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Ob Elfen, Orks oder Faune – fantastische Gestalten haben auch zum Cosplay gefunden. Um diese möglichst detailgetreu darstellen zu können, sind oft spezielle Techniken und Materialien vonnöten, wie zum Beispiel Bodypainting und Latexapplikationen. Wir haben ein paar Tipps und Tricks für anfängergeeignetes Effekt-Make-up zusammengetragen.

Der Bereich Make-up scheint ein Meer von grenzenlosen Möglichkeiten zu sein. Dabei ist Alltags-Make-up, mit dem Cosplayer am häufigsten in Berührung kommen, nur eine Hälfte der Spielwiese. Make-up für Spezialeffekte eröffnet noch gänzlich andere Ebenen. Das teilweise (oder totale) Verformen des eigenen Gesichtes, zum Beispiel.

Keine Grenzen der Kreativität

Um diesem Artikel das nötige Fachwissen beisteuern zu können, haben wir Hannah hinzugezogen. Hannah ist Studentin der Maskenbildnerei und kreiert unter anderem beeindruckende Gesichtsapplikationen, zum Beispiel für ihr Saundor-Cosplay aus dem Dungeons and Dragons-Podcast Critical Role. Als kleine Inspiration haben wir uns die Erlaubnis eingeholt, ihr Ergebnis an dieser Stelle zu präsentieren:

Hannahs Arbeiten könnt ihr auf Twitter und Instagram unter dem Namen lunic_mask, sowie auf ihrer Website begutachten.

Die wundersame Welt des Latex

Latex, zumeist in Form von fertigen „Körperteilen“ oder als sogenannte Latexmilch erhältlich, ist der Milchsaft (im Fachjargon „Chylus“ genannt) einer Kautschukpflanze. Dank der gummiartigen Eigenschaften eignet sich Latex hervorragend, um Haut zu imitieren – perfekt für die Herstellung entsprechender Kostümteile.

Das soll aber schon genug Fachsimpelei sein. Praxisnahe Beispiele sind an dieser Stelle sicher hilfreicher als eine Abhandlung über die Kautschukgewinnung oder die chemische Zusammensetzung von Latex. Deshalb möchten wir mit einem kleinen Anwendungsbeispiel direkt in die Materie einsteigen.

Anwendungsbeispiel im Selbstversuch: eine Wunde aus Latex

Um zu verdeutlichen, was man auch als Anfänger mit Latexmilch und einfachen Hausmitteln anstellen kann, haben wir kurzerhand einmal ausprobiert, was im Selbstversuch so herauskommt. Das Ziel: eine Wunde schminken und zwar mit möglichst wenigen Zutaten.

Verwendetes Material:

  • Latexmilch
  • Klopapier / Taschentuch / Küchenrolle
  • Make-up, Lipliner, Lidschatten und Make-up-Pinsel (von letzterem allerdings nur den Stiel)
  • Optional: Fixierspray

Schritt 1: Vorbereitung

Für unseren Selbstversuch haben wir uns eine Körperstelle ausgesucht, an der keine Haare wachsen. Wenn man doch eine behaarte Körperstelle wählt, ist es ratsam, die Haare zu entfernen oder zum Beispiel mit speziellem Wachs abzudecken. So wartet beim Entfernen hinterher keine schmerzhafte Überraschung. Außerdem sollte die Haut sauber und trocken sein.

Schritt 2: Die Wunde aufbauen 

Wunde im Aufbau

Die Grundstruktur besteht aus mehreren Schichten Latexmilch und Klopapier (bzw. Taschentüchern oder Küchenrolle). Als Erstes trägt man eine dünne Schicht Latexmilch auf. In unserem Selbstversuch haben wir dafür den Stiel eines Make-up-Pinsels verwendet. Hannah hat uns außerdem Schwämmchen empfohlen. Pinselborsten hingegen sind nicht so gut geeignet, weil sich das Latex daraus nur schwer entfernen lässt.
Im nächsten Schritt wird die Wunde selbst mit Klopapier modelliert, welches mit weiteren dünnen Schichten Latex an der Haut festgeklebt wird. Ist man mit einer Schicht zufrieden, sollte man diese zunächst gut trocknen lassen, bevor man mit der Nächsten beginnt.
Besonders wichtig: Die Latexmilch sollte vor allem bei ungeübten Fingern lieber nicht in die Nähe von Augapfel oder Lid gelangen. Möchte man also im Gesicht mit Latex arbeiten, ist Vorsicht geboten.

