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Am vergangenen Pfingstwochenende fand die MCM Comic Con London statt. Cosplay, TV-Serien, Pen&Paper, Bücher und vieles mehr: Das bunte Programm im riesigen ExCeL-Messecenter hat wirklich für alle etwas zu bieten. Wir hatten die Chance, bei dem Event dabei zu sein und berichten.

Wie schon zur Elfia Harzuuilens schauen wir erneut über die deutschen Landesgrenzen hinaus, was Szeneevents europaweit zu bieten haben. Noch eines hat die MCM mit der Elfia gemeinsam: Sie finden beide zweimal im Jahr statt, einmal im Frühjahr, einmal im Herbst. Über Pfingsten hat unsere Redakteurin also ihren Koffer gepackt und sich in Richtung Großbritannien aufgemacht.

Der Eingang des Exhibiton Centre London.
Der Eingang des Exhibiton Centre London.

Überwältigendes Angebot

Das Messegelände des Exhibition Centre London (ExCeL) weiß durch schiere Größe zu beeindrucken. Die riesigen Hallen wirkten beim ersten Betreten beinahe überwältigend, ist der Platz zwischen ihnen doch gefühlt groß genug, um anderorts eine eigene kleine Convention abzuhalten. Die MCM Comic Con erstreckte sich über zwei der Hallen und hat es geschafft, ganze sieben Bühnen, eine Artist Alley, zwei thematisch aufgeteilte Einkaufsbereiche und genug Platz für die Signierstunden-Warteschlangen darin unterzubringen. Zusätzlich gab es einen vergleichsweise kleinen Außenbereich, in dem sich bei dem strahlendem Wetter an allen Tagen die zahlreichen Cosplayer*innen tummelten. Zum Schmunzeln gebracht hat uns die Infotafel, die parallel zur Veranstaltung auch Aufnahmeprüfungen einer lokalen Universität im Gebäude ankündigte. Von den zukünftigen Studierenden hat man aber weder gehört noch etwas gesehen, was wohl für die Weitläufigkeit des ExCeL spricht. Wir drücken die Daumen, dass diese sich bei einer so wichtigen Prüfung ebenfalls nicht gestört gefühlt haben.

Künstler*innen konnten auf der MCM ihre Waren anpreisen.
Künstler*innen konnten auf der MCM ihre Waren anpreisen.

Ähnlich breit gefächert waren die Themen, denen sich die Fans am Wochenende in zahlreichen Programmpunkten widmeten. Ein klarer Bonus war deshalb die Convention-App, über die man Informationen zu sämtlichen Aktivitäten erhalten und sich einen eigenen Zeitplan zusammenstellen konnte. Wir empfehlen, sich die App vor einem Besuch des Events herunterzuladen. Bereits für die Live-Updates, wenn Programmpunkte sich verschoben oder an alternative Orte verlegt wurden, hat sich dies gelohnt. Nebenbei konnte man mit der App an einer digitalen Schnitzeljagd teilnehmen, für die man die an verschiedenen Punkten auf dem Gelände ausgehängte QR-Codes scannen sollte. Ausprobiert haben wir das aus Zeitmangel allerdings nicht.

Gut gefallen hat uns auch der generelle Aufbau: Die Eingänge zu den Hallen waren deutlich sichtbar mit den jeweiligen Abschnitten betitelt, sodass wir nie ernsthaft Probleme hatten, uns auch kurzfristig zurechtzufinden. Da wir ein Presseticket zur Verfügung gestellt bekommen haben, das über einen separaten Eingang Einlass gewährte, können wir zum Haupteingang nichts sagen.

Große Banner an den Eingängen haben die Navigation einfach gestaltet.
Große Banner an den Eingängen haben die Navigation einfach gestaltet.

Uns sind aber zu keinem Zeitpunkt lange Schlangen oder Gedränge aufgefallen – bis auf Sonntagabend, als es galt, die Massen an heimfahrenden Leuten zu den Zugstationen zu schleusen. Das hat das Team der MCM erstaunlich gut gemeistert.

Cosplay aus Leidenschaft

Die MCM bietet bei der breiten thematischen Aufstellung vergleichsweise viel Programm für Cosplayende. An allen drei Tagen fanden jeweils verschiedene Catwalk-Events statt, bei denen man das eigene Kostüm auf der Cosplay Central-Bühne präsentieren konnte. Unser persönlicher Favorit war das „Kids Cosplay“ – früh übt sich. Programmhöhepunkt war aber ganz klar der große Cosplay-Wettbewerb, die „Cosplay Masquerade“, die am Samstagabend als letztes Event des Tages auf der Main Stage stattfand und diesen so gebührend abschloss.

Der Dunkle Ritter auf der Bühne beim Kids Cosplay.
Der Dunkle Ritter auf der Bühne beim Kids Cosplay.

