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Mit brennenden Fackeln und Mistgabeln stehen die Bauern vor der Burg bereit. Die Monster, welche darin hausen, sollen vertrieben oder getötet werden. Erfahrene Monsterjäger und bekannte Stadthelden haben sich ebenfalls unter die Meute gemischt. Die Stürmung der Burg steht kurz bevor. Doch ihr seid die Monster und müsst die wilde Horde aufhalten.

Village Attacks ist ein kooperatives Burgverteidigungsspiel für ein bis fünf Personen, in dem die Spieler in die Rolle von berüchtigten und gefürchteten Kreaturen aus Folklore und Legenden schlüpfen. Dabei spielen sie verschiedene Missionen durch, erfüllen Spielziele und wehren immerzu wiederkehrende Gegnerwellen ab.

Im April 2017 wurde dieses Spiel erfolgreich über die Crowdfunding-Plattform Kickstarter finanziert. Hinter dem Projekt steckt der englische Publisher Grimlord Games, aber in Deutschland wird das Spiel über ADC Blackfire vertrieben, welche auch die deutsche Übersetzung übernommen haben.

Wie das Spiel funktioniert, und ob es Spaß macht, erfahrt ihr jetzt.

Spielablauf

Aufgrund dessen, dass das Spiel als Kampagne mit unterschiedlichen Missionen gespielt wird, muss zum Aufbau zunächst die gewünschte Mission ausgewählt werden. Zu Beginn bieten sich die Missionen eins bis fünf an, da diese Stück für Stück in die Spielmechaniken einführen. Hierzu werden die entsprechenden Spielplanteile (Korridore, große und kleine Räume) ausgelegt. Jedes dieser Spielplanteile gilt hierbei als eine Zone. Dann folgen noch die Dorfbewohnerplättchen, bei denen die Dorfbewohner in die Burg eindringen und Statusplättchen, welche szenariobedingte Sondereffekte ins Spiel bringen. Häufiges Spielziel ist das Reduzieren der Dorfmoral auf null, was häufig durch das Töten von Dorfbewohnern geschieht.

Monster aus dem Grundspiel.

Jeder Spieler wählt eines der fünf Monster, welche im Grundspiel enthalten sind. Durch Erweiterungen kann die Anzahl auf bis zu 25 Monster deutlich erhöht werden. Hier lohnt sich eine größere Auswahl, da sich gerade durch die verschiedenen Stärken und Schwächen der Monster interessante Kombinationen ergeben können. Dadurch steigt auch der Wiederspielreiz.

Bei der Monsterauswahl gilt es zudem zwei Dinge zu beachten: Es sollten stets unterschiedliche Typen von Monstern im Spiel sein, da diese sonst leichtere Beute für spezielle Jäger und Helden werden könnten. Jedes Monster und jeder Stadtheld ist einem Typ zugeordnet, der auf dem Charakterbogen oder Stadtheldenplättchen angezeigt wird. Auch Jäger gehören einem Typ an, der aber erst in dem Moment, wenn sie ins Spiel gebracht werden, zufällig bestimmt wird. Es gibt fünf verschiedene Typen: untot, mythisch, verflucht, arkan und dämonisch.

Jäger und Stadthelden, die demselben Typen eines Monsters angehören, fügen diesem Monster einen Extraschaden zu.

Die Monster

Als Zweites sind die Rollen der Monster zu beachten. Davon gibt es den Wächter, den Unterstützer und den Dezimierer. In einem Team darf jeweils nur ein Wächter und ein Dezimierer sein. Alle anderen Monster müssen Unterstützer sein.

Monster Charakterbogen mit Fähigkeitsmarkern.

Zur gewählten Monsterfigur erhält man den Charakterbogen sowie die Fähigkeitsplättchen. In der Regel ist zunächst nur die aufgedruckte Fähigkeit aktiv, außer ein Szenario gibt anderes vor.

Auf den Charakterbögen gibt es verschiedene offene Slots im Bereich Abwehr, Reserve und Bewegung, worauf ich später nochmal eingehen werde.

