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Eine von Deutschlands großen Anime- & Manga-Messen ist zurück! Die AnimagiC 2023 öffnete an drei Tagen – zwischen dem 4. – 6. August – die Tore des Mannheimer Rosengartens für die Szene. Neben großen japanischen Gästen, Musik und spannenden Ankündigungen gab es jedoch auch Ernüchterung. Teilzeithelden war vor Ort.

Kaum fing das Conventionjahr 2023 an, gab es für Anime-, Manga- und Cosplayfans kein Halten mehr. Nachdem schon die Dokomi mit über 150.000 Besucher*innen alle Rekorde brach, startete nun eine weitere große Szenen-Messe, die AnimagiC, in Mannheim. Die Veranstaltung konnte bereits mit ihrem Umzug von Bonn nach Mannheim ihre Besucher*innenzahl auf über 30.000 verdoppeln. Ob es dieses Mal noch mehr waren? Noch sind keine genauen Zahlen bekannt, doch sah man sich vor Ort um, fiel vor allem eines auf – es war voll. Lange Schlangen vor Pop-Up-Stores, Signierstunden sowie vor größeren Programmpunkten an der Bühnenhalle waren die Regel. Dafür hatten die Hallen vor allem für eingefleischten Anime- und Mangafans eine ganze Menge an Merchandise, Entertainment und besonderen Aktionen geboten. Dieser Erfahrungsbericht soll einen Einblick geben, was es in diesem Jahr so zu erleben gab und wie sich die Messe in punkto Organisation und Ausführung in den Augen der Messebesucher*innen schlagen konnte.  

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Die Stärke der AnimagiC – Entertainment pur!

Wenn es eine Sache gibt, für die die AnimagiC bekannt ist, dann ist es das bestechend große Entertainment-Programm, das jedes Jahr aufs Neue neben deutschen Synchronsprecher*innen und Szenegästen vor allem japanische Musikacts, Mangaka und Kompanie nach Mannheim einlädt. Auch die großen Namen aus dem Verlags- und Produktionswesen gaben sich die Ehre, um Besucher*innen nicht nur mit ihren Produkten, sondern auch mit News zu den neuesten Anime- und Manga-Releases zu versorgen. So waren beispielsweise Anime-Streaminganbieter Crunchyroll, Verlage wie TOKYOPOP, CARLSENMANGA! und mangacult, sowie japanische Produktions- und Distributionsunternehmen wie TOEI ANIMATION, TOHO und KADOKAWA vor Ort, um nur einige zu nennen. Entsprechend groß war auch die Auswahl an unterschiedlichsten Panels, Signierstunden und Programmpunkten.

Ehrengäste

Nach den Pandemiejahren meldete sich die AnimagiC in Sachen Ehrengästen mit einigen Paukenschlägen wieder zurück und hat in diesem Jahr einige spannende Gäste aus Japan nach Mannheim eingeladen. Gerade Fans des Square Enix-Hits NierR:Automata  konnten sich in diesem Jahr freuen: Nicht nur das NierR-Anime-Team gab sich auf der Animagic die Ehre, sogar NieR-Schöpfer Yoko Taro selbst war der Einladung zur Messe gefolgt und stand auf der Special Stage bei einem Q&A mit dem Anime-Team gemeinsam Rede und Antwort. Wer sich Autogramme gewünscht hat, musste Glück mitbringen, denn die Signierplätze wurden bei allen NieR-Gästen über Gewinnspiele verteilt. Weitere hochkarätige Gäste aus Japan waren unter anderem das Anime-Team von Made in Abyss Staffel 2, die Animation-Producerin und Drehbuchautorin des Comedy-Hits Miss Kobayashi´s Dragon Maid, die von den Stimmschauspielerinnen Yuuki Kuwahara (Stimme von Hauptfigur Tohru) und Maria Naganawa (Stimme von Kanna) begleitet wurde, sowie der Regisseur des Hitanime OVERLORD Naoyuki Ito.

Neben japanischen Gästen wartete die AnimagiC auch mit zahlreichen deutschen Stimmen bekannter Anime auf. Als besonderes Special bot beispielsweise KSM Anime ein Panel sowie Signierstunden mit dem NANA-Ensemble an. Deutsche Verlage wie altraverse und Carlsen hatten auch eine Reihe von aufstrebenden deutschsprachigen Mangaka wie Tamasaburo (die Autorin der Fantasy-Reihe Charon 78) dabei, mit denen man in verschiedenen Panels, bei Signierstunden und anderem ins Gespräch kommen konnte und über sie mehr über den Einstieg in die Branche und das Leben als Manga-Künstler*in erfahren hat.

