayer-Treffen wie dem World Cosplay Summit (WCS) teilzunehmen? Cita und Feder haben genau das gemacht und dabei auch noch kräftig bei dem Wettbewerb, der jährlich in Japan abgehalten wird, abgeräumt. Als Team wurden beide letztes Jahr mit dem beliebten Brother-Award ausgezeichnet, ein Sponsoren-Sonderpreis, der die beste Näharbeit kürt.

Cita und Feder auf der Connichi 2018, als Prinzessin Mononoke und Ashitaka nach ihrer Kür zum Team Germany 2019.
Cita und Feder auf der Connichi 2018, als Prinzessin Mononoke und Ashitaka nach ihrer Kür zum Team Germany 2019. © Wana

Ein Ergebnis, das auch im Heimatland mit großem Jubel aufgenommen wurde. Die mediale Aufmerksamkeit war überraschend groß – zahlreiche (Online-) Artikel wie zum Beispiel in der Welt haben auch Nicht-Szenekennern nahegelegt, was es bedeutet, als Team Germany in Japan dabei zu sein. Umso spannender, diese Erfahrungen – auch mit der Presse – aus erster Hand zu hören.

Disclaimer: Dieses Interview wurde im September 2019 aufgezeichnet und im Juni 2020 mit der Hilfe von Cita und Feder editiert.

Team Felix Felicis

Teilzeithelden: Hallo und vielen Dank für eure Bereitschaft zu diesem Interview. Vorab, für unsere Leser: Wer seid ihr, und was macht ihr so?

Cita: Wir sind die Cita und die Feder, wir waren dieses Jahr das WCS Team Germany, Felix Felicis. Wir sind vor ein paar Wochen erst aus Japan zurückgekommen und haben tatsächlich den Brother-Award nach Hause gebracht.

Feder: Seit 2011 sind wir ein Cosplayer-Team, seit 2014 nehmen wir gemeinsam an Wettbewerben teil. Der WCS war unser erster internationaler Wettbewerb und eine große Herausforderung.

Teilzeithelden: Eine weitere klassische Cosplayer-Einstiegsfrage: Was macht ihr am liebsten bevor ihr das Kostüm fertigstellt und was danach?

Cita: Ich nähe.

Feder: Ich baue. Nähen kann ich nicht so gut. Perücken hassen wir beide (beide lachen). Wenn die Kostüme fertig sind, lieben wir es, auf die Bühne zu gehen, das motiviert uns am meisten. Deswegen haben wir mit Wettbewerben angefangen. Wir gehen zu mehr Wettbewerben, als gut für uns ist, weil wir so viel Spaß daran haben.

Teilzeithelden: Bei einem Blick auf euer Kostüm-Portfolio wird sofort klar: Studio Ghibli ist eure Inspiration. Würdet ihr sagen, Ghibli-Cosplays sind für euch zu einer Art Benchmark geworden?

Cita: Ghibli begleitet uns schon seit unserer Kindheit und ist definitiv ein Teil von uns. Beim WCS waren wir tatsächlich als „Team Ghibli“ bekannt, weil wir uns für den Wettbewerb ausschließlich auf Ghibli-Charaktere konzentriert haben.

Feder: Wir hatten schon einige Ghibli-Kostüme im Schrank, da war es dann naheliegend, auch für die Events und das Finale wieder danach zu greifen.

Der World Cosplay Summit

Teilzeithelden: Beim WCS ist der Bezug zu japanischen Vorlagen in den Kostümen vorgegeben. Gab es auch deutschen Einflüsse, die ihr mit nach Japan genommen habt? Welche Mentalität hat da eine Rolle gespielt?

Cita: Wir sind unglaubliche Kostümperfektionisten. Wir sind auch stolz darauf, wenn wir die Kostüme in die Waschmaschine werfen können. Manche Cosplayer nähen ihre Kostüme komplett neu, ehe sie sie waschen müssen. Uns ist die Langlebigkeit der Kostüme sehr wichtig.

