Geschätzte Lesezeit: 14 Minuten

Die Dokomi 2022 wollte wieder voll durchstarten und war auf eine hohe Auslastung ausverkauft. Die geschürten Erwartungen endeten eher in einer Bauchlandung. Logistisches Versagen verleidete einem das Erlebnis an allen Enden, nur wenige Lichtblicke können wir in unserer Con-Review zeigen.

Ein mäßig erfreulicher Erfahrungsbericht.

Reinkommen. Eine Challenge.

Die Vorfreude auf die Dokomi hielt ziemlich genau bis Samstag, 11:13 Uhr. Da stieg ich nämlich an der Stockumer Kirchstraße aus der Straßenbahn aus. Und sah: Die. Schlange.

Der Eingang Süd, hinter dem die Dokomi beginnt, ist zu Fuß etwa 15 Minuten von der Haltestelle entfernt. Nur standen die Menschen den kompletten Gehweg belegend bis vor die Haltestelle. Die Masse bewegte sich von hier in stockendem Verkehr mit Stauungen zum Messeingang.

Nach circa 40 Minuten erreichten wir den Messevorplatz. Jede Hoffnung, dass wir nun bald im Inneren sein würden, war schnell zerstoben. Hier begann das Versagen der Dokomi selbst offensichtlich zu werden: Es gab ein sehr langes Personenleitsystem (diese Schlangenlinien vor dem Einlass). Diese Systeme haben einen Zweck: Eine Menschenmenge zu verlangsamen, damit sie in fein dosierter Menge am Ende herauskommt.

Keine Challenge stellte dagegen die Kontrolle der angeblich geltenden 3G-Regel dar. Diese wurde gar nicht durchgesetzt.

Was sie nicht können, ist Leute beschleunigen. Das versuchten dafür die Securities. Mit mehreren Megafonen wurden die Besucher*innen nun angebrüllt, schneller zu gehen.

Nur: Die von der Bahn kommenden Besucher*innen wurden am Beginn des Personenleitsystems unkoordiniert mit Leuten, die von den Parkplätzen kamen, vermischt. Man konnte also nicht „zügig“ und erst recht nicht „schnell“ laufen. Menschen, die bis in das Personenleitsystem schon ca. 45 bis 60 Minuten lang angestanden hatten, werden sicher keinen Dauerlauf durch ein zu langes Personenleitsystem hinlegen. Wenn die Menschenmenge sich zu langsam durch das Personenleitsystem bewegt, ist es zu lang. Man muss kürzen, anstatt die Leute anzuschreien, dass sie sich schneller bewegen sollen.

Die Taschenkontrollen waren dahinter kaum ausgelastet und erschöpften sich in der Frage, ob man Alkohol oder Waffen bei sich führe. Mein großer Rucksack wurde nur am Samstag einmal mit einem Blick gewürdigt, am Sonntag wurde ich komplett durchgewunken.

Keine Challenge stellte dagegen die Kontrolle der angeblich geltenden 3G-Regel dar. Diese wurde gar nicht durchgesetzt. Es fanden keinerlei Kontrollen am Einlass statt, ob Menschen geimpft, getestet oder genesen sind.

Gleichzeitig hatte die Dokomi im Vorfeld angekündigt „wegen“ der 3G-Regelung auf eine Maskenpflicht zu verzichten. Dass dann nicht einmal diese 3G-Regelung angewandt wird, ist ein Schlag ins Gesicht derjenigen, die gefährdet sind oder schlicht keine Lust haben, sich mit einem ziemlich gefährlichen Virus zu infizieren. Schon am Dienstag nach der Con häufen sich Meldungen darüber, dass Conbesucher*innen Symptome und in der Folge auch positive Corona-Tests haben.

Um 12:38 Uhr, 85 Minuten nach Ankunft an der Haltestelle, waren wir endlich im Gebäude und standen an einer Toiletten-Schlange an. Auf’s Klo mussten wir schon seit ca. 40 Minuten, langsam wurde es dringend. Der Einlass war aber nur das erste enttäuschende Erlebnis der Dokomi.

Programm? Stattdessen Warteschlange.