Vor den Ehrengästen sammelten sich lange Schlangen – Das Ziel: Ein begehrtes Autogramm ergattern.
Vor den Ehrengästen sammelten sich lange Schlangen – Das Ziel: Ein begehrtes Autogramm ergattern.

Musikkonzerte

Nirgendwo bekommt man wohl so viele japanische Musikkonzerte an einem Fleck wie auf der AnimagiC! Musikfans von J-Pop bis hin zu Anime-Musik bekamen die Chance, ihre Idole live auf der Bühne zu sehen und das typische J-Konzert-Feeling mit Leuchtstäben und Fantänzen ganz authentisch zu erleben. So feierten Sänger*innen wie Kashitaro Ito, SennaRin, Who-ya Extended und Mayu Maeshima ihre Europapremieren auf der AnimagiC-Bühne – alle vier Namen lieferten bereits für einige Anime-Produktionen Songs, die eingefleischten Fans das Herz höherschlagen lassen.

Doch auch für Fans von Klassikern gab es etwas auf die Ohren! Komponistin und Musikerin Yuki Kajiura, die bereits Anime-Scores zu großen Namen wie Demon Slayer, Sword Art Online und Puella Magi Madoka Magica lieferte, begeisterte gemeinsam mit den Sänger*innen und Musiker*innen von FunctionJunction am Freitag und Sonntag mit einer großen Live-Show.

Seit der Premiere 2018 verzaubert das 40-köpfige Blasorchester des Musikvereins Siershahn e.V. im „Anime in Concert“ jede AnimagiC. Im Gepäck hatten sie auch dieses Mal wieder ikonische Songs von Ghibli und großartige Medleys aus Anime-Welten wie Detective Conan, Naruto und BELLE. Noch mehr Film- und Anime-Power gab es auch bei den Musiker*innen des Cellotic Soundtrack Ensemble zu hören. Auch dem Klang der Trommeln konnte man sich hingegeben. Die Formation von Taiko Heidelberg brachte ein ziemliches Rhythmus-Feuerwerk auf traditionellen japanischen Trommeln und beeindruckten mit ihrem vollen Körpereinsatz bei einer wirklich energiegeladenen Performance. 

Kino, Ankündigungen und mehr

Wie auch schon in den letzten Jahren hat die Convention das AnimagiC-Kino zurückgebracht. In fünf Sälen, inklusive der Hauptsäle – für einzelne größere Programmpunkte – konnten Besucher*innen jeden Tag von morgens bis abends ihre liebsten Anime-Held*innen auf der großen Leinwand erleben oder in einigen der Kinosälen Workshops und Panels besuchen. Neben einzelnen Folgen neuer Serien, die zum ersten Blick einluden, gab es auch einige größere Highlights. So wurden beispielsweise am Freitagabend der zuletzt im Kino erschienene One Piece-Film ONE PIECE RED und der wunderschön animierte Spielfilm Suzume gezeigt. In verschiedenen Panels gaben sich die Verlage und Produktionsfirmen, die auf der AnimagiC dabei waren, die Klinke in die Hand und boten nicht nur exklusive Q&A-Runden mit Ehrengästen, sie machten auch Ankündigungen über kommende Anime-Releases, wie beispielsweise mit einem Preview Event zum mit Spannung erwarteten Kinofilms PSYCHO-PASS: Providence.

Ein ganz neues Erlebnis für D&D-Liebhaber*innen gab es sogar auch! Gemeinsam mit dem Voice-Acting-Project Dice Actors mussten am AnimagiC-Samstag Synchron-Stars ran an die Würfel. Spielleiter Alexander Karstedt schickte die illustre Gruppe in ein mitreißendes Fantasy-Abenteuer, das als Live-Session miterlebt werden konnte.

Wer sich eher für Cosplay interessiert, fand tatsächlich auch ein paar Programmpunkte. Traditionell trägt die Deutsche Cosplaymeisterschaft einen ihrer Vorentscheide auf der AnimagiC aus, der mit nur vier Startnummern in diesem Jahr eher mau ausfiel.  Mehr Teilnehmer*innen stellten sich wiederum beim AnimagiC-eigenen Cosplaywettbewerb auf die Bühne und zeigten ihre Werke vor großem Publikum. Auch außerhalb der Wettbewerbe zeigten Showgruppen wie Daijoubu mit ihrer Murder-Mystery Super Mario – Ein Schnurrbart für alle Fälle und Shabu Shabu mit ihrem Stück The Avengers, dass Cosplay auch Theater kann!