Schritt 3: Make-up-Finish 

Die fertige Wunde
Die fertige Wunde

Im letzten Schritt kommt schließlich Farbe dazu. Zuerst wird eine Schicht Make-up im eigenen Hautton aufgetragen, um eine Basis für Lidschatten oder Ähnliches zu bilden. In die Mitte kommt ein kräftiges Rot, in diesem Fall haben wir Aquaschminke benutzt. Aber auch Lipliner oder Kajalstift können hier verwendet werden. Danach haben wir mit verschiedenen Lidschatten konturiert um Schatten und Dimension in die Wunde zu bringen. Und Voilà! Schon ist die „Verletzung“ fertig.

Um das Ganze haltbarer zu machen, ist es hilfreich, nach Beenden der Prozedur ein Fixierspray speziell für Make-up zu benutzen. Wir finden, das Ergebnis kann sich durchaus sehen lassen. Mit etwas Übung, um die Kanten glatt zu bekommen, wird aus unserem Selbstversuch in Zukunft sicher eine nützliche Fähigkeit für das nächste Cosplay-Abenteuer.

Die kleinen Helfer

Neben dem echten Allrounder Latex gibt es noch viele weitere nützliche Produkte, die mit wenigen Handgriffen großartige Effekte erzielen. Dazu zählen unter anderem Kollodium und Kunstblut.

Kollodium – das Narben-Wundermittelchen

Wenn es eine schmale, geradlinige Narbe sein soll, ist Kollodium die richtige Wahl für einen realistischen Effekt. Die Anwendung ist kinderleicht; es ist aber dennoch ratsam, sehr sorgfältig und aufmerksam mit dem Produkt umzugehen.

Kollodium ist ein flüssiges Gemisch aus nitrierter Cellulose und Alkoholen sowie Ethern und wird in der Medizin wegen seiner Klebeeigenschaften zum Verschließen kleinerer Wunden genutzt. Es zieht die Haut dank des minimalen Schrumpfens beim Trocknen zusammen, weshalb es in verdünnter Form auch in der Maskenbildnerei zum Einsatz kommt. Trägt man es auf glatter, gesunder Haut auf, entsteht eine leichte Vertiefung, die einer Narbe täuschend ähnlich sieht. Der Effekt verstärkt sich, wenn man mehrere Schichten der Flüssigkeit übereinander aufträgt. Mit etwas roter oder blassrosa Farbe darunter, zum Beispiel von einem Kajalstift, wird die Illusion nahezu perfekt.

Um kürzlich aufgetragenes Kollodium wieder zu entfernen, ist ein spezieller Entferner hilfreich. Nach längerem Tragen lässt sich die Schicht zwar zumeist von der Haut abziehen. Kollodium kann aber wegen der starken Klebewirkung die Haut irritieren. Es ist daher immer besser, den Entferner parat zu haben, vor allem, wenn die eigene Haut leicht reizbar ist.

Sicherheit geht vor

Bei allen hier vorgestellten Produkten gilt es, aufmerksam im Umgang damit zu sein. Kollodium zum Beispiel sollte nicht in der Nähe der Augen-, Mund- sowie Nasenpartie oder auf echten Wunden verwendet werden. Das handelsübliche Kollodium ist im Gegensatz zu seinem medizinischen Verwandten nämlich nicht für solche Zwecken geeignet.

Hannah hat uns empfohlen, bisher unbekannte Materialien – und das gilt für jede Art von Make-up – zuerst auf einer unscheinbaren Hautstelle, wie zum Beispiel dem Unterarm, zu testen. So kann man besser auf eventuelle allergische Reaktionen oder Reizbarkeiten reagieren.