Des Weiteren angegeben sind die Lebenspunkte und die benötigte Anzahl an Erfahrungspunkten, um eine zusätzliche Fähigkeit zu lernen oder eine bestehende zu verbessern.

Monsterphase

Die Aktionswürfel.

Der Startspieler nimmt sich die sechs Aktionswürfel und wirft diese einmal. Sollten die Würfel drei oder mehr gleiche Symbole anzeigen, so dürfen diese erneut gewürfelt werden. Dies darf so lange wiederholt werden, wie mindestens drei gleiche Symbole ausliegen; es besteht jedoch kein Zwang neu zu würfeln.

Die Symbole zeigen die möglichen Aktionen, welche der Spieler ausführen kann. Zunächst gibt es den Nahkampf. Hierbei fügt er einem Gegner in seiner Zone einen Schaden zu. Mit dem Fernkampf darf er diesen Schaden auch in einer angrenzenden Zone ausführen.

Mit Magie lassen sich Monsterfähigkeiten aktivieren oder, sofern das eigene Monster im Herzen der Burg steht, Wunden heilen. Der Würfel wird hierbei auf die Fähigkeit gelegt, um anzuzeigen, dass diese in der aktuellen Runde nicht erneut angewendet werden darf.

Dann gibt es noch die Verteidigung und den Konter, welche einen vor späteren Angriffen schützen können oder einen Gegenangriff zulassen. Hierzu werden die Würfel auf dem Charakterbogen auf die freien Felder im Bereich Abwehr gelegt.

Weitere Bereiche sind die Reserve und die Bewegung. In der Reserve können Würfel bis zur nächsten eigenen Monsteraktivierung gespeichert werden. Hierzu werden passende Würfelsymbolmarker abgelegt. Zum Beginn des nächsten Zuges kann der Spieler dann entscheiden, ob er alle sechs Würfel wirft oder nur jene, welche abzüglich der Reservewürfel übrigbleiben.

Bewegungsmöglichkeiten

Zuletzt gibt es noch die Bewegung. Pro freiem Feld darf ein x-beliebiger Würfel (außer mit Fackelsymbol) abgelegt werden, um sich eine Zone weit zu bewegen. Zu beachten ist lediglich, ob das Monster gehindert oder ungehindert ist. Hierbei zieht man seine Schadenmarker von seiner Widerstandskraft (Lebenspunkte) ab. Ist dieser Wert gleich oder niedriger wie die Anzahl der Dorfbewohner in der gleichen Zone, so kann sich das Monster nicht wegbewegen.

Als letzte Würfelseite gibt es noch das Fackelsymbol. Hierbei wird einer der Dorfbewohner, welcher am weitesten vom Herz der Burg entfernt ist, um ein Feld in diese Richtung bewegt.

Hier möchte ich gerne persönlich anmerken, wie gut mir dieser einfache und doch geniale Würfelmechanismus gefällt. Schon die Möglichkeit, meine Würfel bei Drillingen erneut würfeln zu dürfen, reduziert den Frust vor schlechten Würfelergebnissen erheblich. Und auch die Möglichkeit, ein gutes Würfelergebnis (teilweise) mit in die nächste Runde zu nehmen, bietet den zusätzlichen Grad an Tiefe, um sich keinesfalls nur dem Würfelglück ausgesetzt zu fühlen.

Würfel für Alle!

Einziger kleiner Wermutstropfen bleiben die Würfelsymbolmarker. Diese werden gerne vergessen oder übersehen, sodass schnell alle Würfel gewürfelt werden, statt nur die die nicht in der Reserve liegen. Für einen flüssigeren Spielablauf wäre es besser, wenn jeder seine eigenen Würfel hätte.

Die Fallenkarten.

Neben den eigenen Fähigkeiten und Aktionen stehen den Spielern auch Fallen zur Verfügung, welche sie in passenden Räumen platzieren können. Allerdings müssen die Kosten mit Würfeln bezahlt werden. Und da die Fallen erst nach den Angriffen und Bewegungen der Dorfbewohner ausgelöst werden, braucht es etwas Vorausplanung. Zudem schädigen Fallen meist nur einen bestimmten Typ Dorfbewohner (Bauer, Jäger oder Stadtheld), werden aber durch jeden dieser Typen ausgelöst. So können Fallen auch schon mal unnütz verbraucht werden.