Zugegeben: Ich gehe nicht für das Bühnen- und Workshop-Programm auf die Dokomi. Hätte ich das aber tun wollen, so hätte mich der Einlass bereits die ersten zwei bis drei Programmpunkte gekostet. 80 Minuten sind eine erhebliche Zeit, um sie nur damit zu verbringen, in eine Messehalle zu kommen.

Das Programm war eher stiefmütterlich angekündigt. Generell war die Informationslage innerhalb der Con mau – die Conbücher lagen oft an wenig übersichtlichen Ecken aus, sonst gab es wenig Pläne. In den Hallen war es laut und voll.

Ohne Klo und Essen hält aber kein Mensch den Con-Tag durch.

Fast überall, wo es Dinge gab, die alle Besucher*innen brauchten, stand man für erhebliche Zeiten in Warteschlangen. An Toiletten ebenso wie allen Gelegenheiten, an Getränke oder Nahrungsmittel zu kommen.

Ohne Klo und Essen hält aber kein Mensch den Con-Tag durch. Also war die Wahrnehmung eventueller Programmpunkte stark eingeschränkt, denn wer eine Stunde oder länger für Essen ansteht, kann in dieser Zeit natürlich in keinem Programmsaal sitzen. In weiser Voraussicht hatten wir Snacks eingepackt und uns die Essens-Schlangen gespart.

Die mageren 8 Imbisswagen in der Food-Area ließen zwar Platz, um sich fast Corona-konform anzustellen, waren aber nicht dafür dimensioniert, zigtausend Menschen zügig satt zu bekommen. Zur gebotenen Qualität kann ich daher nichts sagen – wir hatten Knabbertiere mit Sesam aus dem Drogeriemarkt.

Cosplay! Wettbewerb? War da was? ECG?

Die Dokomi hat an sich seit 2020 die Austragungsrechte für das European Cosplay Gathering (kurz ECG), einen internationalen europäischen Cosplay-Wettbewerb. Wegen der Pandemie fand 2020 und 2021 kein Finale statt, sodass auch keine Vorentscheide abgehalten wurden.

Der ECG-Vorentscheid fand so 2022 das erste Mal auf der Dokomi statt – und, wenn es nach den Teilnehmenden geht, auch das letzte Mal.

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Schon im Vorfeld gab es Ärger: Informationen zum Wettbewerb waren Mangelware, nur auf Nachfrage wurden Anmeldeformulare zur Verfügung gestellt – und diese waren offenbar recycelt vom inzwischen gar nicht mehr stattfindenden Euro Cosplay-Wettbewerb (kurz: EC). Die Informationen wurden nicht an das Regelwerk des ECG angepasst, sondern entsprachen den Regeln des gänzlich anders aufgebauten EC, sodass die Teilnehmenden nach der Anmeldung nachfragen mussten, was nun gilt.

Die Orga der Dokomi ließ keine Bemühungen erkennen, sich um den Wettbewerb in irgendeiner Art und Form zu kümmern.

Alle für den Wettbewerb und die Vorbereitung relevanten Informationen wurden von Teilnehmenden mühsam einzeln erfragt. Antworten gab es oft nur schleppend, und nie an alle. Um die verwirrende Informationslage zu sortieren, begannen die Teilnehmenden sich direkt auszutauschen, was die einzige Möglichkeit blieb, überhaupt eine einheitliche Informationslage von allen herzustellen. Die Orga der Dokomi ließ keine Bemühungen erkennen, sich um den Wettbewerb in irgendeiner Art und Form zu kümmern.

Besonders unverschämt war, dass nach Abschluss der Anmeldephase plötzlich angekündigt wurde, die Teilnehmer*innen würden mittels Losverfahren ermittelt. Dies hatte den profanen Hintergrund, dass die Dokomi nur einen 45-Minuten-Slot im Programm für den Wettbewerb eingeplant hatte, um in zwei Kategorien (Solo und Team) die Finalist*innen aus Deutschland zu ermitteln.