Auf der Cosplay Stage fanden zudem rund um die Uhr Gesprächsrunden und Vorträge statt. Die Bühne war leider inmitten der geschäftigen Halle aufgebaut, sodass der Hintergrundlärm teils etwas störend war. Wir haben uns am Freitagnachmittag ein Panel mit dem Titel „Cosplay & Identity“ angehört. Vorgetragen wurde dieses von der Anthropologin Dr. Vivian Asimos, die aktuell eine Monographie über das Thema verfasst, sowie Holly Swinyard (The Cosplay Journal). Die wissenschaftlichen Ergebnisse über Identitätsformung im Cosplay wurden von Asimos interessant und fachlich aufbereitet, während Swinyard eigene Anekdoten als nichtbinäre Person im Hobby beisteuerte. Was uns das Panel aber vor allem mitgegeben hat, ist, dass Cosplay wahrlich in der Gesellschaft – und somit in der Wissenschaft – angekommen ist.

Andere Inhalte waren beispielsweise Effekt-Make-up, eine Fragerunde mit dem britischen World Cosplay Summit-Team sowie Tipps und Tricks für den Rüstungsbau – soweit alles Themen, die wir in ähnlichem Rahmen auch auf deutschen Veranstaltungen schon besucht haben. Wir haben uns aber sehr über das breite Angebot gefreut und hätten auf der MCM auch gut und gerne durchgängig nur Cosplay-Programm anhören können. Es gab aber auch andere spannende Bereiche zu entdecken.

Ab ins Pen&Paper-Abenteuer

Das Angebot für Pen&Papaer-Rollenspiel und Tabletop war etwas verstreut, aber dank der App gut zu finden. Am Freitag und Samstag konnten Fans sich jeweils verschiedene Live-Runden zu Dungeons & Dragons auf der Centre Stage zu Gemüte führen, während man ein Panel zu kollaborativem Erzählen am Samstag auf der Live Stage fand.

Wir haben uns am Sonntag eine Gesprächsrunde zwischen Daniel Matthews (Backwater Bastards), Travis Vengroff (Fool and Scholar Productions) und Kai Linder (Dark Dice Podcast) zum Thema Abenteuerschreiben angeschaut. Hier hat der rote Faden etwas gefehlt, die Themen sprangen häufig zusammenhangslos hin und her. Zuhörende konnten sich dennoch viele Tipps zu den Themen Motivation, der technischen Seite des Veröffentlichens von Material sowie Ressourcen abholen.

Kai Linder, Travis Vengroff und Daniel Matthews (v.l.n.r.).
Kai Linder, Travis Vengroff und Daniel Matthews (v.l.n.r.).

Tabletop-Interessierte hatten einen eigenen kleinen, ruhigen Bereich auf der zweiten Ebene für sich, wo Spiele ausprobiert und Turniere ausgetragen werden konnten. Wir hatten leider nicht die Zeit, uns einer Runde anzuschließen – am Angebot wäre dies aber, soweit wir erspähen konnten, nicht gescheitert.

Gut bebucht

Das Aufgebot der MCM an Autor*innen und literaturzentrierten Programmpunkten konnte sich wahrhaftig sehen lassen. Für uns ging es am Freitag los mit einem Panel zum Thema Entkolonialisierung in der Phantastik. Die Autorinnen Ella McLeod (Rapunzella) und Natasha Bowen (Soul of the Deep) haben darüber gesprochen, welches Europa-zentrierte Erbe Tolkien & Co. hinterlassen haben und warum es eine gute Idee ist, auch mal nicht-europäische Mythologien und Erzählweisen in den Fokus zu rücken.

Kit Whitfield, Verity Holloway, Shauna Lawless, A.Y. Chao, Ashley Stokes und TJ Klune sprachen mit dem Moderator des Panels (v.l.n.r.) über „Fantasy & Folklore“.
Kit Whitfield, Verity Holloway, Shauna Lawless, A.Y. Chao, Ashley Stokes und TJ Klune sprachen mit dem Moderator des Panels (v.l.n.r.) über „Fantasy & Folklore“.

Am Sonntag fand dann ein Panel zum Thema Fantasy und Folklore statt. Ganze sechs Autor*innen plus Moderator, darunter der US-Amerikaner TJ Klune (Mr. Parnassus’ Heim für magisch Begabte) und die Debütantin A.Y. Chao (Shanghai Immortal), saßen am Ende auf der Bühne – leider zu viele.

TJ Klune signiert fleißig seine zahlreichen Werke.
TJ Klune signiert fleißig seine zahlreichen Werke.