Feder: Ursprünglich dachten wir, wir sind gut im Auftritt. Nachdem wir dann die internationalen Teams in Japan gesehen haben, haben wir aber gemerkt: Im Vergleich sind wir eher gut im Kostüm. Das „Made in Germany“ überträgt sich auch ins Cosplay und in die internationale Szene. Der Brother-Award ist uns ja auch für die Kostüme überreicht worden.

Teilzeithelden: Wie habt ihr die mediale Aufmerksamkeit vor und nach der Preisverleihung empfunden?

Cita: Wir wurden von jemandem von der DPA zum Interview gebeten, der sich sehr dafür interessiert und einen sehr ausführlichen Artikel geschrieben hat. Dadurch wurde eine Kettenreaktion ausgelöst, auch schon zu Beginn unserer Reise bei der „Tokio Round“. Der Artikel wurde von mehreren Nachrichtenseiten aufgenommen. Nach der Preisverleihung im Finale hat die DPA dann erneut ein Interview mit uns geführt.

Feder: Durch den Brother-Award sind tatsächlich viele deutsche Medien auf Cosplay aufmerksam geworden, die sonst nicht sehr viel darüber berichten. Es ist schön zu sehen, dass der internationale Gedanke von „deutscher Handwerkskunst“ so positiv aufgefasst wird.

Teilzeithelden: Glaubt ihr, dass die vorab entstandene mediale Aufmerksamkeit in die Preisvergabe mit reingespielt hat?

Cita: Das war sicher keine Beeinflussung für den Award selbst. Japanische Fernsehsender haben mit uns gesprochen wie auch mit vielen anderen Teams. Die Sponsoren versuchen allerdings schon während des Wettbewerbs durch die Events, Kontakt zu den Teilnehmern aufzubauen. Dabei hilft ein wenig mediale Aufmerksamkeit natürlich. Aber für den Brother-Award existiert eine separate Nominierung, nach der die nominierten Teams noch mal in eine Kostümbewertung müssen.

Feder: Man muss schon im Hinterkopf behalten, dass der Award die Aufmerksamkeit nicht hervorgerufen hat, diese war ja wie gesagt schon vorher vorhanden.

Die Freude war riesig, als verkündet wurde, dass Team Felix Felicis den begehrten Brother-Award mit nach Hause nehmen wird.
Die Freude war riesig, als verkündet wurde, dass Team Felix Felicis den begehrten Brother-Award mit nach Hause nehmen wird. ©WCS

Jede Sekunde genießen

Teilzeithelden: Welche Eindrücke habt ihr von den internationalen Teams gewonnen? Konntet ihr euch untereinander austauschen?

Cita: Man hat sich grundsätzlich auf Englisch ausgetauscht. Die Teams haben gegenseitigen Kontakt gesucht, das Miteinander war sehr groß. Auch jetzt noch. Den WCS-Chat, zu dem immer mehr Teams hinzukamen, den gibt es jetzt hinterher immer noch.

Feder: Wir vermissen alle wahnsinnig. Die Abschiedsparty am Ende der WCS war sehr tränenreich. Es ist eine sehr intensive Zeit und man schafft es nicht, alle Teams kennenzulernen. Aber man merkt eben, dass jeder Bock hat, das zu tun und zu erleben. Alle haben Spaß, und darum geht es ja in erster Linie auch.

Teilzeithelden: Morgen wird unser neues Team Germany für 2020 gekürt. Was werdet ihr den beiden mit auf den Weg geben?

Cita: Genießt die Zeit! Genießt jede Sekunde, auch schon bevor ihr in Japan seid. Geht nicht hin, weil ihr was reißen wollt, da man eben nichts beeinflussen kann: weder die Konkurrenten noch die Jury noch die Sponsoren, die ebenfalls viel zu sagen haben. Erwartet nichts und freut euch über alles!

Feder: Übernehmt euch nicht mit dem Kostüm, macht keine großen Kostüme. Das ist den Stress nicht wert. Wagt euch nicht an eine Rüstung, wenn ihr das noch nie gemacht habt. Es ist zwar super spannend und man lernt sehr viel, aber wir haben uns dafür gehasst. Macht das nicht zum WCS-Finale.

Teilzeithelden: Zusätzlich werdet ihr dieses Jahr auch am Finale der Deutschen Cosplaymeisterschaft (DCM) teilnehmen. Das muss doch eine ziemliche Belastung sein?