Die Teilnehmenden beschwerten sich in der Folge bei den französischen Organisatoren des ECG, da dieses Vorgehen einen massiven Nachteil bedeutete. Daraufhin wurden statt dem willkürlichen Losverfahren nach Reihenfolge der Anmeldung die Startplätze vergeben. Ein Etappensieg. Gleichzeitig war aber für die Teilnehmenden mehrere Wochen nicht klar, an welchem Tag der Wettbewerb stattfand – sie sollten sich aber Tickets kaufen, da diese nicht gestellt wurden. Als endlich der Samstag als Wettbewerbstag bestätigt wurde, waren die Samstags-Tickets ausverkauft. Nach weiterem Hin und Her wurden doch Tickets gestellt, aber die Teilnehmenden aufgefordert, ihre bezahlten Tickets nicht weiterzuverkaufen.

Nach diesen anstrengenden Kämpfen im Vorfeld war das Kapitel aber noch lange nicht abgeschlossen. Hinsichtlich der Props hatte es eine Zusage gegeben, dass diese bereits Freitag im Backstage-Bereich aufgebaut werden dürften. Das stellte sich als falsch heraus: Es waren keinerlei Vorbereitungen getroffen worden und seitens der Security der Messe wurde auch nicht gestattet, die Props im Backstage-Bereich aufzustellen oder einzulagern.

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Einzig der Orga-Assistent des ECG-Vorentscheids versuchte händeringend eine Lösung zu finden, die darin bestand, dass er persönlich koordinierte und beim Tragen half, um die Props in einen Lagerraum auf dem Gelände zu bringen.

Am Wettbewerbs-Samstag war das Chaos aber immer noch nicht überstanden. Die den Teilnehmer*innen mitgeteilten Uhrzeiten für die Kostümbewertung waren teilweise falsch, nur dadurch, dass einige früher kamen und Zeiten flexibel angepasst wurden, konnten alle rechtzeitig bewertet werden. Auch hier waren Details nicht an das Sicherheitspersonal der Halle kommuniziert worden. Wo sich der VIP-Eingang für Personen befand, die nicht mit der Einlassschlange gemeinsam warten konnten, war weder ersichtlich noch den Securities vor der Halle bekannt. Einzelne Teilnehmer*innen mussten sich einfach dreist an der Schlange vorbei schieben, um rechtzeitig für ihre Kostümbewertung auf dem Gelände zu sein.

Zuletzt waren dann die mitgeteilten Bühnen- und Türmaße falsch, es gab zu wenige Helfer*innen für die Platzierung der Props auf der Bühne und die Teilnehmenden mussten zusammen mit dem Assistenten allein schauen, wie sie den Wettbewerb durchführen können. Die Auswahl der Jury regte da schon fast nur noch zu einer erhobenen Augenbraue. Zwei der Jury-Mitglieder hatten nur minimale Cosplay-Erfahrung und keine Expertise im Nähen oder Basteln, obwohl der ECG ein crafting-basierter Wettbewerb ist.

Als der Wettbewerb dann lief, hatte der ganze K(r)ampf im Hintergrund Lampenfieber und Vorfreude der Teilnehmer*innen verschlissen. Hauptsache, der Auftritt war auf der Bühne, dann konnte das organisatorische Versagen nichts mehr zerstören.

Bezeichnenderweise war das Ergebnis des Wettbewerbs der Dokomi dann auch keinerlei Meldung in Social Media oder andernorts wert. Ohne die Vernetzung der Teilnehmenden untereinander wäre kaum bekannt, dass Laverna die Solo-Kategorie und Klavier und Yumée die Team-Kategorie gewonnen haben und nun als deutsche Repräsentanten nach Paris fahren werden. Das Social Media-Team der Deutschen Cosplay-Meisterschaft hat mehr für die Bekanntgabe des Ergebnisses getan als die Dokomi selbst.

In Anbetracht der Tatsache, dass der ECG aktuell der zweitwichtigste internationale Wettbewerb ist, bei dem in Deutschland ein Vorentscheid stattfindet (nach dem World Cosplay Summit), ist dieser Umgang mit Wettbewerb und Teilnehmer*innen skandalös. Deutschland hat in den letzten Jahren immer wieder hochkarätige Teilnehmer*innenfelder gezeigt und auf internationalen Wettbewerben obere Platzierungen errungen. Dafür braucht es Unterstützung durch die nationale Szene und ganz besonders die ausrichtenden Conventions der nationalen Vorentscheide. Wenn die Dokomi keine Lust darauf hat, soll sie es einfach lassen. Alles andere ist eine Beleidigung für die Arbeit von Teilnehmer*innen und internationalen Orgas dieser hochkarätigen Wettbewerbe.