Nach einer Vorstellungsrunde und zwei sehr oberflächlichen Fragen, für deren Antworten der Moderator dann auch noch einige der Anwesenden unterbrechen musste, war die angesetzte Stunde schon wieder um. Das fanden wir etwas schade. Im Anschluss an die Talkrunden gab es jeweils eine Signierstunde mit allen Teilnehmenden.

Wohin geht es als Nächstes?

Doch damit noch nicht genug. Wie für Comic Cons üblich, waren auf der MCM Stars und Sternchen für Fotos, Gespräche und Autogramme zu Gast. Neben Schauspielenden wie Rhea Norwood (Heartstopper) und den Our Flag Means Death-Stars Con O’Neill, Kristian Nairn und Nathan Foad waren beispielsweise auch namhafte Synchronsprechende und Streamer*innen vor Ort. Und dann sind da noch die Bereiche, die der Phantastik etwas ferner liegen – Wrestling zum Beispiel.  Am Freitagmittag konnte man dank der Al Snow Wrestling Academy erfahren, wie man zum professionellen Wrestling kommen kann.

Einige der Gäste waren nicht einmal vor Ort. Der wohl technisch ambitionierteste Programmpunkt war das Panel zu Star Trek – Strange New Worlds am Freitagabend, welches die Darstellenden live als Hologramme übertrug. Auch andere Filme und Serien bekamen Aufmerksamkeit. Zum Beispiel gab es ein Indiana Jones-Reunion-Panel mit Hintergrundgeschichten vom Filmset.

Mach mit!

Neben der digitalen Schnitzeljagd und den Cosplay-Catwalks wurden Besuchende auf der MCM noch an vielen anderen Stellen zum Mitmachen animiert. Unter Leitung des Project Dalek konnte man beispielsweise die eigene Stimme als Dalek aus Doctor Who hören. Die kleinsten Besuchenden konnten sich die Gesichter mit Farbe verschönern lassen oder in einem abgetrennten Bereich Kraft tanken. Ganz nebenbei gab es rund um die Uhr Workshops wie zum Beispiel Origami-Falten, für die man sich einfach mit an die vorbereiteten Tische setzen konnte.

Über die App abrufbar waren aber auch die extern organisierten Fantreffen, die teils von Besuchenden, teils von Ausstellenden angemeldet wurden. Fotoshootings, ein Weltrekord-Versuch an Zelda-Cosplayenden und ein Büchertauschbasar luden zum Austausch untereinander ein.

Das ist doch alles nicht zu schaffen

Für Allround-Hobbyisten hat die MCM Comic Con London also weit mehr zu bieten, als trotz dreitägigem Event jemals zu stemmen ist. Viele der Programmpunkte wurden deshalb aufgezeichnet und sind über die eigene Plattform Popverse online abrufbar. Uns schwirrt nach dem Wochenende allerdings so der Kopf vor lauter neuen Eindrücken, dass wir diese erst einmal verarbeiten müssen.

Wir hatten trotzdem eine gute Zeit. Es gab immer etwas zu entdecken, herausragende Vorträge und kaum etwas zu beanstanden. Bis auf die Essenspreise im ExCeL – da sind uns nach Umrechnung von den teuren Pfund auf Euro kurz die Sinne entwichen. Wir empfehlen übrigens unbedingt das Mitbringen einer EC-, wenn nicht sogar Kreditkarte. Längst vorbei sind die Zeiten der Banknotenwechsel: Viele der Stände, Essensmöglichkeiten und auch große Teile des Londoner Verkehrsnetzwerks funktionieren nur bargeldlos. Selbst in der Artist Alley waren die unabhängigen Künstler*innen auf Karten- oder Handyzahlung via PayPal & Co eingestellt.

Selbst zwischen den Hallen war viel los.
Selbst zwischen den Hallen war viel los.

English, please!

Anders als auf der Elfia, wo eine Vielzahl der Helfenden und Standinhaber*innen trotz überschrittener Grenze deutsch spricht, verlangt ein Besuch auf der MCM sicheres Englisch. Anders lässt sich das vielfältige Programm nicht genießen, und für dieses sollte man das Event besuchen. Zum reinen Verweilen lädt das Gelände rund um das ExCeL nämlich nicht ein.

London ist gut zu erreichen und zu navigieren. Im Herbst findet die MCM Comic Con allerdings in Birmingham statt. Inwiefern sich die beiden Events dadurch unterscheiden, müssen wir selbst noch herausfinden. Tickets für das nächste Event vom 27. bis 29. Oktober 2023 lassen sich aber bereits erwerben.

Titelbild: © 2023 Reed Exhibitions Limited. All Rights Reserved. 
Layout und Satz: Roger Lewin
Lektorat: Alexa Kasparek
Fotografien: Finja Gertulla
Die Eintrittskarte wurde uns freundlicherweise von der MCM Comic Con zur Verfügung gestellt.

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