Cita. Ja schon, aber wir haben die Teilnahme am DCM-Vorentscheid vor dem WCS-Finale geplant und wollen die Teilnahme im Finale nicht aufgeben. Wir gehen eben einfach gerne auf die Bühne, und die DCM hat uns schon immer viel bedeutet.

Feder: Für uns war auch wichtig, dass wir eben vor dem Finale noch mal auf die Bühne gehen. Dafür war der Vorentscheid gut. Wir brauchten das Feeling, die Bühne unter den Füßen, damit man nicht so eine lange Pause dazwischen hat.

Cita und Feder beim DCM-Vorentscheid 2019. Natürlich stilgetreu im Ghibli-Cosplay, dieses Mal aus dem Film Chihiros Reise ins Zauberland.
Cita und Feder beim DCM-Vorentscheid 2019. Natürlich stilgetreu im Ghibli-Cosplay, dieses Mal aus dem Film Chihiros Reise ins Zauberland. © Chikara Chan

Teilzeithelden: Hat euch die WCS-Erfahrung gereicht, oder werdet ihr in Zukunft auch an mehr internationalen Wettbewerben teilnehmen?

Cita: Klar, es gibt ja noch einige! Wir haben schon am ECG-Vorentscheid (European Cosplay Gathering) teilgenommen.

Feder: Wir sind nur ganz knapp nicht weitergekommen. Wir sind Zweiter geworden – ein Glück, weil wir wirklich keine Zeit mehr gehabt hätten. Irgendwann wollen wir auch am C4 teilnehmen (Clara Cow’s Cosplay Cup). Dieses Jahr wird’s wegen des WCS wieder nichts.
Wir freuen uns auch sehr darauf, wieder Comedy zu machen. Es war herausfordernd, für den WCS der Grundsatzregel „respect the character“ zu folgen. Deutscher Humor ist schon, den Charakter etwas durch den Kakao zu ziehen. In Japan musst du den Charakter respektieren und möglichst nah am Original bleiben. Jetzt können wir wieder „unseren“ Humor integrieren.

Teilzeithelden: Dann bleiben wir gespannt, was als nächstes kommt. Vielen Dank noch einmal für eure Zeit. Ich wünsche euch viel Erfolg in der Zukunft und alles Gute!

Nicht zu stoppen

Nach unserem Interview, das wir im Herbst 2019 mit den beiden geführt haben, ging es für das Team Felix Felicis zum Finale der Deutschen Cosplaymeisterschaft. Es ist kein Geheimnis – auch hier hat das Duo ordentlich abgeräumt und in der Heimat sogar den ersten Platz für sich einnehmen können. Eine echt starke Leistung! Cita und Feder findet ihr auf ihrem Twitter- (@cf_cosplay) sowie Instagram-Account (@cf.cosplayfactory).

Cita und Feder haben als Little Sisters aus dem Computerspiel Bioshock bei der DCM abgeräumt. © Chikara Chan
Cita und Feder haben als Little Sisters aus dem Computerspiel Bioshock bei der DCM abgeräumt. © Chikara Chan

Übrigens: Kurz nach unserem Gespräch mit Cita und Feder wurde Team ImoNee als deutsches Team für 2020 ausgewählt. Wegen CoVid-19 fällt der Wettbewerb dieses Jahr allerdings aus – weshalb die zwei sich erst 2021 mit den anderen Teams beim WCS messen können. Wir sind gespannt, was Lia und Mitan uns präsentieren werden und drücken jetzt schon die Daumen für eine entspannte Kostümherstellung.

Der Abschluss unserer Interview-Reihe zum Thema internationales Cosplay folgt demnächst. Dafür haben wir – last but not least – mit Astarohime gesprochen. Sie stammt aus Russland, ihr Weg nach Deutschland war also nicht ganz so weit. Aber bedeutet das, dass sich die Cosplay-Kultur entsprechend ähnlicher ist? Diese und weitere Fragen hat sie uns beantwortet. Also, bleibt dran!

Artikelbilder: © siehe Fotos. Titelbild: Shiroku
Layout und Satz: Roger Lewin
Lektorat: Christin Grigowski

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