Dorfbewohnerphase

Die Dorfereigniskarten.

Sobald alle Spieler mit ihren Monstern ihre Aktionen abgehandelt haben, beginnt die Dorfbewohnerphase. Zunächst wird das Dorfereignisrad weitergedreht. Jedes Szenario gibt an, wann ein Dorfereignis ausgelöst wird. Bei Erreichen des Wertes wird die oberste Karte des Stapels aufgedeckt und ausgeführt.

Dann werden alle Dorfbewohner aktiviert – angefangen bei denen, die dem Herz der Burg am nächsten sind. In jeder Zone werden erst die Bauern, dann Jäger und schließlich die Stadthelden aktiviert. Sie greifen ein mögliches Ziel in Reichweite an, wobei es eine Zielpriorität für Dorfbewohner gibt: Jäger und Helden greifen Monster des gleichen Typs vor allen anderen Zielen an. Das zweitwichtigste Ziel für Dorfbewohner ist das Herz der Burg. Dann folgen Angriffe in die eigene Zone und zuletzt Angriffe in angrenzende Zonen. Gibt es mehrere Ziele, entscheidet ein Münzwurf, wer angegriffen wird.

Die Stadthelden aus dem Grundspiel.

Nach den Angriffen bewegen sich die Dorfbewohner in Richtung Herz der Burg, außer eine Szenarioregel besagt etwas anderes. Ein Münzwurf entscheidet auch hier, falls mehrere gleich lange Wege zur Verfügung stehen, in welche Zone sie sich bewegen.

Nach der Bewegung werden alle Fallen ausgelöst, sofern sich Dorfbewohner darauf befinden. Sollten durch Fallenkarten Dorfbewohner sterben, bringen diese keine Erfahrung für irgendeines der Monster, aber die Dorfmoral wird dennoch gesenkt.

Zum Schluss werden neue Dorfbewohner gemäß den Szenarioregeln ins Spiel gebracht und es geht weiter mit einer erneuten Monsterphase.

Entwicklungen

Im Laufe des Spiels werden die Monster immer mächtiger, was auch nötig ist, da auch immer größere Horden an Dorfbewohnern in die Burg eindringen. Fällt die Dorfmoral auf einen, im Szenario festgelegten Wert, so steigt auch die Stufe der ins Spiel zu bringenden Dorfbewohner. Hierbei gibt es Stufe eins bis drei. Für jeden Startpunkt wird eine Dorfbewohnerkarte gezogen und die Anzahl Bauern oder Jäger, entsprechend der Stufe, auf die Zone gestellt. Sollte eine Stadtheldenkarte gezogen werden, wird dieser vom separaten Stadtheldenstapel gezogen und dessen Charakterkarte offen ausgelegt.

Sollte ein Monster einmal sterben, ist es nicht komplett aus dem Spiel. Es wird vom Spielplan auf den Charakterbogen des Spielers gestellt. Wenn das Monster das nächste Mal am Zug ist, wird es im Herz der Burg wieder aufgestellt und das Herz erleidet zwei Punkte Schaden. Das Monster kann seinen Zug dann regulär ausführen.

Sollte allerdings durch das Wiedererwecken das Herz der Burg auf den Wert null sinken, wird das Monster nicht erneut aufgestellt.

Erfahrungsmarker (grün), Schadenmarker (rot), Würfelsymbolmarker (schwarz).

Für jeden getöteten Bauern oder Jäger erhält das aktive Monster einen Erfahrungspunkt und die Dorfmoral sinkt um einen Punkt. Tötet es einen Stadthelden, erhält es zwei Erfahrungspunkte (drei bei gleichem Typ) und die Dorfmoral sinkt um zwei Punkte.