Und sonst so? Hakenkreuz-Merch im Händler*innenraum.

Die Dokomi hat offensichtlich den Fokus darauf verlegt, eine Konsum-Messe für viele Besuchende zu werden. Schaut man sich an, welche Kapazitäten für organisiertes Programm vs. Messehallen zur Verfügung gestellt werden, ist der Fokus gut zu sehen. Kontrolle der eigenen Regeln und geltenden Gesetze wird dabei nicht hochgehalten.

Wo die Dokomi trotz vorheriger Sensibilisierung offenbar keine Vorbereitungen getroffen hatte, war hinsichtlich des aktuellen Hype-Fandoms Tokyo Revengers.

In Messehalle 1 befand sich das klassische Händler*innen- und Aussteller*innen-Angebot. Hier waren einige Verlagsstände der Manga-Verlage, überwiegend aber die üblichen Verdächtigen: Plüschtiere, Plastikfiguren und Stangenware für Cosplayer*innen. Die Dokomi hat noch ein paar kleine Besonderheiten am Start, wie die z.B. Deko-Schwerter, die zur Abholung an den Waffencheck übergeben werden, da die Gegenstände auf der Convention nicht geführt werden durften. Ein Bereich, in dem frühere Beschwerden zu einer Lösung geführt hatten.

Wo die Dokomi trotz vorheriger Sensibilisierung offenbar keine Vorbereitungen getroffen hatte, war hinsichtlich des aktuellen Hype-Fandoms Tokyo Revengers. In der Manga- und Anime-Serie geht es um eine Jugendgang, deren Mitglieder schwarze Mäntel mit japanischen Schriftzeichen tragen. Teil des Namens auf den Mänteln ist das Zeichen „Manji“, ein nach links zeigendem Hakenkreuz.

Das Tragen des Zeichens Manji ist in Deutschland verboten, da die bewusste Unterscheidung zum Hakenkreuz des Nationalsozialismus nicht pauschal angenommen werden kann. Auch Handel und Vertrieb von Gegenständen mit verfassungsfeindlichen Symbolen ist verboten – es gelten nur enge Ausnahmen, unter die Cosplay-Jacken nicht fallen. Einige Anzeigen von Besucher*innen sind wohl schon an die Behörden übermittelt worden, es stellt sich aber die Frage, wie der Orga nicht auffallen kann, dass in ihren Hallen verfassungsfeindliches Merch verkauft wird. An sich haben die meisten Con-Orgas dies direkt verbietende Klauseln in den Verträgen mit Standmietenden. Dass diese nicht durchgesetzt werden, ist besorgniserregend. Auch Besuchende mit den Zeichen auf der Kleidung wurden von Helfer*innen weder angesprochen noch der Veranstaltung verwiesen.

Zumal die Angelegenheit bekannt und regelbar ist. Wegen der bekannten Probleme mit Hakenkreuzen, nicht nur in Deutschland, bieten die chinesischen Hersteller*innen der Kostüme die Mäntel in mehreren zensierten Versionen an – teilweise ist das Manji einfach ausgelassen, teilweise zu einem Kreuz abgekürzt oder zu einem Kasten erweitert. Diverse dieser zensierten Jacken waren auf der Con zu sehen – an Cosplayer*innen, die sich an deutsche Gesetze und den Anstand in einem Land mit der hiesigen Geschichte halten möchten, auch wenn sie ein Cosplay tragen.

Dass andere Besucher*innen sich dagegen stolz mit ihren illegalen Symbolen auf Instagram als „Manji-Gang“ präsentieren, ist hochgradig geschichtsvergessen. Bleibt zu hoffen, dass hier zumindest das Gesetz noch Einsicht schafft: Es wäre nicht das erste Mal, dass Social Media-Posts der Staatsanwaltschaft die Ermittlungen leicht machen.

Ansonsten war der Händler*innenbereich primär laut und voll. Wer das Internet bedienen kann, fand hier wenig neues oder anderes. Lediglich einige Messe-Specials der Verlage waren reizvoll.