Darf es heute blutig sein?

Kunstblut ist ein alter Trick. Zu kaufen gibt es das Hilfsmittel in flüssiger Form, als Kapseln oder als Gel – je nachdem, auf welche Art man es verwenden möchte. Es gibt sogar zahlreiche Tipps im Internet zu finden, wie man selbst welches herstellen kann.

Zum Schminken eignen sich eher dickflüssige Varianten, wie zum Beispiel Gele. Dadurch lässt sich der Auftrag besser kontrollieren, und es verschmiert nichts. Natürlich kann ein „laufender“ Effekt exakt das sein, was man haben möchte. Daher lohnt es sich, vorab zu überlegen, was genau blutig werden soll.
Eine weitere Sache sollte man ebenfalls bedenken: Wie permanent soll die rote Verfärbung sein? Gerade wenn man das Kunstblut auf Textilien wie das kostbare Kostüm aufträgt, sollte man sich vorher absichern, dass es sich – sofern gewollt – wieder entfernen lässt.

Rot, blau oder grün – unnatürliche Hautfarben schminken

Die Goblindame Nott aus Critical Role hat grüne Haut. Um dies darzustellen, hat die Cosplayerin Bodypaint benutzt. Fotograf: Finja Gertulla/TZH, Cosplay: @maalicosplay (Instagram)

Goblins und Orks haben zwei Dinge gemeinsam: sie sind Fantasiegestalten, und sie haben typischerweise Hautfarben, die keinem menschlichen Hautton ähneln. Möchte man ein solches Geschöpf darstellen, ist die offensichtliche Lösung Bodypainting.

Fett- oder wasserbasierte Schminke? Ein kurzer Vergleich

Im Großen und Ganzen gibt es zwei Arten von Körperfarben, mit der sich der Hautton verändern lässt: wasserbasierte sowie fettbasierte Schminke. Die Wahl der richtigen Basis hat unter anderem etwas mit Vorlieben und dem eigenen Hauttypus zu tun. Bei Applikation und Haltbarkeit gibt es ebenfalls Unterschiede zwischen den beiden Arten.

Wasserbasierte oder auch wasseraktivierbare Schminke lässt sich oft leichter auftragen und entfernen. Das bedeutet aber leider auch, dass die Farben weniger resistent gegenüber Wasser oder schwitzender Haut sind. Hier lässt sich mit gutem Fixierspray Abhilfe schaffen. Neigt man zu fettiger Haut, ist wasserbasierte Schminke die bessere Wahl, um den eigenen Körper nicht überzustrapazieren.

Liegt ein anstrengender Tag vor einem, sind fettbasierte Schminkfarben oft die bessere Wahl. Sie sind wasserresistent und neigen dadurch weniger dazu, sich beim Schwitzen zu lösen. Allerdings dauert das Entfernen länger, und die Haut wird mehr beansprucht.

Tipps für einen glatten, gleichmäßigen Auftrag

Das Wichtigste für ein echt wirkendes Ergebnis ist ein gleichmäßiger Auftrag des Bodypaintings. Auch hier ist gute Vorbereitung das A und O: Vorheriges Eincremen der Haut (mit einer ganz normalen Tagespflege) setzt eine Schutzschicht über diese und verhindert, dass die Farben in die Haut einziehen und nach dem Abschminken Verfärbungen hinterlassen.

Bei wasserbasierten Farben ist es wichtig, dass die Farbe selbst eine gute Konsistenz hat. Obwohl sie durch Wasser aktiviert wird, ist es ratsam, nicht zu viel Nässe zu verwenden. Also lieber nach und nach Wasser hinzugeben, bis sich die Farbe gut über die Haut ziehen lässt, ohne dabei Schlieren zu entwickeln. Andernfalls kann es passieren, dass die Farbe in mehreren Schichten aufgetragen werden muss und fleckig wird. Um einen homogenen Auftrag zu generieren, nutzt man am besten einen breiten, flachen Pinsel und geht damit kreuzweise über die Haut, um die Fläche zu füllen.