Sobald genügend Erfahrungspunkte gesammelt wurden, darf der Spieler sofort eine der Monsterfähigkeiten verbessern oder eine neue erlernen, und diese auch gleich einsetzen, sofern er noch Würfel zur Aktivierung zur Verfügung hat.

Wie bereits erwähnt, endet eine Mission sobald das Missionsziel erreicht wurde.

Anzumerken wäre noch, dass im Regelbuch auch Missionen (11-14) aufgeführt sind, welche Komponenten aus der Erweiterung Horror of the Sands verwenden.

Ausstattung

Hier gibt es durchweg gutes Material. Dicke feste Monstercharakterbögen, schöne Miniaturen und stimmig gestaltete Spielplanteile. Auch die Designs der Monster, Helden und sonstigen Dorfbewohnern sind sehr stimmig umgesetzt. Toll finde ich auch, dass auf der Rückseite jedes Monsterbogens die passende Hintergrundgeschichte steht.

Die harten Fakten:

  • Verlag: ADC Blackfire Entertainment GmbH
  • Autor(en): Adam Smith
  • Erscheinungsjahr: 2018
  • Spieldauer: 30 – 180
  • Spieleranzahl: 1 2 3 4 5
  • Alter: 14+
  • Preis: 89,99 EUR
  • Bezugsquelle: Amazon

 

Bonus / Downloadcontent

Auf der Seite von Grimlord Games können die Vorlagen der Monstercharakterbögen und Stadthelden heruntergeladen werden. Dadurch lassen sich eigene Monster und Helden erschaffen. Zusätzlich gibt es bereits neue vorgefertigte Monster und Stadthelden. Auch einige neue Missionen und Szenarien stehen zum Download bereit.

Fazit

Einmal richtig böse sein und zusammen als Monsterteam die eigene Burg vor dem anstürmenden Pöbel beschützen: In Village Attacks habt ihr die Chance dazu. Und das macht auch noch richtig Laune.

Die Regeln scheinen am Anfang etwas überwältigend, da die Aufteilung des Regelbuches nicht optimal gelungen ist, aber der reguläre Spielablauf ist schnell verinnerlicht. Löblicherweise gibt es für eine schnelle Suche ein Inhaltsverzeichnis.

Am besten lässt es sich mit bis zu drei Personen spielen, da die Szenarien auf drei Monster ausgelegt sind. Bei weniger Monstern kommen weniger Dorfbewohner und mit mehr Monstern mehr Dorfbewohner ins Spiel.

Der Würfelmechanismus ist das Herzstück des Spiels und hervorragend gelöst. Durch die Speicherung von Würfeln und die Möglichkeit zum Neuwerfen der Würfel wird einiges an Glückslastigkeit eliminiert, ohne dem Würfeln den Sinn zu nehmen.

Kleiner Wermutstropfen: Besser wäre es gewesen, wenn jeder seine eigenen sechs Aktionswürfel hätte. Gespeicherte Würfel könnten so nicht mehr vergessen werden.

Ansonsten beschwört Village Attacks eine großartige Stimmung herauf, wenn Runde für Runde immer mehr Gegner die Räume fluten und gemeinsam die Reihen in Schach gehalten werden.

Wenn dann auch noch mehrere Stadthelden den Weg in die Burg finden, steigt der Stresspegel sprungartig. Gut platzierte Fallen können in solchen Momenten sehr hilfreich sein.

Wer Angst vor dem Alphaspieler hat, den kann ich ein Stück weit beruhigen. Jedes Monster spielt sich sehr unterschiedlich und dass jemand alle auswendig beherrscht, scheint unwahrscheinlich. Daher kann jeder mit seinem Monster wirken, ohne bevormundet zu werden.

Von daher kann ich Fans von kooperativen Spielen Village Attacks wärmstens ans Herz legen. Und alle anderen sollten auch einen Blick riskieren.                                                            

mit Tendenz nach oben durch Erweiterungen und zusätzliche Würfel

Artikelbild: © ADC Blackfire, Fotografien: © Christian Barazutti, Bearbeitung: Melanie Maria Mazur
Das Spiel wurde selbst gekauft.

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