Artist Alley

Der einzige herausragende Punkt der Dokomi ist und bleibt die Artist Alley, der Künstler*innenbereich in Halle 3. Hier präsentieren (Fan-)Künstler*innen ihre eigenen Werke und Produkte.

Die Kunstszene ist groß und divers, es ist schön, diese Diversität abbilden zu können.

Die Halle war groß, voll und mit Tendenz zu überwältigend. Die Auflistung der Künstler*innen im Conbuch war mit der Unterteilung zwischen „Profi-Ständen“ und „normalen Ständen“ etwas unhandlich, so war Schlendern die beste Wahl. In der Halle selbst war zwischen den Ständen genug Platz, sodass man sich gut hindurchbewegen konnte. Das Angebot war gigantisch, Hunderte von Ständen, eine große Reizüberflutung.

Die Masse macht es inzwischen leider fast unmöglich, alles zu sehen. Es bleibt ein Dilemma: Die Kunstszene ist groß und divers, es ist schön, diese Diversität abbilden zu können. Die Menge macht es aber schwer, dies würdigen zu können. Wir haben unsere Zeit in den Hallen an beiden Tagen fast nur in der Artist Alley zugebracht, und damit knapp alles sehen können. Beim letzten Schlendern fiel trotzdem immer noch etwas ins Auge, was man vorher nicht richtig wahrgenommen hatte.

Leider erreichten uns aber auch hier frustrierte Meldungen dazu, dass die Orga ihre eigenen Regeln nicht kontrolliert. Brandschutzvorgaben wurden nicht kontrolliert, auch sonst war in diesem Bereich kaum Präsenz von Helfer*innen bemerkbar. Zudem war zu Beginn der Veranstaltung wohl auch die Bereitstellung von separaten Toiletten für die Ausstellenden nicht gesichert, was bei den bereits eingangs erwähnten Toilettenschlangen natürlich eine Zumutung ist.

Ab 18-Bereich

Was daran nach deutschen Gesetzen ab 18 wäre, war für mich nicht ganz ersichtlich[..]

Neu in diesem Teil der Dokomi war ein „Ab 18“-Bereich. Der einzige Bereich auf der Veranstaltung, an dem die Einhaltung der eigenen Regeln tatsächlich kontrolliert wurde – ohne blaues Bändchen wurde der Einlass verwehrt. Die Warteschlange für die Vergabe der „Altersbändchen“ lief nach unserer Erfahrung zügig, aber auch hier hieß es: Wieder Anstehen.

Dass gerade der „Ab 18“-Bereich intensiv kontrolliert wird, ist schon fast amüsant, wenn man die Relevanz im Vergleich zur 3G-Regel – es geht da ja nur um Gesundheit und Menschenleben – oder Dingen wie Brandschutz sieht. Im Künstler*innenbereich ab 18 gab es unzensierte Penisse und Vulven, Vorträge zu Erotik-Cosplay und Präsentationen/Workshops zu japanischer Seil-Bondage (Shibari) zu sehen. Was daran nach deutschen Gesetzen ab 18 wäre, war für mich nicht ganz ersichtlich, Indexware sah ich keine. Der Bereich ging allerdings in die Gaming-Halle über, wo wohl Spiele ohne Jugendfreigabe verfügbar waren.

Hinsichtlich der Stände fand ich den „Ab 18“-Bereich zahm. Zudem sehr überschaubar. Amüsantester Teil dort war sicher der Gin-Händler. Die Regenbogen-Dildos waren optisch hübsch, aber de facto sind solche Waren nicht „Ab 18“. (Anmerkung: Sexshops sind historisch ab 18, weil dort früher primär pornografische Filme verkauft wurden. Schriften, auch Comics, müssen erst aktiv auf den Index der jugendgefährdenden Schriften gesetzt werden, um „Ab 18“ zu sein. Daher ist hinsichtlich Comics und Bildern ein „Ab 18“-Bereich rechtlich weitgehend unnötig.)

Die Gaming-Halle

In Halle 4 war Gaming angesiedelt. Mehr als dass es dort sehr laut war, habe ich mangels weiteren Interesses nicht wahrgenommen.