Bei fettbasierter Schminke sollte man darauf achten, die Farbe nicht zu dick aufzutragen – sonst wirkt es schnell wie ein Clownsgesicht. Es können entweder Synthetikpinsel oder Make-up-Schwämmchen verwendet werden. Besonders Schwämmchen eignen sich gut, um die Farbe mit schnellen Bewegungen auf das Gesicht auftupfen zu können – so wird das Ergebnis besonders gleichmäßig.

Für Bodypaint jeglicher Art gilt es, das Abpudern nicht zu vergessen, damit die Farbe sich nicht auf die Umgebung abträgt. Ebenfalls wichtig ist es, mehrere Schattierungen der verwendeten Farben zu benutzen, damit das Ergebnis nicht zu flach wirkt, ganz ähnlich wie beim Konturieren des Gesichts.

Ein weiterer Trick für ein ebenmäßiges Hautbild hat nichts mit Make-up zu tun: farbige Strumpfhosen, Nylonärmel bzw. -handschuhe oder Ganzkörperanzüge. Im Vorhinein farbig passende, hautenge Nylonkleidung für diejenigen Körperteile zu besorgen, an denen Haut außerhalb des Gesichtes sichtbar wird, hat einige Vorteile. So spart man Farbe und die „Haut“ wird nicht fleckig. Nylon erleichtert zudem das Tragen über einen ganzen Tag, da man in diesem Fall nicht darauf achten muss, Abrieb zu verhindern. Und am Ende des Tages kann man die Teile ganz einfach wieder ausziehen – im Gegensatz zu Körperfarbe und Latexteilen. Diese müssen sorgsam wieder entfernt werden.

Zurück in die eigene Welt: Tipps zum Entfernen von Effekt-Make-ups

Nachdem man einen Tag in einer entfernten Welt verbracht hat, möchte man seiner Haut etwas Gutes tun und sich wieder in sich selbst zurück verwandeln. Im Umgang mit Spezial-Make-up gibt es ein paar Dinge zu beachten, die das Leben in diesem Fall leichter machen.

Latex und Latexapplikationen entfernen

Hat man den Tag über Latexapplikationen getragen, gilt es diese nun vorsichtig zu entfernen – am besten mit Mastix-Entferner – und zu reinigen. Kleberückstände sollten restlos verschwunden sein, bevor das Latex zurück in die Lagerung wandert. Dadurch erhöht sich die Lebenszeit der Applikation enorm.

Das restlose Entfernen gilt auch für Latexmilch. Zu lange Tragezeit verstopft die Poren und kann zu Unreinheiten führen. Beim Abschminken sollte man darauf achten, alle Latexreste von der eigenen Haut zu entfernen. Dies geht am besten mit warmem Wasser und Seife; damit sollte sich die Gummischicht einfach wieder abziehen lassen. Sollte das Latex doch einmal festkleben, hilft es zumeist, die Stelle in lauwarmem Wasser zu tränken, also das Wasser ein paar Minuten einwirken zu lassen.

Bodypainting entfernen

Bei Körperfarben sind eine Waschseife oder spezielle Abschminkprodukte für Alltags-Make-up ebenfalls oft ausreichend, um diese wieder weg zu bekommen. Wir haben außerdem einen Profi-Tipp von Hannah bekommen: das Hydro-Öl der Marke Kryolan. Denn, so Hannah, „damit kriegen wir in der Maske so gut wie alles vom Gesicht.“

Für den besonderen Effekt

Man sieht: Effekt-Make-up ist gar nicht so unnahbar, wie es vielleicht auf den ersten Blick scheint. Einfache Illusionen lassen sich bereits mit wenigen Mitteln herstellen. Hat man sich einmal mit einem Grundgerüst an Produkten ausgestattet, sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt. Wie wäre es also, einmal in die Rolle einer Fantasiegestalt zu schlüpfen?

 

Artikelbilder: Wie angegeben, Layout: Verena Bach, Lektorat: Susi S.

 

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