Am Ende gab es zu viele Programmpunkte auf der AnimagiC, um diese alle in einem Artikel zu benennen. Daher ein kurzes Fazit: Für wirklich alle Besucher*innen, egal mit welchem Interesse, gab es etwas zu sehen!

Auch die großen Verlage und Produktionsfirmen waren vor Ort. Hier der Streaming-Riese Crunchyroll.
Auch die großen Verlage und Produktionsfirmen waren vor Ort. Hier der Streaming-Riese Crunchyroll.

Eindruck aus dem Rosengarten

Traditionell sammeln sich vor allem Cosplayer*innen bei großen Cons wie auch der AnimagiC in einem Park nahe den Messehallen – in Mannheim ist es der Rosengarten rund um den großen Wasserturm, direkt am Gelände des Congress Centers. Hier fanden wie jedes Jahr zahlreiche Treffen statt, die Community kam zusammen, redete, schoss Fotos und feierte sogar, wenn man nach den zahlreichen Musik- und Karaokebeschallungen ging. Das Wetter war den Cosplayern jedoch an diesem Wochenende nicht hold. Immer wiederkehrende Regenschauer, die am Sonntag ihren Höhepunkt hatten, verhagelten einigen den Besuch. Denn mit nassem Cosplay im Regen zu stehen, ist immer auch eine große Herausforderung, die im schlimmsten Fall das mühsam gebastelte Kostüm beschädigt – trotz Regencape und Schirm.

Viele Menschen waren aber dieses Jahr zumindest gewappnet. Pavillons und Zelte säumten den Rosengarten, die von Besucher*innen selbst aufgestellt wurden und in den kurzen Regenschauern Schutz boten. Gerade am Samstag, als noch öfter die Sonne herausgekommen ist, gab es draußen fast eine Art Festivalatmosphäre. Wer nicht gerade Fotos schießen oder unterwegs war, saß mit anderen auf der Wiese und versuchte den Tag zu genießen. Durch die innenstädtische Lage des Parks war es keine Seltenheit, dass auch viele Außenstehende den Ort besuchten, um Eindrücke vom Spektakel zu sammeln. Leider gipfelte dies wieder einmal in vielen ungefragten Fotos, sehr zum Ärger der Cosplayer*innen, die auf jeder Convention immer wieder an Normalbesucher*innen appellieren, vor einem Schnappschuss wenigstens zu fragen.

Ein fader Beigeschmack

Bei all den vielen Aktivitäten, die Besucher*innen auf der AnimagiC erwartet hatten, gab es auch Ernüchterung. Immer wieder blickte man in verwirrte Gesichter, die auf der Suche nach dem nächsten Programmpunkt waren, oder enttäuschte Mienen, die in der Schlange vor einem der Säle leer ausgingen. Jede große Convention hat ihre unvermeidbaren Ecken und Kanten, nicht immer klappt alles wie am Schnürchen. Einiges fiel jedoch besonders auf.

Lange Schlangen waren keine Seltenheit, ebenso wie Staus zwischen den Ständen.
Lange Schlangen waren keine Seltenheit, ebenso wie Staus zwischen den Ständen.

Das Labyrinth der AnimagiC

Spricht man mit einigen anderen Besucher*innen, fiel vor allem der Kritikpunkt, dass das Gelände zumeist wie ein Labyrinth wirkte. Dies machte es schwer, einzelne Punkte und Stände zu finden – trotz Karte. Das ist auch kein neues Symptom. Anders als in Messezentren wie in Köln, Düsseldorf oder Berlin, deren Locations vor allem aus großen, viereckigen Hallen mit großflächigen Gängen zum Hallenwechsel bestehen, hat das Congress Center am Rosengarten in Mannheim kleinere Hallen und viele verwinkelte Ecken. Kommt man direkt vom Eingang ins Erdgeschoss, wird man mit Messeständen, Merch und mehr konfrontiert, die eng in den Hallen zusammengestellt wurden und diese dadurch noch verwinkelter machen. Das führte teilweise zu Staus, wenn mal eine Traube von Menschen an einem Stand stehen blieb, um sich das Angebot anzusehen.