Programm-Dinge

Im CDC (Congresszentrum) waren noch eine kleine Bühne, Workshopräume und ein Host-Club angesiedelt. In Vorbereitung auf den Ball gab es Tanzkurse, irgendwo war auch ein Bring&Buy und ein Maid-Cafe. Längere stationäre Programmpunkte in kleinen Räumen waren mangels Maskenpflicht kein Favorit bei uns. Ob die Programmauswahl gelungen war, müssen daher andere Leute sagen.

Der Nordpark

Wer der Con entflohen ist – oder sie gar nicht erst aufgesucht hat – war wie üblich im Nordpark anzutreffen.

Wir waren erst Sonntag dort, weil wir Samstag versucht hatten, möglichst viel von der Artist Alley zu sehen. Leider insofern die „falsche“ Entscheidung, als es Sonntag immer wieder regnete, sodass ein Aufenthalt sich als nass und unangenehm erwies. Um wieder trocken zu werden, ging es daher sehr schnell zurück in die Halle. Den jedenfalls Samstag in Hülle und Fülle entstandenen Bildern nach, war im Park das übliche rege Treiben einer Dokomi zu beobachten.

Mehr Pfui als Hui.

Trotz aller Liebe zur Artist Alley: Insgesamt überwiegt leider der Ärger. Die Con wirkte logistisch komplett überfordert, dies war an so vielen Stellen störend. Nur für den Nordpark ist die Anreise aus Bayern nach NRW aber weit und die Hotels am Dokomi-Wochenende teuer.

Gerade dass die Kombination aus ewigem Anstehen und schlechtem Wetter letztlich unmöglich gemacht hat, Freund*innen zu sehen, war ärgerlich.

Dass die Dokomi zudem keinen Wert auf Gesundheitsschutz legt und nicht einmal ihr minimales 3G kontrollieren will, ist ein Kritikpunkt zu viel. Unter den aktuellen Bedingungen wird das wohl die letzte Dokomi für mich gewesen sein. Bleibt nur zu hoffen, dass meine eigene Schutzmaßnahme, das fast kontinuierliche Tragen einer FFP2-Maske, mich zumindest vor einer Ansteckung bewahrt hat. Das wäre nämlich ein Souvenir, dass ich absolut gar nicht nach Hause mitnehmen wollte.

Artikelbilder : © DoKoMi © Messe Düsseldorf
Layout und Satz: Roger Lewin
Lektorat: Jessica Albert

 

6 Kommentare

  1. Ein schöner Einblick in die Dokomi. Ich war nicht vor Ort, aber habe auf Twitter auch viel darüber mitbekommen, ganz besonders was das ECG Chaos anging.

    Leider gab es ein paar Stellen im Text bei denen ich beim lesen, bzw vorlesen, ins Stocken kam weil die gewählten Worte doch irgendwie teilweise ein wenig antiquiert und sehr steiff gewirkt hatten. Aber abgesehen davon ein interessanter Bericht, der einen guten Eindruck von dem erweckt, was da vor Ort los war. Dank dafür.

  2. War selber noch nie auf der Dokomi, auch dieses Jahr nicht. Aber der Bericht spiegelt 1:1 wieder, was meine Freunde oder Cosplayer denen ich folge auf Ihren Kanälen gepostet haben. Katastrophe auf allen Ebenen, organisatorisch, das mit dem Essen und Klos, etc. Warum manche Leute das immer noch alles positiv empfinden ist mir schleierhaft.

  3. >Dass andere Besucher*innen sich dagegen stolz mit ihren illegalen Symbolen auf Instagram als „Manji-Gang“ präsentieren, ist hochgradig geschichtsvergessen.
    Wer das Manji 卍 als Identifikation mit dem Nationalsozialismus auffässt, hat weder in unserer Justiz noch auf einer Messe mit Japanbezug was zu suchen.

    • Vielleicht solltest Du dich mal mit der Black Emperor Gang auseinandersetzen, der Subkultur der Bosozuko-Gangs und wie sie die Symboliken missbrauchen. Das Manji bei dem Cosplay hat nichts, aber auch gar nichts (mehr) mit dem buddhistischem Sonnenrad zu tun. Das muss man leider auch anerkennen. Vielleicht nicht so gewollt von den Cosplayenden, aber de facto im Kontext vorhanden.

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