Lediglich im Ober- und Untergeschoss gab es mehr Luft und Möglichkeiten, sich freier zu bewegen, was jedoch das Auffinden von Standorten immer noch schwierig machte. Denn: Es gab so gut wie keine sichtbare Beschilderung. Nur mit dem AnimagiC-Programmheft bewaffnet, wurde man auch nicht schlauer. Die Karten der Etagen fanden sich hier irgendwo verteilt zwischen Seiten mit Ankündigungen, Informationen und Werbung, sodass man mühevoll blättern musste, bis man mit Glück die entsprechende Seite erwischte. Die Verwinkelung der Areale machte es zudem schwer, den eigenen Standort im Gesamtgebäude ausfindig zu machen. So praktisch ein Programmheft ist, es sollte auch eine Struktur haben, die es leicht macht, zu navigieren und alles auf einen Blick zu haben. Dies wurde leider auf der AnimagiC vermisst.

Quo Vadis „Künstlermeile“?

Die sogenannte Künstlermeile gehört für viele Anime- und Manga-Conventions dazu. Sie sind Orte, an denen kleine Künstler*innen abseits der großen Merchandise-Stände ihre Waren anbieten können und Fans mit tollen selbstgemalten Werken, Anhängern und Plüschtieren begeistern. Während es bei anderen Messen gang und gäbe ist, dass Künstler*innen eine eigene, größere Halle füllen, hat man auf der AnimagiC zunächst vergeblich überhaupt nach der Künstlermeile gesucht. Dann endlich – gefunden im Untergeschoss, eine weitere kleine Treppe hinunter und da war er. Hier, zwischen Manga Hamburg und dem „Bring&Buy“-Flohmarkt, fand sich eine Reihe von Ständen mit Künstler*innen.

Die Auswahl war im direkten Vergleich zur Ebene darüber mit all den vollbepackten und riesigen Merchandise-Ständen eher bescheiden, nicht wegen den Künstler*innen selbst, sondern weil im Vergleich zu anderen Conventions (beispielsweise Dokomi) so wenige Künstler*innen vor Ort waren. Da die lokale, wie auch internationale Künstler*innenszene im Bereich Anime- und Manga sehr florierend ist und immer noch einen weiteren bunten Punkt für Besucher*innen auf einer Messe ausmachen kann, wäre es schön, wenn neben den klassischen Resell-Händler*innenständen noch mehr kleineren Künstler*innen eine Chance geboten wird, sich in einem präsenteren Rahmen zu zeigen. Gerade mit Blick darauf, dass auch beispielsweise der Verlag altraverse selbst einige Panels von deutschsprachigen Manga-Künstler*innen sowie Mappensichtungen auf der Convention angeboten hat.

Fazit

War die AnimagiC am Ende ein Erfolg? Es kommt darauf an, wen man fragt. Diejenigen, die vieles vom Bühnenprogramm mitnehmen konnten, Panels und Workshops besuchten, die konnten am Wochenende voll und ganz abstauben. Besonders die vielen japanischen Gäste aus der Branche, die Konzerte und Aktionen, die die AnimagiC jedes Jahr aufs Neue liefert, bieten ein buntes Programm von morgens bis abends, bei dem vor allem eingefleischte Anime- und Mangafans sowie Liebhaber*innen der J-Kultur auf ihre Kosten kommen. Denn kaum eine andere Convention schafft es, sich selbst fast schon zu einer Art Festival zu transformieren, in dem die Szene nicht nur gefeiert wird – sie feiert auch selbst mit! Leider haben in diesem Jahr wieder die schiere Masse an Ständen und die schlechten Orientierungsmöglichkeiten einige verwirrte Besucher*innen auf der Suche nach dem nächsten Programmpunkt zurückgelassen. Auch die Cosplayer*innen und kleine Künstler*innen geraten auf der AnimagiC zunehmend vor den riesigen Messeständen voller Merchandise und weiterem in den Hintergrund, was letztendlich schade ist – denn auch sie gehören zur deutschen Anime- und Mangaszene dazu. Es gibt also auch für eine Convention wie die AnimagiC noch Luft nach oben. Trotz der Kritik hatten wir viel Spaß und freuen wir uns schon auf das nächste Jahr!

Titelbild: © Lisa Murach
Layout und Satz: Roger Lewin
Lektorat: Rick Davids
Fotografien: Lisa Murach

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